Blu-ray Review
OT: Miss Zombie
Von Untoten und Menschlichkeit
Der japanischer Mix aus Horror und Drama besticht mit einzigartiger Optik.
Inhalt
Der Arzt Dr. Teramoto und seine Familie haben wie die meisten Japaner einen Zombieausbruch überlebt. Nun läuft das Leben wieder in geordneten Bahnen und die Bedrohung durch Untote ist beendet. So beendet und so normal lebt man mit der Zombie-Angelegenheit, dass wohlhabende Familien wie jene von Teramoto sich einen (nicht ganz so stark verwesten) Untoten als Haushaltshilfe holen. Sara heißt die Untote, die nun für die Arzt-Familie schuften muss und der man besser kein Fleisch gibt, um ihren Appetit nicht zu wecken. Sara ist zwar ein Zombie, aber sie ist lange nicht so degradiert wie ihre Untoten-„Kollegen“. Kein Wunder, dass sie auf den Mann des Hauses irgendwann sogar sexuell attraktiv wirkt. Immerhin kann man über sie ja verfügen wie man will. Von den Angestellten Teramotos wird sie ebenso erniedrigt und die Halbstarken auf Saras Heimweg bewerfen sie mit Steinen. Als jedoch ein Unglück die Familie heimsucht, zeigt sich, welche Menschlichkeit in ihr steckt …
Sieben Jahre ist er nun auch schon alt, der gute Miss Zombie. Zwei Jahre bevor Arnold Schwarzenegger ein einem Zombiedrama ein wenig abseits des üblichen Untoten-Horrors reüssierte, filmte der Japaner SABU eine nicht ganz unähnliche Story. SABU, der als Schauspieler begann, hat mittlerweile 20 Filme als Regisseur auf der Vita und trat mit diesen mehrfach bei renommierten Filmfestivals auf. Sein Mr. Long oder auch Happiness zeugen davon.
Ein paar Jahre zuvor kümmerte er sich darum, das Zombiegenre mit dem Familiendrama zu verknüpfen. Es geht um nicht so sehr um eine todbringende Seuche und Untoten-Horden. Eigentlich sogar gar nicht. Es geht vielmehr um gesellschaftliche Aspekte. Um Eifersucht innerhalb der Familie und um das gesellschaftskritische Element Arm vs. Reich. Der Zombie, der als „niederer Mensch“ vom Familienvater „geholt“ wird, soll eben solche niederen Arbeiten für die wohlhabenden Herren verrichten. Man darf sie erniedrigen und benutzten.Man bezeichnet sie als „Es“. Im Laufe des Films zeigt sich indes, dass die vermeintlich gefährliche Kreatur (wehe, man gibt ihr Fleisch zu essen) weit harmloser ist als die vermeintlich friedlichen Menschen, denen sie dient. Der humanitäre Aspekt von Miss Zombie wird spätestens dann deutlich, wenn innerhalb der Familie ein Unglück geschieht. Die Kritik am Klassismus ist deutlich und der Zombie, bzw. die Zombiefrau, steht in diesem Film als Sinnbild für all jene, die in den niederen Jobs arbeiten und sich dort den Buckel krumm machen müssen.
Miss Zombie geht dabei inszenatorisch sehr eigene Wege. Zunächst ist da die bewusst gewählte Schwarz-Weiß-Optik, die mit teils grobkörnigen und teils überstrahlenden Bildern zum Betrachter kommt und viel Atmosphäre bietet. Des Weiteren fällt irgendwann auf, was NICHT da ist: Filmmusik. Miss Zombie vertraut weitgehend auf die Umgebungsgeräusche und intensiviert in den entsprechenden Szenen durch sich steigernde Sounds die Erniedrigungen, die die Untote erfährt. Zu nennen ist da vor allem das ständige Schrubben, das Sara (die Untote) in Zeitlupe und ohne Unterlass erledigt.
Zeitlupe ist ein gutes Wort. Denn der Film definiert das Wort „slow paced“ von Grund auf neu. Kameraeinstellungen sind oft betont statisch und lang anhaltend. Wie Sara es tut, schleicht auch die Kamera um die Charaktere herum; wartet, bis sich eine Gefühlsregung auftut, eine Reaktion auf den Gesichtern ablesbar ist. Trotz der kurzen Laufzeit von 86 Minuten kann das schon mal zäh sein. Aber so ist das mit Arthaus-Kino. Denn nichts anderes ist Miss Zombie am Ende: Ein Arthaus-Untoten-Film, der zum (Nach)denken anregt und durch die Schönheit seiner Bilder überzeugt.
- Miss Zombie (limitierte 2-Disc-Sonderedition) (+ DVD) [Blu-ray]
- PHYSISCHER_FILM
- Wicked Vision Distribution GmbH
Bild- und Tonqualität
Wie oben bereits angemerkt, liegt Miss Zombie in Schwarz-Weiß vor. Ganz bewusst nutzt der Film zudem überstrahlende Flächen auf helleren Bereichen. Technisch zwar nicht schön, aber eben bewusst gewählt und als Stilmittel eingesetzt. Die Schärfe ist indes hervorragend und gerade in Close-ups offenbaren sich sämtliche Details auf Gesichtern. Der Schwarzwert dürfte etwas knackiger sein, doch auch die teils etwas milichig-hellen Momente dürften gewollt sein. Dass die Auflösung fein ist, sieht man häufig bei den visuell sehr hübsch integrierten Staub-im-Licht-Effekten( 60’50).
Akustisch ist Miss Zombie sehr zurückhaltend. Sieht man von der anfänglichen Szene in der Fabrik ab, in der es sehr räumlich zugeht, hört man lange lediglich die Stimmen aus dem Center. Was auch dadurch so außergewöhnlich wirkt, weil Filmmusik eben (fast) komplett aus bleibt. Dennoch gibt es dynamische Szenen, die auch mal den Tiefbass fordern und zeigen, dass der Ton technisch durchaus auf der Höhe ist.
- Miss Zombie (limitierte 2-Disc-Sonderedition) (+ DVD) [Blu-ray]
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- Wicked Vision Distribution GmbH
Bonusmaterial
Das Bonusmaterial von Miss Zombie ist im Prinzip schon durch die beiden Originaltrailer erschöpft. Die im Set enthaltene DVD enthält ebenfalls den Film und keine weiteren Extras. Schön ist allerdings, dass sich Wicked-Vision auch hier wieder Mühe gemacht hat, Hintergründe zu liefern. Denn beide Disks kommen mit einem viertelstündigen Vorwort von Filmwissenschaftler Prof. Dr. Marcus Stiglegger, der tief in die Arbeiten von Regisseur SABU eintaucht.
Fazit
Miss Zombie ist vielleicht der konsequenteste Arthaus-Zombiefilm überhaupt. Betont langsam, betont ungewöhnlich und betont einzigartig ist er gefilmt und nimmt auf eine gesellschaftskritische Reise mit, die fernab von jedem Untoten-Gore stattfindet. Nichts für Blutfans also, sondern eher für solche Zuschauer, die sich vorstellen können, dass es abseits von Maggie noch etwas zu entdecken gibt.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 75%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 30%
Film: 70%
Anbieter: Wicked-Vision Media
Land/Jahr: USA 2019
Regie: SABU
Darsteller: Makoto Togashi, Riku Ohnishi, Ayaka Komatsu, Tôru Tezuka
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, jp
Bildformat: 2,39:1
Laufzeit: 86
Codec: AVC
FSK: 16
(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Wicked-Vision Media)
Trailer zu Miss Zombie
Ein kleiner Vorschlag meinerseits. Was würden sie davon halten in Zukunft bei den Reviews eine Angabe der Art „Wendecover: ja/nein“ zu machen?
Ja, ein guter Vorschlag. Und auch nicht zum ersten Mal an mich herangetragen.
Problem: Ich kann’s lange nicht bei allen Outputs sagen. Nicht alle Filmanbieter geben preis, ob ein Wendecover vorhanden ist oder nicht. Und da ich oft nur Anpressmuster ohne finales Cover erhalte, kann ich es auch nicht daran selbst festmachen. Oft weiß die Community da mehr als ich.
Selbst wenn es nur 10 % wären an Filmen wo sie das definitiv sagen können, so könnten sie ja für diese 10 % die Angabe machen. Ich meine besser als gar nichts, oder?
Ich denk‘ mal drüber nach 😉