Blu-ray Review
OT: –
Die Seele Andalusiens
Mit Ostwind – Aufbruch nach Ora erfolgt der Abschluss der ersten Trilogie von Katja von Garnier.
Inhalt
Mika ist nicht gerade glücklich, sich auf dem wiedererstarkten Gut Kaltenbach um Menschen zu kümmern, die ihre Pferde nicht verstehen. Ihre Leidenschaft sind eben die Pferde selbst und nicht unbedingt die ungeduldigen Besitzer. Dumm, dass genau diese immer das Problem sind. Da sie seit einiger Zeit immer wieder seltsam reale Träume hat und sich ein unbekanntes Symbol auf die Hand malt, forscht sie nach. Das Symbol ist die Silberdistel von Ora, das Brandzeichen des gleichnamigen Gestüts in Andalusien. Fest entschlossen, diesem Ruf zu folgen und damit zu erfahren, woher Ostwind kommt, lässt sie sich von Milan ans Meer fahren. Von dort reitet sie weiter in den Süden Spaniens. Nach anfänglichen Sprachproblemen heuert sie auf einer Hacienda an und freundet sich mit der resoluten Tochter des Besitzers an – obwohl sie mittlerweile weiß, dass es das Gestüt nicht mehr gibt. Aber auch die Hacienda von Sams Vater ist nicht ohne Sorgen. So muss der Papa Teile seines Landes verkaufen und liegt mit seiner Schwester Tara im Streit. Während Tara mit den Wildpferden in freier Natur lebt, steht Pedro für einen kontrollierten Umgang und eine Sozialisierung der Pferde. Doch als die Stadt die wichtige Quelle von Ora, das Herz für die Wildpferde, an einen Konzern verkaufen will, müssen sich die zerstrittenen Parteien versöhnen …
Als Katja von Garnier vor vier Jahren ausgerechnet mit einem Pferdefilm ins Kino rückte, konnte man weder ahnen, dass sie damit nicht Schiffbruch erleidet, noch, dass es gar so erfolgreich werden würde. 800.000 Besucher lockte der erste Film, 1,2 Mio. gar die Fortsetzung Ostwind 2 und auch der vorläufige Abschluss der Trilogie lag mit 1,1 Mio. Zuschauern in diesem Bereich. Die Gründe dafür sind einfach: Erneut schafft es Katja von Garnier, das eigentlich sehr spezifische Thema mit Aspekten aufzubereiten, die jeden berühren – auch diejenigen, die mit Hottehüs absolut nichts anfangen können. In Ostwind – Aufbruch nach Ora wird es nun erstmalig international und der Schauplatz wechselt von Gut Kaltenbach in Deutschland nach Spanien. Was die Schauplätze angeht, ist damit für ein ganz besonderes Flair gesorgt. Über die weiß gekalkte Architektur, bis hin zu weiten Feldern hin zu glasklaren Seen mit Wasserfällen – das ist nicht nur schön anzuschauen, sondern versetzt den Zuschauer augenblicklich in Urlaubsstimmung. Auch als Jugendfilm funktioniert Ostwind – Aufbruch nach Ora nach wie vor perfekt. Wenn sich Mika mit Sam anfreundet und die anfangs mies gelaunte Dame nach und nach auftaut, bleiben Klischees meist außen vor. Wenngleich die schroffe Art des Herrn Papa dann doch ein bisschen arg plakativ erscheint. Schade ist natürlich, dass die vertrauten Figuren dieses Mal kaum Screentime haben. Tilo Prückner und Cornelia Froboess tauchen nur zu Beginn und am Ende auf und von Love-Interest Milan (Jannis Niewöhner) muss man sich auch früh verabschieden. Jürgen Vogel ist diese Mal erst gar nicht mit von der Partie.
Das allerdings tut Mika auf durchaus nachvollziehbare und nicht egoistische Art und Weise. Man merkt hier schon, dass ihr der Abschied schwer fällt und die wirklich wichtigen Menschen in ihrem Leben auch einen Stellenwert neben den Pferden haben. Dass Milan so heldenhaft „Goodbye“ sagt, ist allerdings wohl eher Wunschdenken – hier hat man schone eine große Portion Frauenversteher-Attitüde ins Drehbuch gepackt. Nicolette Krebitz als naturverbundene Pferdeflüsterin bereichert das Ensemble dafür – auch wenn hier dann doch ein paar Klischees Einzug halten. Macht aber nichts, denn die Aufnahmen der wilden Pferde in unberührter Natur sind schon prachtvoll. Lea Van Acken, die als Sam dazustößt, überzeugt gerade durch ihren Charakterwandel und glücklicherweise vermeidet man eine neue Love-Story mit irgendeinem feschen Spanier. Ein deutliches Indianer-verstehe-die-Natur-und-respektiere-sie-Flair dominiert Ostwind – Aufbruch nach Ora und steht hier noch dazu für eine nochmals verstärkte Feminismus-Einstellung. Wenn Tara Mika erklärt, dass die Herden von den Stuten geleitet werden, ergänzt das die ohnehin schon vorhandene Attitüde der Filmreihe. Aber immer dann, wenn der Film droht, zu kitschig oder dogmatisch zu werden, holt Mika als Vermittlerin den Zuschauer wieder ab. Sie weiß um die Bedeutung von Mensch UND Tier – sie ist es, die beide (scheinbar) unversöhnliche und unbelehrbare Parteien zum gegenseitigen Aufeinanderzugehen bewegt. Das mag vielleicht ein bisschen naiv sein, aber … Hey, wir sind in einem Film. Und da darf die Realität eben schon mal etwas zurechtgebogen werden. Die Botschaft jedenfalls ist klar: Bevor irgendwelche Konzerne sich der Natur bemächtigen und dort Industrie ansiedeln, ist Widerstand nicht nur berechtigt, sondern notwendig. Selbst wenn der am Ende doch ein bisschen romantisiert daherkommt.
Bild- und Tonqualität
Wie die beiden ersten Teile auch, so hat Ostwind – Aufbruch nach Ora ein sehr warmes Bild mit lebhaften Farben. Helle Bereiche überstrahlen bisweilen, was aber bewusst gesetzt wirkt. Gerade Hintergründe sind dann etwas arg hell und verursachen einen leichten „Heiligenschein“. Auch die tolle weiße Architektur in Andalusien ist etwas zu überrissen. In dunklen Szenen saufen Details dafür schon mal ab und es setzt bisweilen sichtbare Banding-Effekte (15’31). Die Schärfe ist dafür gerade in Close-ups sehr knackig.
Beim Ton lebt Ostwind – Aufbruch nach Ora immer dann auf, wenn die toll gewählte Filmmusik einsetzt. Diese nutzt sämtliche Lautsprecher dynamisch und mit offenem Raum. Auch die heiße Atmosphäre in Spanien wird effektvoll wiedergegeben. Zirpende Zikaden, flirrende Hitze und natürlich das Galoppieren der Pferde kommt wirklich räumlich und sehr plastisch rüber.
Bonusmaterial
Im Bonusmaterial von Ostwind – Aufbruch nach Ora gibt’s eine Menge zu entdecken. Von den beiden Set-Touren mit Lea und Marvin über das Musikvideo „Giant“ von Valentina Mér und neun Interviews stehen auch noch ein Hinter-den-Kulissen-Featurette sowie eins über die Geschichte zur Verfügung – Letztere gerieten allerdings arg kurz.
Fazit
Ostwind – Aufbrauch nach Ora ist sicherlich der am meisten erwachsene Film der bisherigen Trilogie. Gleichzeitig liefert er atemberaubende Bilder, viel Abenteuer-Feeling und nach wie vor sehr natürlich wirkende Schauspieler. Da kann man dann auch darüber hinwegsehen, dass hier alles nach vorgefertigten Bahnen und ohne große Überraschungen abläuft.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 75%
Bonusmaterial: %
Film: 75%
Anbieter: Highlight Communications/Universal Pictures
Land/Jahr: Deutschland 2017
Regie: Katja von Garnier
Darsteller: Hanna Binke, Lea van Acken, Amber Bongard, Marvin Linke, Nicolette Krebitz, Thomas Sarbacher, Martin Feifel, Tilo Prückner, Cornelia Froboess, Jannis Niewöhner
Tonformate: dts HD-High-Resolution 5.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 110
Codec: AVC
FSK: 0