Blu-ray Review
OT: –
ZX-24
Spannendes Kammerspiel aus deutscher Produktion, das im Jahre 2020/’21 eine ganz neue Konnotation erhält.
Inhalt
Eben noch waren Liv und ihr Freund Lex auf einer Party. Die beiden Wissenschaftler hatten etwas Wichtiges erreicht und wurden dafür gefeiert. Dann wacht Liv allerdings verstört auf, sieht Kratzwunden an ihren Armen und den schwerverletzten Partner neben sich liegen. Die Tür des Zimmers, in dem sie geschlafen hatten, ist verschlossen und die Fenster blickdicht verriegelt. Dann jedoch ertönt eine Stimme aus einem Walkie-Talkie. Ihr Nachbar Kurt erklärt, dass eine Biowaffen-Explosion die Stadt in Atem hält und das Leben auszulöschen beginnt. In der Wohnung seien sie aber sicher und ein Bluttest würde ergeben, ob sie bereits mit einem Virus infiziert wären. Die anfänglichen Zweifel ob der Geschichte kann Kurt zwar durch zahlreiche Fakten etwas entkräften. Doch je länger die Situation andauert, desto mehr Misstrauen erwächst: Hat Kurt die beiden vielleicht entführt und spielt ihnen alles nur vor …?
Wir schreiben das Jahr 2017. Das ZDF gibt jungen Filmemacher:innen die Möglichkeit, im Rahmen der eigenen Reihe „Stunde des Bösen“ eigens ersonnene Geschichten zu erzählen. Auch Bogdana Vera Lorenz gehörte dazu und steuerte der vierteiligen Reihe ihren Lockdown – Tödliches Erwachen bei. Ausgestrahlt wurde das Ganze am 16. Oktober 2017. Also ungefähr zweieinhalb Jahre, bevor ein Virus namens SARS-CoV-2 China und dann den Rest der Welt in Atem halten sollte. Zwar sind Geschichten mit Virus-Ausbrüchen/Pandemien/Krankheitsszenarien nicht neu und Lockdown bedient sich zudem bei einem bekannten US-Vorbild – dennoch wirken derartige Filmszenarios natürlich umso beängstigender, je mehr die Realität ihnen in die Karten spielt.
Regisseurin Bogdana Vera Lorenz (Heimspiel, Vola!) nutzt das begrenzte Szenario, um ein Kammerspiel zu inszenieren, das von den drei Hauptdarstellern getragen wird. Gerade Götz Schulte als Kurt weiß zu fesseln. Ziemlich gekonnt wandelt er zwischen Wahn und (möglicher) Wirklichkeit und lädt den Zuschauer dazu ein, beständig mitzurätseln: Stimmt seine übertrieben wirkende Geschichte oder tischt er seinen beiden unfreiwilligen Mitbewohnern (und uns) Lügen auf? Die charmant-rücksichtnehmende Art des unbekannten Nachbarn lässt sogar die skeptische Liv irgendwann annehmen, dass er die Wahrheit erzählen könnte. Und je länger Lockdown läuft, desto mehr Zweifel kommen überhaupt an allen Figuren auf. Wer sich jetzt an Dan Trachtenbergs 10 Cloverfield Lane erinnert fühlt, der hat natürlich Recht. Der 2016 inszenierte US-Thriller, der als Mittelteil des Cloververse bekannt ist und mit John Goodman in der Rolle des „Freiheitsberaubers“ aufwarten kann, nutzt eine sehr ähnliche Prämisse.
Und so ist es vielleicht gar nicht so schlecht, dass man es durchaus sichtbar mit einem deutschen Film zu tun hat. Das grenzt visuell ab und wird ohnehin schon bald zur Nebensache. Denn atmosphärisch weiß das Geschehen durchaus zu überzeugen. Spannung entsteht dann spätestens nach etwa 25 Minuten, wenn dumpfes Poltern aus dem Stockwerk über der abgeriegelten Wohnung zu vernehmen ist. Dazu treibt der elektronische Soundtrack den Film zusätzlich an. Zwar kann man genau diesen für anachronistisch halten (die 00er-Jahre bieten sich hier an), doch zum Szenario passt er gut.
Lediglich die eingestreuten Rückblicke auf die Party unterbrechen die Stimmung. Zwar werden sie genutzt, um Informationen über eine mögliche Wahrheit zu liefern, doch die Feier ist dermaßen stocksteif inszeniert, dass sie jegliches Tempo aus dem Film nimmt. Was der Film innerhalb des Kammerspiels authentisch und spannend abliefert, konterkariert er mit diesen wirklich nicht sehr gelungenen Szenen. Da die Laufzeit von effektiv gut 75 Minuten aber kurz genug gehalten ist, damit sich keine dauerhaften Längen entstehen, kann man darüber zumeist hinwegsehen.
Inhaltlich erzählt Lockdown zwar nichts Neues – gerade wenn das Thema Biowaffen-Terroristen und die Herkunft des angeblichen Virus behandelt wird – was sicherlich ein Manko ist. Denn es verhindert, dass Lorenz‘ Film etwas wirklich Einzigartiges konstruiert. Doch solange bekannte Themen spannend und stark gespielt umgesetzt werden, darf’s auch mal ein bisschen althergebracht sein.
Alice Dwyer, die zuletzt schon in Die Unsichtbaren brillierte, zeigt ihre Wandelbarkeit und überzeugt nun auch in der Rolle der Gekidnappten – zumal ihre Figur ebenso vielschichtig gerät wie jene des Nachbarn Kurt. Selbst wenn weder das Ende noch die zwischenzeitlichen Entwicklungen bahnbrechend überraschend scheinen, ist Lockdown ein beachtenswertes, kleines Genrestück abseits vom öffentlich-rechtlichen Herz-Schmerz-Drama. Etwas, das man hierzulande nur selten in ähnlicher Form produziert und das schon alleine deshalb Beachtung verdient hat.
Bild- und Tonqualität
Lockdown (der übrigens in 1080i vorliegt) beginnt mit einem kontrastintensiven, etwas übersättigten Bild, dessen helle Bereiche ein wenig ausreißen und dessen Hauttöne etwas übergebräunt aussehen. Das ist möglicherweise bewusst stilisiert, sieht aber nicht immer schön aus. Die Tatsache, dass hier entweder Player oder TV das De-Interlacing in progressive Bilder übernehmen müssen, kann (je nach Qualität des jeweiligen Chips) schon mal zu leichten Artefakten in schnellen Bewegungen oder bei Schwenks und abrupten Stops der Kameraführung führen.
Im Inneren von Kurts Wohnung ist es dann vornehmlich eins: Dunkel. Ziemlich dunkel. Aufgrund der digitalen Herkunft ist es aber gleichzeitig sehr ruhig und rauscharm. Farben wirken hier etwas natürlicher als bei den Außenszenen, sind nicht ganz so übersättigt, der Kontrastumfang geht in Ordnung, lässt hier und da aber Details auf dunklen Teilbereichen versumpfen. Die Schärfe bleibt dauerhaft nur auf eher schwachem Niveau – selbst bei fokussierten Objekten in der Bildmitte wird keine sonderlich hohe Detailtiefe geboten.
Der dts-HD-Master-Sound, der auf der BD von Lockdown lediglich in deutscher Sprache vorliegt, läuft mit erstaunlich geringer Datenrate und kommt praktisch nie über 2.1 Mbps hinaus. Sicher: So richtig viel passiert nicht und meist sind es nur Dialoge oder Atemgeräusche. Aber selbst in den perkussiven Filmscore-Momenten oder den wenigen Actionszenen bleibt die Datenrate erstaunlich niedrig.
Allerdings klingt das Ganze immerhin gut. Die Stimmen kommen klar rüber, der Soundtrack beherrscht die leisen und feinen Töne genauso wie die etwas dynamischeren Momente und sogar der Sub darf (wenn er sich mal dazuschaltet) durchaus druckvoll agieren. Echte Surroundeffekte bleiben allerdings fast komplett aus und das Geschehen spielt sich nahezu vollständig auf der Front ab.
Bonusmaterial
Das Bonusmaterial von Lockdown besteht aus dem Trailer des Films und einer Programmvorschau des Anbieters. Schade, dass solche Produktionen im Allgemeinen nur selten mit Extramaterial ausgestattet werden. Gerade wenn Produktionen im Inland gedreht werden, hätte man öfter mal die Gelegenheit, deutsche Newcomer und etablierte Mitspieler etwas näher zu beleuchten.
Fazit
Lockdown – Tödliches Erwachen ist erstaunlich dichtes Genrekino. Für eine deutsche TV-Produktion sind Schauspiel, Spannung und Atmosphäre auf erstaunlich hohem Niveau – kann man machen. Und da der Film immer mal wieder in der ZDF-Mediathek auftaucht, könnte er sich zum Dauerbrenner mausern. Gerade, weil die Thematik aktuell natürlich erstaunlich viel Aktualität mitbringt.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 65%
Tonqualität: 65%
Bonusmaterial: 10%
Film: 70%
Anbieter: Tiberius Film
Land/Jahr: Deutschland 2017
Regie: Bogdana Vera Lorenz
Darsteller: Alice Dwyer, Götz Schulte, Maximilian Meyer-Bretschneider, Jeff Wilbusch, Melanie Kogler
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 80
Codec: AVC
FSK: 12
Trailer zu Lockdown
So testet Blu-ray-rezensionen.net
Die Grundlage für die Bild- und Tonbewertung von Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays bildet sich aus der jahrelangen Expertise im Bereich von Rezensionen zu DVDs, Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays sowie Tests im Bereich der Hardware von Unterhaltungselektronik-Komponenten. Gut zehn Jahre lang beschäftigte ich mich professionell mit den technischen Aspekten von Heimkino-Projektoren, Blu-ray-Playern und TVs als Redakteur für die Magazine HEIMKINO, HIFI TEST TV VIDEO, PLAYER oder BLU-RAY-WELT. Während dieser Zeit partizipierte ich an Lehrgängen zum Thema professioneller Bildkalibrierung mit Color Facts und erlangte ein Zertifikat in ISF-Kalibrierung. Wer mehr über meinen Werdegang lesen möchte, kann dies hier tun —> Klick.
Die technische Expertise ist aber lediglich eine Seite der Medaille. Um stets auf der Basis von aktuellem technischen Wiedergabegerät zu bleiben, wird das Testequipment regelmäßig auf dem aktuellen Stand gehalten – sowohl in puncto Hardware (also der Neuanschaffung von TV-Displays, Playern oder ähnlichem, wenn es der technische Fortschritt verlangt) als auch in puncto Firmware-Updates. Dazu werden die Tests stets im komplett verdunkelbaren, dedizierten Heimkino angefertigt. Den Aufbau des Heimkinos könnt ihr hier nachlesen —> Klick.
Dort findet ihr auch das aktuelle Referenz-Gerät für die Bewertung der Tonqualität, das aus folgenden Geräten besteht:
- Mainspeaker: 2 x Canton Reference 5.2 DC
- Center: Canton Vento 858.2
- Surroundspeaker: 2 x Canton Vento 890.2 DC
- Subwoofer: 2 x Canton Sub 12 R
- Heights: 4 x Canton Plus X.3
- AV-Receiver: Denon AVR-X4500H
- AV-Receiver: Pioneer SC-LX59
- Mini-DSP 2x4HD Boxed
Das Referenz-Equipment fürs Bild findet ihr wiederum hier aufgelistet. Dort steht auch, wie die Bildgeräte auf Norm kalibriert wurden. Denn selbstverständlich finden die Bildbewertungen ausschließlich mit möglichst perfekt kalibriertem Gerät statt, um den Eindruck nicht durch falsche Farbtemperaturen, -intensitäten oder irrigerweise aktivierten Bild“verbesserern“ zu verfälschen.