4K Blu-ray Review


OT: Novocaine


Endstation Pier 7
Stell dir vor, du kannst keinen Schmerz empfinden und gerätst zwischen die Fronten von Gangstern.
Inhalt

Nate ist ein netter Kerl. Aber einer, der sich lieber zurückzieht und nicht unbedingt als geselliger Mensch durchgehen würde. Als stellvertretender Filialleiter eines Kreditinstituts besteht sein Alltag daraus, Kunden seiner Bank zu zukünftigen Ex-Kunden zu machen – ihnen also zu offenbaren, dass sie bspw. zwangsvollstreckt werden müssen. Einem seiner langjährigen Klienten hat er vor den Feiertagen noch gnadenvollen Aufschub gewährt, weil ihn dessen private Geschichte gerührt hat. Als er danach einen Kaffee aus der Küche holen möchte, stößt er mit der neuen Kollegin Sherry zusammen und schüttet sich das brühend heiße Getränk aufs Handgelenk. Doch während seine Haut sofort rot wird, spürt Nate zur Verwunderung von Sherry keinen Schmerz. Eine Wiedergutmachungseinladung im lokalen Diner später weiß die junge Bankerin, dass Nate unter einem genetischen Defekt leidet, der ihn keine physischen Schmerzen spüren lässt. Sie hält ihn für einen Superhelden, Nate allerdings isst nicht einmal feste Nahrung, um der Gefahr, sich die Zunge abzubeißen und nichts zu merken, zu entgehen. Während sein ganzes Leben also aus Vorsicht und Tennisbällen an Tischkanten besteht, zeigt ihm Sherry, wie es ist, mal ein Wagnis einzugehen. Doch das größte Wagnis steht Nate am Tag nach der ersten gemeinsamen Nacht bevor. Noch betrunken von den Liebesgefühlen, taucht ein Weihnachtsmann-Trio in der Bank auf und entpuppt sich als brutale Räubergang. Ein toter Filialleiter sowie eine als Geisel entführte Sherry später muss Nate zeigen, dass seine genetische Fehlfunktion vielleicht doch zu etwas gut sein kann …

Einen Film über einen Mann, der keine Schmerzen empfinden kann, mit R.E.M.s Everybody Hurts zu beginnen, gibt den ironischen Ton vor, den die Actionkomödie von Dan Berk und Robert Olsen durchweg anschlägt. Es ist dieser lakonische Humor, der Mr. No Pain von der ersten Minute an durchzieht und ihn irgendwo zwischen schwarzer Komödie, Slapstick und blutiger Eskalation verortet. Dabei fühlt sich der Film wie eine wilde Mischung aus Nobody (was wäre, wenn ein unscheinbarer Typ doch plötzlich zu mehr fähig ist), John Wick (nur ohne Skills), Crank (allein schon wegen des körperlichen Ausnahmezustands) und Kevin – Allein zu Haus (Stichwort: kreative Fallenbastelei) an – nur dass hier der Hauptdarsteller nicht aus Rache oder Adrenalin handelt, sondern einfach nur überleben will, während sein Körper allmählich aufgrund äußerer Einwirkungen auseinanderfällt. Zunächst darf man sich allerdings auch mal wieder Zeit nehmen, um der Exposition zu folgen. Denn Mr. No Pain ist trotz seiner originellen Prämisse und der Tatsache, dass man ihn gerne in einem Atemzug mit Nobody oder Wick nennt, zunächst einmal 25 Minuten lang darum bemüht, Sympathien für seine beiden Hauptfiguren zu entwickeln. Was ihm durchaus glaubwürdig gelingt. Man nimmt dem Film komplett ab, dass sich die attraktive Neu-Kollegin tiefer mit Nates Geschichte beschäftigt und herausfinden möchte, wer hinter dem scheuen Kollegen steckt. Dass The-Boys-Darsteller Jack Quaid mit melancholischem Dackelblick durch die Gegend rennt, passt zur Figur und lässt ihm als Underdog ohnehin die Sympathie des Zuschauers zufliegen. Besonders gut funktioniert dabei das Zusammenspiel mit Amber Midthunder (Prey), die Sherry angenehm geerdet anlegt – mit einem Mix aus Neugier, Lebenslust und überraschender Tiefe. Die Chemie zwischen den beiden ist glaubhaft, weil sie nicht auf überdrehtem Romcom-Klamauk basiert, sondern auf echtem gegenseitigem Interesse und einer Prise Lakonie.

Den Witz bezieht Mr. No Pain natürlich vor allem daraus, dass wir es hier NICHT mit einem Ex-Agent-/Ex-Profikiller/Ex-Irgendwas zu tun haben, sondern mit einem echten jedermann. Nate muss sich in den Kämpfen mit den viel stärkeren und versierteren Kämpfern möglichst originelle Dinge ausdenken, um als Sieger hervorzugehen. Wenn er aber an der Stelle, an der andere K.O. gehen, noch mit seinen Opponenten diskutiert, ist das wirklich witzig. Die Kampfszenen werden zudem mit innovativen Kamerabewegungen angereichert, die Nates eher stümperhafte Abwehrversuche optisch unterstützen. Glücklicherweise sind sie nicht allzu hektisch gefilmt. Natürlich ergeben sich dabei die absurdesten Situationen, in die das Drehbuch seinen Protagonisten schickt. Die Hand in eine Fritteuse tauchen, gehört da noch zu den harmloseren Situationen, die Nates Körper allmählich in ein wandelndes Anschauungsbeispiel für Anatomiestudierende transformieren. Am witzigsten ist es witzigerweise (okay, sorry für das flache Wortspiel), wenn Nate so tun muss, als habe er wirklich ganz dolle Schmerzen, damit sein Plan und seine Deckung nicht auffliegen. Ohnehin ist die Kampfszene im mit Fallen gespickten Raum teilweise wirklich sensationell witzig umgesetzt. Wenn sich die Geschichte dann im letzten Drittel vollends dem absurden Gewalt-Comic hingibt, merkt man, wie sorgfältig der Film seine Basis gebaut hat. Denn trotz ausufernder Gewalt- und Zerstörungsorgien bleibt einem Nate immer nah – im schlimmsten Fall als menschliches Trümmerfeld, im besten Fall als Held wider Willen. Besonders gelungen ist dabei, wie das Drehbuch Nates Defekt immer wieder in den Plot einwebt, ohne sich zu wiederholen. Ob als Taktik, um Gegner zu verwirren, oder als Hindernis, das ihn in lebensgefährliche Lagen bringt – sein Zustand wird nie zur bloßen Superkraft verklärt, sondern bleibt zweischneidig. Dass die Hintergrundstory um die Bankräuber vollkommen generisch bleibt, ist allerdings ein Manko, über das man generös hinwegblicken muss.

Visuell leistet sich der Mr. No Pain einige clevere Spielereien, ohne in überstilisierten Selbstzweck abzudriften. Die Kamera bleibt oft nah an Nate dran, was nicht nur seine zunehmende körperliche Zerstörung betont, sondern auch eine gewisse Intimität erzeugt. Dass sich Mr. No Pain dabei traut, auch mal Tempo herauszunehmen, um den Figuren Luft zum Atmen zu geben, hebt ihn wohltuend vom üblichen Action-Klamauk ab. Unterm Strich bleibt ein Film, der nicht vorgibt, das Genre neu zu erfinden – das aber auch gar nicht muss. Mr. No Pain punktet mit einem charmanten Hauptdarsteller, einem clever eingesetzten Gimmick und dem richtigen Gespür für Timing – sowohl im Humor als auch in der Action. Außerdem waren Sidekicks schon mal deutlich nerviger als Jacob Batalon in der Rolle des Roscoe. Und wer sich je gefragt hat, wie es wäre, wenn jemand ohne Schmerzempfinden ein paar sehr schlechte Entscheidungen trifft und dabei irgendwie alles richtig macht – hier gibt’s endlich die Antwort.
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Bild- und Tonqualität BD

Leider wurde mir zu Rezensionszwecken lediglich die 4K Blu-ray zur Verfügung gestellt. Die Beschreibung der Bildqualität der Blu-ray von Mr. No Pain muss an dieser Stelle also entfallen. Dafür gibt’s im nächsten Kapitel die Bewertung der 4K-Disk. Obwohl es keine Blu-ray zur Rezension gab, findet dennoch an dieser Stelle bereits der Soundcheck statt. Denn die Tonspuren der BD sind identisch mit jenen der UHD Blu-ray. Fürs Deutsche gibt’s (nicht unüblich für Anbieter Paramount) lediglich Dolby Digital. Aber da wir es nicht mit Disney zu tun haben, gibt’s eine satt abgemischte Tonspur, die weit besser klingt als es der Codec vermuten lassen würde. Zeuge davon wird man während der abgefeuerten Schüsse in der Bank oder auch der wuchtigen Schläge in der Küche bei Nates erster Auseinandersetzung mit einem der Entführer. Die Räumlichkeit lässt zeitweilig etwas zu wünschen übrig, feiert aber eine Auferstehung, wenn das Glas nach knapp 56 Minuten effektvoll splittert. Nates Faustschläge auf den Boden kitzeln daraufhin den Subwoofer spürbar. Die englische Fassung kann das zwar noch mal etwas kräftiger, ist aber nicht Welten entfernt vom deutschen Mix. Allerdings liegt sie in Dolby Atmos vor Und hören wir uns die Höhen-Ebene mal isoliert an, so gibt’s die ersten Sounds aus den Heights nach 13 Minuten während der Straßenatmosphäre. Auch nach 17 Minuten hört man Stimmen von oben. Und wenn man schon fast der Meinung ist, da gibt’s gar keine großen Gelegenheiten, reißen einen die Schüsse nach 25’13 förmlich aus den Sitzen. Schüsse gibt es dann auch in den folgenden Minuten immer wieder von oben. Die coole Blue-Man-Group-artige Filmmusik nach 34 Minuten wird ebenfalls auf die Heights gelegt und von diversen Schlägen begleitet. Ohnehin setzt die Musik hier die stärksten Akzente – so wie bei 55’07, wenn sie mit bohrenden Sounds immer dynamischer wird. Der Glasklirr-Effekt nach 55’45 ist allerdings auch nicht von schlechten Eltern. Nach 73 Minuten kracht dann jemand ziemlich effektvoll durch die Decke und nach 76 Minuten hört man die Polizeisirene eindrucksvoll von oben. Der Schuss nach 80’17 sowie die Presse bei 81’15 sind weitere akustische Highlights aus den Deckenspeakern.

Bild- und Tonqualität UHD

Mr. No Pain wurde mit der RED Komodo, der RED V-Raptor und der Sony CineAlta Venice 2 aufgenommen – eine digitale Grundlage also, welcher man aus dem 6K- und 8K-Material ein 4K-DI folgen ließ. Paramount gradete im Anschluss mit HDR10 und Dolby Vision sowie einem im Rahmen von Rec.2020 erweiterten Farbraum. Abseits von den technischen Grundlagen ist das Bild von Mr. No Pain hässlich. Nein, falsch: Nicht das Bild ist hässlich, sondern die visuelle Gestaltung. Warum müssen eigentlich so wahnsinnig viele Filme der letzten Zeit so unglaublich langweilig braungrau sein? Die gefühlt einzige Farbe, die man hier zu Gesicht bekommt, ist braun. Dies in unterschiedlichen Graduierungen immerhin. Aber selbst ein Rotwein ist eher braunrot, denn rot. Und auch Lichtquellen erreichen maximal Ockerstatus. Ums mal in aller Deutlichkeit zu sagen: Mr. No Pain sieht strunzlangweilig aus. Und er ist in den dunkleren Einstellungen tatsächlich relativ dunkel. Das gilt bspw. für die Barszene nach 15 Minuten. Was allerdings wirklich herausragt, ist die Bildruhe, die hier exemplarisch hoch ist – und das ohne sichtbare Filterungsmaßnahmen. Denn Close-ups wirken stets scharf und gut aufgelöst, nie wachsig oder extrem flach. Schauen wir ganz genau hin – also richtig genau – dann sehen wir, dass das Encoding nur mittelprächtig ist. Immer wieder wirkt es etwas matschig und verklumpt im Detail das feine Digitalrauschen. Allerdings ist das am Ende nicht wirklich schlimm, denn Mr. No Pain ist über weite Strecken so dunkel und so auf Innenräume konzentriert, dass es einem kaum auffällt. Womit wir wieder am Ausgangspunkt wären: Das Bild ist aus gestalterischer Sicht einfach hässlich. Keine Änderung beim Ton. Auch die 4K-Disk kommt mit Atmos fürs Englische und Dolby Digital fürs Deutsche.
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Bonusmaterial
Drei Featurettes warten im Bonusmaterial von Mr. No Pain: “Bereit für den Schmerz”, “Eine Welt der Schmerzen” und “maximaler körperlicher Schaden”, die sich nacheinander die Vorproduktion, die Dreharbeiten und die Maskenarbeit vorknöpfen.
Fazit
Nicht ganz so gewagt wie er hätte sein können, aber dennoch eine willkommene Abwechslung im Actionkino-Einerlei – Mr. No Pain liefert witzige, manchmal absurde, aber gleichzeitig charmante Unterhaltung mit ein paar drastisch-blutigen Szenen und einem sympathischen Hauptdarstellerduo. Das ist weit mehr als das Gros der Genrefilme der letzten Jahre zu bieten hatte. Die 4K-Blu-ray liefert dazu ein technisch weitgehend sauberes Bild, das aus gestalterischer Sicht aber langweiliger nicht sein könnte. Der Ton weiß mit Druck und Dynamik zu gefallen, trotz Dolby-Digital-Abmischung. Schaut auch in mein YouTube-Review, das ihr ab Samstag, 14. Juni um 19:00 Uhr hier findet: Klick
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität BD: keine Wertung möglich
Bildqualität UHD: 85%
Tonqualität BD/UHD 2D-Soundebene (dt. Fassung): 85%
Tonqualität BD/UHD 2D-Soundebene (Originalversion): 90%
Tonqualität BD/UHD 3D-Soundebene Quantität (Originalversion): 60%
Tonqualität BD/UHD 3D-Soundebene Qualität (Originalversion): 85%
Bonusmaterial: 50%
Film: 75%
Anbieter: Paramount Pictures
Land/Jahr: USA/Südafrika 2025
Regie: Dan Berk und Robert Olsen
Darsteller: Jack Quaid, Amber Midthunter, Ray Nicholson, Betty Gabriel, Matt Walsh
Tonformate BD/UHD: Dolby Atmos (True-HD-Kern): en // Dolby Digital 5.1: de
Untertitel: de, en
Bildformat: 2,39:1
Laufzeit: 110
Codec BD: AVC
Codec UHD: HEVC
Disk-Kapazität: BD-66
Real 4K: Ja (4K DI)
High Dynamic Range: HDR10, Dolby Vision
Maximale Lichtstärke:
FSK: 18 (ungeschnitten)
(Copyright der Cover, Szenenbilder und vergleichenden Screenshots liegt bei Anbieter: Paramount)
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So testet Blu-ray-rezensionen.net
Die Grundlage für die Bild- und Tonbewertung von Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays bildet sich aus der jahrelangen Expertise im Bereich von Rezensionen zu DVDs, Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays sowie Tests im Bereich der Hardware von Unterhaltungselektronik-Komponenten. Gut zehn Jahre lang beschäftigte ich mich professionell mit den technischen Aspekten von Heimkino-Projektoren, Blu-ray-Playern und TVs als Redakteur für die Magazine HEIMKINO, HIFI TEST TV VIDEO, PLAYER oder BLU-RAY-WELT. Während dieser Zeit partizipierte ich an Lehrgängen zum Thema professioneller Bildkalibrierung mit Color Facts und erlangte ein Zertifikat in ISF-Kalibrierung. Wer mehr über meinen Werdegang lesen möchte, kann dies hier tun —> Klick.
Die technische Expertise ist aber lediglich eine Seite der Medaille. Um stets auf der Basis von aktuellem technischen Wiedergabegerät zu bleiben, wird das Testequipment regelmäßig auf dem aktuellen Stand gehalten – sowohl in puncto Hardware (also der Neuanschaffung von TV-Displays, Playern oder ähnlichem, wenn es der technische Fortschritt verlangt) als auch in puncto Firmware-Updates. Dazu werden die Tests stets im komplett verdunkelbaren, dedizierten Heimkino angefertigt. Den Aufbau des Heimkinos könnt ihr hier nachlesen —> Klick.
Dort findet ihr auch das aktuelle Referenz-Gerät für die Bewertung der Tonqualität, das aus folgenden Geräten besteht:
- Mainspeaker: 2 x Canton Reference 5.2 DC
- Center: Canton Vento 858.2
- Surroundspeaker: 2 x Canton Vento 890.2 DC
- Subwoofer: 2 x Canton Sub 12 R
- Heights: 4 x Canton Plus X.3
- AV-Receiver: Denon AVR-X4500H
- AV-Receiver: Pioneer SC-LX59
- Mini-DSP 2x4HD Boxed
Das Referenz-Equipment fürs Bild findet ihr wiederum hier aufgelistet. Dort steht auch, wie die Bildgeräte auf Norm kalibriert wurden. Denn selbstverständlich finden die Bildbewertungen ausschließlich mit möglichst perfekt kalibriertem Gerät statt, um den Eindruck nicht durch falsche Farbtemperaturen, -intensitäten oder irrigerweise aktivierten Bild”verbesserern” zu verfälschen.