Lone Survivor

Blu-ray Review

Lone Survivor Blu-ray Review Cover
Universum Film, 17.10.2014

 

OT: Lone Survivor

 


150 gegen 4

Peter Berg darf mal wieder Krieg spielen – dieses Mal sogar beruhend auf wahren Begebenheiten.

Inhalt

Marcus Luttrell ist einer von vielen Navy SEALs, die während der Operation Red Wings im Jahre 2005 in Afghanistan stationiert sind. Ein neuer Auftrag schickt die Jungs, allesamt hart und perfekt trainierte Kampfmaschinen, auf die Jagd nach der Taliban-Größe Ahmad Shah. Dessen Eliminierung bedeutete nicht nur Einen weniger auf der langen Liste der Schurken, sondern wäre auch ein persönliches Anliegen für jeden der SEALs, denn immerhin ist Shah verantwortlich für das Ableben vieler US-Soldaten. Marcus und seine Kameraden Michael, Danny und Matt beziehen als Scharfschützen ihren Posten und … warten … Denn Krieg bedeutet für Sniper in erster Linie, sich in Geduld zu üben. Als ihnen in ihrem Versteck ein lokaler Ziegenhirte mitsamt zweier Gefolgsleute begegnet, deren Leben die Soldaten trotz hitziger interner Diskussion verschonen, können sie noch nicht ahnen, dass die Einheimischen dafür sorgen werden, dass sie bald nicht den prognostizierten zehn, sondern gleich 150 Talibankämpfern gegenüber stehen. Es entbrennt ein Feuergefecht, das nur böse enden kann …

Peter Berg, der noch in Operation Kingdom bemüht war, eine halbwegs ausgeglichen dargestellte militärische Thematik abzuliefern, zeigte schon zuletzt mit Battleship, was für ein strammer Patriot in ihm steckt. In Lone Survivor darf er nun richtig vom Leder ziehen, denn immerhin beruht die Geschichte vom einzelnen Überlebenden eines Einsatzes in Afghanistan auf wahren Begebenheiten. Berg beginnt mit Stakkato-Bildern der Ausbildung von Navy-Seals – Momentaufnahmen härtesten Trainings, der Entbehrungen und körperlichen Aufopferung, dazu Bilder bangender aber letztlich stolzer Familien. Kein Zweifel, in Lone Survivor werden Helden verehrt und Kritik bleibt außen vor. Einzig in Sachen Filmmusik geht Berg einen unüblichen Weg. Er lässt die sonst so gern für patriotische Filme genutzten Bläser/Hörner weg und setzt auf melancholische Sounds der sensationellen Instrumental-Band Explosions in the Sky. Das nimmt dem Film etwas die heroische Schwere, weist aber vom ersten Moment auf den hochemotionalen Weg des Films hin.

Dass wir uns nicht falsch verstehen: Lone Survivor ist bisweilen ungemein spannend inszeniert, beschreibt (vermutlich) extrem realistisch, wie geduldig und behutsam gerade Sniperschützen vorgehen müssen und krabbelt öfter gemeinsam mit dem Zuschauer im Tannendickicht herum. Diese Anspannung wird lediglich von den Witzeleien zwischen Marcus und Michael unterbrochen, die für ein wenig Humor sorgen. Allerdings nur, bis ab der 57. Minute für satte 20 Minuten lang ein Scharmützel entfacht, das filmhistorisch gesehen wohl seinesgleichen sucht. Natürlich kehrt Berg dann entsprechend zur unmittelbaren Kamera zurück, ist hautnah dabei und überträgt die Hitze des Gefechts 1:1 auf den Zuschauer. Das ist, so viel muss man dem Regisseur lassen, absolut packend umgesetzt.

Stimmiger wäre das Ganze aber geworden, wenn man sich hätte dazu durchringen können, der gegnerischen Seite ein Gesicht zu geben. Noch dazu, und das ganz unabhängig von der Tatsache, dass die Ereignisse genau so geschehen sind, gibt Lone Survivor ein falsches Signal ab: Die Gnade, welche Luttrell und seine Navy-SEALs-Kollegen dem Ziegenhirten gegenüber walten lassen, führt nicht zur Verständigung, sondern erst Recht zur Eskalation. Das ist eine Menge Öl ins Feuer für all jene, denen diplomatische Maßnahmen ein Dorn im Auge sind. Lieber alles direkt über den Haufen schießen, dann klappt’s auch mit dem Überleben. Und wenn die zahlenmäßig überlegenen Gegner dann ihre Opfer fordern, wird Murphy selbstverständlich auch noch feige in den Rücken geschossen. Denn merke: Der fanatische Gotteskrieger ist kein fairer Kämpfer.
Allerdings, und das soll zur Ehrenrettung des Regisseurs und seines Films gesagt werden, gibt es nicht nur mit der letzten eingeblendeten Textzeile auch ein paar versöhnliche Momente, wenn die Teile der afghanischen Bevölkerung angesprochen werden, die eben keine Fanatiker sind.

Bild- und Tonqualität

Das Bild von Lone Survivor erstrahlt mit kräftigsten Kontrasten, extrem lebhaften Farben und einer überraschend hohen Laufruhe. Berg lässt dieses Mal sein Stilmittel Wackelkamera und Filmkorn zu Hause und lässt seinen Kameramann ruhig und gemächlich hinter den Soldaten herlaufen. Das unterstützt den Schleichcharakter der Scharfschützen und wirkt deutlich besser als hätte er auch hier hektisch herumfuchteln lassen. Wie weiter oben erwähnt, übernimmt die Handkamera das Geschehen während der Schießerei und sorgt dann für zunehmende Unruhe. Allerdings passt das in diesem Fall thematisch sehr gut – zumal die Schärfe fast dauerhaft auf einem sehr guten Niveau ist.
Mit extrem hoher Räumlichkeit fliegen die Aufklärungsflugzeuge und Transporter-Hubschrauber in Lone Survivor über die Köpfe der Heimkino-Zuschauer hinweg. Der von den Rotorblättern aufgewirbelte Sand und Staub scheint praktisch im Wohnzimmer niederzuprasseln und während all dieser Surround-Highlights liegt der elektronische Sound von Explosions in the Sky wie ein Klangteppich auf allen Speakern. Schon bis dahin ist der Tonsektor von Lone Survivor richtig klasse. Was dann, während der knapp halbstündigen Schusswechsel (im Übrigen ohne jede Unterstützung von Filmmusik) passiert, ist von einer ähnlichen akustischen Brillanz, wie die erste halbe Stunde von Der Soldat James Ryan: Die Kugeln schlagen fetzend in Bäume ein, fliegen haarscharf an den Köpfen vorbei und zerschlagen Steine mit splitterndem Effekteregen – das ist akustische Extraklasse!

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Lone Survivor finden sich neben neun Interviews (sämtliche Darsteller und auch Marcus Luttrell kommen zu Wort), einem Blick hinter die Kulissen noch sechs weitere Featurettes. In „Der Wille des Kriegers“, einem fast halbstündigen Dokumentarfilm über Luttrell erfahren wir, wie er zu den Navy SEALs kam, woher er ursprünglich kommt und wie’s zu den Ereignissen kam – eine ebenso patriotische, wie ergreifende Geschichte eines Jungen, der unbedingt zu den SEALs wollte. „Die Geschichte ans Licht bringen“ beschreibt, dass Peter Berg das Buch schon beim Dreh von Hancock von seiner Frau vorgelegt bekam. Diese legte ihm nahe, den Film dazu zu drehen. Neben einem Feature über die „Nachstellung der Feuergefechte“ und einem unvermeidbaren über das Training der Darsteller in „Die Grundausbildung“ wird’s richtig pathetisch in „Die gefallenen Helden der Operation Red Wings“ in dem über jeden der in diesem Einsatz umgekommenen Soldaten berichtet wird. Die Eltern dürfen zu Protokoll geben, wie gut Berg alles umgesetzt hat und wie heldenhaft ihre Söhne waren. Das einzige nicht die amerikanischen Soldaten betreffende Feature ist „Der Lebenskodex der Paschtunen“. Hier werden die Paschtunen gleichsam zu Helden stilisiert, da sie ihr Leben für das Leben der US-Soldaten gegeben hätten, bzw. teilweise haben. Durchgehend durch sämtliche Extras von Lone Survivor zieht sich der gleiche rote Faden, wie durch den Film selbst. Man wird emotional möglichst stark gefangengenommen, um die vermeintlich heldenhafte Soldatenstory auch ja genug zu würdigen.

Fazit

Lone Survivor liefert ein höchst zwiespältiges Erlebnis. Zum einen ist Bergs Werk ein extrem spannender und packender Actionfilm, zum anderen aber auch ein ein nur für Amerikaner erträgliches oder nachvollziehbares Heldenporträt. Seit Rambo 2 wurde ein Gegner nicht mehr derart eindimensional charakterisiert und der amerikanische Part so kritiklos dargestellt – man merkt Lone Survivor mit jeder Sekunde an, wie tief der Schmerz über die Terroranschläge am 11. September 2001 immer noch sitzt und wie sehr es auch Hollywood ein Anliegen ist, den bewaffneten Krieg gegen den Terror moralisch zu unterstützen und seine Helden (gerade die toten) zu feiern. Berg nimmt sich am Ende dafür noch einmal drei Minuten Zeit, um Stand- und Bewegtbilder der Gefallenen zu zeigen.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 90%
Tonqualität (deutsche Fassung):95%
Tonqualität (Originalversion): 95%
Bonusmaterial: 50%
Film: 50%

Anbieter: Universum Film
Land/Jahr: USA 2013
Regie: Peter Berg
Darsteller: Mark Wahlberg, Taylor Kitsch, Emile Hirsch, Ben Foster, Eric Bana, Ali Suliman, Alexander Ludwig
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 123
Codec: AVC
FSK: 16