Madame – Nicht die feine Art

Blu-ray Review

Madame - Nicht die feine Art Blu-ray Review Cover
Studiocanal Home Entertainment, 19.04.2018

OT: Madame

 


Dinner für 14

Entlarvende Gesellschaftskomödie mit Top-Besetzung.

Inhalt

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Anne hat eingeladen

Der Abstand der Teller zueinander ist ausgemessen, das Menü vom Sternekoch zubereitet und das Anwesen wird von einer Vielzahl an Bediensteten in Schuss gehalten – Anne und ihr Mann Bob gehören zweifelsohne zur hohen Gesellschaft. Ein geplantes Dinner für Zwölf, bei dem auch der Bürgermeister von London zugegen sein wird, droht jedoch in Anarchie zu enden. Immerhin taucht unangemeldet Bobs Sohn aus erster Ehe auf und plötzlich sitzen 13 Leute am Tisch. Anne, hochgradig abergläubisch, muss reagieren. Schlimm genug, dass Steven, so heißt der unangemeldete Nachkomme, die Attitüde seiner Schwiegermutter ständig mit sarkastischen Sprüchen kommentiert, wäre es für Anne ein Desaster, eine ungerade Zahl an Gästen am Tisch zu haben. Kurzerhand kleidet sie Maria, die Koordinatorin des Haushalts, nobel ein und gibt sie als spanische Freundin des Hauses aus. Dumm, dass sich ausgerechnet Kunsthändler David unsterblich in die angeblich aristokratische Spanierin verliebt – sehr zum Leidwesen Annes, die auf keinen Fall zulassen kann, dass diese Verbindung aus unterschiedlichen Klassen zustande kommt …

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Maria fühlt sich nicht wohl in Fummel und Gesellschaft

Die Klassen-Unterschiede gaben schon immer Anlass für zahlreiche Filme. Vom historischen Drama bis zur modernen Gesellschaftskomödie. Zu Letzterem Genre darf man Madame – Nicht die feine Art zählen, der sich genüsslich über das affektierte Verhalten der oberen Zehntausend lustig macht, wenn er ein rustikales Dienstmädchen mit einem schwer reichen Kunsthändler verkuppelt. Vollkommen zugeschnitten ist der Film von Autorin/Filmemacherin Amanda Sthers dabei auf sein herausragendes Cast, das unter anderem mit Toni Collette, Harvey Keitel und Tom Hughes aufwarten kann.
Collette, die eigentlich immer grandios ist, zeigt hier mal eine ganz andere Seite. Von der mit wenig finanziellen Mitteln ausgestatteten Mutter in Little Miss Sunshine hin zur Designer-Klamotten tragenden High-Society-Braut, die Staatsmänner empfängt und mit einer Mischung aus Geringschätzigkeit und Erstaunen festhält, dass Louboutin keine Schuhe in Größe 42 herstellt. Künstlich lächelt sie ihre Gäste an und man merkt, wie viel Freude ihr diese vollkommen übertriebene Rolle gemacht hat.
Als Gegenpol fungiert Rossy de Palma (einst von Pedro Almodóvar für Das Gesetz der Begierde entdeckt) die sich als Mitglied der ordinären Gesellschaft plötzlich und unerwartet im Modefummel am eigens gedeckten Tisch wiederfindet. Das macht sie einfach unwiderstehlich und beweist damit einmal mehr, dass es prächtige Rollen für extrovertierte und besondere Schauspielerinnen gibt.

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Anne ist entsetzt über die drohende Verbindung zwischen Maria und Dave

Harvey Keitel als brummiger Pessimist ist einfach großartig. Schon seine erste Szene, in der er sich über die Pariser Mietfahrräder beschwert und sich fragt, ob Hitler sie entworfen hätte, ist ein Brüller. Erst Recht, wenn er das Ding nicht mal auf seinem Ständer abstellen kann oder die Situation Marias damit vergleicht, dass es für ihn wäre, als ginge er zu einer Versammlung von Klempnern.Wunderbar wird seziert, wie hochwohlgeboren und überlegen sich die per Geburt oder Zufall in die feine Gesellschaft integrierten Personen gerade gegenüber entsprechenden Angestellten verhalten. Ebenso unwiderstehlich geraten Details wie die Tatsache, dass Maria aus ihrer Haut nicht wirklich raus kann und dem jüngsten Gast des Tisches kurzerhand das Fleisch vorschneidet. Ausgespart werden aber auch nicht die Schattenseiten eines solchen Lebens – die Einsamkeit der beiden Partner am Abend nach dem Dinner, die Leere im riesigen Haus, die Entfremdung von Sohn Steven. Klar, sonderlich innovativ ist das nicht. Mittlerweile weiß man sehr gut, dass reich sein nicht gleichbedeutend ist mit glücklich sein, aber Madame macht das durchaus entlarvend. Vielleicht hätte das Ganze insgesamt noch etwas mehr Biss haben dürfen, denn zwischendurch ist es auch mal etwas zähflüssig und einige Szenen wirken zusammenhanglos und wie die Finanzschwiergkeiten Bens auch schlicht überflüssig. Etwas mehr hätte man sich gewünscht von jenen Szenen, in denen Anne und Ben Maria bei ihrem Date mit Dave verfolgen. Denn wenn Ben mit den Worten „Ich gehe jagen“ das Auto verlässt, um mit zwei Burgern für sich und seine Frau zurück zum Stadt-Kleinwagen kommt und die beiden die Observation Marias mit gefülltem Magen weitermachen können, ist das schon grandios.

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Maria und Dave beginnen sich zu verlieben

Bild- und Tonqualität

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Bob und seine Französischlehrerin – nur ein professionelles Verhältnis?

Farben präsentieren sich warm und lebhaft über die Blu-ray von Madame. Dazu läuft das Bild sehr ruhig und rauscharm. Die Schärfe bleibt auf einem guten, aber nicht herausragenden Niveau, ist aber immerhin gleichmäßig über den Bildschirm verteilt. Der Kontrastumfang ist ebenfalls in Ordnung, lediglich in dunklen Teilbereichen versumpfen Details schon mal ein wenig.
Akustisch gibt es nur wenig Anlass für eine entsprechende Räumlichkeit. Zu sehr bleibt Madame auf die Dialogwiedergabe beschränkt und kommt nur sehr selten mal etwas offener daher. Auch die Filmmusik ist eher dezent gemischt und nutzt die Effekt-Lautsprecher nur geringfügig. Die „extremsten“ Sounds liefert das kurze Schießen auf den Feldern. Wenn Ben sein Gewehr abfeuert, wird es für einen Moment etwas dynamischer. Da die Dialogwiedergabe aber praktisch perfekt ist, tut der Film letztlich genau das, was der Inhalt von ihm erfordert.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Madame gibt’s eine kurze, vierminütige Zusammenfassung des Films sowie Interviews mit den beiden Hauptdarstellerinnen und der Regisseurin. Collette gibt zu Protokoll, dass ihre Figur wohl die narzisstischste ist, die sie je gespielt hat.

Fazit

Madame – Nicht die feine Art seziert Gesellschaftsstände bisweilen genüsslich und gibt seinen Darstellern Gelegenheit zu tollen Leistungen. Bisweilen ist das entlarvend und sehr witzig, manchmal aber auch ein bisschen zu zahm und zäh.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 75%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 40%
Film: 65%

Anbieter: Studiocanal Home Entertainment
Land/Jahr: Frankreich 2017
Regie: Amanda Sthers
Darsteller: Toni Collette, Harvey Keitel, Rossy de Palma, Michael Smiley, Violaine Gillibert, Tom Hughes, Stanislas Merhar, Ginnie Watson
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 91
Codec: AVC
FSK: 0

(Copyright der Cover, Szenenbilder und vergleichenden Screenshots: © 2017 Studiocanal)

Trailer zu Madame – Nicht die feine Art

Madame - Nicht die feine Art Trailer Blu-ray Deutsch German (2018)

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