Marfa Girl – Fucking Texas

Blu-ray Review

marfa girl blu-ray review cover
Donau Film, 26.10.2018

OT: Marfa Girl

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Larry Clarks 2012er Drama erscheint auf Blu-ray

Inhalt

Adam ist gerade 16 geworden. Seine Lieblingsbeschäftigung ist Skateboardfahren, einen Joint rauchen oder Musik hören. Viel mehr kann er ohnehin nicht unternehmen, in dem kleinen Kaff Marfa an der mexikanischen Grenze. Gerade hat ihn der übereifrige und sexistische Grenz-Cop Tom beim Kiffen erwischt. Doch er lässt ihn laufen, weil er Adams Mutter gut kennt. Als Geburtstagsgeschenk verführt die ältere Nachbarin Donna den jungen Adam, obwohl der eigentlich mit Inez zusammen ist. Noch mehr Verwirrung stiftet Drake – eine Künstlerin, die plötzlich in der Gegend auftaucht und mit einigen von Adams Freunden ins Bett steigt. Sie findet, dass, wenn die Leute mehr ficken würden, es weniger Kriege gebe. Und danach handelt sie auch …

Skateboard, Jugend, Sex und Drogen – das sind (freilich sehr komprimiert) die Grundthemen der Filme des Skandalfilmers und angesehenen Fotografen Larry Clark. Was er mit Kids, Bully oder Ken Park zwischen 1995 und 2002 auf den Weg brachte, ließ ihn auch 2012 noch nicht los. Denn Marfa Girl beschäftigt sich erneut mit der perspektivlosen Jugend, die den schlechten Vorbildern der Eltern und der Langeweile des Alltags mit allerlei Ablenkung zu entfliehen versuchen. Nackte Körper sind in Clarks Filmen durchweg nicht einfach nur Stilmittel, sondern bestimmendes Element. Der Filmemacher will die Welt zeigen, wie sie ist. Er schildert den Sex so, wie er denkt, dass er stattfindet – und er zeigt es in expliziten Bildern. Nicht selten warf man ihm Sexismus vor. Meist konterte er damit, dass es vielmehr sexistisch sei, wenn es okay ist, Brustwarzen zu zeigen, aber keine Schwänze. Clark, der in einer Zeit und Umgebung der scheinbar heilen Welt aufgewachsen ist, wollte immer schildern, was er mit seinen eigenen Augen sah: Kinder, die mit blauen Augen zur Schule kamen oder Eltern, die seit Jahren und Jahrzehnten dem Alkohol verfallen waren.

In Marfa Girl beschreibt er allerdings noch stringent eine Geschichte und lässt seinen Figuren Raum. Das gelingt ihm warmherziger und bekümmerter als im späteren The Smell of Us, für den er nach Frankreich wechselte. In diesem waren die Charaktere wesentlich kaputter angelegt und taugten nur wenig als Identifikationsfiguren. Außerdem wirkte die Story mehr als alle bisherigen episoden- und bruchstückhaft. In Marfa Girl sind die Dialoge noch ausgiebig und beschreiben, was die jungen Menschen bewegt. Das wirkt echt und authentisch – und alles andere als kaputt, wie in Smell of Us. Ganz im Gegenteil: Die Liebesszene zwischen Inez und Adam ist behutsam und sanft inszeniert. Für Clark ist sie überraschend scheu und schüchtern – deshalb aber umso überzeugender. Wenn sich die Zungen eher spielerisch und neugierig nähern und sogar eine Decke über den nackten Körpern liegt, fühlt man sich auch nicht gleich so in der Voyeur-Rolle. Die lange Szene, die Drake mit Adam zeigt, liefert Dialoge, die man sich tatsächlich so vorstellen kann. Hier zeigt sich Clark als genauer Beobachter und nicht als oberflächlicher Provokateur. Erstaunlich, wie gut und lebensecht die Darsteller dabei rüberkommen – Laiendarsteller größtenteils. Adam, der von Adam Mediano gespielt wird, gelingt es hervorragend, jugendliche Neugier mit Schüchternheit vor dem älteren Mädchen zu kombinieren und dennoch offen über Sex zu sprechen. Mediano wird, wie viele seiner Kollegen und Kolleginnen auch in der soeben fertig gestellten Fortsetzung zu sehen sein, die wir mit etwas Glück früher auf Blu-ray zu sehen bekommen als den ersten Teil. Denn im Falle von Marfa Girl ist es wirklich schade, dass es sechs Jahre dauerte, bis er im Heimkino verfügbar wurde. Definitiv einer der besten Filme von Clark.

Bild- und Tonqualität

Das Bild von Marfa Girl hat in den dunkleren Szenen mit leichten Problem in der Durchzeichnung zu kämpfen. Kontraste und Farben wirken hier überintensiv. Heftige Artefakte setzt es auf uniformen Flächen in Dunkelheit (Asphalt 28’53) und in den gut ausgeleuchteten Momenten sind vor allem Gesichter ziemlich matschig und wachsartig soft. Die ansonsten eingeflechteten Unschärfen sind gewollt und passen zum groben und authentischen Look von Clark.
Der Ton kommt zwar fürs Deutsche mit einer 5.1 dts-HD-Master daher, was aber ein einfacher Upmix der englischen Fassung in 2.0 ist. Auf den Surrounds tut sich deshalb so gut wie nichts. Allerdings kommen die Dialoge nun definiert aus dem Center und nicht mehr aus den Stereo-Speakern. Der mittlere Frontkanal muss allerdings auch den größten Anteil an Dynamik liefern, wenn die Kids ihre Garagen-Punkrock-Musik zum Besten geben, während der Subwoofer dauerhaft im Standby-Modus bleibt und nicht ins Geschehen eingreift.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Marfa Girl gibt’s nur die beiden Originaltrailer zum Film.

Fazit

Marfa Girl ist nicht der skandalöseste Film in der Vita von Larry Clark – und das ist gut so. Denn in den authentisch geschilderten Bildern und den eher liebevoll inszenierten Sexszenen findet man eine unerwartet sensible Ader des Regisseurs. Während viele seiner Filme eher Geschmackssache sind, ist Marfa Girl der am leichtesten zu konsumierende und zeitgleich positivste von Clark.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 50%
Tonqualität (dt. Fassung): 55%
Tonqualität (Originalversion): 60%
Bonusmaterial: 5%
Film: 80%

Anbieter: Donau Film
Land/Jahr: USA 2012
Regie: Larry Clark
Darsteller: Drake Burnette, Adam Mediano, Mercedes Maxwell, Jeremy St. James
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de // dts HD-Master 2.0: en
Bildformat: 1,78:1
Laufzeit: 107
Codec: AVC
FSK: 16

(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Donau Film)

Trailer zu Marfa Girl

MARFA GIRL Trailer (2015) Larry Clark

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