No Escape

Blu-ray Review

No Escape No Rescue No Refuge Blu-ray Review Cover
EuroVideo, ab 25.02.2016

OT: No Escape

 


Gefährlicher Jobwechsel

Ein gegen die Gewohnheit besetzter Owen Wilson glänzt in einem packenden Thriller.

Inhalt

Jack Dwyer, Entwickler bei einer US-Firma, nutzt die Chance für einen beruflichen Aufstieg und zieht mitsamt Frau und zwei Töchtern ins ferne Asien. Fällt das Arrangieren mit der neuen Lebenssituation schon schwer genug – ganz zu schweigen vom nicht vorhandenen Fernsehempfang  – beginnen die Straßen plötzlich zu brennen. Ein blutiger Aufstand, der von der Polizei kaum aufgehalten werden kann, trennt Jack zunächst von seiner Familie. Das Schlimmste jedoch: Als Amerikaner ist er primäres Angriffsziel und Feindbild #1 – vor allem, weil er zu der Firma gehört, die den Einheimischen Ressourcen abknöpfen will. Deshalb wird es für Jack auch kaum weniger gefährlich, nachdem er wieder mit Frau und Kindern vereint ist, denn bald schon ist sein Gesicht ganz oben auf der Liste der Putschisten. Während die Familie um ihr Leben flieht und immer wieder in ärgste Bedrängnis kommt, scheint die US-Botschaft die einzige Hoffnung. Doch dort angekommen fliegt das Gebäude allerdings prompt in die Luft. Als es vorbei zu sein scheint, taucht allerdings ein alter Bekannter auf ..

Wir kennen Owen Wilson als Hochzeits-Crasher, Cowboy in Nachts im Museum oder auch als romantischen Helden in Broadway Therapy. Aber als Held in einem unerbittlichen und harten Thriller? Und ob! No Escape, der in den USA mit 23 Mio. Dollar gar nicht unerfolgreich lief, muss zwar hierzulande mit einer Video-Veröffentlichung vorlieb nehmen, das macht ihn aber nicht weniger interessant – und vor allem heftig. Schon die Eingangssequenz zeigt, wo es während der folgenden 104 Minuten lang geht. Blut fließt jedenfalls reichlich und Erbarmen zeigen die Killer auch keins. Mittendrin genau jener Allerweltstyp, der stellvertretend für den Zuschauer steht und erfahrbar macht, wie es einem Familienvater in einer dermaßen unkontrollierbaren Situation geht. Um dies so unvermittelt und echt wie möglich zu gestalten, filmt John Erick Dowdle den beginnenden Aufruhr fast in Echtzeit und mit nur wenigen Schnitten. Auf diese Weise nimmt No Escape den Zuschauer, der sich gerade noch an den exotischen Bildern des Landes erfreute, spontan gefangen und lässt ihn fortan nicht mehr los. Die darauf folgenden gut 15 Minuten gehören zum intensivsten, was man zuletzt sehen durfte (bzw. musste). Und wenn Jack seine beiden Mädels aufs andere Dach befördert, hält man unweigerlich den Atem an. Was muss in einem Menschen vorgehen, wenn er zu solch drastischen Maßnahmen greifen muss? Selten hat ein Filmemachter solche Szenen derart packend und gänsehauterregend umgesetzt – Eltern von kleineren Kindern sollten an dieser Stelle gewarnt sein. Anhand solcher Bilder ist umso unverständlicher, warum No Escape kein deutscher Kinostart vergönnt war.

Selbst die zweitweise übertrieben eingesetzte Hand(wackel)kamera kann daran nichts ändern, zumal Dowdle auch andere Stilelemente (bspw. Zeitlupen) nutzt, die für visuelle Abwechslung sorgen und das Geschehen noch weiter intensivieren – wenn das überhaupt nötig ist. Denn die Schilderung der Tötungen dürften zum heftigsten und gnadenlosesten gehören, was eine Big-Budget-Produktion aus den USA in einem fiktiven Film bisher gezeigt hat. Selbst wenn man von den Aufständischen bestimmte Aktionen erwartet, toppt No Escape diese noch mit unerwartet-drastischen Aktionen. Da ist es schon eine willkommene Erleichterung, wenn nach gut 70 Minuten eine Spur Humor dazukommt – auch wenn’s für den Hauch eines Moments deplatziert wirkt. Da sich daran allerdings die notwendige gesellschaftspolitische Kompomente anschließt, fährt der Film augenblicklich wieder in die Spur. Denn, soviel ist klar: Pierce Brosnan darf in diesem Moment ein paar sehr wahre Worte sprechen. Womit wir zurück bei den Schauspielern wären: Owen Wilson, das wurde oben schon angedeutet, überzeugt in jeder Sekunde als Familienvater, der zum Äußersten greifen muss, um Frau und Kinder zu beschützen. An seiner Seite ist Lake Bells Annie (Freundschaft Plus) eine glücklicherweise nicht aufs Schreien konzentrierte, sondern mutige Figur und erwähnter Ex-Bond Pierce Brosnan darf seiner Vita erneut eine coole Rolle hinzufügen, die einen Abgang mit Knalleffekt bekommt. Ein weiteres Plus ist der Schauplatz von No Escape: Die exotische Kulisse nutzen Dowdle und sein Kameramann Léo Hinstin effektiv, um für Spannung und Authentizität zu sorgen. Egal, ob das die Flucht über einen Fisch- und Gemüsemarkt ist, das Springen über Dächer oder das Finale im monsunartigen Regen. Bei so viel positiven Aspekten verzeiht man auch die arg heroische Auseinandersetzung mit dem Oberbösewicht kurz vor dem Ende oder logische Ungereimtheiten wie die Tatsache, dass man über die Tätermotivation rein gar nichts erfährt. Warum zum Beispiel gnadenlos auch gegen Einheimische vorgegangen wird, erklärt der Film schlicht nicht.

Bild- und Tonqualität

Mit ziemlich verfälscht wirkenden Farben während der Nacht oder in Innenraumszenen kann No Escape erst einmal nicht sonderlich punkten. Wangen sind eine deutliche Spur zu rosig, Lippen eher pink als rot und Pierce Brosnans Gesicht scheint von der sonne verbrannt. Ebenfalls nicht ganz überzeugend ist die Schärfe und Detailauflösung. Ab und an sind Close-ups ziemlich neben dem Fokus. Wechselt das Geschehen ins Tageslicht und zu Außenaufnahmen, sind Farben plötzlich viel akkurater und natürlicher. Gut gelungen ist die Bildruhe, die dauerhaft hoch ist und nur während der dunklen Szenen ein wenig nachlässt.
Was den Ton von No Escape angeht, so fallen zunächst die zu leisen Dialoge der deutschen Tonspur auf, die dauerhaft zu dünn klingen. Vor allem wenn dynamische und actionreiche Szenen die Regie übernehmen, wirken diese im Vergleich zu den Stimmen zu laut. Allerdings macht das dynamische Geballer mit folgenden Explosionen auch richtig Spaß. Wenn der Aufwiegler mit der AK47 auf die Menschen des Daches feuert und anschließend der Hubschrauber niedergeht, brennt das Heimkino gehörig (39’00). Ebenso im letzten Moment von Brosnans Hammond. Schön aufgelöst und räumlich präsentiert sich der starke Regen im Finale, der im Heimkino genauso niederzugehen scheint wie im Film.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von No Escape findet sich zunächst ein Audiokommentar der Regie-/Produzenten- und Drehbuchbrüder John Erick und Drew Dowdle. Des Weiteren gibt es zwei entfernte Szenen und vier Featurettes zu entdecken. Bei Letzteren gilt jeweils eines Pierce Brosnan, Owen Wilson, Lack Bell sowie den Dowdles. Die Gesamtlaufzeit der vier Kurzinfo-Filmchen beträgt ca. 13 Minuten. Die Dowdles erklären vornehmlich, wie sie sich das Filmemachen teilen und wie sie auf die Idee zum Film kamen.

Fazit

No Escape ist wie ein angeschlagener Boxer – er schlägt wild und unkontrolliert um sich, ohne Rücksicht auf Verluste zu nehmen. Im Falle des Films von John Erick Dowdle ist dies im positivsten Sinne zu verstehen, denn der krasse Thriller ist nicht nur mit einem ebenso überraschenden wie überzeugenden Owen Wilson besetzt, sondern liefert Bilder von höchster Intensität und brutaler Gewalt. Dass am Ende ausgerechnet Vietnam das rettende Ufer bereitstellt, ist eine gelungene Kritik an der US-Historie, den nur leider nicht alle dortigen Bürger verstanden haben werden.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 75%
Tonqualität (Originalversion): 80%
Bonusmaterial: 30%
Film: 80%

Anbieter: EuroVideo
Land/Jahr: USA 2015
Regie: John Erick Dowdle
Darsteller: Owen Wilson, Lake Bell, Pierce Brosnan, Sterling Jerins, Claire Geare (Beeze Dwyer), Byron Gibson, Sahajak Boonthanakit
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 1,85:1
Laufzeit: 104
Codec: AVC
FSK: 16

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
1 Kommentar
Neueste
Älteste Most Voted
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anschauen!
Rüdiger Petersen

Diesen Streifen kann man wirklich weiterempfehlen. Mich hat der Film bestens Unterhalten.