Lucy 4K UHD

Blu-ray Review

Universal Pictures, 29.09.2016
Universal Pictures, 29.09.2016

OT: Lucy

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More human than human

Scarlett Johansson mutiert in Luc Bessons Actioner zum Übermensch.

Inhalt

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Das hatte Lucy nun wirklich nicht gewollt

Lucy studiert gerade in Taipeh als sie von ihrem gerade kennen gelernten Freund mit Nachdruck zur Übergabe eines bestimmten Koffers überredet wird. Weil er bei den Empfängern etwas in Ungnade gefallen war, muss es nun die Studentin aus den USA richten. Voller Angst tritt sie den offensichtlichen Gangstern gegenüber und findet sich kurz darauf in einer Zwangssituation wieder, aus der sie sich nicht mehr befreien kann. Als man ihr dann auch noch operativ irgendetwas unter den Bauch pflanzt, wacht sie entkräftet in einem dunklen Raum auf. Nachdem sie einer der Bösewichte übel verprügelt, geschieht allerdings etwas mit Lucy. Irgendetwas scheint in ihrem Körper und Gehirn vorzugehen, das für außerordentliche Reaktionen sorgt. Plötzlich spürt sie keine Schmerzen mehr, empfindet keine Emotionen und ihre körperlichen und geistigen Fähigkeiten scheinen ins Unermessliche zu steigen. Offenbar hat sich die synthetische Droge CPH4, die man ihr in einem Plastiktütchen unter den Bauch operiert hatte, in ihrem Körper ausgebreitet und bewirkt nun, dass Lucy nach und nach übermenschliche Fähigkeiten entwickelt. Mit diesen ausgestattet macht sie sich auf die Suche nach dem Verantwortlichen Mr. Chang und sucht Hilfe beim Neurologie-Professor Dr. Norman …

Lucy hat eine synthetische Droge im Körper

Wir nutzen nur 10% unseres Gehirns, richtig?
Nein, falsch! Einer der hartnäckigsten Mythen über die Funktionsfähigkeit und Auslastung unserer Denkmasse hält sich auch heute noch so fest in der Gesellschaft, dass weit mehr als die Hälfte der Menschen daran glauben – und (teils) freiwillig in die Arme von Esoterikern rennen, die mit Versprechungen locken, die restlichen 90% zu aktivieren. Schon dem armen Albert Einstein schob man dieses Zitat in der Popkultur unter, was zum einen nicht nachweisbar ist und zum anderen neurologisch gesehen Nonsens ist. (Quelle zum 10%-Mythos)
Wozu dieser kurze Diskurs über die Funktionsfähigkeit unseres Gehirns?
Weil es als Ausgangsprämisse für Luc Bessons 2014er Actionhit Lucy dient. In diesem schickt er seine gleichnamige Darstellerin auf einen bewusstseinserweiternden Trip, nachdem sie unfreiwillig eine künstliche Droge absorbiert hat, die es ihr fortan ermöglicht, telekinetische und sonstwie transzendentale Fähigkeiten zu entwickeln. Mit den neu erlernten Superkräften ist Lucy in der Lage, per Gedankenkraft Gegenstände bewegen oder direkt die Zeit zu ihren Gunsten zu beeinflussen – so weit, so abstrus.

Mr. Jang will … ja, was will er eigentlich?

Aber da wir ja in einem ScFi-Action-Thriller sind, muss man ja auch nicht immer alles für bare Münze nehmen, nicht wahr, liebe Wachowskys?
Also akzeptieren wir für den Moment, dass sich Besson einen uralten Mythos schnappt, um darauf seinen (damals) dritten Frauen-Action-Film aufzubauen. Nach Nikita und Johanna von Orleans (streng genommen darf man auch Das fünfte Element noch hinzuzählen) ist es nun also (zunächst) keine Killerin und keine historische Figur, sondern erst einmal eine unbedarfte Studentin, die wider Willen in eine Rolle schlüpfen muss, mit der sie wohl kaum rechnen konnte.
Es ist ein wenig das Überraschungsmoment, das Lucy von den anderen, ähnlich gelagerten Filmen des Luc Besson unterscheidet. Denn seine Titelfigur ist zunächst nun wirklich alles andere als eine Actionheldin. Scarlett Johansson schlüpft in die Rolle der Lucy und darf sich zunächst verletzlich und kleinlaut geben, bevor sie dann mehr und mehr ihre Krallen ausfahren und die aus den Marvel-Filmen erlernte Kampfkunst demonstrieren darf.
Komprimiert auf gerade mal 89 Minuten schrieb man Kurzweil groß und investierte zum damaligen Zeitpunkt in einen der teuersten europäischen Filme überhaupt. Finanziell zahlte sich das aus, denn mit einem weltweiten Einspiel von 460 Mio. Dollar gehört Lucy zu den erfolgreichsten Filmen des Regisseurs.

Der Vorkoster wird nur kurz Freude an der Substanz haben

Leider jedoch nicht zu seinen besten – vor allem, wenn man bedenkt, dass Besson sein Werk als Mix aus Léon, der Profi, Inception und 2001 – Odyssee im Weltraum verstanden haben wollte (Quelle).
Gut, Bescheidenheit war noch nie so wirklich die Sache des Regisseurs. Und mit Erstgenanntem hatte Besson ja durchaus auch eine echte Genreperle inszeniert. Aber ein paar (eher misslungen-alberne) Zitate an die „Dawn-of-Mankind-„Sequenz von Kubricks Meisterwerk machen dann doch noch keinen neuen 2001 aus.
Sei’s drum: Lucy kann durchaus Spaß machen, wenn man die genannten Vorbilder mal außen vor lässt und sich auf die reine Optik und die Kampfszenen konzentriert. Johansson ist nun mal eine klasse Darstellerin und überzeugt in ihren Actionrollen stets mit einer beeindruckenden Physis. Und Besson ist (hier noch) ein talentierter Actionregisseur, der erst zuletzt in ANИA leichte Verschleißerscheinungen in Sachen Kampfkunst-Inszenierungs-Timing zeigte.
Hier allerdings ist er noch auf der Höhe und in Verbindung mit den visuellen Effekten der Trickkünstler von ILM funktionieren Szenen wie die zerebralen Synapsen-Verknüpfungen ebenso wie das „Wegschnippen“ von Waffen und Gegnern. Gut, über den schwarzen Schleim im Finale darf man heutzutage tricktechnisch auch gespaltener Meinung sein.
Was bei aller Action aber auf der Strecke bleibt, sind die Emotionen. Während Lucy vor ihrer Verwandlung eine durchaus emotionsgeladene Figur ist, verkümmern ihre Gefühle vom Moment der Freisetzung des CPH4 zu einem kalten Nichts. Gehen wir für den einen Moment davon aus, dass die 10%-Gehirnnutzungs-Hypothese doch korrekt wäre, dann erscheinen die restlichen 90% keineswegs erstrebenswert, wenn sie zu solch einem Resultat führen. Zumal Besson in seiner finalen Sequenz den Faden verliert und in einen transzendental-esoterischen und pseudophilosophischen Quark abdriftet.
Etwas mehr innerer Kampf der Titelfigur mit ihren neu „erworbenen“ Fähigkeiten und etwas weniger Philosophie-Diskurs und Lucy hätte nicht nur optisch das Zeug zu einem kleinen Klassiker gehabt.

Bild- und Tonqualität BD

Kann Professor Norman Lucy Antworten liefern?

Lucy bietet schon über die Blu-ray eine wirklich herausragend gute Qualität. Die Tatsache, dass Luc Besson ohne große Filterung auskam und mit der hochauflösenden Digitalkamera sowie bei meist sehr guter Ausleuchtung arbeitete, hat zur Folge, dass die meisten Sequenzen referenzwürdig sind.
Gerade in Sachen Schärfe gibt es nur wenig bessere Blu-rays und der Kontrastumfang ist wirklich hervorragend. Auch die unterschiedlichen Schauplätze werden authentisch wiedergegeben – egal, ob es eher kühle Stimmungen sind wie in Paris oder die wärmere Farbgebung in Taiwan zu Beginn. Das Einzige, das man der Blu-ray vorwerfen könnte, wäre ihre durchweg gelbliche Einfärbung, die vor allem auf den Hautbereichen für einen etwas kränklich wirkenden Look sorgt.

Die Blu-ray von Lucy kommt mit einem für Universal Pictures seinerzeit üblichen dts-Sound, während die englische Fassung unkomprimiert in dts-HD-Master vorliegt. Beide sind wirklich sehr gut, so viel sei vorweg gesagt.
Während der kurzen Flashbacks zu Beginn geht es bereits wortwörtlich schon rund (um den Zuschauer).
Auch der zwischenzeitlich abgefeuerte Schuss auf Lucys Freund kommt schön trocken und voluminös rüber, während Dialoge gut verständlich und durchaus harmonisch eingebettet sind.
Zwar braucht es dann fast eine halbe Stunde, bevor richtig Action in die Hütte kommt, doch Lucys erste Mutation sorgt dann für einen räumlichen Angriff auf die Speaker. Hier fetzen dann im Sekundentakt die Synapsen-Sounds um den Zuschauer herum und man fühlt sich schon fast selbst wie Lucy. Auch der kurze Kampf mit dem perversen Lüstling und die Schussabfolge nach gut 30 Minuten kommen knackig rüber. Dazu liefert die Tiefbass-Unterstützung bisweilen satten Druck – gerade in den Momenten des elektronischen Scores (ab 31’46). Gegenüber der englischen dts-HD-Master-Version müssen hier praktisch keine Abstriche gemacht werden. Beide tönen ähnlich laut, wuchtig und effektvoll. Ein insgesamt sehr guter Ton, mit ein wenig Luft nach oben, was die Gesamtdynamik angeht.

Bild- und Tonqualität UHD

Auf der Suche nach den Verantwortlichen

Lucy wurde 2014 vollständig digital gefilmt. Zum Einsatz kam hier hauptsächlich die seinerzeit vor allem in Europa noch sehr selten in Filmen genutzte Sony CineAlta F65. Die Wahl für diese Kamera fällte Besson hauptsächlich aufgrund des großen Farbraums, der ihm und seinem Kameramann Thierry Arbogast ideal für ihre Vision des Films schien. Zusätzlich wurden ARRI-Alexa-XT-Plus- und Red-Epic-Kameras genutzt. Letztere verwendete man für die Verfolgungsjagd in Paris, die im Voraus (also ohne die echten Darsteller) gefilmt wurde. Da man insgesamt sechs Kameras auf den Fahrzeugen montierte und sechs Sonys zu diesem Zeitpunkt in der französischen Hauptstadt nicht aufzutreiben waren, wählte man die Reds. Die Alexas wurden hier und da für zusätzliche Shots eingesetzt, wenn es mal schnell gehen musste. Auch eine Canon 5D kam dann schon mal für sehr schnelle Actioncuts zum Einsatz (Quelle).
Da Lucy seinerzeit eine der ersten UHDs war, die Anbieter Universal im September 2016 veröffentlichte, könnte man eigentlich erwarten, dass es sich hier noch um eine eher unausgereifte Scheibe handelt – und sieht sich glücklicherweise absolut getäuscht. Besson probiert immer wieder technische Neuerungen aus und die Verwendung der F65 führte zu durchgängigem 4K-Material, das nur von dem etwas niedriger aufgelösten Sequenzen, die mit der ARRI XT gemacht wurden, etwas unterbrochen wird. Da diese aber nur sehr vereinzelt zum Einsatz kam, fällt das im Film absolut nicht auf. Zumal man eben nicht (wie seinerzeit meist noch üblich) auf ein 2K Digital Intermediate herunter rechnete, sondern ein 4K DI anfertigte – es liegt also von der Aufnahme am Set bis zur UHD ein konstanter 4K-Workflow vor. Hinzu kam das statische HDR-Format HDR10 und ein im Rahmen von Rec.2020 erweiterter Farbraum. Und was die UHD daraus zaubert, ist auch heute (über drei Jahre nach der Veröffentlichung) ein echter Augenschmaus. Angefangen bei den ultrasatten Schwarzwerten, die Anzüge in einer Kraft erscheinen lassen, dass man es mit dem Auge kaum fassen kann. Des Weiteren wird das Sehorgan mit prägnanten Spitzlichtern fast geblendet, wenn man die hellen Reflexionen in Lucys Augen sieht. Auch die gleißenden Sterne im Farbnebel bei 27’08 funkeln kräftiger, klarer definiert und sind auch etwas farbiger. Selbst wenn hauptsächlich weißer Bildanteil auf das Auge trifft, holt die UHD hier das Maximum raus und fordert einen OLED mächtig heraus (ab 74’30). Dabei bleibt das Geschehen beständig gut durchgezeichnet. Weder versumpft etwas im Schwarz, noch reißen helle Bereiche aus – der Kontrastumfang wirkt hier in der Tat nahezu perfekt. Manchmal hat man das Gefühl, dass die Szenerie beinahe hyperreal und übermäßig plastisch erscheint. Ab und an schälen sich Objekte im Vordergrund so dreidimensional und Bewegungen wirken so plastisch, dass man meinen könnte, Lucy sei mit High-Frame-Rate gedreht worden. Auch die Schärfe und absolute Rauschfreiheit überzeugen durchweg. Sieht man von den schwächeren Archivaufnahmen der Tier-Dokus zu Beginn ab, ist die Auflösung derart gut, dass man hier schon mehr als 4K vermuten könnte. Man betrachte nur mal Close-ups von Morgan Freemans Kopf (bspw. bei 43’28). Aber auch Totale von Paris oder Taipeh sind einfach phänomenal und noch mal bedeutend besser als über die schon nicht schlechte Blu-ray. Es gibt da eine Szene, in der man Freemans Professor Norman von hinten im Gegenlicht zu sehen ist. Während die BD hier in den oberen Krauslocken nicht die gleiche Plastizität hat, kann man bei der UHD aber wirklich jedes einzelne Haar zählen. Dazu eliminiert die UHD den Gelbstich der Blu-ray und präsentiert wesentlich natürlichere (Haut)Farben. Die Tatsache, dass es keinerlei digitale Artfakte zu bemängeln gibt, hängt mit der sauberen Kodierung und der extrem hohen Datenrate zusammen. Letztere bleibt in der Regel konstant bei 80 Mbps oder mehr und schnellt in Spitzen schon mal auf 110 Mbps hoch. Der Umfang der 66-GB-Disk wurde hier (fast) maximal ausgenutzt – trotz „nur“ 89 Minuten Laufzeit. Die einzige Auffälligkeit ist dann tatsächlich auf die Alexa-XT-Kameras zurück zu führen. Denn während der Verfolgungsjagd in Paris hagelt es urplötzlich deutliches Rauschen in sämtlichen Himmelsbereichen. Da dies aber wirklich die einzige Problematik der UHD ist und das Geschehen nun wirklich nicht im Himmel spielt, wäre es zu hart, deshalb eine Abwertung vorzunehmen.

Blu-ray (41’59): (Slider ganz nach rechts): Die Totale ist zwischen BD und UHD noch verhältnismäßig ähnlich.

UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Die UHD wirkt etwas dramatischer und farbkräftiger. Würde man hinein zoomen, würde man jedoch einen deutlichen Auflösungsvorsprung erkennen können.

Blu-ray (43’04): (Slider ganz nach rechts): Deutlich erkennbar: Der gelblastige Look der Blu-ray.

UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Die UHD kommt in dieser Szene neutraler auf den Hintergründen und etwas rosiger auf der Haut rüber. Gesünder sieht das allemal aus. Man beachte auch das bessere Herausarbeiten der abgeplatzten Farbe an der Wand.

Blu-ray (47’01): (Slider ganz nach rechts): Der gelbliche Look setzt sich fort.

UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Auch Morgan Freeman gelingt über die UHD viel natürlicher, ohne den etwas kränklichen Teint. Das trifft auch auf den realistischer grauen Bart zu

Blu-ray (74’24): (Slider ganz nach rechts): Die BD ist hier nicht sonderlich natürlich und könnte dynamischer erscheinen.

UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Ganz anders die UHD, die weitaus kontrastreicher, natürlicher in den Hauttönen und besser durchzeichnet im Weiß erscheint. Im laufenden Bild ist noch deutlicher als auf dem Screenshot, dass die weißen Kittel besser erkennbar bleiben.

Blu-ray (56’52): (Slider ganz nach rechts): Die BD ist für sich genommen schon sehr plastisch, könnte aber noch dynamischer wirken und hat auch auf Lucys Haaren zu viel Gelb.

UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Die UHD holt das echte Blond zurück, neutralisiert die Hautfarben und kräftigt den Lippenstift.

Blu-ray (56’52): (Slider ganz nach rechts): „Lucy“ ist eine der wenigen Disks, bei denen schon auf 55“-TVs Auflösungsunterschiede zwischen der BD und der UHD ins Auge fallen – und zwar nicht nur bei Schriften und feinsten Details, sondern grundsätzlich bereits auf Gesichtern in Close-ups.

UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Die UHD lässt die Haut wirklich sichtbar besser texturiert erscheinen, bietet viel mehr Zeichnung auf den Lippen und die dreidimensionaleren Unebenheiten.

Blu-ray (47’36): (Slider ganz nach rechts): Ein weiteres schönes Beispiel für die Auflösungsunterschiede ist dieses Bild.

UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Während die BD im Vergleich viel softer erscheint, kann die UHD Details im Frottee-Handtuch offenbaren, die deutlich erkennbar sind.

Zum Größenvergleich das Bild in vollem Umfang
Das erste Erwachen nach der Freisetzung des synthetischen CPH4

Leider gab’s für die UHD beim deutschen Ton ein Downgrade. Während die Blu-ray immerhin noch mit einer dts-Fassung punkten konnte, gibt’s jetzt hier nur noch das stärker komprimierte Dolby Digital für die Synchro.
In Summe darf man zwar sagen, dass die Dolby-Digital-Spur zu den besseren ihrer Art gehört und vor allem in Sachen Räumlichkeit nach wie vor gut funktioniert, doch selten konnte man bereits gegen eine reguläre dts-Spur einen so großen Unterschied hören. Die UHD ist in Sachen deutscher Ton der Blu-ray leider deutlich unterlegen. Sowohl während der Actionszenen als auch im Score fehlt’s der Synchro gegenüber der BD-dts-Spur an Druck, Dynamik und Feinzeichnung. Noch dramatischer wird das, wenn man sich im Vergleich das Upgrade der englischen Fassung anhört. Die ändert sich von dts-HD-Master auf Dolby Atmos, fügt also die Möglichkeit von 3D-Sounds hinzu. Da beide Spuren unkomprimiert sind, könnte/dürfte man denken, dass sie sich auf der regulären Ebene gleich (gut) anhören. Doch das ist nicht der Fall. Die Atmos-Version ist der dts-HD-Master-Fassung hörbar überlegen. Sie ist nicht nur lauter, sondern offener, pumpender im Bass und wirklich spektakulär definierter. Bei exakt 25’12 gibt es beispielsweise einen coolen Soundeffekt umherschwirrender Energie-/Synapsengeschosse, die man über die Atmos-Spur auf den Rears exakt verfolgen kann. Selbst bei einer deutlichen Lautstärke-Anhebung der dts-/dts-HD-Master-Spuren der BD bleiben diese Sounds diffus und lange nicht so greifbar. Auch der Sub unterstützt hier nicht im gleichen Maße und brummelt eher etwas vor sich hin. Ganz mies klingt das im Vergleich dann auf der deutschen Dolby-Digital-Spur der UHD. Ebenfalls unglaublich: Wenn sich Lucy nach 38’45 den Weg freischießt, wird das über die dts-Versionen der BD mit einem undefinierten Blubbern im Bass begleitet. Die Atmos-Version hat hier ein ganz anders klingendes Tiefbassverhalten, bei dem die Membrane auch auf den Hauptspeakern und Rears mehrfach nachvibrieren – spektakulär! Waren die dts-(HD)-Fassungen der BD zwar schon sehr gut, ist die Originalspur-Atmos-Version der UHD das Maß, an dem sich die anderen messen lassen müssen. Und im direkten Vergleich aller vier Tonfassungen kann die deutsche DD-Spur hier nur verlieren.  In Sachen 3D-Sound geht’s erstmalig los, wenn der taiwanesische Verkehr nach zwei Minuten mit spratzelnden Sounds und sphärischen Klängen begleitet wird, während Lucy vor sich hin träumt. Ähnliche „Traumsequenzen“ auch danach immer wieder Anlass für ein paar 3D-Toneffekte und die bedrohlichen Anteile des Scores kommen stetig hinzu. Auch die Uhr bei 23’10 erhält einen Höhen-Effekt und allerlei Schreie und Synapsen-Sounds bei Lucys „Verwandlung“ stellen das erste absolute 3D-Sound-Highlight dar (ab 24’50). Dazu kommen die geschärften Sinne kurz darauf, die sie die Stimmen der Menschen um sie herum hören lassen oder auch elektrifizierte Sounds bereithalten. Besonders coole Geräusch halten die Zeitlupen-Schießereien bereit, bevor Lucy sich Informationen von ihrem Peiniger holt (38’45). Kurz danach wird’s wieder richtig aktiv, wenn sie ihm eine Behandlung in bester Spock-Manier zukommen lässt (ab 41’02). Während des Flugs nach etwas über 50 Minuten wuscht und zischt es dann aus allen Rohren, was ebenfalls für tolle Sounds sorgt (ab 54’00). Die Verfolgungsjagd durch Paris hält dann wiederum umfallende Sprinter, quietschende Reifen oder vorbeidonnernde Blechhaufen bereit – sämtliche Geräuscheffekte sind dediziert und mit voller Absicht sauber platziert worden, ohne dass man je das Gefühl hat, hier hat jemand unmotiviert mal „etwas hochgemischt“. Das ist in Summe ein wirklich effektvoller und mit innovativen Sounds besetzter 3D-Tonsektor.

Bonusmaterial

Professor Norman spekuliert schon lange über die Möglichkeiten der zerebralen Nutzung

Im Bonusmaterial von Lucy halten sich zwei Featurettes auf. „Die Evolution von Lucy“ läuft gut 16 Minuten und blickt hinter die Kulissen des Drehs. Gleichzeitig versucht Besson zu erklären, wo er die Idee seines Films her hat.
In „Hirnkapazität: Die Wissenschaft hinter Lucy“ bekommen wir noch einmal zehn Minuten Bonus, in denen Besson von Begegnungen mit Wissenschaftlern spricht, die ihn auf die Idee zum Film selbst brachten. Auch die Neurologen selbst kommen zu Wort, relativieren aber die Prämisse des Films etwas und reduzieren es auf eine Essenz, dass man vermutlich nur 10% des Gehirns bisher verstanden hat – was natürlich ein komplett anderer Fakt wäre.

Fazit

Lucy geht inhaltlich zwar von einer esoterischen Falschannahme aus, liefert um dieses Story-Konstrukt allerdings eine kurzweilige, von Scarlet Johansson beeindruckend vorgetragene Action-Show ab, die mit (meist) guten Tricks, hochwertigem Setting und präziser Regie punktet.
Das Bild der UHD ist bis auf ein paar wenige (kamerabedingte) softe Einstellungen und noch weniger Momente, in denen Hautfarben schon mal etwas überbetont sind, praktisch perfekt. Viel besser geht Realfilm auch heute, drei Jahre später, technisch nicht. Das ist einerseits den hervorragenden Sony-Kameras und andererseits der Tatsache geschuldet ist, dass Besson hier ohne Weichzeichner oder Filterung komplett clean arbeitete.
Ähnlich Gutes kann man über den englischen Atmos-Sound sagen, der wuchtig, extrem räumlich und über die Höhenspeaker mit innovativen Sounds aufwarten kann. Er ist noch besser als die schon guten dts-Spuren der BD und (leider) viel besser als die deutsche Dolby-Digital-Version der UHD.
Während die Ultra-HD also bildtechnisches Pflichtprogramm liefert, sollte man ausnahmsweise auch als des Englischen nicht so mächtiger Heimkinofan den O-Ton wählen.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität BD: 90%
Bildqualität UHD: 100%

Tonqualität BD (dt. Fassung): 90%
Tonqualität UHD (dt. Fassung): 75%

Tonqualität BD (Originalversion): 90%
Tonqualität UHD 2D-Soundebene (Originalversion): 100%
Tonqualität UHD 3D-Soundebene Quantität (Originalversion): 70%
Tonqualität UHD 3D-Soundebene Qualität (Originalversion): 85%

Bonusmaterial: 40%
Film: 65%

Anbieter: Universal Pictures
Land/Jahr: USA 2014
Regie: Luc Besson
Darsteller: Scarlett Johansson, Morgan Freeman, Amr Waked, Choi Min-sik, Analeigh Tipton
Tonformate BD: dts-HD-Master 5.1: en // dts 5.1: de
Tonformate UHD: Dolby Atmos (True-HD-Kern): en // Dolby Digital 5.1: de
Bildformat: 2,39:1
Laufzeit: 89
Codec BD: AVC
Codec UHD: HEVC
Disk-Kapazität: BD-66
Real 4K: Ja (4K DI)
High Dynamic Range: HDR10
Maximale Lichtstärke: 1000 Nit
FSK: 12

(Copyright der Cover, Szenenbilder und vergleichenden Screenshots liegt bei Anbieter: Universal Pictures)

Trailer zu Lucy

Lucy - Trailer 2 deutsch / german HD

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12 Kommentare
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Sascha

Hallo Timo!

Danke für die vielen ausführlichen Reviews … waren bisher eine gute Hilfe.

Dein Fazit zu LUCY steht auch Wort für Wort hier in der zweiten Bewertung zu lesen:

https://bluray-disc.de/blu-ray-filme/169072-lucy_2014_4k_limited_mediabook_edition_cover_b_4k_uhd_bluray?rating#ca

Mapa

Wer angeben will sollte die Scheibe einlegen, phantastisches Bild! Durchweg 100mbps (Sony x800m2, Godzilla vs Kong hat nur 50mbps) und Haarscharf

Film ist OK, Action/Comedy/Fantasy kann man sich mehrmals ansehen, danke für deine Reviews und die ganze Arbeit!!

Seitdem ich Lucy gesehen habe, messe ich jede Scheibe optisch mit dem Film von 2014 und Lucy gewinnt immer .

Mapa

Nope, steht noch auf meiner Liste. Aber dank dir ein Film dem ich sonst nie ne Chance gegeben hätte ohne dein Review

Michael

Ich hatte Lucy bereits vor meinem Panasonic OLED als BD FHD auf meinem Panasonic Plasma gesehen und fand ihn auch in dem Format sehr unterhaltend und bildtechnisch toll. Allerdings mit dem 55″ OLED und in UHD hat es mir dann mal so richtig die Sprache verschlagen. Ich musste die ein oder andere Szene nochmal anschauen, weil ich so sehr über das Bild erstaunt war, dass der Inhalt mancher Szenen völlig an mir vorbei ging. Gut, das mag natürlich an dem Aha-Effekt gelegen haben, den ich beim Umstieg auf den OLED zu dem Zeitpunkt hatte. Das ist jetzt auch noch nicht so lange her. Mein Plasma hat wirklich viele Jahre jedes TV von Freunden und Bekannten in den Schatten gestellt, die haben immer gestaunt über das Bild, obwohl der nichts an Features hatte. Aber für mich war eh nur das Bild entscheidend. Aber ich bin froh, dass ich umgestiegen bin (sorry Plasma, hab Dich trotzdem lieb 😉

Das Ergebnis der Analyse von „Lucy“ kann ich voll und ganz nachvollziehen. Stimmt auf den Punkt, danke.

Ronny

Und da ist das Review endlich. Danke Timo! Haben mich meine eigenen Wahrnehmungen also nicht getäuscht. Bis auf den derben Schnitzer mit der deutschen Tonspur (Dolby Digital) eine tolle UHD Scheibe.

dc_coder_84

Mich würde auch interessieren wie deine Liste Referenz-Filme: Bildqualität nun aussieht. Ändert sich da was?

Sascha

Sehr schön! Das freut mich ganz ehrlich für diesen Film, da er es absolut verdient hat, einen Teil der Top 5 zu repräsentieren. 🙂

Sascha

Hervorragendes Review zu einem ebenso hervorragenden Film, der meiner Meinung nach definitiv einen Platz in den Top 5 für Bildqualität verdient hat. 🙂 Auch heute noch einer der Referenzscheiben in meiner Sammlung wenn ich mal wieder das Verlangen verspüre, mich bildtechnisch einfach komplett „verzaubern“ und staunen zu lassen. Da hat Besson einfach mal knallhart abgeliefert! 🙂