Blu-ray Review
OT: –
Engel
Starkes Drama aus Deutschland.
Inhalt
Der junge Kazim muss sich in einem brutalen Konflikt bewähren, als seine jüngere Schwester Zahra in die Fänge einer gewalttätigen Rotlicht-Gang gerät. Seit einem tragischen Vorfall vor fast zwanzig Jahren fühlt Kazim sich für Zahra verantwortlich. Damals zerrüttete der aus Mali stammende Vater Baba die Familie. Der streng gläubige Baba liebt seine Frau und Kinder, aber seine tyrannische Selbstgerechtigkeit und sein Leichtsinn wurden ihm zum Verhängnis. Durch hohe Spielschulden geriet er in Konflikt mit einem Clan-Boss, was zu einer fatalen Eskalation mit tragischen Konsequenzen führte. Kazim rutschte später als junger Mann ins kleinkriminelle Milieu ab. Zu seinem Vater verweigert er jeglichen Kontakt. Als jedoch Zahra Hilfe benötigt, stellt sich für Kazim die Herausforderung, wie weit er gehen muss, um seine Schwester zu beschützen, und ob er seine Familie wieder zusammenführen will …
Timo Hinkelmann fängt sein Crime-Drama zur Hälfte in stimmungsvollen Schwarz-Weiß-Bildern ein. Ruhig und konzentriert erzählt er seine Geschichte, bleibt bei den Figuren und verfällt nicht in hektisches Kameragefuchtel. Von Anfang an ist klar, dass es in Malak nicht darum geht, irgendeine beliebige Actionpistole zu inszenieren. Vielmehr geht es um tief sitzende Emotionen. Gefühle, die unterdrückt wurden, Ängste, Selbstzweifel, Wut und falsches Verständnis von religiöser Ehrerbietung.
Gerade aufgrund seiner weitgehenden Besetzung mit Amateur-Darstellern bietet Hinkelmann eine wirklich erstaunliche Authentizität. Und er erzählt mit seinem vollkommen unabhängig finanzierten Film eine ungewöhnlich kulturell durchmixte Story. Zwar handelt Malak (auch) vom Islam – von der Zerstörungs-, aber auch Vereinigungskraft der Religion – doch mit hauptsächlich schwarzen Darstellern kennt man das aus deutschen Produktionen tatsächlich nicht.
Hinkelmann, der vor Jahren selbst zum Islam konvertierte, ging es darum, Figuren abseits von Stigmatisierungen zu zeigen. Das gelingt ihm allerdings nur bedingt. Denn wo er selbst sagt, dass Schwarze in der Regel nur in klischierten Rollen (bspw. als Drogendealer) zu sehen sind, sind sie hier halt keine Drogendealer, sondern Spieler, Räuber, Mörder und Vergewaltiger.
m Dienste der Geschichte macht das durchaus Sinn, aber die Stärke von Malak ist auch nicht zwingend das Rollenbild seiner Figuren, sondern die stark erzählte Familiengeschichte. Während Kazims Vater Baba zunächst als Tyrann inszeniert wird, sorgt ein bestimmtes und traumatisches Ereignis für einen Wandel. Lewis Lovely Asamoah macht das in der ersten halben Stunde sehr gut und in der zweiten Hälfte gar hervorragend.
In Bunga Lopez hat Hinkelmann zudem einen Jungdarsteller gefunden, dessen müder Blick widerspiegelt, welche Pein auf seiner Seele liegt und welche Erschütterung seine Familie erlebt hat. Dass er, der als Junge so vernünftig war und dem aggressiven Vater gerne Widerworte gegeben hätte, es am Ende ist, der in eine Spirale der Gewalt rutscht, ist sicher vorhersehbar. Aber es ist eben auch spannend und voller emotionaler Dynamik.
Schade, dass völlig überzogen dargestellte Figuren wie der von Daniel Chadalakian Kurz über jede Grenze des Overactings dargestellte Zuhälter Burak, die intensiven Momente innerhalb von Kazims Familie etwas unterwandert. Hier wäre weniger wirklich mehr gewesen.
Bild- und Tonqualität
Malak beginnt in Farbe, wechselt zum Erzählen seiner Geschichte allerdings bald auf Schwarz-Weiß. Beiden Gestaltungen gemein ist eine sehr niedrige Datenrate, die schon mal auf unter DVD-Niveau (geringer als 9 Mbps) sinkt. Banding-Artefakte sind die logische Konsequenz. Zunächst auf der weißen Wand bei 2’55, später ebenso im Dunklen bei 17’07 und immer wieder auf uniformen Flächen. Die Kontrastgebung entschädigt über weite Strecken, auch wenn auf dunkleren Bildbereichen schon mal Details etwas versumpfen. Die Bildruhe ist sehr hoch, Körnung ist kein Thema. Allerdings wirkt das Bild etwas gefiltert, da es schon mal sehr soft und etwas wachsig aussieht. Wenn nach 40 Minuten wieder Farbe ins Spiel kommt, ist die Durchzeichnung in dunklen Szenen etwas besser. Wenn es aber mit der Farbauflösung anspruchsvoll wird (bspw. während der Nachtclub-Szenen), kommen die Oberflächen etwas matschig rüber.
Malak ist über weitgehend dialogzentriert und wirkt aufgrund der sehr authentischen Vertonung fast „live“. Allerdings muss man hin und wieder schon genau hinhören, um gerade Baba verstehen zu können. Auch andere Figuren nuscheln sich schon mal was zurecht – Untertitel wäre da wünschenswert gewesen. Nicht gerade hilfreich ist zudem die Tatsache, dass die Lippensynchronität zuweilen zu Wünschen übrig lässt. Dafür gibt’s schon mal deutliche Stereo- und Surroundeffekte bei den im Raum verteilten Stimmen (45’20). Fallen Schüsse, sind auch diese ein wenig räumlicher vertont, knallen aber vor allem authentisch und nicht überzogen druckvoll. Musik gibt’s nur sehr selten. Und wenn, dann in Diskoszenen oder über die Auto-Hifi-Anlage. Dann setzt aber auch schon mal der Subwoofer ein und steuert etwas Druck hinzu.
Bonusmaterial
Im Bonusmaterial von Malak finden sich zwei kurze entfernte Szenen. Dazu kommt ein B-Pitch vom Regisseur und seinem Darsteller, die kurz über das Projekt sprechen. Unter Casting verbergen sich dann drei Minuten Proben mit den Darstellern. Dazu kommen der Originaltrailer und einige Programmtipps des Anbieters.
Fazit
Malak ist ein intensiver Mix aus Coming-of-Age- und Crime-Drama, das mit stark geschriebenen Figuren und einigen überzeugenden Amateur-Darstellern aufwarten kann. Die technischen Makel bei Bild und Ton lassen sich da gut verschmerzen. Erstaunlich genug, dass so ein Film in Deutschland produziert wurde. Dass es eine reine Independent-Produktion ist, unterstreicht die Tatsache, dass die größeren Studios viel zu wenig Mut hätten, etwas ähnliches ins Kino zu bringen.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 60%
Bonusmaterial: 20%
Film: 70%
Anbieter: Busch Media Group
Land/Jahr: Deutschland 2018
Regie: Timo Hinkelmann
Darsteller: Bunga Lopez, Carla Sow, Lewis Lovely Asamoah, Veronique Aleiferopoulos, Daniel Chadalakian Kurz, Imad Mardnli, Avril Paul
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de
Bildformat: 2,39:1
Laufzeit: 101
Codec: AVC
FSK: 16
(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Busch Media Group)
Trailer zu Malak