Pinocchio 4K UHD

Blu-ray Review

Capelight Pictures, 16.10.2020
Capelight Pictures, 16.10.2020

OT: Pinocchio

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Aus echtem Holz geschnitzt

Das Rennen um die beste Pinocchio-Verfilmung ist eröffnet.

Inhalt

Geppetto hat eine Vision von einer wahrhaft einzigartigen Holzpuppe

Geppetto ist Tischler. Arbeit hat er allerdings kaum und etwas zu Essen deshalb auch nicht. Als ihm auch der Gastwirt des Dorfes keine Aufträge bieten kann, stolpert Geppetto auf dem Nachhauseweg an einem Marionettentheater vorbei. Den Holzkünstler inspiriert das. Und so holt er sich bei Meister Kirsche einen dicken Baumstamm. Einen, den Herr Kirsche gern abgibt, hatte er doch kurz zuvor seltsame Lebenszeichen von sich gegeben. Und während Geppetto so an dem Stamm schnitzt und klöppelt, hört er plötzlich ein Herz schlagen. Voller Eifer arbeitet er weiter und weiter, bis vor ihm ein Junge aus Holz sitzt. Und dieser Junge beginnt doch tatsächlich zu sprechen. Geppetto ist außer sich vor Freude, hat er doch endlich Gesellschaft. Überall erzählt er vom Glück, einen Sohn zu haben. Doch Pinocchio, wie er ihn nennt, steht der Sinn nach Abenteuer. Er geht nicht, wie ihm befohlen, zur Schule, sondern direkt in ein Marionettentheater. Dessen Besitzer will daraufhin Feuerholz aus ihm machen. Mit Glück kann Pinocchio fliehen. Doch es warten noch viel mehr seltsame Gesellen auf ihn. Und lange nicht alle wollen ihm Gutes …

Der Tischler weckt den Jungen im Holz zum Leben

Mit Roberto Benigni ist es wie mit kaum einem anderen Darsteller: Egal, wen er darstellt. Egal, wie extrovertiert seine Rolle oder auch sein Verhalten vor laufenden Kameras ist (man denke an seine legendäre Stuhllehnen-Tanznummer bei den Oscars 1999 für den Gewinn des „Besten fremdsprachigen Films“), man kann es ihm nie übel nehmen. Kaum einer wirkt so authentisch aufgedreht und unter Strom wie der in der Toskana geborene Schauspieler.
Kein großes Wunder, dass er sich 2002 bereits einmal selbst als Pinocchio inszeniert hatte. Damals sorgte sein Film in Italien für sensationelle Kinoergebnisse. Und er war für die damalige Zeit äußerst finanzgewaltig umgesetzt. Immerhin ging Benigni sogar einen Deal mit dem von ihm wenig geliebten Silvio Berlusconi ein, um das Projekt zu stemmen. Doch bei allem Erfolg, krankte der Film tatsächlich damals an des Hauptdarstellers Schauspiel. Für eine Holzpuppe war Benigni viel zu aufgekratzt und hyperaktiv. Das wollte nicht zur Figur und auch nicht zum Rest der Darsteller passen.
18 Jahre später spielt der Italiener nun in einer weiteren italienischen Adaption mit, während in Hollywood Verfilmungen des Stoffs durch Robert Zemeckis (Realverfilmung mit Tom Hanks als Geppetto) und Guillermo del Toro (Stop-Motion-Adaption) in Produktion sind.

Schule muss sein, denkt Geppetto …

Und dieses Mal tritt Benigni einen Schritt zurück. Man bleibt noch näher an der Vorlage und weist dem Schauspieler die Figur des Geppetto zu. Diese steht ihm dann auch deutlich besser als dem damals 50jährigen die Rolle Pinocchios. Jetzt kann er als etwas mittelloser Holzwerker wieder ein bisschen rumfuchteln und man nimmt es ihm (na klar) nicht übel. Ohnehin dürfte die Verfilmung von Matteo Garrone zu den wärmsten und warmherzigsten Adaptionen der berühmten Geschichte von Carlo Collodi gehören. Die Filmmusik gibt mit melancholischen Tönen die Marschrichtung vor, auf dass man als Zuschauer direkt weiß, dass Geppetto ein etwas einsamer und nicht gerade reicher Mann ist. Einer, der sich nach etwas Lob, Anerkennung und Zuneigung sehnt – eine Rolle, die Benigni fabelhaft ausfüllt.
Wirklich gut tat man zudem daran, die hölzerne Hauptfigur (sowie weitere Fantasiewesen) nicht per CGI zum Leben zu erwecken (sieht man von den ersten Szenen des noch nicht fertigen Pinocchios ab). Vielmehr setzte man durchweg auf Schauspieler, die unter aufwändigen Masken stecken. Das mag schon mal etwas bizarr anmuten

… doch dem Holzjungen steht der Sinn nach der großen weiten Welt

Was dem Film ein bisschen fehlt, ist die Beziehung zwischen Pinocchio und Gepetto. Gerade zu Beginn geht alles etwas hoppla hopp, so dass kaum Zeit bleibt, dass sich beide schätzen lernen. Vor allem Pinocchio ist kaum geschnitzt und schon der freche und aufmüpfige junge. Das verhindert gleichzeitig, dass der Zuschauer mit der Holzpuppe etwas mehr mitfühlt. Eigentlich möchte man dem Rotzlöffel, der seinem Vater wegrennt, die Holzohren lang ziehen. Sicher ist das in der Figur angelegt, aber so richtig schafft es der Film im Nachhinein nicht, Pinocchios Sehnsucht nach Geppetto in Emotionen zu verpacken.
Oft wirkt Pinocchio zudem fragmentarisch und so, als ob er die einzelnen Stationen schnellstmöglich abklappern möchte. Dazu sind nicht alle Nebenfiguren wirklich sympathisch. Gerade die Grille, eigentlich die moralische Instanz (bzw. Pinocchios Gewissen) nervt hochgradig. Auch die erzieherischen Aspekte des Films sind ein bisschen fragwürdig. Stets wird Pinocchio gedroht, wenn er dieses oder jenes nicht tue, dann passiere eben etwas Schlimmes – moderne Erziehungsmethoden sind das eher nicht.
Gut, dass es skurrile Nebenfiguren wie die Schnecke und den Richter gibt, die innerhalb ihrer Szenen für Amüsement sorgen. Vor allem der als Affe porträtierte Richter gibt einen herrlich anarchischen Juristen ab, der so ganz anders handelt als gedacht. Dies und die pure Fantasie der Schauplätze und Masken trösten auch darüber hinweg, dass das Ende genauso hoppla hopp kommt wie der Anfang.

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Studio:
Format: Blu-ray
Spieldauer:
Erscheinungstermin: Fri, 16 Oct 2020
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Bild- und Tonqualität BD

Pinocchios Gewissen: Die Grille

Mit sehr warmen und erdigen Sepia-Farben begrüßt die Blu-ray von Pinocchio den Zuschauer. In Fenster einfallendes Licht überstrahlt ganz bewusst ein wenig, was die Atmosphäre in der ländlichen Gegend aber noch unterstützt. Wie gut aufgelöst die Scheibe ist, sieht man bereits nach knapp acht Minuten am Gesicht von Meister Kirsche. Dessen rote Nase sowie die faltige Stirn stechen dreidimensional hervor. Etwas rauschgefiltert und nachgeschärft sieht es hier (und auch später immer mal wieder) zwar aus, aber damit kann man als Kompromiss halbwegs gut leben. Wunderbar gelingen die von einer Öllampe ausgeleuchteten Szenen im Inneren der dunklen Werkstatt Geppettos. Sie leuchten die Holzpuppenarbeiten goldbraun aus und vermitteln ein ganz eigenes Flair. Die Kontrastdynamik funktioniert gut und passt vor allem in den hellen Außenszenen. Während dunklerer Sequenzen – bspw. im Marionettentheater – sind Schattenflanken schon mal etwas steil und ein paar Details gehen verloren. Außerdem zeigen sich bei 40’53 für gut 20 Sekunden ganz hässliche Banding-Artefakte, wenn das Licht im oberen Bildbereich langsam zunimmt. Auch wenn Pinocchio dann ruhig in die Kamera guckt, ist die Farb-/Helligkeitsabstufung links oben wirklich nicht gut.
Akustisch beginnt Pinocchio dezent und zurückgenommen. Die Stimmen sind klar und präsent. Schön, dass die Organe der Synchronsprecher mit angenehmem Timbre versehen wurden. Weniger schön, dass die Synchro etwas zu verhallt daherkommt. Während das italienische Original sehr auf den Center fokussiert bleibt und gegenüber den Mains auch in Innenraumszenen dominant bleibt, ist die Differenz bei den deutschen Stimmen nicht ganz so groß. Die Hauptlautsprecher sind in Dialogen hörbarer, was schon mal etwas ablenkend wirkt.
Sehr schön fächert sich die Räumlichkeit des umtriebigen Geschehens auf den Straßen des kleinen Dorfs auf. Aus den Rears kommen immer wieder Arbeitsgeräusche oder auch die spielenden Kinder vor dem Marionettentheater. Mit sattem Bass tritt dann nach 25’30 Mangiafuoco auf die Theaterbühne, was vom Sound druckvoll wiedergegeben wird. Zwar gibt’s in der Folge nur wenige wirkliche Soundhighlights, aber gerade die Naturatmosphäre bleibt lebhaft und gut aufgelöst.

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Studio:
Format: Blu-ray
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Bild- und Tonqualität UHD

Fuchs und Katze wollen nur Pinocchios Bestes: Sein Geld

Pinocchio wurde vollständig digital gefilmt. Zum Einsatz kam die kompakte ARRI Alexa Mini, an deren Ausgang 3.4K anliegen. Fürs Kino wurde ein 4K-DI erstellt, was auch als Basis für die UHD-BD eingesetzt worden sein dürfte. Wir haben es also mit einer „fast“ nativen 4K-Scheibe zu tun – ausgehend davon, dass die Ursprungsauflösung eben „nur“ bei 3.4K gelegen hat. Der UHD-Blu-ray hat man obendrauf einen im Rahmen von Rec.2020 erweiterten Farbraum sowie die beiden HDR-Formate HDR10 und HDR10+ spendiert. Bei Letzterem scheint sich nach Robert the Bruce ein Trend zu entwickeln, dass man bei Capelight auch auf das (bisher leider unter den Möglichkeiten gebliebene) dynamische HDR-Format setzt.
Eins aber schon mal vorab: Die UHD von Pinocchio ist sichtbar besser abgestimmt als jene von Robert the Bruce, die in diesem Monat ebenfalls von Capelight Pictures erschien. Pinocchio sind Überstrahlungen und massive Farbverfälschungen fast fremd. Zwar ist auch hier die UHD-BD bedeutend heller, aber das wirkt hier tatsächlich strahlender, dynamischer und nur ganz leicht bläulich eingefärbt Insgesamt ein wesentlich gelungenerer Look als bei der verunglückten Scheibe von Robert the Bruce.
Dass die UHD hier sauber(er) arbeitet, ist gut erkennbar beim hell angestrahlten Rücken des Schafs bei 112’54. Die Blu-ray zeichnet hier nicht komplett durch, was aber noch als okay gelten darf. Die UHD-BD macht es hier trotz höherer Grundhelligkeit etwas besser und wirkt noch etwas detaillierter. Ebenfalls stuft sie Helligkeitsverläufe besser ab, weshalb die Banding-Artefakte bei 40’53 nur noch ganz schwach ausgeprägt sind. Allerdings sieht man auch der UHD-BD an, dass sie etwas softer ausfällt als es ausgangs der Kamera gewesen sein dürfte. Etwas DNR scheint auch hier angewendet worden zu sein. Dennoch ist die Auflösung sichtbar besser. Beispielsweise wirkt die Steinwand am Palazzo di Giustizia dreidimensionaler und plastischer. Auch feine Muster in Strickwesten kommen besser zur Geltung. Wer darüber hinwegsehen kann, dass in den hellen Außenszenen Wasser schon mal etwas zu türkis wirkt und bei direkter Beleuchtung graue Haare einen ganz leicht bläulichen Schein bekommen, bekommt mit der UHD das bessere Bild.
War noch was? Ach ja, HDR10+. Ihr ahnt es schon. Auch hier: Kein Unterschied zwischen HDR10 und HDR10+ – jedenfalls nicht auf meinem Setup mit dem kalibrierten Panasonic TX-55GZW954.

Blu-ray (40’53): (Slider ganz nach rechts): Gegenüber der normal hellen Blu-ray…

UHD HDR10 (Slider ganz nach links): … bietet die UHD einen deutlichen HDR-Helligkeits-Boost.

Blu-ray (89’35): (Slider ganz nach rechts): Im Gegensatz zum völlig blau verfärbten „Robert the Bruce“…

UHD HDR10 (Slider ganz nach links): … nimmt „Pinocchio“ nur einen dezenten Blau-Touch auf neutralen Oberflächen an. Dafür ist die Kontrastausbeute besser.

UHD HDR10 (89’35): (Slider ganz nach rechts): Wie gehabt bei HDR10 und HDR10+:

UHD HDR10+ (Slider ganz nach links): Keine Unterschiede erkennbar.

Blu-ray (69’29): (Slider ganz nach rechts): Die Blu-ray bleibt vom Look her etwas dezenter.

UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Farben und Kontrast sind bei der UHD-BD angehoben. Das Meer vielleicht ein kleinwenig zu türkis. Sehr schön allerdings die gesteigerten Farbnuancen des Moosbewachses und auf dem Mauerwerk des Turms.

Blu-ray (61’55): (Slider ganz nach rechts): Auch hier bleibt die Blu-ray dezenter.

UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Während die UHD-BD mehr strahlt und das Rot etwas intensiver darstellt.

Blu-ray (114’20): (Slider ganz nach rechts): Wie im vorletzten Bild auch hier etwas weniger Farbnuancierung.

UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Die Ultra-HD-Blu-ray bietet mehr Farbdifferenzierung im Moosbewuchs links und stellt Benigni etwas plastischer dar.

Blu-ray (61’45): (Slider ganz nach rechts): Im Close-up ist der Unterschied zwischen Full-HD und 3.4K deutlich zu sehen:

UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Die UHD-BD ist im Mauerwerk detaillierter und dreidimensionaler – dank ihres 4K DI vom 3.4K-Quellmaterial.

Zur Veranschaulichung das Bild in voller Größe
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Format: Blu-ray
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Bonusmaterial

Die gute Fee hilft Pinocchio

Im Bonusmaterial ist neben Filmtipps und Trailern noch ein kleines Making-of abgelegt, das allerdings eher eine fünfminütige und unkommentierte B’Roll ist. Man schaut ein wenig hinter die Arbeiten an der aufwändigen Maske und bekommt Einblick in das entspannte Zusammenarbeiten am Set.

Fazit

Pinocchio ist fantasievoll umgesetzt, liefert herrlich altmodische Figuren und klassisches Make-up für Menschen und Wesen, die in tollen Kostümen stecken. Roberto Benigni als Geppetto ist klasse, doch der emotionale Funke bleibt oft auf der Strecke. Dafür ist die Inszenierung zu episodenhaft und die Beziehung zwischen Tischler und Holzpuppe bleibt unterkühlt. Bleibt abzuwarten, wie Robert Zemeckis und Guillermo del Toro die klassische Geschichte interpretieren. Die Blu-ray liefert ein sehr atmosphärisches, warmes Bild mit äußerst knackigen Close-ups. Die UHD liefert in Summe trotz etwas übertriebener Kontraste/Farben das technisch sauberere und dreidimensionalere Bild.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität BD: 70%
Bildqualität UHD: 75%

Tonqualität BD/UHD (dt. Fassung): 70%
Tonqualität BD/UHD (Originalversion): 75%

Bonusmaterial: 20%
Film: 65%

Anbieter: Capelight Pictures
Land/Jahr: USA 2019
Regie: Matteo Garrone
Darsteller: Roberto Benigni, Federico Ielapi, Marine Vacth, Massimo Ceccherini
Tonformate BD/UHD: dts-HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,39:1
Laufzeit: 125
Codec BD: AVC
Codec UHD: HEVC
Disk-Kapazität: BD-66
Real 4K: Jein (4K DI vom 3.4K-Master)
High Dynamic Range: HDR10, HDR10+
Maximale Lichtstärke: 1000 Nit
FSK: 6

(Copyright der Cover, Szenenbilder und vergleichenden Screenshots liegt bei Anbieter: Capelight Pictures)

Trailer zu Pinocchio

PINOCCHIO Trailer (Deutsch)

 

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