Blu-ray Review
OT: –
Du, ich und Gott
Prächtig ausgestattete Verfilmung der Hesse-Vorlage.
Inhalt
Narziss ist ein strebsamer, aber etwas in sich gekehrter Klosterschüler. Gottesfürchtig, aber etwas isoliert führt er sein Leben unter den Äbten. Als eines Tages ein blonder Junge namens Goldmund von seinem Vater ins Kloster geschickt wird, damit der Kleine die Sünden seiner Mutter sühnen kann, wird Narziss damit beauftragt, den Neuankömmling zu lehren. Obwohl Narziss zunächst nichts davon hält, treten die beiden füreinander ein. Sieben Jahre später sind sie Freunde. Doch Goldmund, dessen künstlerische Ader ausgeprägt ist, sehnt sich nach Freiheit. Außerdem kann er den Gedanken an seine Mutter nicht vergessen. Er sehnt sich nach einem Wiedersehen. Die Gefühle, die Narziss auf der anderen Seite für ihn hegt, muss er unterdrücken und ihn aus dem Kloster fortschicken – zumindest, wenn er seinen eigenen Weg der Entsagung weiter verfolgen will. Weitere 15 Jahre später begegnen sich die beiden wieder – unter wenig glücklichen Umständen. Goldmund erzählt Narziss daraufhin, was in den vergangenen Jahren geschehen ist …
Hermann Hesses gleichnamiger Roman ist bis heute sein erfolgreichstes Werk. Und vielleicht sein persönlichstes. Denn die beiden Charaktere Narziss und Goldmund scheinen (so sagt man) die beiden Seelen zu spiegeln, die in des Autoren Inneren lebten. Hesse, der als Heranwachsender für eine kurze Zeit selbst Schüler eines Klosters war (und dort offenbar traumatische Dinge erlebte, die ihn beinahe in den Selbstmord trieben), kennt sowohl die Askese als auch (natürlich) den Wunsch, der künstlerischen Ader freien Lauf zu lassen. Dass man nun, gut 90 Jahre nach der Veröffentlichung der Vorlage, eine Verfilmung auf den Weg bringt, ist grundsätzlich begrüßenswert. Die Erzählung enthält Motive, die heute aktueller sind denn je und ein junges Publikum an Klassiker der Literatur heranzuführen, ist nie eine schlechte Idee.
Um es vom Zugang nicht allzu schwer zu machen, kleidete der österreichische Regisseur Stefan Ruzowitzky (Anatomie) seinen Film in Hochglanzbilder eines Mittelalters, in dem man gerne leben möchte – von der Selbstkasteiung und den Stockschlägen vielleicht mal abgesehen.
Motive wie die freie Lebensgestaltung und die Suche nach Vereinigung mit einem geliebten Menschen, sind universell und werden in Narziss und Goldmund häppchengerecht serviert. Durchweg souverän gespielt, sticht Sabin Tambrea (Babylon Berlin) als frommer Narziss heraus, dessen unterdrückte Sexualität deutlich zum Ausdruck kommt. Und dafür hätte man wirklich nicht derart platte Bilder gebraucht. Denn die vornehmlich (halb)nackte Inszenierung Janis Niewöhners als Sunnyboy des Mittelalters, dessen Körper und blonder Schopf den Damen (und Narziss) den Kopf verdreht, ist schlicht unnötig. Etwa die Hälfte an Nackedei-Szenen hätte es auch getan, um zu demonstrieren, dass Goldmund auch Frontmann einer Minnesänger-Boyband hätte sein können. Und mit dem Rauschebart-Look im späteren Verlauf wird man bisweilen sogar aus dem Film gezogen, weil man ständig an Charlie Hunnam in Papillon denken muss.
Zudem schildert der Film bisweilen etwas arg plakativ die Gegensätze seiner beiden Figuren. Wenn sich Goldmund erstmalig alleine außerhalb des Klosters vergnügt und die süßen Früchte des Liebemachens kennen lernt, betet Narziss und geißelt sich selbst – das ist dann schon ein bisschen arg mit der Faust aufs Auge gedrückt.
Dennoch unterhält der Film. Dennoch folgt man seinen beiden Figuren und erlebt ihre Schicksalsschläge. Angefüllt mit herausragenden Nebendarstellern, die – bspw. im Falle von Uwe Ochsenknecht – komplett im Dienste ihrer Figur spielen und nie sich selbst in Szene setzen, gibt es immer genug Abwechslung, um bei der Stange zu bleiben. Inszenatorisch mag das episodenhaft sein und trotz der ausgedehnten Schilderung von Goldmunds Erlebnissen dringt man nie so richtig in die Tiefe seiner Figur ein. Das mag wiederum, wie gesagt, an der Betonung auf Körperkult und Oberflächlichkeiten liegen und ist deshalb schade, weil die Kunst – also das, worin Goldmund die Seele der Schönheit und seiner Mutter sucht – zu kurz kommt. Trösten kann man sich indes mit einer vorzüglichen Ausstattung, opulenter Optik und authentischen Schauplätzen.
Bild- und Tonqualität
Die winterliche Szenerie zu Beginn fängt die Blu-ray mit strahlendem Weiß und sehr gutem Kontrastumfang ein. Farben wurden, der Zeit, in der der Film spielt, entsprechend etwas reduziert. Dazu ist die Schärfe bisweilen auffällig gut und krisp geraten (Close-up bei 2’30). Was man hier im Gesicht des Abt Daniel sehen kann, ist wirklich herausragend. Einzig in Bewegungen verwischt das Bild schon mal etwas. Ansonsten behält es sogar in dunklen Szenen seine Ruhe und wird nicht körnig. Für eine deutsche Produktion ein wirklich hervorragendes Bild – sieht man von den arg soft-wachsigen und teils mit hässlichen Artefakten versehen Szenen ab der 68. (und nochmal ab der 74. Minute ab). Hier wirkt das Bild (trotz hoher Datenrate) als hätte man von einer 720p-Auflösung hochskalieren müssen. Und das nicht sonderlich gut (bspw. Wasseroberfläche und Lene bei 69’08.
Akustisch hat die BD von Narziss und Goldmund mit einem kleinen Problem zu kämpfen: Ihrer Sprachverständlichkeit. Was sich die jungen Darsteller von Narziss und Goldmund bisweilen in den nicht vorhandenen Bart nuscheln, erfordert eigentlich Untertitel. Sie reden schnell, undeutlich und die Abmischung der Dialoge ist etwas dünn geraten. Schön dagegen die Räumlichkeit während der ersten Gesänge im Kloster nach 14 Minuten. Die Männerstimmen sorgen für einen wohligen Schauer auf dem Rücken. Auch an anderen Stellen wird’s immer mal wieder dediziert räumlich. Wenn Goldmund nach 32 Minuten beispielsweise krachend von einem Ast fällt oder Vögel rundherum zwitschern. Auch das Treiben am Hofe von Meister Niklaus ist effektvoll. Und während des Drogentrips nach 81 Minuten leben alle Speaker noch mal so richtig auf.
Bonusmaterial
Narziss und Goldmund enthält neben dem Trailer ein Making-of im Bonusmaterial. Darin wird auf verschiedene Aspekte eingegangen. Die beiden Hauptdarsteller werden porträtiert, ein paar Worte verliert man über den Regisseur und ein paar mehr Worte über die Kostüme oder das Make-up des Films.
Fazit
Narziss und Goldmund sieht nicht nur gut aus, sondern ist auch hervorragend besetzt und unterhaltsam inszeniert. Was ihm an Figurentiefe fehlt, versucht er allerdings mit unnötig viel nackter Haut seines männlichen Hauptdarstellers zu kompensieren. Und das wirkt leider befremdlich.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 65% (Abwertung aufgrund einiger stark von Artefakten heimgesuchter Sequenzen)
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Bonusmaterial: %
Film: 60%
Anbieter: Sony Pictures Entertainment Deutschland GmbH
Land/Jahr: Deutschland, Österreich 2020
Regie: Stefan Ruzowitzki
Darsteller: Jannis Niewöhner, Sabin Tambrea, André M. Hennicke, Henriette Confurius, Emilia Schüle, Elisa Schlott, Uwe Ochsenknecht, Jessica Schwarz
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de
Bildformat: 2,39:1
Laufzeit: 118
Codec: AVC
FSK: 12
(Copyright der Cover und Szenenbilder: © 2018 Tempest Film Produktion und Verleih GmbH, Mythos Film Produktions GmbH & Co. KG, Lotus Film GmbH and Deutsche Columbia Pictures Filmproduktion GmbH. All Rights Reserved.)
Trailer zu Narziss und Goldmund
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- AV-Receiver: Pioneer SC-LX59
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