Personal Shopper

Blu-ray Review

Personal Shopper Blu-ray Review Cover
Weltkino/Universum, 23.06.2017

OT: Personal Shopper

 

 


Geistreich

Kristen Stewart tritt in Kontakt mit spirituellen Erscheinungen.

Inhalt

Maureen verdient ihr Geld damit, dass sie für eine reiche Prominente in ganz Europa umherjettet und als Personal Shopper die jüngste Mode und den neuesten Schmuck besorgt. Vor Kurzem hat sie ihren Bruder Lewis verloren, der ebenfalls wie seine Zwillingsschwester an einem seltenen Gen-Defekt litt und genauso wie Maureen davon überzeugt war, dass er in einer Art spirituellem Kontakt mit der Geisterwelt stand. Für dessen Ex-Freundin, die das Haus von Lewis veräußern möchte, soll sie in dem alten Anwesen noch mal auf Tuchfühlung gehen und nachempfinden, ob dort eine Geisterpräsenz existiert. Ohne eine solche wäre der Verkauf doch bedeutend leichter. Während ihrer „Nachforschung“ stößt Maureen auf die Geschichte der Malerin Hilma af Klint. Die hat vor über hundert Jahren Bilder angefertigt, für die sie sich angeblich von Botschaften aus der Geisterwelt hat inspirieren lassen. Ein Grund, warum sich die in ihrem Job ziemlich frustrierte Amerikanerin lieber wieder verstärkt auf den möglichen Spuk im Haus des Bruders konzentriert. Doch als sich eine fremde Person oder etwas anderes permanent per Chat auf ihrem Handy meldet, wird es für Maureen langsam beängstigend …

Olivier Assayas hatte schon in Die Wolken von Sils Maria auf Kristen Stewart gesetzt und ein glückliches Händchen bewiesen. Immerhin schafft es die Schauspielerin mit dieser Rolle als erste US-Amerikanerin den César als Beste Nebendarstellerin in einem französischen Film zu gewinnen. Nun arbeitet er erneut mit dem Star der Twilight-Filme zusammen, schrieb das Drehbuch gar mit ihr im Hinterkopf und lässt Stewart zwischen der Dienstleistung für eine reiche Prominente und ihren spirituellen Geister-Wahrnehmungen balancieren. Sicher ein gewagter Genremix, der dann auch einen gewissen Zugang des Zuschauers voraussetzt. Personal Shopper läuft in etwa eine halbe Stunde und man weiß immer noch nicht, wohin die Reise gehen soll. Vornehmlich hört man den Dialogen zu und sieht, wie Kristen Stewart konzentriert eine Figur schauspielert, die von ihrem Leben zum jetzigen Zeitpunkt eher genervt und unausgefüllt wirkt. Das Geisterthema ist fürs Erste eher gelangweilt und wird vor allem von einer eher bedeutungsschwangeren Sichtweise aus betrachtet. Gruselig ist hier jedenfalls zunächst bis auf die anfänglichen Klopfgeräusche im Haus des Bruders nichts. Der Wechsel zwischen dem Geisterthema und der bissigen Satire auf Lifestyle und Glamour ist durchweg nüchtern und kühl. Als Zuschauer fühlt man sich stets außen vor und betrachtet das Ganze mit einer eher distanzierten Einstellung. Die echten Geisterszenen wirken meist nicht ganz glücklich, bisweilen sogar etwas albern (sich übergebende Erscheinung nach etwa 36 Minuten). Passen wollen sie ohnehin nicht so richtig.

Viel mehr Grusel als diese CGI-Raucheffekte erzeugt dann auch eher der sich an diese Szenen anschließende SMS-Kontakt mit einer unbekannten Person. Die scheint über jeden Schritt Maureens Bescheid zu wissen und lenkt sie fortan laufend ab. Auch überredet sie die Personal Shopperin dazu, die verbotenen Dinge zu tun, die man ihr eigentlich versagt. So zieht sich Maureen eines Abends die Kleider Kyras an, was die prominente Dame strengstens untersagt hat. Hier gesellen sich dann noch mal deutliche Elemente eines Charakterdramas sowie eine erotische Komponente hinzu. Ob das alles so zusammenpasst, sollte jeder Betrachter für sich entscheiden. Da viele der Motive auftauchen und dann einfach so wieder verschwinden, bzw. nicht zu Ende gebracht werden, bleibt ohnehin viel Raum für Interpretationen. Man kann Personal Shopper bspw. auch als Gleichnis sehen, denn immerhin erscheint die Protagonistin in ihrer real existierenden Welt auch wie ein Geist. Sie fühlt sich eher benutzt als gebraucht und von einer arrogant-oberflächlichen Auftraggeberin behandelt wie Luft – womit sie nicht alleine ist. Bald stellt sich deshalb unterschwellig die Frage, ob die Welt der Lebenden nicht bereits toter ist als die der Toten. Das wirkt dann in der Tat beängstigend und wird von einer Menge Suspense begleitet. Realer wird es, wenn sich Maureen die Frage stellen muss, ob der SMS-Kontakt für eine schreckliche Tat verantwortlich ist. Plötzlich zieht sich Assayas Film um den Hals des Zuschauers wie eine Schlinge. Doch bis es soweit ist, sollte man ein wenig Sitzfleisch mitbringen. Über diese Längen hinweg tröstet die nachdenklich zurückhaltende Performance von Kristen Stewart, die den Zuschauer gleichsam tief in die Seele Maureens blicken lässt. Erneut zeigt die Aktrice, dass sie zu den talentiertesten Darstellerinnen ihrer Generation gehört und seit den Erfolgen mit ihren Blockbuster-Filmen zunehmend und gerne in kleinen Independent-Arthaus-Werken mitspielt – löblich und außergewöhnlich.

Bild- und Tonqualität

Das Bild von Personal Shopper ist zunächst mal vor allem eins: Extrem körnig/verrauscht auf Hintergründen. Schon in der anfänglichen Szene, in der Kristen Stewart durch das Anwesen geht, führen die Tapeten ein derart massives Eigenleben, dass man hier schon denkt, es spukt. 2’50). Dazu kommt, dass die Schwarztöne massiv eingefärbt sind (meist bräunlich) und in dunklen Bereichen des Hauses kaum Zeichnung vorhanden ist 36’20. Hier nimmt außerdem das grobe Korn dermaßen zu, dass man Stewarts Gesicht kaum noch erkennen kann. Die Schärfe geht nicht nur deshalb in die Knie, sondern ist grundsätzlich nur bedingt gut und aufgrund des eher schwachen Schwarzwertes geht auch der Dynamikumfang selbst in die Knie.
Akustisch ist Personal Shopper erstaunlich weiträumig geraten und setzt auf eine möglichst natürliche Atmosphäre. Dabei hört man oft sehr stark das Rauschen des Windes ungefiltert und auch das Knarzen der Bohlen in dem alten Haus kommt äußerst realistisch rüber. Immer dann, wenn Maureen im alten Haus ist, gibt es räumliche Effekte – ob das rauschendes Wasser aus dem Obergeschoss ist oder ein Röcheln.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Personal Shopper gibt’s ein Interview mit Kristen Stewart, das sie vor allem als fahrige, hypernervöse und hibbelige Schnellsprecherin outet – kein sehr schmeichelhaftes Gespräch mit einem ziemlich uninspiriert fragenden Interviewer. Ein Expertengespräch über Spiritualismus schließt sich an und wird von einer (inszenierten) Spiritismussitzung in Jersey abgeschlossen.

Fazit

Personal Shopper mag ein wenig zwischen den Stühlen sitzen und keinen einfachen Zugang haben, er mag zwischendurch etwas zäh sein – eins jedoch ist er unbedingt: Ungewöhnlich und anders.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 50%
Tonqualität (dt. Fassung): 60%
Tonqualität (Originalversion): 60%
Bonusmaterial: 40%
Film: 60%

Anbieter: Weltkino
Land/Jahr: Frankreich, Deutschland 2016
Regie: Olivier Assayas
Darsteller: Lars Eidinger, Kristen Stewart, Nora von Waldstätten, Anders Danielsen Lie
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 105
Codec: AVC
FSK: 12

Trailer zu Personal Shopper

Personal Shopper – Trailer Deutsch

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