Blu-ray Review
OT: Pay the Ghost
Süßes oder Saures?
Halloween, das wusste schon John Carpenter, ist kein allzu harmloses Fest.
Inhalt
Weil Literaturdozent Mike Lawford zuletzt viel zu viel gearbeitet hat (und darob zum Professor in Amt und Würden erhoben wurde), will er seine Abwesenheit zu Hause wieder etwas gut machen und sich vor allem seinem kleinen Filius Charlie kümmern. Also geht er mit ihm (erneut verspätet) auf einen gerade stattfindenden Halloween-Umzug. In der Dunkelheit des Straßenfests allerdings ist Charlie plötzlich spurlos verschwunden. „Dad, können wir den Geist bezahlen?“ ist das einzige, das Mike bleibt. Denn das ist der letzte Satz, den sein Sohn ihm gegenüber erwähnt. Hat das Ganze vielleicht etwas damit zu tun, dass der Junge zuletzt seltsame Wesen gesehen und gezeichnet hat? Die Polizei hilft bei der Suche kaum und Mikes Frau Kristen gibt ihrem Mann die Schuld. Zwölf Monate später ist deshalb die Ehe am Ende, wenngleich Mike die Suche nie aufgegeben hat (und die Polizei mit seinen Verdächtigungen nervt). Drei Tage vor dem ersten Jahrestag von Charlies Verschwinden hat Mike zunehmend Visionen von seinem Sohn und folgt einem Greifvogel zu einem verlassenen Gelände. Dabei stolpert er erneut über den Satz „Pay the Ghost“ und die Verbindung zum Halloween-Fest scheint offenkundig.
Uli Edels Pay the Ghost bezieht sich in seiner Geistergeschichte auf „Samhain“, eben jenes keltische Fest, das in der Nacht auf den 1. November gefeiert wurde und den Anfang des keltischen Jahres definierte. Das, was heute allgemein als Halloween bekannt ist, wurde schon damals beschrieben als eine Nacht, in der Menschen Zugang zu den Wesen anderer Welt haben. Edel nutzt dies für einen atmosphärischen Mix aus Thriller und Grusler, der von den stimmungsvollen Bildern seines Kameramanns Sharone Meir (Whiplash) lebt. Wirklich Neues kann die Geschichte dem Genre zwar nicht hinzufügen, doch sowohl die prominente Besetzung als auch die durchaus vorhandene Figurentiefe wissen zu gefallen. Nicolas Cage in der Rolle des Vaters schlurft zwar ähnlich müde durch Pay the Ghost wie in vielen anderen kleineren Filmen, die er während der letzten zehn Jahre gedreht hat, doch das ist mittlerweile vielleicht auch einfach eine Masche. Hier funktioniert’s ganz gut, weil man ihm den Schmerz über den Verlust seines Kindes durchaus abnimmt. Sarah Wayne Callies (Prison Break) wiederholt ihre Rolle als Lori Grimes aus The Walking Dead und darf angemessen deprimiert ausschauen, wenn sie zum einen ihrem Film-Mann vorwirft, dass er für das Verschwinden Charlies verantwortlich ist und zum anderen Mikes Fantastereien über den Verbleib des gemeinsamen Sohnes erstmal keinen Glauben schenkt. Die bedächtige Erzählweise wird durch einige Jump-Scares aufgelockert, die schon mal für kleine Schockeffekte sorgen. Gruselig wird’s dann im Finale, wenn Mike seinen Sohn inmitten einer Horde unzähliger Halloween-Verschwundener sucht. Hier zählen ausnahmsweise Bilder und nicht möglichst schreckliche Taten. Trotzdem gerade das Ende arg konstruiert erscheint, beweist Pay the Ghost dann zumindest atmosphärisch noch einmal Innovation – und vor dem Brückenwächter im Kapuzenmantel darf man sich sogar angemessen fürchten, denn der ist visuell durchaus herausragend.
Bild- und Tonqualität
In Nahaufnahmen ist Pay the Ghost äußerst scharf und gut aufgelöst – gut zu erkennen an Mikes Cowboy-Kostüm. Auch die Bildruhe überzeugt – lediglich ein wenig Korn zeigt sich, das jedoch angenehm analog wirkt. Das bunte Treiben auf dem Straßenfest jedoch hätte mehr Farben vertragen. Ebenso wie der Kontrastumfang wirken diese etwas blass. Gerade dunkle Szenen leiden unter dem Mangel an tiefem Schwarz und dem schwachen Kontrast (35’30).
In Sachen Raumakustik dürfte Pay the Ghost ebenfalls etwas mehr abliefern. Das Halloween-Fest, das vor Aktion und bunter Figuren, vor Musik und Geräuschen nur so wimmelt hätte bedeutend raumfüllender sein können, beschränkt sich aber hauptsächlich auf die Front. Gruselige Sounds werden zwar teilweise auf den Rearspeakern abgelegt, doch auch hier fehlt es etwas an Direktionalität oder weitläufiger Raumaktivierung. Erst die Verfolgung eines Busses wird dann hinlänglich räumlich und atmosphärisch (32’23). Auch setzt im Nachgang ein spürbarer Tiefton ein. Während der Rückblende im letzten Drittel gibt’s dann ein weiteres Mal Anlass für die Effektlautsprecher (71’00) von ihrer Existenz zu verkünden und beim anschließenden Angriff der Greifvögel geht’s sogar richtig zur Sache. Schade, dass zu Beginn die Möglichkeiten nicht ähnlich effektiv genutzt wurden.
Bonusmaterial
Das knapp viertelstündige Behind the Scenes von Pay the Ghost erzählt anhand einiger Kommentare der Filmbeteiligten, um was es im Film geht und was die Beteiligten dazu brachte, mitzuspielen. Auch Regisseur Uli Edel wird porträtiert und Produzent Craig Flores erzählt, dass er den deutschen Filmemacher haben wollte, weil er dessen Baader Meinhof Komplex sehr mochte.
Fazit
Inhaltlich mag Pay the Ghost nur bedingt aus der Menge herausragen, optisch gehört Uli Edels Grusler aufgrund der tollen Kamera und einiger prägnanter Szenen im Finale durchaus zu den besseren Vertretern des Genres. Außerdem hat es bisher noch kein Film geschafft, Veronica Ferres derart spektakulär abtreten zu lassen (Ungeduldige sollten bis zum Abspann warten).
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 30%
Film: 65%
Anbieter: KSM
Land/Jahr: Kanada 2015
Regie: Uli Edel
Darsteller: Nicolas Cage, Sarah Wayne Callies, Veronica Ferres, Lyriq Bent, Lauren Beatty, Jack Fulton, Juan Carlos Velis
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 95
Codec: AVC
FSK: 16