Poltergeist – Extended Cut

Blu-ray Review

Poltergeist Extended Cut Blu-ray Review Cover
20th Century Fox, seit 22.10.2015

OT: Poltergeist

 


Sie sind hier!

Ein weiterer Gruselklassiker der 80er erfährt ein Remake – gelungen oder überflüssig?

Inhalt

Weil sein Arbeitgeber, der Hersteller großer Rasenmäher und Traktoren, Eric Bowen den Job gekündigt hat, muss er mitsamt seiner Frau Amy sowie den Kindern Kendra, Griffin und Madison in ein bezahlbares Haus in der Vorstadt ziehen. Das erweist sich zwar als etwas ordinär, bietet aber genügend Zimmer und ein cooles Dachbodenzimmer für Sohn Griffin. Der allerdings gehört eher zu den Schissern seiner Generation und reagiert deshalb besonders sensibel auf die sich nach dem Einzug einstellenden Vorkommnisse. Nicht nur spielt die Elektrik des Hauses komplett verrückt, verschwindet bald Tochter Madison und Griffin landen in den Wipfeln des Baumes vor’m Haus. Von nun an steht fest, dass es hier nicht mit rechten Dingen zugeht und weil die Bowens nicht zur Polizei gehen wollen, ziehen sie Parapsychologen hinzu. Die wissen, dass Madison sich in einer Art Zwischenwelt befindet, in der verlorene Seelen nach Erlösung streben. Die Aufgabe der Familie besteht nun darin, den Poltergeist davon zu überzeugen, dass ihre Tochter ihnen dabei nicht behilflich sein kann und sie sie wieder loslassen müssen …

Flimmernde Röhrenfernseher und schaurig lachende Clownspuppen – zwei Details, die dem Genrekenner sofort verraten, um welchen 80er-Jahre-Horrorfilm es sich handelt. Tobe Hoopers 82er Klassiker Poltergeist hat mindestens zwei Generationen Filmzuschauer das Fürchten gelehrt und erfährt nun seine Neuinszenierung in zeitgemäßem Gewand. Jetzt ist das mit Remakes immer so ein Ding: Die einen sagen, dass man Neuverfilmungen grundsätzlich nicht braucht, die Filmindustrie rechtfertigt es damit, auch eine neue Generation mit nachweislich funktionierenden Geschichten zu versorgen. Geht man ohne Kenntnis des Originals an Gil Kenans Neuinterpretation des Films heran, kann man sich durchaus angemessen gruseln und sogar erschrecken. Die Integration neuartiger Unterhaltungselektronik, die natürlich ebenso anfällig ist für den polternden Geist, funktioniert gut und macht Sinn. Was damals mit einem Röhren-TV klappte, funktioniert auch mit einem LCD-Flachbildschirm und wird nur unverbesserliche Traditionalisten stören – denen wird Poltergeist 2015 aber schon aus Prinzip nicht gefallen. Dabei macht das Remake grundsätzlich nichts wirklich falsch: Der erste echte Angriff auf das Bowen-Haus gerät zum veritablen Terror-Highlight, das praktisch alle Motive des Originals (und ein paar des zeiten Teils) nutzt und per digitaler Tricktechnik erweitert. Ob das nun der kratzende Ast des Baumes ist, die durch das Unwetter aufbrechende Erde, der Clown oder das Rauschen im Fernsehgerät – man wird der Urfassung durchaus gerecht. Was vor 33 Jahren auch schon aufgrund seiner visuellen Effekte beeindruckte und dazu ein paar nette praktische Maskeraden bot, ist drei Jahrzehnte später aufgrund des technischen Fortschritts vielleicht nicht mehr so charmant anzusehen, abseits einer romantischen Verklärung des Originals kann sein Remake für sich allein genommen aber durchaus überzeugen. Dies eben auch, weil man mit einer Drohne heute eine ganz andere Seite der dämonischen Welt darstellen kann und diese mit zahlreichen Kreaturen scheußlichen Aussehens bevölkert ist. Man kann Poltergeist sicher vorwerfen, seinen Horror vor allem durch Soundeffekte zu generieren aber warum muss man das schlechtfinden? Gerade moderne Kino- und Heimkinosysteme sind in der Lage, das optische Geschehen durch akustische Gimmicks zu intensivieren – weshalb Horrorfilme heute einfach anders funktionieren.

Zweifelsohne wird die Neuverfilmung keine Maßstäbe setzen, wird keine legendären Szenen entwickeln, wie beispielsweise die Leichen-im-Schlammpool-Sequenz der Tobe-Hooper-Fassung – dies zu erwarten, wäre aber eben auch unrealistisch. Dabei gibt es gar Dinge, die objektiv besser sind als im Original. An erster Stelle ist da das Schauspiel zu nennen. Während JoBeth Williams als Diane Freeling vornehmlich hysterisch war und Heather O’Rourke (1988 nach dem dritten Teil viel zu jung verstorben) als jüngste Tochter Carol Anne zuweilen nervte, ist das Ensemble hier bedeutend ausgewogener gecastet. Gerade Kennedi Clemens als Madison agiert glaubwürdig und ohne überzogenes Kindergetue. Herausragend ist aber Kyle Catlett als Griffin, der auf absolutem Kinderdarsteller-Top-Niveau agiert und seine angsterfüllte Rolle perfekt sowie ohne jeden Hang zum Overacting ausfüllt. Was natürlich fehlt, ist eine Zelda Rubinstein als Geisteraustreiberin. Die kleine, quirlige Schauspielerin, die 2010 verstarb, ist in der Rolle eben kaum zu ersetzen. Auch nicht durch einen TV-Geisterjäger mit krassen Narben. Sam Rockwell als Familienvater hinterlässt dafür erneut seine ganz eigene Note. Egal, in welchem Film er mitspielt, er bringt immer seinen typischen sarkastischen wie auch selbstironischen Humor und Slapstick mit. Kritik muss dennoch geübt werden. So gelingt es dem Remake von Poltergeist absolut nicht, Tiefe in seine Figuren zu bringen. Das Verhältnis zwischen den beiden Eheleuten bspw. wird nur in einer einzigen Szenen etwas näher beleuchtet und die geschwisterlichen Beziehungen bleiben blass. Der zum Ende hin präsentierte Gespensterjäger ist noch dazu eine Witzfigur.

Unterschied zwischen Extended Cut und Kinofassung

Die erweiterte Fassung von Poltergeist unterscheidet sich in den Kapiteln 2, 3, 8, 9, 11, 17 und 23. Allerdings ist keine Sequenz aufgrund von Gewaltinhalt gekürzt worden. Vielmehr sind es fast ausschließlich weiterführende Erklärungen und Szenen, welche die Interaktion zwischen den Figuren intensivieren. (Das Ausklappen des Textes mit enthaltenen Spoilern erfolgt auf eigene Gefahr.)

Rogue Cut Spoiler
So erfahren wir zu Beginn mehr über Griffins Angst dem alten Baum gegenüber, bekommen noch eine erste Konfrontation zwischen Amy und dem Geist zu sehen und es gesellen sich noch vertiefende Gespräche zwischen Eric und seiner Frau hinzu. Die etwas weiter oben kritisierte fehlende Figurentiefe wird dadurch ein wenig ausgemerzt. In Kapitel elf gibt’s dann die erste echte und längere Erweiterung der Poltergeistaktivität, wenn Griffin für einige Zeit in Starre verfällt. Auch schaut sich Geisterjäger Carrigan das Haus der Bowens etwas intensiver an, bevor er an die Arbeit geht. In Kapitel 23 neigt der extended Cut dann zur Redundanz, wenn die einzige Erweiterung darin besteht, dass Eric mit dem Mini einem plötzlich auftauchenden Fahrzeug ausweichen muss.

Bild- und Tonqualität

Das Bild von Poltergeist punktet mit guten und ausgewogenen Farben sowie einer hohen Laufruhe. Nur ein ganz dezentes Korn lässt sich ausmachen. Unschön allerdings sind die nur mittelmäßigen Kontraste und vor allem die Randunschärfen am unteren Bereich. Immer wieder sind die unteren Extremitäten oder Schuhe verwaschen, während der Fokus im mittleren Bildbereich gut ist. Hier wäre einfach mehr drin gewesen.
Trotzdem auch bei Poltergeist erneut ein Major-Verleih der deutschen Tonspur keine HD-Fassung spendierte und das englische Original mit 7.1-dts-HD-Master klotzt, klingt die reguläre dts-Version der deutschen Spur ganz prächtig. Mal abgesehen von der etwas geringeren Dynamik und dem leicht schwächeren Bass wird der deutsche Sound von einer unglaublichen Vielzahl an Effekten vorangetrieben. Jeder Angriff des Poltergeistes gerät zum akustischen Highlight und stresst jedes potente Heimkino-Soundsystem aufs Äußerste. Wie beschrieben, fehlt einfach ein bisschen Druck, um das Geschehen auch im unteren Frequenzbereich entsprechend zu unterstützen.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Poltergeist findet sich lediglich eine Bildergalerie sowie ein alternatives Ende.

Fazit

Der Poltergeist des Jahres 2015 wird vermutlich keinem der Fans des Originals gefallen – schon aus Prinzip nicht. Unter den vielen Geisterhaus-Filmen der letzten Jahre ist das Remake für sich genommen aber einer der besten Beiträge im Spukhaus-Genre und das ist mehr als man bisweilen erwarten konnte. Der effektvolle Sound ist ein weiterer Kaufgrund – gerade für Besitzer potenter Heimkinos.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 80%
Tonqualität (Originalversion): 80%
Bonusmaterial: 10%
Film: 65%

Anbieter: 20th Century Fox
Land/Jahr: USA 2015
Regie: Gil Kennan
Darsteller: Sam Rockwell, Rosemarie DeWitt, Jared Harris, Jane Adams, Saxon Sharbino, Nicholas Braun, Kennedi Clements, Kyle Catlett
Tonformate: dts HD-Master 7.1: en // dts 5.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 93:41/100:53
Codec: AVC
FSK: 16