Macbeth

Blu-ray Review

Macbeth Blu-ray Review Cover
Studiocanal, seit 07.04.2016

OT: Macbeth

 


Aufstieg und Fall

Nach längerem mal wieder eine Verfilmung eines der größten Klassikers von William Shakespeare.

Inhalt

Macbeth kämpft als einer der letzten an vorderster Front für den schottischen König Duncan in einem vom Bürgerkrieg zerfressenen Land. In der Schlacht bei Ellon gelingt es dem charismatischen Anführer, sein Gefolge zum Sieg zu bringen. Doch anstatt sich nach dem Erfolg wieder nach Hause unter seinen König zu begeben, lässt er sich von drei Hexen prophezeien, dass er der künftige König selbst sein solle. Angetrieben von seiner manipulativen Lady Macbeth, tötet er Duncan und auch jene, die ihm auf dem Weg zu eigenen Krönung im Wege stehen. Doch je häufiger er zum Dolch greift, desto stärker wird seine Furcht, dass ihm jemand die gewonnene Macht nähme. Macbeth beginnt, paranoide Züge anzunehmen und entwickelt sich zum Tyrannen. Aus seiner Angst heraus lässt er sich erneut die Zukunft von den Hexen weissagen. Diese bescheinigen ihm, dass schon der Wald von Birnam nach Dunsinane kommen müsse und kein Mann, der von einer Frau geboren wurde, ihn je töten könne. Macbeth fühlt sich einen Moment sicher – doch deutet er die Prophezeiungen richtig?

Beginnend mit einer intensiven Kriegsschlacht, die mal von Super-Slow-Motions, mal von metzelnder Direktheit ist, inszeniert Justin Kurzel den Klassiker mit einer Bildgewalt, die zuletzt ihresgleichen suchte. Vor epischer Landschaft, die ebenso düster wie atemberaubend schön ist, entfaltet sich die Geschichte mit einem Schauspielduo an vorderster Front, die kaum besser besetzt sein könnten. Michael Fassbender als Macbeth entfaltet nicht nur im (authentischeren) englischen Original eine Wucht und Kraft, die man lange nicht in einer Shakespeare-Verfilmung gesehen hat. Einmal mehr zeigt der Darsteller (Frank, Steve Jobs, X-Men: Zukunft ist Vergangenheit), wie wandlungsfähig er ist und wie unglaublich präsent in all seinen Rollen – ob er nun der geniale aber streitbare Kopf eines Technologie-Unternehmens, eine Comic-Kultfigur oder ein Musiker mit riesengroßem Pappmaché-Kopf ist. Nun gibt er der Hauptfigur von Shakespeares Tragödie ein Antlitz – ein wahrhaft brutales, um genau zu sein. Dass mit Marion Cotillard ausgerechnet eine Französin die Lady Macbeth gibt, mag aufgrund des sprachlich so einzigartigen Werks eine Überraschung sein, funktioniert aber nicht nur in der (wirklich gelungenen) Synchronisation, in der dieser Aspekt der Übersetzung zum Opfer fällt, sondern auch im Original. Cotillar studierte das Stück, die Sprache monatelang und übte täglich einige Stunden, um ihrer Rolle gerecht zu werden. Die Tatsache, dass man nach wie vor einen leichten Akzent vernimmt, intensiviert ihre böses Spiel mit doppelter Zunge noch.

Zur Optik und dem fiebrigen Spiel der Darsteller gesellt sich der allgegenwärtige und stets bedrohliche Filmscore, dessen düstere Klänge mit langgezogenen Streicher-Einsätzen nur selten unterbrochen werden und für Gänsehaut sorgen. Gerade, wenn die bedrohliche und unwirtliche Landschaft im Bild ist, entsteht eine audiovisuelle Sogwirkung, die den Zuschauer packt und fesselt. Dabei sollte man durchaus Freund einer langsamen und konzentrierten Inszenierung sein, denn Macbeth nutzt die ausgiebigen Dialogsequenzen, um sie mit Bildern zu unterlegen, die meist übersichtlich und wenig hektisch bleiben. Diese oft wie Zeitlupe wirkenden Szenen werden von exzessiven Gewaltausbrüchen durchbrochen, die für eine 12er Freigabe durchaus grenzwertig sind. König Duncan wird jedenfalls äußerst brutal erstochen und seine direkten Diener erleben am nächsten Morgen, was es heißt, wenn einem die Kehle durchgeschnitten wird. Wenn der Film nach Macbeths Machtergreifung ebenso wie die Vorlage seine Stimmung noch einmal verändert und immer tragischer zu werden beginnt, kann man sich auch in der heutigen modernen Zeit dem intensiven Spiel und der bösen Atmosphäre kaum entziehen. Wenn Lady Macbeth im Wahn aus Schuld in den Tod geht und ihr Mann sich immer tiefer in seine Verfolgungsangst steigert, wird deutlich, dass solche Geschichten heute nicht mehr geschrieben werden (können). Bis zur finalen Auseinandersetzung mit Macduff, die vor glutrotem Hintergrund stattfindet, demonstriert Macbeth, wie fesselnd eine vier Jahrhunderte alte Tragödie im Jahre 2016 sein kann.

Bild- und Tonqualität

Während der Tageslichtaufnahmen ist das Bild von Macbeth durch ein gesundes Korn genau derart filmisch, dass der düstere Charakter der Geschichte perfekt rüberkommt. Die Detailtiefe ist gut und auch die Schärfe in Nahaufnahmen oder Halbtotalen überzeugt. Während der Nachtszenen (ob in Innenräumen oder unter freiem Himmel) nutzt Regisseur Kurzel fast ausschließlich Naturlicht, was dazu führt, dass das Heimkino sehr dunkel sein sollte, damit man erkennt, was passiert. Ein nur von Kerzen und einem kleinen Feuer ausgeleuchteter Raum hält naturgemäß nicht viel Lichtreserven bereit.
Beim Ton von Macbeth dominiert während der Dialoge ein mit glasklaren Stimmen belegter Center das Geschehen, der von leichtem und sehr authentischem Nachhall begleitet wird, wenn die Monologe oder Gespräche in den Gemäuern stattfinden. Der kongeniale Filmscore legt sich voluminös und mit bewusst leicht dumpfem Grundton über sämtliche Lautsprecher. Während der Actionszenen leben die Effektlautsprecher auch mal aufgrund von Schwertergeklirre oder brennenden Wäldern auf.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Macbeth findet sich neben einem Interview mit Justin Kurzel, in dem er über seine Ängste berichtet, den Klassiker neu zu verfilmen, noch drei Featurettes: „Einen Klassiker neu entdecken“ kümmert sich um die Herangehensweise an die Neu-Inszenierung. Man bekommt hier auch Einblick in die extra für den Film einstudierte Sprache. „Macbeth – Ein Opfer des Krieges“ geht tiefer in die Materie hinein und analysiert, wie sich die Hauptfigur anhand der kriegerischen Auseinandersetzungen entwickelt. „Lady Macbeth“ lässt dann Marion Cotillard zu Wort kommen, für die die größte Herausforderung war, als Französin die theatralische englische Sprache zu entwickeln und zu verstehen.

Fazit

Macbeth ist sensationell gespielt, herausragend fotografiert und bebildert und zeitgemäß inszeniert. Bis zum fiebrigen und vor rotem Gluthorizont zelebrierten Finale sollten Shakespeare-Fans an dieser Verfilmung ihre wahre Freude haben. Und selbst solche, die mit der Tragödie bisher nicht in Berührung kamen, ihr aber aufgeschlossen gegenüberstehen, müssen hier einen Blick riskieren – besser jedenfalls kann der Spagat zwischen modernster Filmadaption und 400 Jahre alter Literaturvorlage kaum gelingen
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 80%
Tonqualität (dt. Fassung): 75%
Tonqualität (Originalversion): 75%
Bonusmaterial: 50%
Film: 85%

Anbieter: Studiocanal
Land/Jahr: GB 2015
Regie: Justin Kurzel
Darsteller: Michael Fassbender, Marion Cotillard, Jack Reynor, David Thewlis, Elizabeth Debicki, Sean Harris, Paddy Considine
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 113
Codec: AVC
FSK: 12

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