Blu-ray Review
OT: My Old Lady
Rente viageré
Der New Yorker Mathias hat eine wertvolle Immobilie in Frankreich geerbt – nur leider ist diese noch bewohnt …
Inhalt
Mathias Gold hat schon bessere Zeiten erlebt und ist mittlerweile vollkommen abgebrannt. Da kommt die Nachricht, dass er von seinem Vater Max ein schönes Apartment in Paris mit angrenzendem Garten geerbt hat, gerade Recht. Immerhin sollte sich die Immobilie doch zu gutem Geld machen lassen. Als er in der Hauptstadt Frankreichs ankommt, weiß er nicht Recht, was ihn erwartet, hatte er doch schon seit Jahren keinen Kontakt mehr zu seinem Herrn Papa. Deshalb ist die Verwunderung auch groß, als er die 90 – Verzeihung: 92-jährige Mathilde in der Wohnung antrifft. Noch verblüffter aber ist Mathias, als diese ihm erzählt, dass Max dereinst das Apartment von ihr selbst für günstiges Geld erstanden hatte. Günstig deshalb, weil er Mathilde dafür „nur“ lebenslang darin wohnen lassen musste und ihr gleichzeitig noch eine ansehnliche monatliche Rente zu überweisen hatte. Dieser Deal gilt natürlich auch heute noch. Mathias hat also 2.400 Euro Schulden monatlich geerbt – und das, obwohl er nicht mal mehr Geld für ein Rückflugticket hat. Zum Glück bietet ihm Mathilde an, für eine Zeit im Haus zu wohnen – natürlich nicht umsonst. Jetzt ist guter Rat für Mathias natürlich teuer, zumal Mathilde sich trotz ihres Alters hervorragender Gesundheit erfreut. Trotz dieser widrigen Umstände findet er in François Roy einen solventen Käufer, der das Anwesen mitsamt der alten Dame und deren „Rente“ übernehmen würde. Das jedoch bringt die Mathias ohnehin schon nicht gerade freundlich gesonnene Tochter Mathildes, Chloé, noch mehr auf die Palme. Denn Roy will das Haus möglichst bald nach dem Tod der jetzigen Bewohnerin in ein modernes Hotel verwandeln. Also macht Chloé Mathias selbst ein Angebot, das jedoch viel niedriger ist. Der New Yorker Erbe kommt dennoch ein wenig ins Grübeln – zumal die Tochter des Hauses es ihm augenscheinlich etwas angetan hat …
Die in Frankreich nicht unübliche Immobilienleibrente war Anlass für Regisseur Israel Horovitz, ein Theaterstück mit dem Namen My Old Lady zu schreiben. Da er die Geschichte für filmisch hielt, schob er nun das Drehbuch hinterher und inszenierte den Film gleich selbst. Sein Regiebedüt ist dabei ein entspannter Film mit verschmitztem Humor und einem glänzend aufgelegten Kevin Kline, der endlich mal wieder eine Hauptrolle spielen darf. Noch dazu eine, die ihm wie auf den Leib geschneidert scheint. Wie er alleine durch Mimik und Gestik ausdrückt, was seine Figur von der Situation hält, ist große Klasse. Die Streitszenen zwischen seinem etwas überheblichen amerikanischen Mathias und Mathildes Tochter Chloé bereiten auch aus Dialogsicht richtige Freude. Maggie Smith, die Grande Dame des britischen Kinos, passt ebenfalls perfekt in die Rolle der resoluten und für einige Überraschungen gute Mathilde. Schade, dass die Geschichte nach einer guten Dreiviertelstunden im Ton spürbar ernster und dramatischer wird und einen Storyhaken zu viel schlägt. Die Integration mit einer unerwarteten Familiengeschichte überfrachtet den bis zu diesem Zeitpunkt luftigen Film ein wenig, macht ihn schwerer, als er es am Ende nötig gehabt hätte. Der Humor weicht hier einem etwas bitteren Zynismus, der My Old Lady nicht ganz so gut steht wie der lockere Witz zuvor. So wird im letzten Drittel arg viel über Liebe, Erziehung, Einsamkeit und familiäre Abstammung diskutiert, geweint und philosophiert – selbst die Frage nach inzestuösem Verhalten steht im Raum, was der ursprünglich leichtfüßigen Atmosphäre ganz schön die Suppe versalzt. Im Finale kehrt dann die Grundstimmung zurück und lässt den Film dann doch wieder einen Bogen zum Beginn schlagen. Die Frage nach dem Verkauf des Apartments gerät dann allerdings zur Randnotiz im Abspann.
Bild- und Tonqualität
Das Bild von My Old Lady liefert eine warme, bräunliche Farbpalette und wirkt dadurch angenehm und behaglich. Der Kontrastumfang ist gut und lässt sowohl in den gut ausgeleuchteten Außenaufnahmen als auch in den Innenraumszenen Details sehr gut zur Geltung kommen. Obwohl die Schärfe nicht exorbitant ist, meint man jede Falte in Maggie Smith‘ Gesicht zählen zu können. Ein ganz leichtes Korn vermittelt einen analogen Eindruck.
Akustisch bleibt My Old Lady fast komplett auf die Front beschränkt. Lediglich ein paar Stereoeffekte erfreuen das Ohr und während der Außenaufnahmen gibt’s schon mal ein paar zwitschernde Vögel, die sich auf den rückwärtigen Lautsprechern niederlassen. Die Dialoge gelangen dafür hervorragend verständlich ans Ohr und Kevin Kline spricht mit seiner gewohnten Stimme von Arne Elsholtz, der auch Tom Hanks oder Bill Murray synchronisiert.
Bonusmaterial
Im Bonusmaterial von My Old Lady versteckt sich lediglich ein kurzes Interview mit Kevin Kline. Dazu gibt’s den Originaltrailer.
Fazit
My Old Lady fängt stark an, verliert sich dann jedoch etwas in zu vielen Details und einer (fast) komplett anderen Geschichte. Das tolle Schauspiel der Darsteller haut’s wieder raus.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 75%
Tonqualität (dt. Fassung): 60%
Tonqualität (Originalversion): 60%
Bonusmaterial: 20%
Film: 70%
Anbieter: Ascot Elite
Land/Jahr: USA/Frankreich 2014
Regie: Israel Horovitz
Darsteller: Kevin Kline, Maggie Smith, Kristin Scott Thomas, Dominique Pinon, Noémie Lvovsky
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 107
Codec: AVC
FSK: 12