Blu-ray Review
OT: Hamarinn
Mord im hohen Norden
Die Kurzserie Lava wandelt auf den unterkühlten Spuren von Fortitude.
Inhalt
Polizist Helgi Runarssonan hat schon bessere Tage erlebt: Den Tod seines Sohnes vor sechs Jahren hat er immer noch nicht verdaut, für die Tochter hat er kaum Zeit und die Ermittlungen in einem großen Drogenfall treten auf der Stelle. Vielleicht kommt da die Abwechslung ganz Recht, dass man ihn, den erfahrenen Beamten aus Reykjavik, auf die kleine Halbinsel Snæfellsnes beruft. Dort ist Björn Svensson, ein hohes Tier im Finanzgewerbe, mit einem gigantischen Loch im Schädel aufgefunden worden und die lokale Polizistin Greta, gerade mal zwei Monate im Amt, geht, ohne genau hinzuschauen, von Selbstmord aus – was man der Fußballerin des isländischen Nationalteams nicht mal vorwerfen kann. Außerdem ist ihr aber der für den kommenden Sonntag geplante Urlaub wichtiger als die Suche nach einem eventuellen Mörder. Während mit einem aalglatten Geschäftspartner oder wahlweise einer Freundin des Opfers schnell Verdächtige gefunden sind, verschwindet kurz darauf auch noch ein Vater mit seiner sechsjährigen Tochter während einer Führung durch das Lavafeld des Vulkans Snæfellsjökull. Die Mutter der Kleinen war lange Zeit in der Drogenszene bekannt. Gibt es zwischen den zwei so unterschiedlichen Fällen eventuell eine Verbindung? Je weiter Helgi in den Ermittlungen kommt, desto mehr Menschen scheinen verwickelt – die Wahrheit jedoch enfaltet sich nur langsam …
Die ersten 30 Sekunden sind verstrichen und der geneigte Film- (bzw. Serien-)Fan weiß, dass er mit Lava eine dieser unterkühlten Shows aus dem hohen Norden vorgetragen bekommt, die von ihrer Atmosphäre der Abgeschiedenheit und dem spröden Humor der Figuren lebt. Drei Stunden lang geht die vierteilige Serie von Regisseur Reynir Lyngdal und bleibt dabei beständig ruhig und distanziert erzählt. Das kann man der Geschichte zum Vorwurf machen, weil „Tempo“ in der Tat nur vom bedrohlichen und allgegegenwärtig-düsteren Score ausgeht oder man gibt es als gegeben hin und lässt sich von den Bildern schroffer Natur und den rauen Charakteren gefangennehmen. Die werden teils von Unbekannteren gespielt, haben mit Björn Hlynur Haraldsson als Helgi allerdings immerhin einen Darsteller, der zuletzt noch als Ermittler in Fortitude zu sehen war. War er dort noch der Handlanger (und Freund) der Bürgermeisterin, darf er hier als erfahrener Stadtpolizist gleichzeitig den Mentor für die junge Kollegin und den auf Details achtenden Beamten geben. Heida Reed, die als junge Kollegin zunächst aufgrund ihrer laxen Art eher nervt als emotionale Bindung zu bewirken, entwickelt sich nach und nach. Vor allem, wenn sie in Verhören nicht nachgibt und hartnäckige Fragen stellt, beginnt man sie zu respektieren. Erst Recht, wenn sie sich mit dem Barkeeper der Shadow Riders ein gemeines Piercing-Spielchen erlaubt. Dazu gesellen sich in Lava zahlreiche Nebenfiguren, deren Charaktere von arrogant über spleenig bis hin zu geheimnisvoll reichen. Wie schon beschrieben, ist das Erzähltempo gemächlich. Außenaufnahmen vor traumhafter Kulisse bieten lange Einstellungen und nutzen zu keiner Zeit eine sonderlich dynamische Kamera. Während der Innenraumszenen geht die Optik schon mal nahe an die Protagonisten heran und wechselt dann auch etwas schneller zwischen den Figuren hin und her. Eine Verfolgungsjagd oder bewusst spannend inszenierte Momente von drohender Gefahr gibt es während der ersten zwei Stunden (die Eingangsszene mal ausgenommen) überhaupt nicht. Wer also Rasanz erwartet, der sollte von Lava eher Abstand nehmen. Krimifans, die Sonntags dem Tatort beiwohnen, dürften hier aber durchaus Gefallen finden – und solche, die Fans des hochnordischen Landes, seiner Kultur und der Einwohner sind, natürlich ohnehin. Zumal die letzte Stunde dann aufgrund der Verstrickungen mit dem internationalen Drogenhandel und dem internen Kompetenzgerangel durchaus noch für Spannung sorgt – und das, obwohl gerade die Motorradbande nicht gerade klischeefrei bleibt. Gut, dass deren Chef von einem blendend aufgelegten Jon Pall Eyjolfsson gespielt wird, aus dem der Sarkasmus nur so trieft.
Bild- und Tonqualität
Erstaunlich rauscharm präsentiert sich das Bild der Blu-ray von Lava. Erstaunlich deshalb, weil man bei einer isländischen Krimiserie eher einen körnigen Look erwartet hätte. Davon gibt es allerdings nur in dunklen Szenen auf uniformen Hintergründen etwas zu sehen. Gut ausgeleuchtete Momente hingegen sind sehr ruhig und rauscharm. Ebenfalls gut ist die Detail- und Schärfentiefe, die auf dem Lavafeld bis ins letzte Eckchen noch Zeichnung aufweist. Der Kontrastumfang liegt im mittleren Bereich, Farben wirken etwas reduziert und genutzt wird vornehmlich eine Braun- und Graupalette.
Akustisch muss man bei Lava auf beiden Spuren mit 2.0-Dolby-Digital auskommen. Das ist zwar heute nicht mal mehr halbwegs zeitgemäß, aufgrund des langsamen Erzähltempos und der praktisch kaum vorhandenen Action- oder Effektszenen aber auch nicht weiter schlimm. Die Dialoge sind verständlich, die Synchronisation ist gelungen und die beständig bedrohliche Musik liegt für eine Stereo-Tonspur überraschend raumfüllend auf den zwei Hauptlautsprechern. Geräuscheffekte wie das Beiseitelegen eines Pferde-Halfers oder das Hinlegen von Handschuhen klingen leider überspitzt und wenig natürlich.
Bonusmaterial
Im Bonusmaterial von Lava wurden lediglich fünf Film- und Serientrailer des Anbieters abgelegt.
Fazit
Lava ist vornehmlich für Fans von bekannter Krimikost im Tatort-Format sowie für Freunde des Nordischen eine Empfehlung. Darstellerisch ist das Ganze routiniert gespielt, ein wenig mehr Tempo hätte aber hin und wieder schon sein dürfen. Wirklich gelungen ist die Atmosphäre, die durch die tollen Naturaufnahmen und die Filmmusik erzeugt wird.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 60%
Tonqualität (Originalversion): 60%
Bonusmaterial: 5%
Film: 75%
Anbieter: Justbridge
Land/Jahr: Island 2014
Regie: Reynir Lyngdal
Darsteller: Björn Hlynur Haraldsson, Heida Reed, Joi Johannsson, Arnoddur Magnus Danks, Svandis Dora Einarsdottir, Maria Ellingsen
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit:
Codec: AVC
FSK: 16