Blu-ray Review
OT: Logan Lucky
Familienfluch
Steven Soderbergh bricht sein Vorhaben und kehrt ins Kino zurück.
Inhalt
Jimmy muss irgendetwas ändern. Irgendwas muss passieren, damit er nicht nur sich, sondern vor allem seiner Tochter noch so etwas wie ein gutes Leben bieten will. Denn nachdem er auch seinen aktuellen Job verloren hat, steht er mal wieder vor dem Nichts. Da hilft auch alles Lamentieren nichts, dass er mal eine goldene Zukunft als Football-Star vor sich hatte, wenn er sich nicht verletzt hätte. Jimmys Bruder Clyde geht’s kaum besser. Er kam einarmig aus dem Irak-Krieg zurück und ist seitdem Objekt für Hohn und Spott der anderen. Was liegt da näher, als einen gemeinsamen Coup zu drehen. Die Idee ist schnell geboren, das Objekt der Begierde in Windeseile ausgemacht: Beim Coca-Cola-Cup, einem legendären NASCAR-Rennen, wollen sie die Tageskasse räubern. Die ist aufgrund aktueller Untergrundarbeiten etwas weniger gesichert als sonst üblich. Dumm, dass sie dafür den Bombenspezialisten Joe Bang brauchen. Und noch dümmer, dass der eigentlich lieber im Knast sitzen bleiben würde, als sich beim Ausbruch von Jimmy und Clyde helfen zu lassen. Aber ein Trick stimmt ihn um und der Coup scheint eine sichere Sache, oder …?
Na soooo konsequent ist er dann doch nicht, der gute Mr. Soderbergh. Nachdem er sich 2013 offiziell vom Kino verabschiedet hatte, um sich vornehmlich hochwertigen TV-Produktionen zu widmen, kehrt er vier Jahre nach Side Effects nun mit Logan Lucky auf die große Leinwand zurück. Soderbergh bemängelte seinerzeit die immer größer werdende Schere zwischen dem was Filmproduzenten und Filmemacher wollen und kritisierte außerdem die massive Ausrichtung der Studios auf „diesen einen großen“ Film des Jahres, dem alles andere untergeordnet würde. Das kann man, je nach Betrachtungsweise, als revolutionär oder auch als „Mimimi“ bezeichnen. Fest steht: Nur weil Soderbergh für vier Jahre dem Kino den Rücken gekehrt hatte, hat sich rein gar nichts geändert. Denn gefolgt ist ihm ohnehin kein anderer. Aber lassen wir die Ziele, Vorstellungen, Wünsche und Träume des Independent-Regisseurs mal für einen Augenblick außen vor und betrachten den Film an sich:
Für sein Comeback hat sich der Regisseur auf seine erfolgreichsten Filme zurückbesinnt und beschwört den Geist der Ocean’s-Filme. Allerdings auf eine ziemlich krude Art und Weise, denn während Danny Ocean und seine Gang betont cool und smart, gut gekleidet und distinguiert sind, haben die Logans davon genau nichts. Jimmy und Clyde sind im Zusammenspiel mit Joe Bang die Antithese zur Oceans Elf, was Logan Lucky tatsächlich sehr charmant macht. Sicher: Ocean’s Eleven war damals auch ein großer Spaß. Aber schon bei der Fortsetzung ärgerten viele der Details und wirkten mehr „Möchtegern“ als „locker aus dem Ärmel“. Das Unperfekte und Chaotische an diesem Gespann hier bewirkt hingegen schon früh eine Bindung an die Figuren – wenngleich manchmal eher aus Mitleid.
Ein Mitleid allerdings, das durchaus positiv zu sehen ist, denn die versammelten Darsteller schaffen es einfach großartig, ihre Loser-Figuren liebenswürdig rüberkommen zu lassen. Chaning Tatum ist bei Soderbergh mittlerweile ja eh eine Institution und Adam Driver zeigt erneut, dass er gerade in kleineren unabhängigen Filmen überzeugt. Es sind die Außenseiter-Rollen, die ihm liegen und zu denen er auch optisch passt. Bis heute darf gerätselt werden, warum man ihn als Kylo Ren in der neuen Star-Wars-Trilogie besetzte. Es bleibt wohl ein ewiges Geheimnis der Macher rund um J. J. Abrams.
Aber zurück zu Logan Lucky. Hier ist Driver perfekt besetzt und in seiner Rolle als versehrter Kriegsveteran mit Bob-Seger-Tshirt geradezu grandios. Wie er mit seinem völlig negativen Lebens-Zynismus mehr durch den Film wandelt als aktiv an ihr teilnimmt, macht sogar noch mehr Spaß, wenn man sich seinen breiten Südstaaten-Slang im Original anhört.
Und dann ist da ja noch Daniel Craig. Man muss schon gesehen haben, wie der Gentleman-Geheimagent im Dienste ihrer Majestät sich mal so richtig von seiner Bond-Rolle freimacht und sowohl optisch als auch darstellerisch grandios über die Stränge schlägt. Wie ein blondierter Panzerknacker mit Redneck-Attitüde und Vollzeit-Sarkasmus raunzt er sich durch den Film, dass es eine wahre Freude ist.
Gemeinsam versprüht das Trio diese Robin-Hood-Romantik, die dafür sorgt, dass man ihnen kaum übel nehmen kann, sich an dem zu bereichern, was die satte Gesellschaft allzu leichtfertig aufbewahrt. Und weil Soderbergh sich ein Beispiel an den Südstaaten-Filmen der Coen-Brüder nimmt, hat er auch ein Auge für die schrägen Gewohnheiten der einfachen Amerikaner in der Gegend. Und wenn es ein umjubelter Wettbewerb ist, bei dem die Teilnehmer mit dem Mund Schweinefüße aus einer mit Wasser gefüllten Kiste holen müssen. Das beobachtet er noch dazu immer wieder aus der Frosch-Perspektive und mit einer entschleunigten Langsamkeit, die für eine willkommene Abwechslung im Höher-Schneller-Weiter-Kino sorgt. Schon alleine das erste Treffen zwischen Jimmy, Clyde und Joe läuft gute fünf Minuten, in der nun wirklich nicht viel geredet wird. Es sind die Gesten und sarkastischen Sprüche, die unterhalten und nicht die hektischen Schnittfolgen oder ständigen Kamera-Positionswechsel. Wunderbar, wenn Joe Bang seine Bom… sorry, seinen Sprengkörper erklärt und ebenso großartig, wenn die Knast-Insassen nach einem Aufstand ihr Recht auf die neuen „Games-of-Thrones“-Bücher einfordern.
Und ein bisschen Revoluzzer ist Soderbergh dann bei Logan Lucky doch wieder. Denn ganz abgesehen davon, dass er mal wieder für Regie, Kamera und Schnitt in Personalunion verantwortlich zeichnete, hat er den Film vollkommen unabhängig (vor)finanziert. Die benötigten Gelder stammen allesamt aus den Vorverkauf der weltweiten Verleihrechte für Kino- und Video-Auswertung.
Bild- und Tonqualität BD
Die Blu-ray von Logan Lucky liefert bereits ein sehr gutes und plastisches Bild, das vor allem durch seine hohe Laufruhe, das praktisch vollständige Fehlen von Korn und die homogen verteilte Schärfe gefällt. Farben kommen recht natürlich rüber, legen aber zu, wenn die Szenen etwas dunkler gehalten sind. Schwarzwerte sind prägnant und kräftig. Lediglich ab und an hätte man sich etwas mehr Durchzeichnung gewünscht. Das macht allerdings die wirklich gute Auflösung wieder wett, die beispielsweise während der Szenen im Baumarkt bis in die Tiefe alle Artikel scharf abbildet.
Akustisch ist Logan Lucky für Heimkino-Dynamik-Freunde eher eine Enttäuschung. Das liegt aber vor allem daran, dass es (zunächst) kaum Anlass gibt, um überhaupt für Surround-Effekte zu sorgen. Dialoge beherrschen das Geschehen und etwas Umgebungsgeräusche gesellen sich hinzu. Zu Beginn ist es ausschließlich die Filmmusik, die für etwas Rundum-Sound sorgt. Immerhin sind die Dialoge sehr gut eingepegelt, wenngleich die deutschen Stimmen vielleicht einen Hauch brummelig rüberkommen. Oft wird so viel Konzentration auf die Dialoge und die Gesprächsmomente gelegt, dass es nicht mehr als ein leichtes Hintergrundrauschen gibt.
Doch selbst, wenn hier kein Effektfeuerwerk abgefackelt wird, macht der Ton das, was er machen soll, sehr gut. Und während des Rennens und des Coups gibt’s dann ja doch mal Signale von den Rears. So kommt die Hymne nach 65 Minuten mit authentischem Hall und die Nascar-Boliden fetzen ziemlich krass aus allen Speakern (66’00).
Bild- und Tonqualität UHD
Dass dem Film eine 4K-Kette beschieden wurde, sieht man zwar schon der wirklich sehr guten Blu-ray an, doch über die Ultra-HD kommen feine Details in Close-ups und bei Naheinstellungen von Schriften (siehe Bildvergleich) selbst aus regulärem Sichtabstand klarer rüber und sorgen für das plastischere und dreidimensionalere Bild. Allerdings übertreibt es die UHD mit keinem ihrer Parameter. Insbesondere die Farben wurden nicht übertrieben dargestellt, sondern im Rahmen eines erweiterten Farbraums dezent angehoben. So ist Grün bspw. kräftiger und Gesichtstöne bekommen etwas mehr Gelb-Braun-Anteil. Das ist bei manch anderem Film zu viel, passt aber hier sehr gut zur Atmosphäre des Films. Die höhere Bilddynamik (HDR10) sorgt für eine Anhebung der Werte in dunklen Szenen, was für eine bessere Durchzeichnung sorgt, ohne die Schwarzwerte zu vergrauen. Spitzlichter sind prägnanter und insgesamt erscheinen die Szenen lebhafter. Das lässt sich beispielsweise gut erkennen, wenn Channing Tatum mit seiner orangen Sicherheits-Weste herumspaziert (3’49). Lediglich in einigen dunkleren Szenen wie in Clydes Bar wirken Hauttöne etwas überkräftig (11’25).
Bonusmaterial
Im Bonusmaterial von Logan Lucky wartet neben Interviews mit Channing Tatum, Adam Driver und Steven Soderbergh noch ein Making-of. Dieses ist allerdings mit drei Minuten ziemlich kurz geraten und ohnehin nur fürs deutsche Publikum gemacht. Zwei deleted Scenes runden das etwas magere Angebot ab.
Fazit
Logan Lucky ist die Antithese zu Ocean’s Eleven – launig, voller schräger Typen und mit beißendem Sarkasmus unterlegt. Das einzige, dass man Soderbergh vorwerfen kann, ist die Nähe seines Films zu jenen der Coen-Brüder. Doch wenn man schon bei den Regie-Brüdern ist, so hat Soderbergh hier definitiv den besseren Ladykillers abgeliefert.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität BD: 90%
Bildqualität UHD: 90%
Tonqualität BD/UHD (dt. Fassung): 70%
Tonqualität BD/UHD (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 30%
Film: 80%
Anbieter: Studiocanal
Land/Jahr: USA 2017
Regie: Steven Soderbergh
Darsteller: Channing Tatum, Adam Driver, Seth MacFarlane, Daniel Craig, Hilary Swank, Riley Keough, Katie Holmes, Katherine Waterston, Dwight Yoakam, Sebastian Stan, Brian Gleeson, Jack Quaid
Tonformate BD/UHD: dts-HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 119
Codec BD: AVC
Codec UHD: HEVC
Real 4K: Ja (4K DI)
High Dynamic Range: HDR10
FSK: 12
(Copyright der Cover, Szenenbilder und vergleichenden Screenshots: © 2017 Studiocanal. All Rights Reserved.)