Blu-ray Review
OT: M3gan
Das perfekte Spielzeug
Effektvolle Horrorsatire mit Gesellschaftskritik.
Inhalt
Cadies Tante Gemma ist nicht gerade das, was man eine ideale Patentante nennen würde. Mit Kindern kann sie nur wenig anfangen und Cadie hat sie zuletzt ein animatronisches Stofftier geschenkt, das man über ein Tablet bedienen, füttern und maßregeln kann. Sehr zum Leidwesen der Eltern, die auf diesen modischen Schnickschnack gerne verzichten würden. Willkommen im 21. Jahrhundert. Dass Gemma ihrer Nichte das pelzige Spielzeug geschenkt hat, kommt indes nicht von ungefähr. Denn sie arbeitet für das Unternehmen, das diese AI-Furries herstellt. Als Programmiererin ist sie verantwortlich für deren Funktionsfähigkeit. Doch von einem Moment zum nächsten verändert sich alles. Als Gemma einen Anruf aus dem nahegelegenen Krankenhaus bekommt, findet sie Cadie nach einem Autounfall schwer verletzt und ihre Schwester sowie den Schwager tot vor. Das Sorgerecht fällt demnach ihr zu. Doch während Cadie ihre Tante total spießig findet, weiß Gemma nichts mit der Trauer ihrer Nichte anzufangen. Erst als Cadie einen alten Roboter im Keller entdeckt und diesen spontan für supercool befindet, beschließt Gemma, ein ganz bestimmtes, von ihrem Chef allerdings missachtetes Projekt wieder aufzunehmen und vorwärts zu treiben: M3GAN, Model 3 Generativer Android. Schon bald hat sie ihren Prototyp fertig und Cadie ist ebenso begeistert von ihrer neuen Freundin wie Gemmas Chef von der Vermarktungsmöglichkeit der lebensgroßen und überaus lernfähigen Puppe. Doch die Tatsache, dass M3gan sich um Cadie kümmern soll, auf dass ihr nichts zustoße, überinterpretiert die blonde Androidin bald …
Nachdem im letzten Jahr ein kurzer Trailer von M3gan veröffentlicht wurde, in dem die Puppe einen bizarren Tanz vollführte, entwickelte sich ein viraler Hype, der dem vom „Meister der Killerpuppen“, James Wan (SAW), erdachten und produzierten Film einen ordentlichen Schub versetzte. Plötzlich war der Horrorstreifen, der sich um das Thema fehlgeleitete KI dreht und zahlreiche Querverweise auf das unreflektierte Nutzungsverhalten den diversen sozialen Netzwerken gegenüber liefert, in aller Munde. Und er machte sich das zu Nutzen, was er im Prinzip eigentlich kritisiert. Beziehungsweise nutzte er jene Technologien, die im Film durchaus satirisch kommentiert werden. Dabei ist die Idee, sich Gedanken über die Zukunft von Technologie zu machen; sich kritisch damit auseinanderzusetzen, was vor allem die Integration von künstlicher Intelligenz angeht, ist nicht neu. Blicken wir zurück auf das Jahr 1991, reflektierte ein gewisser James Cameron darüber, was die ständige Fortentwicklung von Waffentechnologie bewirken könnte, wenn man diese mit artifizieller Intelligenz paart. In Terminator 2 malte der Erfolgsregisseur ein absolut düsteres Bild der Zukunft, in der die Maschinen bereits die Herrschaft übernommen haben.
Ganz so weit ist es in M3gan noch nicht. Aber dafür umso gruseliger. Denn das Szenario, das der Film hier entwirft, wirkt näher und realistischer als das, was in T2 passiert. Künstliche Intelligenz in Spielzeug ist keine Utopie, sondern schon lange Gegenwart. Eine lebensgroße Puppe wie M3gan wäre technisch sicherlich möglich, würde aktuell sicherlich eher an den Kosten, denn an der Machbarkeit scheitern. Und es ist schon gruselig mit anzusehen, wie sich ein künstliches Wesen hier in eine fragile Neufamilie drängt und den Menschen als Erziehungsberechtigten quasi ablöst. Im Kleinen fängt’s mit den Kids an, die sich nur noch mit Handy, Tablet & Co. beschäftigen, während die Eltern weniger Zeit für die Kinder haben. M3gan ist aber neben einer Zukunfts-Dystopie auch ein moralischer Film über Erziehung im 21. Jahrhundert. In Person von Gemmas Kollegin Tess wird schon früh die Frage gestellt, wofür Eltern über noch da sind, wenn M3gan alle Aufgaben übernimmt. Die Tante, die als einzige Familien-Hinterbliebene der verstorbenen Mutter Cadies übrig geblieben ist, ist mit dem Erziehungsauftrag völlig überfordert. Bei ihr gibt’s kein Spielzeug oder gar Kinderbücher. Um überhaupt eine Gute-Nacht-Geschichte vorlesen zu können, muss Gemma ein Buch auf ihr Handy laden. Nichts geht hier mehr analog, alles ist digital.
Dass auch die Annäherung zwischen Tante und Nichte nach streng genretypischen Vorbildern verläuft, dürfte klar sein. Aber das geht in Ordnung, weil es von beiden Darstellerinnen klasse vorgetragen wird. Vor allem Allison Williams als Gemma überzeugt. Sie war schon in Get Out grandios und darf in M3gan so etwas wie eine moderne und weibliche Frankenstein-Variante geben. Womit wir bei Querverweisen innerhalb des Horrorgenres wären. Innerhalb des eigenen Subgenres hätte Chucky seine wahre Freude an M3gan und vermutlich schnell einen Narren an ihr gefressen. Wobei die emanzipierte Puppe mit dem grobschlächtigen Messerstecher möglicherweise in feinster Gottesanbeterin-Manier kurzen Prozess machen würde. Ein vielleicht passenderer Partner für M3gan wäre zweifelsohne Brahms – schon aufgrund seiner aristokratischen Herkunft, seiner gehobenen Artikulation und dem feinen Zwirn, den er trägt. Doch auch den würde M3gan problemlos in die Tasche stecken. Denn es hat schon sehr bedrohlich-gruselige Züge, wenn sie nach ihrer ersten gewalttätigen Aktion erhöht im Wald stehend gefilmt wird und mit unverzerrtem Blick auf ihre Tat herabblickt. Spätestens hier ist klar: Mit dieser Puppe ist nicht zu spaßen. Für den Zuschauer hingegen ist es ein großer Spaß. Und der wird in der Uncut-Fassung, die optional verfügbar ist, noch etwas größer. Denn hier holen die Macher nach, was ihnen das PG13-Label verwehrte.
Bild- und Tonqualität
M3gan wurde komplett digital gedreht. Zum Einsatz kam eine Arri Alexa Mini LF, die mit 4.5K aufzeichnet. Es ist davon auszugehen, dass ein 4K-DI erstellt wurde, was für die UHD Blu-ray natürlich ohnehin herunterskaliert werden musste. Eine 4K-Disk ist hierzulande bisher nicht geplant – trotz des weltweiten Erfolgs des Films. Um das Geschehen etwas organischer wirken zu lassen, hat man in der Postproduktion eine ganz dezente Körnung hinzugefügt, die aber zu keiner Zeit ablenkend oder gar störend auffällt. Eigentlich im Gegenteil. Denn so wirkt der Film nicht so unglaublich glatt, strukturlos und digital-clean. Tatsächlich hinterlässt das Bild der Blu-ray einen sehr dreidimensionalen und plastischen Eindruck, dessen Close-ups wirklich außergewöhnlich scharf und detailliert erscheinen. Das sieht man bereits an Gemmas Gesicht, noch mehr aber im Antlitz von David, dessen Darsteller sehr ausgeprägte Konturen und Hautstrukturen hat. Aber auch M3gans Details kommen gut zur Geltung und feine Muster auf umherliegenden Kissen wirken fast, als könne man die feinen Härchen spüren. Hautarben werden durch die Bank mit sehr realistisch-natürlichen Tönen wiedergegeben, was den Darstellern hervorragend steht und zu dem ohnehin nicht bewusst in bestimmte Farbrichtungen getrimmten Film passt. Weiße Oberflächen sind neutral und wenn kräftige Farben auftauchen, bekommen diese genug Sättigung, dass sie hervorstechen. Da die Blu-ray den Film weitgehend sehr hell ausgeleuchtet zeigt, steigt das Risiko für überkontrastierte Stellen, was aber weitgehend vermieden wird. M3gans ätherisch wirkende Hautfarbe überreißt nie, sondern bleibt immer mit einem leicht rosigen Touch. Schwarzwerte sind dennoch kräftig und der Kontrastumfang ist sehr gut.
M3gan erhielt für die Blu-ray bereits eine Dolby-Atmos-Tonspur fürs Deutsche und Englische. Und die legen beide gleichermaßen gut los. Zunächst gibt’s gut verständliche Dialoge, die sich ins Gesamtgeschehen harmonisch einbetten und jederzeit verständlich bleiben. Während des Unfalls gibt’s dann erstmals etwas Basseinsatz. Dabei reicht der Sound im Frequenzband relativ weit hinunter. Schockmomente wie der Angriff des Hundes werden dynamisch transportiert und die surrenden Geräusche von M3gans Servos bewirken immer wieder eine leichte Gänsehaut. Der Score wird in den entsprechend dramatischen Szenen ebenfalls dynamischer und selbst wenn richtig deftiges Vollgas lange Zeit nicht gegeben wird, kann man über die Tonqualität an sich nicht meckern. Auf der Höhen-Ebene tut sich erstaunlich lange überhaupt nichts, obwohl man es denken würde. So gäbe der Autounfall zu Beginn durchaus etwas her. Aber erst nach neuneinhalb Minuten blendet sich mal etwas von der Filmmusik mit auf die Höhen-Speaker. Das Gleiche passiert nach etwas über 23 Minuten mit dem Song, dessen Frauenstimme schmeichelnd von oben zu hören ist. Das Surren der Halogenröhren in M3gans Auferstehungsraum wird ebenfalls auf die Höhenspeaker gelegt. Der erste dynamische Moment erfolgt dann nach 35 Minuten während der Hundeattacke, der im Verbund mit den Mainspeakern durchaus für adäquaten Schock sorgt. Es wird immer dann der bedrohliche Score hinzugefügt, wenn auch die Stimmung innerhalb des Films bedrohliche Züge annimmt. Der erste dedizierte 3D-Sound meldet sich dann mit den Alarmsirenen bei 78’25, die raumfüllend von oben herabschallen. Auch der Score gesellt sich dort noch einmal hörbar hinzu. Das Spratzeln der Lampen sowie die elektronische Fehlfunktion nach 86 Minuten sind dann weitere echte 3D-Tonelemente.
Bonusmaterial
Das Bonusmaterial von M3gan enthält sowohl die Uncut- als auch die Kino-Version. Dass die „unzensierte“ Variante sechs Sekunden kürzer ist, liegt vornehmlich daran, dass die härteren Tötungsdelikte in der Kinofassung durch mehr Handlungsanteile ersetzt werden. Denn in der Tat ist die Uncut-Variante deutlich blutiger. Nicht, dass aus dem Film plötzlich ein Gorefest würde, aber die vorhandenen Kills sind in der Kinofassung fast blutlos. Der Uncut-Schnitt enthält zudem eine Vielzahl an F-Wörtern (im Original), sodass hier nicht nur ein bisschen, sondern durchaus relevant mehr geflucht wird. Davon ab finden sich im Bonusmaterial von drei Featurettes. In „Eine neue Version des Horrors“ geht’s rund um sechs Minuten um die Idee zum Film und die Entwicklung der Geschichte. Dabei kommt Regisseur Gerard Johnston ebenso zu Wort wie Produzent James Wan, diverse Darsteller und auch Setdesigner. „M3gan wird erweckt“ konzentriert sich dann vornehmlich auf die Titelfigur und darauf, wie man diese „zum Leben“ erweckt hat. Und das war durchaus aufwändig. „Gehackt werden“ nimmt sich dann noch mal knapp vier Minuten und nimmt Bezug auf die Stunts, die Darstellung M3gans durch eine junge Tänzerin und gibt ebenso Einblicke in die Arbeit der blutigen Szenen.
Fazit
M3gan gehört zu den besseren Filmen, in denen Spielzeugpuppen auf mörderischen Feldzug gehen. Obwohl auch hier alles nach bekanntem Schema und in gewohnten Bahnen verläuft, funktioniert die dynamische Entwicklung M3gans gut. Aufgrund der durchdachten Kombination von mechanischen und animatronischen Puppen, CGI sowie einer physisch beeindruckend agierenden Jungschauspielerin überzeugt die Titelfigur durchweg. In der Uncut-Fassung zudem auch konsequent blutig. Die integrierte Technikkritik funktioniert als Satire überraschend gut und trägt ebenfalls zum Gelingen bei. Die Blu-ray liefert dazu eine sehr gute Bildqualität, hätte im Sound aber noch kräftiger zupacken können.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 85%
Tonqualität BD/UHD 2D-Soundebene (dt. Fassung): 75%
Tonqualität BD/UHD 3D-Soundebene Quantität (dt. Fassung): 40%
Tonqualität BD/UHD 3D-Soundebene Qualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität BD/UHD 2D-Soundebene (Originalversion): 75%
Tonqualität BD/UHD 3D-Soundebene Quantität (Originalversion): 40%
Tonqualität BD/UHD 3D-Soundebene Qualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 40%
Film: 75%
Anbieter: Universal Pictures
Land/Jahr: USA 2022
Regie: Gerard Johnston
Darsteller: Allison Williams, Violet McGraw, Ronny Chieng, Brian Jordan Alvarez, Jen Van Epps, Lori Dungey, Stephane Garneau-Monten
Tonformate: Dolby Atmos: de, en
Untertitel: de, en
Bildformat: 2,39:1
Laufzeit: 102
Codec: AVC
FSK: 16
(Copyright der Cover und Szenenbilder: © Universal Studios. Alle Rechte vorbehalten)
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So testet Blu-ray-rezensionen.net
Die Grundlage für die Bild- und Tonbewertung von Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays bildet sich aus der jahrelangen Expertise im Bereich von Rezensionen zu DVDs, Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays sowie Tests im Bereich der Hardware von Unterhaltungselektronik-Komponenten. Gut zehn Jahre lang beschäftigte ich mich professionell mit den technischen Aspekten von Heimkino-Projektoren, Blu-ray-Playern und TVs als Redakteur für die Magazine HEIMKINO, HIFI TEST TV VIDEO, PLAYER oder BLU-RAY-WELT. Während dieser Zeit partizipierte ich an Lehrgängen zum Thema professioneller Bildkalibrierung mit Color Facts und erlangte ein Zertifikat in ISF-Kalibrierung. Wer mehr über meinen Werdegang lesen möchte, kann dies hier tun —> Klick.
Die technische Expertise ist aber lediglich eine Seite der Medaille. Um stets auf der Basis von aktuellem technischen Wiedergabegerät zu bleiben, wird das Testequipment regelmäßig auf dem aktuellen Stand gehalten – sowohl in puncto Hardware (also der Neuanschaffung von TV-Displays, Playern oder ähnlichem, wenn es der technische Fortschritt verlangt) als auch in puncto Firmware-Updates. Dazu werden die Tests stets im komplett verdunkelbaren, dedizierten Heimkino angefertigt. Den Aufbau des Heimkinos könnt ihr hier nachlesen —> Klick.
Dort findet ihr auch das aktuelle Referenz-Gerät für die Bewertung der Tonqualität, das aus folgenden Geräten besteht:
- Mainspeaker: 2 x Canton Reference 5.2 DC
- Center: Canton Vento 858.2
- Surroundspeaker: 2 x Canton Vento 890.2 DC
- Subwoofer: 2 x Canton Sub 12 R
- Heights: 4 x Canton Plus X.3
- AV-Receiver: Denon AVR-X4500H
- AV-Receiver: Pioneer SC-LX59
- Mini-DSP 2x4HD Boxed
Das Referenz-Equipment fürs Bild findet ihr wiederum hier aufgelistet. Dort steht auch, wie die Bildgeräte auf Norm kalibriert wurden. Denn selbstverständlich finden die Bildbewertungen ausschließlich mit möglichst perfekt kalibriertem Gerät statt, um den Eindruck nicht durch falsche Farbtemperaturen, -intensitäten oder irrigerweise aktivierten Bild“verbesserern“ zu verfälschen.
Warum fehlt bei den Tonformaten Dolby Atmos?
Weil ich’s verpeilt und die Vorlage nicht geänderte habe. Danke für den Hinweis. Ist jetzt drin.
Der film war richtig gut. Sound hätte etwas mehr effekte haben können. Mir hat der tiefbass gefehlt. Der bass wo sie in den sportwagen einsteigt und das auto startet blieb in meiner erinnerung