Macho Man

Blu-ray Review

Macho Man Blu-ray Review Cover
Universum Film, seit 01.04.2016

OT: –

 


Real Madrid vs. SV Meppen

Wie ein Deutscher zum Macho mutiert …

Inhalt

Daniel ist Kreativer in einer Werbeagentur. Auch wenn er gerade mal wieder als Stand-in für den Super-Body der Kampagne ran darf. Da ist es auch kein Wunder, dass seine Kollegen ihm kaum abnehmen, dass der pummelige, superschüchterne Kerl im Urlaub angeblich die megasuperscharfe Animateurin des Hotels abbekommen haben soll. ER? Das Weichei? Der Lutscher vom Dienst? Keine Chance. Einzig: Es stimmt! Mit sprödem hanseatischen Charme und seiner naiv-gutmütigen Art eroberte er Aylins Herz. Und jetzt steht der Besuch bei Aylins Familie in Köln an. Den Kollegen schwahnt Böses, weshalb sie dringendst empfehlen, dass Daniel ein paar Nachhilfestunden in Sachen Machoismus nehmen sollte. Damit er bei der nächsten Begegnung eben nicht mit einerm Mädchen-Händedruck aufwartet und den Hurriyet als Grillanzünder verwendet. Doch die Machokur sorgt mehr für Verwirrung als für Begeisterung und kommt bei Aylin so gar nicht gut an …

Moritz Netenjakob hat mit seinem Romandebüt Macho Man ähnlich wie Kollege Jan Weiler in seinem Maria, ihm schmeckt’s nicht ein paar autobiografische Züge verbaut (mag man annehmen) und da er als Drehbuchautor für Stromberg schon hinlänglich bewiesen hat, dass er durchaus pointiert schreiben kann, sollte es mit der Verfilmung doch auch klappen, oder? Die Antwort kann nur lauten: Naja. Es gibt da diese Szenen, die mit schlechtem Slapstick und alberner Note gefallen wollen (Daniels Allergieanfall auf dem Boot). Doch dann sind da eben auch gelungene Sprüche wie jener von Aylins Bruder an Daniel im Hinblick auf die erste Begrüßung mit deren Vater „Sei einfach nicht du selbst!“ rät er dem Softie und von nun an funktionieren auch (viele) der Culture-Clash-Szenen. Dass das Ganze nicht ohne Klischees auskommt, sollte jedem bewusst sein, der auch nur einen Satz Inhaltsbeschreibung des Films liest. Macho Man reiht Türkei-Stereotype am laufenden Band aneinander und stellt sie den bizarrsten Softie-Gender-Mainstream-Vorurteilen deutscher Herkunft gegenüber. Tatsächlich sind es vor allem die Familienklischees, die für witzige Momente sorgen, wenn Daniels und Aylins Sippe erstmals aufeinander trifft. Gerade die durch ihre Historie verquasten deutschen Alt-68er verkünden mehr Wahrheit über deutsche Befindlichkeit als so manches Feuilleton. Auf Seiten der Entmystifizierung türkischer Stereotype trägt man dann am Ende ein bisschen zu dick auf, wenn Cem seinem Schwager in spe die eine oder andere Beichte ablegt. Das klingt dann alles doch ein wenig zu gewollt. Ein weiteres Manko: Ulmen als Macho ist unlustig und absurd überzogen. Selbst wenn’s um der Comedy Willen gewollt ist, macht’s einfach keinen Sinn, derart abzudrehen – und das wüsste sein Daniel auch. Kaum wiederzuerkennen ist er, was natürlich Teil der Strategie ist, denn immerhin muss er irgendwann erkennen, dass es so nicht funktioniert. Dennoch nimmt man es ihm einfach nicht ab und sehnt sich das Ende dieser Szenen herbei. In seinen typisch-tollpatschigen Momenten überzeugt er weit mehr und hat die Sympathien auf seiner Seite. Vielleicht ist ja auch beim ihm ein bisschen autobiographische Erfahrung im Spiel – immerhin gleicht die Geschichte von Daniel (ein bisschen) auch seiner eigenen. Neben Ulmens guten Momenten gibt es auch ansonsten in Macho Man darstellerische Lichtblicke: Dar Salim als Aylins Bruder Cem beispielsweise, der gekonnt ironisch mit den Klischees umgeht. Geradezu grandios ist Vedat Erincin als Aylins Vater. Obwohl der zunächst kaum Worte spricht und vor allem durch sein zerknautschtes Gesicht auffällt, das man einfach mögen muss. Mit seinem überdimensionalen Schnäuzer und der Stirn tief in Falten gelegt, bringt er gleichzeitig seine Skepsis gegenüber Daniel rüber, ohne auf der anderen Seite allzu griesgrämig und unsympathisch zu wirken. Zu den charmanten Hauptdarstellern gesellen sich noch einige Gastauftritte, von denen jene von Collien Fernandes und Lukas Podolski moderat peinlich sind. Einzig Nora Tschirner als Tattoo-Artist sorgt für einen großartigen Moment.

Bild- und Tonqualität

Macho Man liefert eine beeindruckend Schärfe. Gerade Nahaufnahmen sind von hoher Detailtiefe und knackiger Randzeichnung. Die Farben sind satt und kräftig, übertreiben es aber gerade während der Club-Sherwood-Szenen in der Türkei und überreißen im Kontrast. Die Bildruhe bleibt (ausgenommen während der stilisierten Rückblenden) hervorragend, selbst ein geringfügiges Korn sucht man vergeblich.
Ziemlich lebendig und kräftig beginnt Macho Man, wenn der Titelsong effektvoll und mit wuchtigem Basseinsatz aus den Lautsprechern poltert. Gleichsam tut’s das auch, wenn Daniel zum ersten Mal Aylin begegnet oder diese im Abendprogramm zu heißen Rhythmen den Bauch tanzen lässt. So ist es während des ganzen Films dann auch vornehmlich der Soundtrack, der für Räumlichkeit und Druck sorgt. Die Stimmen sind zwar verständlich, könnten aber hin und wieder etwas weniger tieffrequent rüberkommen. Gerade Ulmens Organ dumpft ein wenig rum.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Macho Man gibt’s ein paar (sehr kurze und kurz angebundene) Interviews sowie eine vierminütige B’Roll, die auch nicht gerade höchst informativ ist.

Fazit

Steh‘ dazu, wie du bist und verbiege dich nicht für eine vermeindliche Akzeptanz – so weit, so knapp die Botschaft von Macho Man. Abseits dessen gibt’s eine oft witzige und nur manchmal alberne Culture-Clash-Komödie, die irgendwo dann doch ihr Herz am rechten Fleck hat.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Bonusmaterial: 20%
Film: 60%

Anbieter: Universum Film
Land/Jahr: Deutschland 2015
Regie: Christof Wahl
Darsteller: Christian Ulmen, Aylin Tezel, Dar Salim, Axel Stein, Inez Bjørg David, Samuel Finzi, Lukas Podolski
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 98
Codec: AVC
FSK: 6

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