Blu-ray Review
OT: Mission: Impossible – Rogue Nation
Alle gegen Alle
Wenn Ethan Hunt losgelassen wird, steht dem Actionfan ein Highlight ins Haus.
Inhalt
Ethan Hunt hat gerade verhindert, dass eine Organisation mit nuklearen Sprengköpfen Schaden anrichten kann, als die CIA die Auflösung der IMF anordnet und Hunt auf die Liste der am meist gesuchten Menschen setzt. Während Hunt weiter daran arbeitet, eine Organisation aufliegen zu lassen, die unter dem Namen „Das Syndikat“ firmiert, legt ihn deren Anführer, der schmierige Solomon Lane, rein und entführt ihn. Nur mit Hilfe der Doppelagentin Ilsa Faust gelingt ihm die Flucht. Doch auch das scheint Teil des Plans, denn Lane ist immer einen Schritt voraus und manipuliert seine Figuren nach Belieben. Um ihm das Handwerk zu legen, muss Hunt weiter gehen als jemals zuvor und riskiert dabei nicht nur sein Leben …
Während die eine oder andere Fortsetzung eines Franchise im Kinojahr 2015 eher gemischte bis enttäuschte Gefühle hinterlassen hat, ist auf Tom Cruise Verlass. Man mag von dem Scientology-Mitglied halten, was man will, einen Riecher für gute Action hat er nach wie vor. In Mission: Impossible – Rogue Nation, der knapp vier Jahre nach dem schon famosen Phantom Protokoll erscheint, fackeln Regisseur McQuarrie und sein Hauptdarsteller dann auch nicht lange und legen mit der beeindruckendsten Stunt-Sequenz los, welche die Reihe bisher gesehen hat – obwohl man das anhand der Kraxelei am Burj al Khalifa kaum für möglich halten konnte. Die ungedoubelte Live-Action am Rumpf eines fast senkrecht startenden Airbus A400M ist schlicht nicht wiederholbar – jedenfalls nicht mit einem anderen Darsteller als Cruise. Und es bleibt nicht bei dieser isolierten Sequenz, sondern geht mit fast atemlosem Tempo weiter durch einen 130-Minuten-Film, der schlicht allerbeste Actionunterhaltung liefert. Die Geschichte mag extrem konstruiert sein und manchmal verliert man ob der ständigen Wendungen auch schon mal den Überblick, doch das pusten Action und vor allem Humor in Mission: Impossible – Rogue Nation locker und ohne Mühe weg. Gerade Simon Pegg als treuer Freund Hunts und Computerexperte vom Dienst hat deutlich mehr Screentime als im Vorgänger und überspannt trotz grandios-witziger Momente nie den Bogen zum Albernen. Der britische Darsteller ist einfach perfekt in der Rolle eines immer wieder vom übermütigen Draufgängertum seines „Chefs“ überrumpelten Sidekick. Cruise selbst merkt man an, dass er die Zeit, in der er krampfhaft Hit an Hit reihen musste, überwunden hat. Entspannter als hier hat man ihn zuletzt nur in Jack Reacher gesehen. Sogar über seine (geringe) Körpergröße macht er sich genussvoll lustig, wenn er in der Wiener Oper einem Zwei-Meter-Killer gegenübersteht. Womit wir schon bei den Schauplätzen wären: Man mag von Opernaufführungen halten, was man will aber die Szenen im geschichtsträchtigen Musikhaus Wiens sind schon aus choreografischen Gesichtspunkten ein Augenschmaus. Wie sich die Darsteller hinter der Bühne auf den Lichttraversen prügeln und dabei versuchen, ihr Gleichgewicht zu halten, ist berauschend anzusehen.
In Marokko wird man dann Zeuge der spannendsten und nachfolgend rasantesten Szene. Wenn Benji, Hunt und Ilsa Faust in perfektem Timing unter schwersten Bedingungen Zugriff auf den gesicherten Stick erlangen, sitzt man gebannt vor der Leinwand und die sich daran anschließende Verfolgungsjagd per Auto und Motorrad liegt durchaus auf dem Niveau einer ähnlichen und bis heute als solchen referenzwürdigen Szene aus Matrix Reloaded. Selbst wenn zum Finale hin das Tempo etwas gedrosselt wird, um die Geschichte befriedigend aufzulösen, kann man Mission: Impossible – Rogue Nation kaum vorwerfen. keine Maßstäbe zu setzen. Was man ihm (neben der dünnen Story) vorwerfen kann, sind ein paar allzu sichtbare digitale Effekte sowie das nervtötende Product Placement: Von der angesprochenen Fahrzeugmarke, die gleich mit mehreren Modellen präsent ist über einen bestimmten Computerhersteller und einen Uhrenmacher wird kaum eine Möglichkeit ausgelassen, bestimmte Firmennamen in Großaufnahme einzublenden. Da muss man sich dann schon mal zusammenreißen und seinen Ärger daran ablenken, dass nicht nur die bekannten Gesichter des Franchise einen tollen Job erledigen, sondern auch zwei neue Darsteller hervorragend in ihre Rollen passen. Zum einen ist da Sean Harris (Erlöse uns von dem Bösen), dessen unverkennbares und charakterstarkes Gesicht einfach perfekt zu Bad Guy Lane passt und der einen wirklich fiesen Gegenspieler abgibt. Zum anderen hat man nur selten eine derart starke und gleichzeitig attraktive Frauenrolle wie jene der (wer hat sich nur den dämlichen Namen ausgedacht) Ilsa Faust. Rebecca Ferguson (Hercules), schwedisch-britische Schauspielerin, ist Hunt in jeder Situation ebenbürtig, hat mitunter sogar die stärkere Leinwandpräsenz – und damit sei ausdrücklich NICHT ihr Auftritt im knappen Bikini gemeint. Wenn sie sich mit behenden Bewegungen ihrer Gegner per Beinschere entledigt, dann kann Ethan Hunt genauso wie auch der Zuschauer gerne mal staunen.
Bildqualität
Mission: Impossible – Rogue Nation wartet mit einem ähnlichen Bild auf, das man aus der Reihe schon etwas kennt und auch schätzen gelernt hat: Oft liegt ein warmer, bräunlicher Filter über dem Geschehen – gerade, wenn Außenaufnahmen dominieren. Auch Cruises Haut ist in der Regel ziemlich gesund gefärbt. Der Kontrastumfang liegt während der Szenen unter freiem Himmel auf einem Topniveau, lässt in dunkleren Innenraumsequenzen aber schon mal Details etwas versumpfen. Die hohe Bildruhe während gut ausgeleuchteter Momente nimmt bisweilen allerdings dramatisch ab, wenn es in dunkle Szenerien wechselt. So beispielsweise im Hintergrund der Folterkammer, wenn sich Ilsa um ihre Schuhe erleichtert. Hier sind die Unruhen dermaßen heftig, dass man ihr Gesicht und ihre Füße kaum erkennen kann (ab 13’02). Das wirkt dann leider auch nicht mehr filmisch-analog, sondern ziemlich störend. Auch im weiteren Verlauf sind Randunschärfen immer mal wieder ein Thema – vor allem bei Halbtotalen. Gut gelungen ist dagegen die Schärfe in Close-ups, die mitunter fast dreidimensional wirkt.
Mission: Impossible – Rogue Nation: Der Tonflop
Bevor nicht endlich auch der letzte Major-Anbieter verstanden hat, dass der deutsche Filmfan einen HD-Ton verdient hat, werden die kleinen und großen Blogs, Magazine und Zeitschriften nicht müde, teilweise harsche Worte zu finden, um anzuprangern, wie ignorant man hierzulande mit dem technikverliebten Konsumenten umgeht. Erst vor zwei Wochen gab es rüde Kritik für Terminator: Genisys, der beim selben Anbieter erschien und der ebenso wie jetzt Mission: Impossible – Rogue Nation mit einem deutschen Dolby-Digital-Ton leben muss. Auch bei M:I 5 bekam der englische Originalton eine Dolby-Atmos-Spur spendiert, während die deutsche Version mit einer antiquierten Tonkomprimierung leben muss, die aus den Anfangszeiten der DVD von vor 20 Jahren stammt. Das ist eigentlich nicht nur ärgerlich, sondern ein absolutes Armutszeugnis für Paramount – immerhin schafft es jeder Klein- und Kleinstanbieter mittlerweile, flächendeckend bei Blu-rays einen dts-HD-Master-Sound zu integrieren. Erscheint dann DAS Actionhighlight des Jahres 2015 auf Blu-ray und man bekommt es nicht hin, wenigstens IRGENDEINE Art von hochauflösendem deutschem Sound aufzuspielen, dann muss man sich nicht wundern, wenn der Unmut der Fans, die Empörung in Foren und bei Kundenrezensionen entsprechend drastisch ausfällt. Drastisch sind sicher auch diese Worte. Aber vielleicht erzeugen sie dann doch irgendwann einmal Wirkung. Wie bereits erwähnt, ist es ja möglich, eine hochauflösende Dolbyspur zu integrieren, die Minions haben das beispielhaft vorgemacht. Läge es am Datenvolumen der Blu-ray, muss man halt das Bonusmaterial auf eine zweite Disk pressen, um weiteren Platz zu generieren. Denn immerhin läuft der Actioner gut 130 Minuten. Ein Film, der weltweit sehr erfolgreich lief, sollte das Budget für solche eine Maßnahme durchaus mitbringen.
Bei aller Kritik sollen natürlich auch ein paar Worte über den Sound an sich verloren werden: Nimmt man die Dolby-Digital-Spur für sich, ist diese durchaus effektvoll (Schüsse auf Hunt 17’50) und kann auch mal druckvoll werden (Start des A400M). Hinzu kommt, dass die Dialoge sehr harmonisch und von der Lautstärke her absolut auf einem Level mit Filmscore und Effekten sind. Gerade das Timbre von Baldwins Synchronsprecher Klaus-Dieter Klebsch ertönt voluminös. Auch die für das Franchise klassische Filmmusik wird wunderbar räumlich und luftig präsentiert. Doch kaum wechselt man auf die englische Dolby-Atmos-Spur (die bei Nicht-Atmos-Receivern als Dolby True HD 7.1 wiedergegeben wird), weiß man, was eigentlich möglich ist. Wo die Auspuffgeräusche der Superbikes während der Verfolgungsjagd in Marokko auf der deutschen Spur gerade mal warme Luft rauspusten, brutzeln sie auf der HD-Fassung Hoch- und Mitteltöner. Klingt der bayerische Sportwagen an gleicher Stelle wie ein giftig hochgezüchtetes Fahrzeug, könnte es mit geschlossenen Augen bei der Dolby-Digital-Variante auch ein kleiner Kompakt-GTI sein. Gerade während der lauteren Actionszenen hört man der starken Kompression auch an, dass sie die Dialoge nicht mehr prägnant dazwischenschieben kann – 640kbps sind halt auch zehnfach stärker komprimiert als der englische True-HD-Sound, der mit variabler Bitrate schon mal auf über 7Mbps hochschnellt. Da mag die deutsche Dolby-Digital-Spur besser klingen als jene von Terminator: Genisys aber einem Actionhighlight wie Mission: Impossible – Rogue Nation ist sie eben nicht ansatzweise würdig.
Bonusmaterial
Mission: Impossible – Rogue Nation liefert einen Audiokommentar mit Tom Cruise und Regisseur McQuarrie neben insgesamt sieben Featurettes. In „Der Zünder ist scharf“ beschäftigt sich zunächst mit der Besetzung von McQuarrie auf dem Regiestuhl sowie seiner Vision des fünften Teils. Tom Cruise, der schon in Jack Reacher mit dem Dirigenten zusammenarbeitete, setzte sich (mal wieder) persönlich für einen Regisseur seiner Wahl ein. „Cruise Control“ hingegen beschäftigt sich – der Name lässt es vermuten – mit Tom Cruise, der das M:I-Franchise mittlerweile lebt und atmet wie kein Zweiter. Man könnte ihm allerdings auch eine leichte Diktatorattitüde am Set unterstellen. In „Helden …“ wird die Spannung im Team aber auch deren Zusammenarbeit geschildert und „Reiseflughöhe“ kümmert sich selbstredend um die spektakulärste Szene des Films, jener, in der Cruise an einem startenden Airbus A400M hängt. Tatsächlich wird diese Sequenz noch unglaublicher, wenn man mitbekommt, welche Gefahren das Team in der Planung einkalkulieren musste und wie kalt es an dem Tag war. In den Interviewkommentaren des Darstellers merkt man, dass ihm dieser Tag wirklich in Erinnerung bleiben wird und er durchaus mal die Hosen voll hatte – und das bei dem Darsteller, der während der letzten 20 Jahre durchaus bewiesen hat, zu den Mutigsten und risikofreudigsten des Business gehört, wenn es um die eigenen Stunts geht. Ähnlich aufwändig war die lange Unterwasserszene, die „Mission: Versenken“ porträtiert. „Das Auto“ hingegen kümmert sich um die Verfolgungen mit dem Motorrad und dem bayerischen Sportwagen. Auch hier musste exakt choreografiert werden, damit Cruise ohne Helm bei hoher Geschwindigkeit fahren konnte. Außerdem musst er lange auf Rennstrecken üben, um Driften und das Handling des Fahrzeugs zu üben. Simon Pegg gibt zu Protokoll, dass er sich nicht fürchtete, sondern Todesangst hatte. In „Die Missionen gehen weiter“ kümmert man sich um die Mythologie der Serie, zeigt die Verknüpfungen zwischen den einzelnen Episoden und gibt einen Ausblick auf die Fortführung des Ganzen.
Fazit
Mission: Impossible – Rogue Nation ist ein würdiger Nachfolger des tollen Phantom Protokoll und setzt in einigen Szenen die Messlatte für Live-Action verdammt hoch. Ob Cruise das im nächsten Abenteuer (Kinostart geplant: 2017) noch mal toppen kann, scheint fast fraglich. Allerdings dachte man das auch schon nach seiner Kletterszene am Burj al Khalifa. Rogue Nation jedenfalls sollte in keiner guten Actionsammlung fehlen und unterhält 130 Minuten lang prächtig – wenn da nicht dieser ärgerlich schwache deutsche Dolby-Digital-Ton wäre …
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 90%
Bonusmaterial: 60%
Film: 80%
Anbieter: Paramount Home
Land/Jahr: USA 2015
Regie: Christopher McQuarrie
Darsteller: Tom Cruise, Rebecca Ferguson, Jeremy Renner, Simon Pegg, Alec Baldwin, Ving Rhames, Sean Harris, Simon McBurney
Tonformate: Dolby Atmos (Dolby True HD 7.1): en // Dolby Digital 5.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 132
Codec: AVC
FSK: 12