Mr. Collins‘ zweiter Frühling

Blu-ray Review

Mr Collins' zweiter Frühling Blu-ray Review Cover
Koch Media, seit 25.08.2016

OT: Danny Collins

 


Frühling im Kopf

Wenn ein alternder Musiker plötzlich seinen Moralischen bekommt …

Inhalt

Danny Collins, in den 70ern sowas wie der Erbe eines John Lennon, ist auch heute noch erfolgreich, wenn er seinen größten Hit auf der Bühne vor zig Tausend Menschen spielt. Der Unterschied, den er gerade heute, an seinem Geburtstag wieder merkt: Die Zeit arbeitet gegen ihn und auch seine halb so junge Partnerin ändert nur wenig daran, dass Danny urplötzlich auf die Idee kommt, den Nachfahren kennen zu lernen, den er vor Jahren mehr oder weniger unwissentlich gezeugt hat. Auslöser dafür ist ein Brief Lennons, den dieser Collins 1971 geschrieben hat. Dieser Brief erreicht ihn nun, satte 45 Jahre später. Da er damals die Chance nicht hatte, Lennons Einladung, sich persönlich zu treffen, nachzukommen, will er nun nicht auch noch andere verpasste Möglichkeiten liegenlassen. Also nimmt er Kontakt zu seinem Sohn auf, wobei der kaum froh über das späte Aufkreuzen des Familienoberhauptes ist. Doch abseits der Arroganz eines reichen Musikers schlummert auch ein Herz in Dannys Brust und das lernen nicht nur Sohn Tom und Enkelin Hope kennen, sondern auch die freundliche Hotelrezeptionistin Mary …

Basierend auf der wahren Geschichte von Steve Tilston, der den Brief John Lennons 2005 (also 34 Jahre zu spät) erhalten hat, gibt Al Pacino in einer Paraderolle mit höchst entstspanntem und unaffektierten Spiel den erfolgreichen Musiker, der all die verpassten Chancen seines Lebens gerne nachholen möchte, bevor ihn der natürlich oder auch der Koks-Tod ereilt. Mr. Collins‘ zweiter Frühling konzentriert sich dabei voll und ganz auf seinen Hauptdarsteller, trotzdem man Pacino mit Annette Bening, Jennifer Garner, Christopher Plummer und Bobby Cannavale durchaus bekannte und hochkarätige Schauspieler an die Seite gestellt hat. Gerade Cannavale (Station Agent) fügt seiner Vita erneut eine großartige Rolle hinzu, die die Frage aufwirft, warum er nicht viel bekannter geworden ist. Der Film selbst begeht glücklicherweise nicht den Fehler, in die übliche Klischeefalle zu tappen, wenn Danny Collins überraschend bei seinen Nachkommen aufkreuzt. Weder fallen sie ihm um den Hals, weil sie sich freuen, noch hagelt es die schwersten Vorwürfe. Mr. Collins‘ zweiter Frühling findet bisweilen die Grautöne zwischen dem Schwarz und dem Weiß. Auch die Gespräche zwischen Danny und Mary Sinclair vom Hotel zeugen von einem überlegten Drehbuch, das sich nicht auf Stereotypen reduziert. Gleichzeitig liefert Pacino mit seiner unnachahmlichen Art diesen hintergründigen Humor, der sogar dann funktioniert, wenn er sich als „unwiderstehlich“ bezeichnet, während Mary ihn (ehrlicherweise) als lächerlich aussehend aburteilt. Dass der Charaktermime vor allem mit der Brille, die er als Danny Collins trägt, ein wenig nach Rolf Zacher aussieht, kann Hollywood ja nicht wissen. Unnachahmlich ist er dennoch – vor allem, wenn er Tom und dessen Tochter Hope sowie Mutter Samantha in den Tourbus einlädt und von Letzterer aufgeklärt wird, was ein „Blog“ ist. Natürlich ist es irgendwo relativ leicht, sein Leben umzukrempeln und der Enkelin eine teure Schule zu ermöglichen, wenn man ein reicher Sänger ist und sicher ist Mr. Collins‘ zweiter Frühling bisweilen naiv in seiner „es wird alles wieder gut“-Einstellung. Noch dazu verläuft er am Ende allzu sehr in gängigen Bahnen. Aber die Message stimmt und ist universal, da kann man auch mal über inszenatorische Schwächen hinwegsehen. Das geht übrigens immer dann am besten, wenn die tollen Filmsongs erklingen, die nicht nur von John Lennon kommen. Die für Danny Collins geschriebenen Stücke hat Ryan Adams komponiert und Pacino trägt sie (nicht immer ganz stimmsicher) selbst vor.

Bild- und Tonqualität

Das bräunlich gefilterte Bild von Mr. Collins‘ zweiter Frühling hinterlässt einen warmen Eindruck und ist während der gut ausgeleuchteten Szenen recht ruhig. Während der nächtlichen Szenen gibt’s schon mal ein wenig Korn. Die Schärfe ist nicht immer gut – manche Close-ups sind herausragend detailliert und präsentieren Pacinos Charaktergesicht präzise. Ab und an jedoch, beispielsweise beim Gespräch zwischen Danny und Tom, ist sein Konterfei nicht perfekt umrissen.
Akustisch hätten die einprägsamen Songs in Mr. Collins‘ zweiter Frühling etwas mehr Volumen vertragen können – vor allem „Don’t Look Down“, das er mit sonor-tiefer Stimme nach 65 Minuten zum Besten gibt, wäre mit etwas mehr Fundament noch gänsehautwürdiger geraten. Die Stimmen selbst kommen gut verständlich aus dem Center, Actionszenen gibt’s thematisch bedingt nicht, weshalb die Rearspeaker bis auf wenige Ausnahmen, in denen Umgebungsgeräusche zu hören sind, still bleiben.

Bonusmaterial

Das Bonusmaterial von Mr. Collins‘ zweiter Frühling hält ein viertelstündiges Making-of bereit, das eher eine unkommentierte B’Roll mit zahlreichen Aufnahmen von Hinter der Kamera ist. Das ebenfalls enthaltene, knapp vierminütige Featurette ist nur etwas mehr als ein ausgedehnter Trailer mit Kommentaren der Macher und Darsteller. Dazu gibt’s noch diverse Teaser.

Fazit

Mr. Collins‘ zweiter Frühling ist eine charmant gespielte One-Man-Show von Al Pacino, die nicht sonderlich überraschend daherkommt, aber durchweg gut unterhält und ein paar richtig gute Songs bereithält – mal abgesehen vom furchtbaren „Baby Doll“.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 60%
Tonqualität (Originalversion): 60%
Bonusmaterial: 30%
Film: 70%

Anbieter: Koch Media
Land/Jahr: USA 2015
Regie: Dan Fogelman
Darsteller: Al Pacino, Annette Bening, Jennifer Garner, Bobby Cannavale, Christopher Plummer
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 107
Codec: AVC
FSK: 12

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anschauen!