Blu-ray Review
OT: –
Schuld und Sühne
Sensationelles Gangsterdrama aus Deutschland.
Inhalt
Ricky saß fünf Jahre ein, weil er nach einem missglückten Coup seinen Kollegen Latif gedeckt hat und für ihn in den Knast gegangen ist. Nun ist er raus und will sein Leben umkrempeln, eine Bar im Ausland aufmachen. Was ihm fehlt, ist aber ein kleines Startkapital. Wie es der Zufall will, hat Latif da gerade „eine Sache“ am Start. Zu Zweit sollen sie zum Schein ein paar Albaner überfallen und ihnen Drogen abluchsen, die diese gerne selbst behalten und nicht ihrem eigentlich Besitzer zuführen wollen. Die Belohnung: 25.000 für jeden der Beiden. Latif allerdings fällt aus und um das Ding durch zu ziehen, muss Ricky nun seinen jüngeren Bruder Rafael einsetzen. Dumm, dass die Zwei kurz nach dem geglückten Überfall in eine Verkehrskontrolle geraten und die Tasche mit den Drogen verloren geht. Das wiederum finden die Albaner gar nicht witzig, denn immerhin war es ja ihr Plan, das Zeug selbst zu verchecken. Was aber alle Parteien nicht wissen: Das Heroin ist nun bei Polizistin Diana, die ihrerseits Geldsorgen hat und die Kohle dafür gut brauchen kann …
Christian Alvarts Steig. Nicht. Aus! und nun Özgür Yildirims (Blutzbrüdaz) Nur Gott kann mich richten – Deutschland kann mehr als RomCom und schwermütige Dramen – selbst wenn das niemand wirklich wahrhaben will. Wer allerdings die ersten sieben Minuten von Yildirims Film gesehen hat, wird zugeben müssen, dass man hierzulande schon lange nicht mehr so einen packenden Einstand zu Gesicht bekommen hat. Wenn der Raub von Latif, Ricky und Rafael gehörig schief geht, braucht es nicht mehr als eine Autowerkstatt, einen düsteren Hinterhof und ein paar packende Einstellungen, um eine gehörige Spannung zu erzeugen. Und weil der Film mit Kida Khodr Ramadan einen echten Brocken von Kerl in der Nebenrolle des ständig in miese Geschäfte geratenden Latif besetzt hat, könnte es kaum authentischer beginnen. Selbst wenn Ramadan im Laufe des Films weniger zum Tragen kommt und sich das Geschehen auf Bleibtreu und dessen Filmbruder Edin Hasanovic konzentriert. Beide agieren zusammen so roh, ungeschönt und ohne Rücksicht auf Verluste, dass man ihnen das schwierige Geschwisterverhältnis jederzeit abnimmt. Wenn sie nach 35 Minuten erstmals wieder aufeinandertreffen, nachdem Ricky aus dem Knast ist, gerät das zu einer höchst intensiven Szene. Beide brüllen sich an als gäbe es kein Morgen (und keine Nachbarn in der nachtschlafenen Gegend) und prügeln auf sich ein als ginge es schon hier um Leben und Tod. Nur Gott kann mich richten erreicht in diesen Momenten eine Intensität, die man lange nicht mehr gesehen hat.
Bild- und Tonqualität
Das Bild von Nur Gott kann mich richten ist dem Thema entsprechend etwas schmuddelig geraten. Vor allem der Schwarzwert ist eher mittelprächtig. Bei der ersten gemeinsamen Fahrt im Streifenwagen von Diana und Jailer ist Schwarz eher grün eingefärbt und Kontraste überstrahlen sichtbar. Farben dürften zudem natürlicher sein. Allerdings ist das natürlich gewolltes Stilmittel. Die Bildruhe ist sehr gut, Rauschen oder Körnung selbst in dunklen Szenen kein Thema.
Akustisch gibt es während der Actionszenen durchaus Anlass für sämtliche Lautsprecher, ins Geschehen einzugreifen. Spätestens dann, wenn die Waffen sprechen. Ansonsten konzentriert sich das Geschehen vornehmlich auf die Front. Dort sind die Dialoge allerdings nicht immer gut verständlich. Das wiederum liegt aber eher daran, dass die Darsteller bisweilen ziemlich schnell und nuschelig reden – und dafür kann die Blu-ray ja nichts.
Bonusmaterial
Das Bonusmaterial von Nur Gott kann mich richten setzt sich zusammen aus acht unveröffentlichten Szenen, einer unkommentierten B’Roll (sechs Minuten) und dem Musikvideo zum Titelsong. Acht Interviews (24 Minuten) sowie ein Audiokommentar von Bleibtreu und Yildirim komplettieren das Angebot.
Fazit
Nur Gott kann mich richten ist emotional wuchtiges Genrekino aus Deutschland, das mit Härte und Charaktertiefe punktet, wo Alarm für Cobra 11 schon lange der Sprit ausgegangen ist. Durchweg überzeugende Darsteller und beinharter Realismus gehen dorthin, wo es weh tut – und das ist richtig richtig gut.
Allerdings sollte man direkt zu Beginn des Abspanns abschalten, um sich die toll aufgebaute Stimmung nicht mit dem mies durch den Stimm-Vocoder gejagten Titelsong von SAMY & Gringo & XATAR zu versauen. Der mag zwar einen „fett krassen“ Text haben, passt durch die aus Chers Believe bekannte Stimmverzerrung aber überhaupt nicht zum Gangster-Film.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Bonusmaterial: 50%
Film: 90%
Anbieter: Highlight Communications
Land/Jahr: Deutschland 2017
Regie: Özgür Yildirim
Darsteller: Moritz Bleibtreu, Edin Hasanovic, Birgit Minichmayr, Kida Khodr Ramadan, Franziska Wulf, Peter Simonischek, Tim Wilde
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 100
Codec: AVC
FSK: 16
(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Highlight Communications)