Oldboy

Blu-ray Review

OT: Oldboy

Oldboy 2014 Blu-ray Review Cover
Universal Pictures, 10.04.2014

 


Hammerhart

Spike Lee versucht sich am Remake des auf einem Manga basierenden Originals „Old Boy“ von Park Chan-wook.

Inhalt

Wir schreiben den 08. Oktober 1993: Der versoffene Agentur-Außendienstler Joe Doucett hat soeben nicht nur den dritten Geburtstag seiner Tochter, sondern auch ein Geschäftsmeeting versaubeutelt, als er volltrunken auf eine Lady mit gelbem Regenschirm trifft. Im nächsten Moment wacht er nackt in einem Raum ohne Fenster auf, der nur für die nötigsten Bedürfnisse eingerichtet zu sein scheint, jedoch immerhin einen Fernseher hat. Wie er in das Zimmer hinein kam, wer dahinter steckt – all das sind Fragen, die er nicht beantworten kann. Nach dem immer gleichen Ablauf stellt ein Unbekannter ihm billiges chinesisches Junkfood und, damit er nicht ausnüchtert, eine Flasche Wodka hin. Nach einiger Zeit erfährt er aus den Nachrichten, dass seine Ex-Frau Donna ermordet wurde und man bei der Leiche massenhaft Hinweise fand, die auf ihn als Täter deuten. Nach einem misslungenen Selbstmordversuch, und um nicht dem Wahnsinn anheim zu fallen, beginnt er, Briefe an seine Tochter zu schreiben, die mittlerweile adoptiert wurde. Außerdem trainiert er seinen Körper. 20 Jahre später wird er entlassen und wacht in einer Kiste mitten auf einer Wiese auf. Von nun an herrscht nichts anderes in Joe, als der Wunsch, seinen Peiniger zu finden – zumal dieser damit droht, seine Tochter zu ermorden …

Wie zuletzt bei Carrie, so ist es auch hier so eine Sache mit Remakes von Filmen, die in Fankreisen Kultstatus genießen. Eben diesen Liebhabern wird man mit Spike Lees Neuverfilmung des mittleren Teils von Park Chan-wooks Rache-Trilogie nicht wirklich eine Freude machen – es sei denn, man hat es mit aufgeschlossenen Filmfans zu tun. Wer sich als solcher sieht und Oldboy ohne permanent Vergleiche zum Original zu ziehen anschaut, der wird mit einem äußerst intensiven Thriller belohnt, der auch in seiner Neufassung kaum etwas von seiner bedrückenden Atmosphäre eingebüßt hat. Natürlich ist das Ganze hier etwas moderner und verwestlicht – so sucht Joe beispielsweise per Iphone nach den potenziellen Verantwortlichen und das Gefängniszimmer ist eigentlich viel zu hübsch. Auch die Darsteller sind massentauglicher. Josh Brolin macht seine Sache in der Hauptrolle zwar gut, ihm fehlt aber die geheimnisvolle Aura, die Choi Min-sik im Original seiner Figur verlieh. Deutlich besser gelingt die Darstellung des Antagonisten. War Yoo Ji-tae ein eher glatter und blasser Typ, so gibt Sharlto Copley (District 9) den Peiniger vor allem im englischen Original mit einer widerwärtigen Perfidität.

Obwohl auch im Remake von Oldboy nicht sonderlich viel geredet wird, kommt gerade der Mittelteil im Vergleich etwas geschwätzig daher. Das liegt vor allem daran, dass auf das Stilmittel des Ich-Erzählers verzichtet wird. Josh Brolin teilt seine Gedanken dem Zuschauer nicht wie Choi Min-sik im Original mit. Wer im Übrigen gedacht hätte, Lee verzichtet auf das wahrhaft Tragische in der Geschichte und spült die zugrundeliegende Motivation des Täters weich, der irrt. Auch sein Film hinterlässt den Zuschauer atemlos, geschockt und überwältigt – ja vielleicht sogar konsequenter im Schlussbild.
Während der Kampfsequenzen zeigt der Regisseur außerdem, dass er seine Hausaufgaben in Sachen Fightchoreografien gemacht hat und filmt ebenfalls ohne Schnitt. Roh und brutal geht’s dabei zur Sache und Brolin schwingt den Hammer gnadenlos. Die FSK-16-Freigabe erscheint anhand dieser und anderer Szenen übrigens ziemlich gnädig.

 

Bild- und Tonqualität

Spike Lee wäre nicht einer der visuell innovativsten Regisseure, wenn er die Geschichte von Oldboy nicht auch optisch umsetzen würde: Die Blu-ray beginnt mit einem extrem stilisiert-schmuddeligen Bild. Das deutliche Korn und die massive Braun-Gelb-Filterung tragen zum düsteren Look bei. Auch die Schärfe ist ziemlich unterdurchschnittlich, oft ist die Kamera ganz bewusst aus dem Fokus. Mit dem Freikommen Joes ändert sich dies schlagartig: Das Korn lässt nach, die Kontrastierung ist sehr gut und die Schärfe liegt auf einem zeitgemäßen Niveau. Allerdings versumpfen auch hier Details teilweise im Dunkeln.
Akustisch gibt’s in Oldboy nur wenig Anlass für das Surroundsystem, sein Dasein zu demonstrieren. Die Dialoge gelangen gut verständlich und akzentuiert ans Ohr, die zumeist sehr dezente Streicher- und Klavier-Filmmusik bleibt ebenfalls eher frontbezogen.

Bonusmaterial

Zwei Featurettes hält die Blu-ray im Bonusmaterial bereit: In „Transformation“ gibt’s zwei Minuten Einblicke in die körperliche Verwandlung Brolins, der für die Rolle innerhalb kürzester Zeit sieben Kilo zu- und wieder abnahm. Im ebenfalls viel zu kurzen Making-of (2’40) umreißen Spike Lee und Josh Brolin nochmals die Geschichte, klären die Hintergründe und geben eine kurze Inhaltsangebe – hier wäre mehr drin gewesen.

Fazit

Für Fans des Originals von Oldboy vielleicht etwas zu geradlinig. Für unbedarfte Thrillerfreunde aber aufgrund der bitteren Story auch im Remake höchst sehenswerter Film mit guten Darstellern.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 65%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 10%
Film: 75%

Anbieter: Universal Pictures
Land/Jahr: USA 2013
Regie: Spike Lee
Darsteller: Josh Brolin, Sharlto Copley, Samuel L. Jackson, Elizabeth Olsen
Tonformate: dts HD-Master 5.1: en // dts 5.1: de, fr, sp, it
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 104
Codec: AVC
FSK: 16