Pioneer

Blu-ray Review

Pioneer Blu-ray Review Cover
Lighthouse HE, seit 20.03.2015

OT: Pionér

 


Verschwörung an der Pipeline

Warum musste ein norwegischer Taucher bei der Erschließung einer Pipeline sterben?

Inhalt

Die 70er Jahre: Damit man das große Ölvorkommen in der Nordsee an Land fördern kann, wurden spezielle Teams damit beauftragt, in der großen Tiefe der norwegischen Küste die Vorbereitungen für eine Pipeline zu treffen. Dafür müssen zunächst umfangreiche Test mit einem Gas-Luft-Gemisch gemacht werden, das ein Tauchen in 500 Meter Tiefe überhaupt erst ermöglicht. Gemeinsam mit amerikanischen Kollegen und Wissenschaftlern üben die Brüder Petter und Knut wochenlang, unter diesen Umständen zu atmen und sich zu bewegen. Beim letzten Test vor dem echten Einsatz, einem Test, der das finanzierende Ministerium von dem Vorhaben überzeugen soll, stirbt Knut bei einem vermeintlichen Unfall. Da Petter unmittelbar dabei war, kann er sich das Ableben nicht erklären und beginnt Fragen zu stellen, betreibt eigene Investigationen. Spätestens als Jörgen, der dritte Mann beim Tauchgang zugibt, ein Ventil geschlossen zu haben, was die Luftzufuhr bei Knut unterbrochen haben soll, wird Petter hellhörig, da er diese Version nicht glaubt. Als kurz darauf ein weiterer norwegischer Kollege tot aufgefunden wird (angeblich an einer Überdosis Morphium gestorben) und man auch Petter nach dem Leben trachtet, weiß er, dass eine Verschwörung von höchstem Rang im Gange ist …

Filme, die zu einem nicht unerheblichen Teil unter Wasser spielen, üben schon immer eine ganz besondere Faszination aus. Ob man nun vollkommen fasziniert von der Tiefsee ist und praktisch neidisch vor der Leinwand sitzt oder bei der Vorstellung, selbst in solch großer Tiefe zu tauchen vor Angst schlottert – unbeteiligt bleibt man bei Vertretern dieses Genres meist nicht. Gute Beispielt dafür sind sicherlich Camerons Abyss oder auch Bessons The Big Blue. In Pioneer mischen sich nun Fakten mit einer ersonnenen Thriller-Geschichte zu einem verhältnismäßig realistischen Ganzen. Einen guten Teil der Spannung bezieht Skjoldbjaergs (Regisseur des Originals von Insomnia) Film aus der anfänglichen klaustrophobischen Enge in der Dekompressionskammer. Im Prinzip hätte man das noch etwas ausweiten können – immerhin muss Petter ganze 14 Tage in der Druckkammer bleiben. Danach verlagert sich der Schauplatz jedoch wieder aufs Festland und Pioneer verliert etwas an Fahrt. Fortan geht’s auf dem (guten) Niveau skandinavischer TV-Krimis weiter. Dass das Ganze nicht seinen Reiz verliert, liegt zum einen an der unmittelbaren Kameraarbeit, die sehr nahe an den Protagonisten verweilt und zum anderen an den überzeugenden Darstellern, die weniger aufgrund ihrer Telegenität, sondern vielmehr nach Authentizität besetzt wurden. Gerade Hauptdarsteller Aksel Hennie (Hercules) überzeugt in der Rolle des Tauchers, der die Ursachen für den Tod seines Bruders herausfinden möchte. Auch wenn am Ende nicht die ganz große Auflösung wartet und man zwischendurch gar nicht mehr so richtig weiß, wer jetzt (zumindest theoretisch) weshalb das Ganze zu verantworten hat, fühlt man sich doch als Teilhaber eines Stücks norwegischer Geschichte, die mit einem Kriminalfall verquickt wurde. Zumal die Vorgänge ähnlich tatsächlich geschehen sind, insgesamt kamen zu dieser Zeit sogar 17 Taucher ums Leben. Die Konfrontation zwischen den Norwegern und den US-Amerikanern haben in den besseren Momenten des Films sogar ein bisschen was von einem Western – nur dass man sich hier nicht auf staubtrockenem Boden, sondern unter Wasser oder in einer Druckkammer duelliert. Fans von skandinavischem Kino werden es zu schätzen wissen. Freunde des US-Kinos haben die Wahl abzuwarten. Denn wie schon seinerzeit Insomnia wird auch Pioneer in Hollywood neu verfilmt – George Clooney hat sich die Rechte gesichert.

Bild- und Tonqualität

Das Bild von Pioneer setzt auf eine starke Grün-Gelb-Filterung und wirkt irgendwie schmuddelig. In Kombination mit dem 70er-Jahre-Look, den brutalen Koteletten der Darsteller und den schrecklichen Klamotten funktioniert das aber ganz gut und trägt zur Atmosphäre bei. Allerdings dürfte die Schärfe dann doch beständig etwas besser sein. Gerade Halbtotale wirken verwaschen. Auch ist der Kontrastumfang eher gering und der Hauptanteil der Bildinformationen findet im mittleren Helligkeitsbereich statt.
So international wie die Besetzung der Unterwasserstation, so ist auch die Sprache in Pioneer nicht eindimensional. Deutsch wechselt sich mit Englisch ab, ohne dass man es synchronisiert hätte. Das trägt, wie erwähnt, viel zur authentischen Atmosphäre bei und gelingt auch von der tonalen Ausgewogenheit her sehr gut. Dazu gelingt auch die Effektrealisierung recht gut. In den Versuchshallen mit den Druckkammern zischt es authentisch aus allen Richtungen und man hat tasächlich das Gefühl, selbst ein wenig Druck auf den Ohren zu haben. Während der Dialoge sind allerdings offenbar hin und wieder mal die Regler am Mischpult nicht zurückgedreht worden, denn sie hallen bisweilen unnatürlich.

Bonusmaterial

Mit einem siebenteiligen Making-of, das gut dreißig Minuten Laufzeit hat und vor allem etwas Hintergrundmaterial zu den Unterwasseraufnahmen liefert, punktet das Bonusmaterial von Pioneer. Hier erfahren wir auch, wo die submarinen Sequenzen gedreht wurden und worauf es bei der Location vor allem ankam. Dazu kommen noch Interviews.

Fazit

Pioneer setzt zwar keine Marke in Sachen Action und Tempo, konzentriert sich aber gewissenhaft auf seine Figuren und die zugrundeliegende Geschichte. Dazu gibt’s authentisches 70er-Jahre-Flair und ein paar hübsche Unterwasser-Szenen.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 55%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 50%
Film: 60%

Anbieter: Lighthouse Home Entertainment
Land/Jahr: Norwegen/Deutschland/Schweden 2013
Regie: Erik Skjoldbjaerg
Darsteller: Aksel Hennie, Wes Bentley, Stephen Lang, Stephanie Sigman, Dahl Torp
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 111
Codec: AVC
FSK: 12

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