Blu-ray Review
OT: Eonni
One-Woman-Revenge
Auch in Südkorea wird Rache am liebsten kalt serviert.
Inhalt
Die erste Szene dieses koreanischen Rache-Actioners macht klar, dass der Filmtitel nicht ohne Grund gewählt wurde: Da rauscht eine Dame in einem demolierten Fahrzeug an, betritt mit blutverschmierten Beinen, aber sehr kurzem Kleid eine Werkstatt, schleift einen dicken Vorschlaghammer hinter sich her und schlägt dem ahnungslosen Mann, der da gerade unter einem Auto liegt, vermeintlich den Schädel ein. Nee, Gnade sieht anders aus.
Der geneigte Zuschauer vermutet derweil: Das kann nur ein Flash-Forward sein. Und richtig. Von dort aus springt die Handlung von No Mercy zurück und zeigt die Anfänge der Geschichte.
In denen erzählt uns Regisseur Lim Kyeong-taek von der jungen Eunhye, die sich auf die Rückkehr ihrer älteren Schwester Inae freut. Eunhye wird in der Schule immer wieder gehänselt und musste sich 18 Monate lang selbst durchschlagen, weil Inae in ihrem Beruf als Bodyguard einen Menschen verletzt hatte und dafür ins Gefängnis kam.
Ein bisschen wirr ist die Struktur allerdings zunächst, in der schnell von einem Ereignis zum nächsten gesprungen wird und die Zeitebenen immer wieder wechseln.
Klar wird aber bald: Eunhye ist von der Schule nicht nach Hause gekommen und am nächsten Tag dort auch nicht erschienen. Inae geht zur Polizei, doch die will davon nichts wissen und spricht von einem Teenager, der sich mal für ein paar Tage vergnügen will. Der großen Schwester bleibt nichts anderes übrig, als ihre eigenen Nachforschungen anzustellen. Und die zeigen alsbald, dass Eunhye von einigen Mitschülerinnen festgehalten und bedrängt wurde. Das Ganze ist eskaliert und die Kleine landete bei jungen Zuhältern und entsprechenden Kunden. Besonders einer von ihnen verhielt sich wie ein sadistischer Kernmacho und verkaufte das kleine Mädchen im Anschluss gleich an mehrere Kunden. Als Inae von dem Kerl erfährt, beginnt ihr blutiger Rachefeldzug.
Der ähnelt in einigen Zügen dann tatsächlich einem 96 Hours, ist in Sachen Kampf-Choreografie aber natürlich vor allem fernöstlich beeinflusst. Die Fights geraten geschmeidig, was vor allem an Hauptdarstellerin Lee Si-young liegt. Die 37-jährige Aktrice ist in Südkorea eine beliebte TV-Serien-Darstellerin und begann 2010 für einen Film mit dem Boxtraining. Da sie an diesem Sport sofort einen Narren gefressen hatte, blieb sie dabei und scheiterte nur aufgrund einer Verletzung an der Olympia-Qualifikation für 2016. Entsprechend sicher bewegt sie sich in No Mercy, was ihrer Figur die entsprechende Glaubwürdigkeit verleiht.
Natürlich muss man ein wenig Fan des asiatischen Kinos sein. Denn auch hier verhalten sich (vor allem die Typen) oft grenzwertig albern/unlogisch und der eine oder andere Macho-Spruch der fiesen Kerle ist über der Grenze des Erträglichen. Zur Dämonisierung der Kerle wären die teils platten Dialoge nicht unbedingt nötig gewesen.
Offenbar scheinen die Herren der südkoreanischen Schöpfung aber allesamt eine völlig verkorkste Einstellung zur Sexualität zu haben – schenkt man dem Glauben, was No Mercy hier postuliert. Wirklich menschlich ist hier nur die Figur der Inae. Neben den Kampfszenen schafft Si-young auch, die emotionaleren Momente nachvollziehbar werden zu lassen. An ihr hangelt man sich als Zuschauer durch den actionreichen Film und folgt ihrer gewalttätigen Spur.
Dass allzu viel Splatter dabei ausbleibt, ist nicht wirklich schlimm und man sollte sich hier nicht von der FSK-Freigabe irreleiten lassen. Die 18er-Einstufung resultiert dementsprechend eher aus der Rache-Thematik generell und wohl auch aus dem verschrobenen Sexual-Bild sowie der Tatsache, dass das Opfer minderjährig ist.
Bild- und Tonqualität
No Mercy kann mit einer erstaunlich hohen Laufruhe überzeugen, die nur selten eine ganz geringe Körnung aufweist. In Rückblenden wird aus Stilisierungs-Gründen gerne mal eine Absoftung in Randbereichen vorgenommen, was aber nicht der Blu-ray zugeschrieben werden kann. Ein deutlicher Gelbfilter lässt das Geschehen während der Außenaufnahmen typisch asiatisch wirken, während in Innenraumszenen meist natürliche Hauttöne zu sehen sind. Die Schärfe ist auf einem guten Level. Dafür setzt es immer wieder leichtes Banding in Farbverläufen.
Die Kampf- und Actionszenen haben trotz relativ aktiver Surroundspeaker nur wenig Dynamik und pumpen auf einem eher gleichbleibenden Niveau aus den Speakern. Das ist zwar tatsächlich relativ räumlich, aber auch ein wenig dumpf und polternd. Dialoge sind recht gut verständlich und die Synchro ist (entgegen so manch anderer asiatischer Produktion) gut gelungen.
Bonusmaterial
Im Bonusmaterial von No Mercy findet man den Trailer zum Film sowie einige Programmtipps des Anbieters. Ansonsten herrscht hier Ebbe.
Fazit
No Mercy kann dem Rache-Thema zwar nichts wirklich Neues abringen, überzeugt aber vor allem in den Fight-Sequenzen und in der Leistung der Hauptdarstellerin. Lee Si-young spielt gekonnt über die zahlreichen Plattitüden des Skripts und das unglaubliche Verhalten der Männer in diesem Film hinweg.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 10%
Film: 60%
Anbieter: Busch Media Group
Land/Jahr: Südkorea 2019
Regie: Lim Kyeong-taek
Darsteller: Lee Si-Young, Park Se-wan, Lee Jun-hyuk
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, kor
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 94
Codec: AVC
FSK: 18 (ungeschnitten)
(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Busch Media Group)