Noah

Blu-ray Review

OT: Noah

Noah Blu-ray Review Cover
Paramount Home, seit 28.08.2014

 


Der erste Umweltaktivist

Darren Aronofskys Noah droht im großen Regen unterzugehen …

Inhalt

„Wir sammeln nur, was wir nutzen und brauchen“ – Noah, immer noch beeindruckt vom gewaltsamen Mord an seinem Vater vor vierzig Jahren, lebt mit seiner Frau Naameh und seinen drei Söhnen Sem, Ham und Jafet im Einklang mit der Natur und fügt Gewalt nur jenen an, die ihn oder seine Familie bedrohen. Eines Nachts jedoch hat er eine schreckliche Vision: Es scheint, als würde der Schöpfer dafür sorgen, dass die Menschen für ihre Sünden büßen müssen, denn die Welt wird überflutet werden – die Wasser der Himmel treffen auf die Wasser der Erde und reißen alles mit, was da kreucht und fleucht. So geht Noah zu seinem Großvater Methusalem und kehrt mit der Aufgabe zurück, eine Arche zu bauen – ein großes Schiff, das von jedem Tier der Erde ein männliches und ein weibliches Wesen aufnimmmt, um nach der Sintflut einen Neubeginn zu wagen. Für Menschen außerhalbs Noahs Familie und der Ziehtochter Ila hat er keinen Platz – immerhin sind alle anderen schlecht, lüstern und gotteslästerlich. Diese Einstellung und Noahs Werken bleiben nicht unbeobachtet. Tubal Kain, der selbsternannte König, einer Ausschlachter der Natur ausschlachtet, sieht gar nicht ein, auf der Erde zu ersaufen. Er sammelt seine Männer und rüstet sich für den Angriff. Derweil hat Noah mit seinem mittleren Sohn zu kämpfen, der nicht ohne eine Frau für sich an Bord gehen möchte. Und als all das noch nicht genug ist, geschieht auch noch ein Wunder …

Nach jahrelanger Abstinenz und Gibsons Passion Christi, einem zuletzt nicht nur die Filmwelt, sondern auch die Religionen spaltenden Machwerk, meldet sich das biblische Kino nun gleich mit mehreren Beiträgen zurück. Den Anfang macht Noah von Extremfilmer Darren Aronofsky, der den Zuschauer nach einer rudimentären Einleitung mitten hinein wirft in seine Interpretation der Geschichte des zehnten Urvaters. Dabei gelingt es ihm etwas besser als Gibson, den Zwiespalt in seiner Hauptfigur darzustellen. Die Problematik, dass Noah sich und seine Familie über alle anderen stellt und er im Grunde selbst über die Menschen richtet, am Ende aber nicht weiß, was er wirklich tun soll. Was die alttestamentarische Geschichte schon immer als Instrument eingesetzt hat, darüber kann auch Aronofsky sich zunächst nicht hinwegsetzen: Das Einreden eines schlechten Gewissens vor dem Werk des Schöpfers. Wir sind alle nicht würdig – ein paar Auserwählte, lammfromme mal ausgenommen. Güte? Fehlanzeige! Immerhin ist er nach 90 Minuten bereit, seinen Protagonisten pessimistisch und konsequent zu verkünden, dass prinzipiell kein Mensch das Recht auf eine zweite Chance habe.

Da Noah diesen religiösen Sermon in spektakuläre und epische Bilder verpackt und am Ende stark von der biblischen Vorlage abweicht, könnte man prinzipiell auch drüber hinwegsehen und Aronofskys Werk als reinen, ziemlich düsteren Abenteuerfilm betrachten. Dies wiederum torpediert er hin und wieder, wenn er sich in die Niederungen des Trahsfilms gegibt. Beispielsweise in dem Moment, da er seinen Methusalem-Darsteller Sir Anthony Hopkins auf den Knien im Wald nach Beeren suchen lässt oder dem sanften steinernen Wächter eine melancholische Grundstimmung verpasst, die stark an Petersens Steinbeißer aus Die unendliche Geschichte erinnert. Außerdem hat der Regisseur offensichtlich ein Faible für Jacksons Herr der Ringe, denn die Verteidigung der Arche durch die Wächter sieht aus wie ein 1:1-Klon des großen Kriegs gegen die Orks. Immerhin gibt Hauptdarsteller Russell Crowe sein Bestes, holt beim Bau der Arche das Letzte aus seinem Körper heraus und brüllt seinen Schöpfer immer wieder leidenschaftlich an.

Bild- und Tonqualität

Dem Bild von Noah sieht man an, dass Darren Aronofsky ein leidenschaftlicher Stilistiker ist. Mit deutlicher Tendenz zum Grau-Braun liefert der Film eine authentische Stimmung, lässt es zu, dass man sich in der alttestamentarischen Zeit zuhause fühlt. Aronofsky verzichtet in dunklen Momenten fast vollständig auf künstliche Beleuchtung, was es hin und wieder schwer macht, dem Geschehen visuell zu folgen. In der Regel sind das natürlich langsame und bedächtige Momente, dennoch sieht man einfach ziemlich wenig.
Dass man auch heutzutage aus komprimierten Dolby-Digital-Spuren noch das Maximum herausholen kann, das zeigt der Sound von Noah eindrucksvoll. Die Wächter Kains trampeln ultrakraftvoll auf den Boden auf, der episch-orchestrale Sound wird voluminös wiedergegeben und auch die feineren Töne beherrscht der Sound: Das feine Rieseln von Staub im Wind, der selbst effektvoll aus den rückwärtigen Lautsprechern kommt, das Knirschen der Schritte im Kies – das alles wird realistisch wiedergegeben. Wird es lauter in Noah, wie bei der Stipvisite der Wächter (ab 17’00), werden deren steinmahlende Bewegungen dynamisch intoniert, ihre Stimmen klingen beängstigend aus sämtlichen Lautsprechern. Und dann sind da natürlich noch der Regen und die Wassermassen. Druckvoll brechen die Wellen über den Zuhörer hinein, drohen die Arche zu versenken und lassen zahllose Menschen im Wasser sprudelnd ertrinken. Für sich genommen ist das ein ziemlich guter Sound. Dennoch holt das Original in unkompromiertem dts-HD-Master überall noch die letzten Quäntchen an Dynamik, spritzigem Effektereichtum und donnernder Bassgewalt hinaus. Das hat schon etwas von Gigantismus, wenn die Arche wieder aus den über sie hineingebrochenen Wassermassen auftaucht und es aus allen Lautsprechern nur so sprudelt.

Bonusmaterial

Drei Featurettes schmücken das Bonusmaterial von Noah: „Iceland: Extreme Beauty“ beschäftigt sich, wie es der Name vermuten lässt, mit dem Drehort, der für die epischen Aufnahmen Hintergrund stand. In „The Ark Exterior: A Battle for 300 Cubits“ wird veranschaulicht, wie man auf dem Gelände einer Baumschule auf Long Island das gigantische biblische Floß baute und man ganz bewusst auf einen archaischen, brutalen Look setzte. Dabei beweist vor allem Russell Crowe, dass ein kleiner Waldarbeiter an ihm verlorgen gegangen ist. „The Ark Interior: Animals Two by Two“ hingegen lädt uns ein, das Innere des Holztransporters kennenzulernen, das wiederum auf einer Soundstage errichtet wurde. Auch hier waren die Aufbauarbeiten gigantisch. Bis zu 400 Handwerker arbeiteten täglich an dem riesigen Stützwerk, damit die Crew sicher drehen konnte.

Fazit

Noah ist vermutlich die bisher düsterste filmische Interpretation einer Bibelgeschichte und weiß durch seine epischen Bilder zu gefallen. Über die zugrunde liegenden religiösen Motive muss jeder Zuschauer selbst entscheiden.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 75%
Tonqualität (dt. Fassung): 80%
Tonqualität (Originalversion): 90%
Bonusmaterial: 70%
Film: 50%

Anbieter: Paramount Home Entertainment
Land/Jahr: USA 2014
Regie: Darren Aronofsky
Darsteller: Russell Crowe, Jennifer Connelly, Ray Winstone, Emma Watson, Sir Anthony Hopkins, Logan Lerman, Kevin Durand
Tonformate: dts HD-Master 7.1: en // Dolby Digital 5.1: de
Bildformat: 1,85:1
Laufzeit: 138
Codec: AVC
FSK: 12