Blu-ray Review
OT: Prisoner of the Ghostland
Bei Nicolas Cages Hoden
Nicolas Cage in einem Eastern-Western-Zombie-Apokalypse-Entführungs-Thriller.
Inhalt
Hero und sein Kumpel Psycho haben irgendwo in Japan eine Bank überfallen. Das Ding ging schief und Hero wurde in Gewahrsam genommen. Irgendwie landete er dann in einer von Gott verlassenen Gegend, die von der Außenwelt komplett isoliert ist. Dort, in der „Samurai Town“, herrscht der skrupellose und korrupte Gouverneur. Die Stadt hat er zur seinigen gemacht und alles, was dort lebt, tanzt nach seiner Pfeife. Auch seine zahlreichen „Enkelinnen“ – junge Frauen, die sich der Gouverneur haremsartig hält. Allerdings vermisst der stets im weißen Zwirn auftretende Mann eines „seiner“ Mädchen. Bernice ist eines Nachts mit zwei anderen aus dem Haus des Gouverneurs geflohen und außerhalb der Stadtgrenzen, im „Ghostland“ gelandet. Dort herrscht nach einem nuklearen Unfall die Ödnis und die Menschen sind noch verrückter als in Samurai Town – also NOCH verrückter. Da der Regent aber seine Bernice gerne wieder hätte, bietet er Hero die Freiheit an – wenn er die bevorzugte Enkelin unversehrt aus dem Ghostland zurückholt. Allerdings sichert sich der Gouverneur ab und steckt den Ex-Bankräuber in einen schwarzen Lederanzug, der mit zahlreichen Sprengsätzen versehen ist. Insgesamt fünf Tage hat Hero nun Zeit, mit Bernice zurück zu kehren. Gelingt es ihm nicht, explodieren die Ladungen an den Armen, dem Hals und den Hoden. Ein Druckmittel, das Hero genug Motivation geben sollte, nicht mit leeren Händen zurückzukehren …
Sion Sono, japanischer Regisseur, Schauspieler, Drehbuchautor, Dichter und Produzent, gehört zu den extrovertiertesten Filmemachern, die Japan zu bieten hat. Einem größeren Publikum wurde er vor allem durch sein vielfach ausgezeichnetes Mammutwerk Love Exposure bekannt. Das vierstündige! Epos über den jungen Yū Honda, der eine gewisse Lust am Begehen von Sünden (unter anderem die Upskirt-Fotografie) entwickelt und sich später in ein Mädchen verliebt, ist voller Lust und Liebe, aber auch angereichert mit Perversion und Subversivität. Dass es in Love Exposure auch um Religiosität und Sekten ging, kommt nicht von ungefähr. Immerhin rannte Sono als Jugendlicher von zu Hause weg und schloss sich einem Kult an. Seinen eigenen Aussagen nach sogar einem ziemlich starken Kult, dem er nur mit Glück entkam. Und auch nur, um als nächstes in einer Art terroristischen Vereinigung zu landen (zum Schutz vor dem Kult und um etwas zu essen zu haben, wie er sagt). Sono hat also durchaus ein SEHR wandlungsreiches und extremes Leben geführt, bevor er zum Filmemachen kam. Und dass er solche Erlebnisse in seinen Werken verarbeitet, scheint da absolut logisch. Was genau er erlebt hat, um Prisoners of the Ghostland zu inszenieren? Man weiß es nicht. Vielleicht ist das „Ghostland“ ja so etwas wie die Metapher für das Chaos nach seiner Flucht aus der Sekte, während „Der Gouverneur“ sicherlich Elemente eines Sektenführers hat. Sehr wohl aber weiß man, dass er schon 2018 mit dem Drehbuch assoziiert wurde und im Frühjahr 2019 mit dem Dreh beginnen wollte – hätte ihn nicht eine Notoperation aufgrund eines Herzinfarkts kurzfristig abgehalten. Derweil gab Nicolas Cage, als Hero besetzt, preis, dass es wohl sein wildester Film werden könnte. Sicherlich keine Untertreibung.
Denn damit hat er nicht ganz Unrecht. Selbst wenn man in Betracht zieht, dass schon Mandy nicht gerade konventionell war und auch Die Farbe aus dem All oder Ghost Rider alles andere als mainstreamig gerieten, ist dieser Mix aus Western, Eastern, Horror, Thriller und noch ein paar anderen Subgenres schon ein ganz extrovertiertes Stück Film. So treffen beispielsweise ab Minute neun ganz direkt amerikanischer Western und japanischer Eastern aufeinander, wenn Cowboys und Samurais Seite an Seite auf einen Nicolas Cage zielen, der in Ketten liegt und lediglich mit einer Art Mawashi bekleidet ist. Dass kurz darauf die ganze Gemeinschaft ein Kinderlied singt, als befände man sich in einem japanischen Musical, ist nur eine der zahlreichen Stilnoten, die Sono einfließen lässt. Wer jetzt schon denkt, „oh Gott, was ist das für ein anarchischer Wirrwarr“, der darf sich entweder auf Überraschungen freuen oder aber schlicht zum Stop-Knopf greifen. Dass sich Sono neben dem grundsätzlichen Genremix auch ziemlich deutlich bei Mad Max und Carpenters Die Klapperschlange bedient hat, dürfte jeder Filmfan auf Anhieb erkennen. Das Problem von Prisoners of the Ghostland ist aber gar nicht seine Prämisse. Es ist auch nicht die Tatsache, dass hier optisch wirklich aufgefahren wird und skurrile bis bizarre Einfälle integriert werden. Denn das sind eher die positiven Aspekte des Films.
Nein, das Problem ist, dass die Story abseits dieser irren Einfälle wirklich langweilig erzählt wird. Viel zu sehr verlässt sich Sono auf die Optik und seine Extravaganzen als dass die eigentliche Handlung irgendwie mitreißt. Da hilft’s dann auch erst einmal nicht, wenn ein halb kastrierter Nicolas Cage auf der Stelle umher springt, als hätte ihm ein Riese auf den Fuß getreten. Was wohl jeder Mann in seiner Situation tun würde, wünschend, dass es lieber der Riese war und nicht die Bombe in der Hosentasche.
Die in Rückblenden (und in Zeitlupe) eingefügte Schilderung der Geschehnisse in der Bank ist auch nicht gerade dazu angetan, etwas Tempo zu liefern, was wiederum bewirkt, dass sich einem beim Zusehen mal ein dezentes Gähnen aufdrängt. Kurz aufwachen darf man nach 50 Minuten, wenn ein Ensemble aus verstrahlten Ghostland-Bewohnern die Ursache für den nuklearen Unfall tanzen darf. Ja, TANZEN! Das hat zwar was von sprichwörtlicher Waldorf-Schule, ist aber eine ziemlich vergnügliche Szene. Wenn dieser Art abgedrehter Humor noch besser mit einer spannend erzählten Geschichte harmonieren würde, wäre es sogar ein kleines Highlight mit Kultpotenzial geworden. Eins eins immerhin hat Prisoners of Ghostland noch zu bieten: Ich wollte immer schon mal Nicolas Cages Hoden in einer Überschrift zu meinem Review erwähnen.
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Bild- und Tonqualität UHD
Da Prisoners of the Ghostland in der 4K UHD Blu-ray keine Full-HD-BD enthält, muss die Bildbewertung für die Full-HD-Scheibe an dieser Stelle entfallen, da mir lediglich die UHD Blu-ray zum Review zur Verfügung gestellt wurde. Gehen wir also auf die 4K-Disk ein. Der Film wurde mit ARRI-Kameras vom Typ Alexa Mini und Alexa SXT Plus aufgenommen. Die 3.4K-Auflösung gelangte dann über ein 2K-DI auf die Disk, was die Scheibe zunächst einmal zu einer „nur“ hochskalierten Disk macht. Immerhin gab’s aber HDR10 sowie einen im Rahmen von Rec.2020 erweiterten Farbraum für die Scheibe. Prisoner of the Ghostland beginnt mit wunderbar dynamischen Einstellungen in dem hell erleuchteten Raum, in dem die schwarzen Haare der Darsteller umso knalliger erscheinen. Dazu gibt’s absolut tolle Farbkontraste, die sich nicht nur auf den rostroten Pulli des kleinen Jungen beschränken, sondern in einem Bonbon-Automat gipfeln, der die komplette Farbpalette bereithält – ein wirklich prächtiger Einstieg in den Film. Wechselt das Geschehen dann ins nächtliche Japan mit den rot erleuchteten Lampions, wird auch diese Szenerie satt und dynamisch wiedergegeben. Die Bildruhe bleibt dabei homogen, auch wenn ein ganz dezentes digitales Rauschen zu erkennen ist. Allerdings lieber ein konsistentes und dezentes Rauschen als unangenehme Filterorgien. Wechselt das Geschehen nach Samurai Town und ins Ghostland, übernehmen größtenteils erdige Farben und tauchen das Geschehen authentisch in sehr warme Bilder. Aber auch hier gefallen Bildruhe, Kontrastierung und Bilddynamik. Gerade helle Lichtquellen werden prägnant wiedergegeben, während Schwarzwerte satt bleiben. Ein in Summe wirklich gut anschaubares und sehr farbenfrohes Bild, das gut zum Film passt.
Der Ton, der auf der UHD-BD vorliegt, ist identisch mit jenem der Blu-ray und basiert auf zwei DTS-HD-Master-Tonspuren. Entsprechend kann jeder, der sich nur die BD kaufen möchte, auch hier ablesen, welche Qualitäten der Sound von Prisoners of Ghostland hat. Grundsätzlich kann man sich die Tonspuren durchaus anhören, was vor allem an einer halbwegs angenehmen Räumlichkeit liegt. Allerdings klingt die Synchro bisweilen etwas aufgesetzt und nicht immer homogen eingebettet. Wirklich dynamisch wird’s zudem leider nur sehr selten – sieht man von dem Schuss mit der Pumpgun zu Beginn ab. Auch während der Flashbacks, in denen die Schießerei in der Bank gezeigt wird, gibt’s nicht viel mehr Dynamik, was den Sound insgesamt eher unspektakulär erscheinen lässt. Und im Finale hätte man sich durchweg mehr Punch und Kraft gewünscht. Schade, denn Anlass für gewisse Eskapaden hätte es durchaus gegeben.
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Bonusmaterial
Im Bonusmaterial von Prisoners of Ghostland finden sich zunächst mal einige Programmtipps des Anbieters. Obendrauf warten die beiden Originaltrailer in Deutsch und Englisch. Acht Minuten lang läuft dann das (nicht untertitelte) Featurette, das mit einigen Kommentaren der Darsteller und des Regisseurs aufwartet. Recht eindrucksvoll sind die Szenen, in denen die Darsteller und Stuntleute die Schwertkampfszenen einstudiert haben. Abseits der Tatsache, dass der Film oft albern und inhaltlich nicht spannend genug geriet, waren die Arbeiten hinter den Kulissen durchaus aufwändig und nicht gerade ungefährlich.
Fazit
Prisoners of Ghostland ist ein kleiner Blender. Optisch mag er wild sein, die zwischenzeitlichen Einfälle sind bisweilen surreal und das Produktionsdesign ist toll, aber wirklich „wild“ ist er nun auch nicht. Dazu fehlt es Sonos Film schlicht an Tempo und Vorwärtsdrang. Nicolas Cage darf dazu an einer Stelle einen schmerzhaften Kastratentanz vollführen, fällt aber erst in Ohnmacht, wenn er sein kleines Stückchen Fortpflanzungsfleisch in den Händen hält. Alleine, um diese Szene in seine Schauspieler-Vita zu schreiben, hat sich das Mitmachen sicher gelohnt. Und immerhin agiert er noch deutlich motivierter als ein Bruce Willis in seinen letzten 20 Filmen. Technisch weiß vor allem das Bild zu gefallen, während der Ton eher unspektakulär bleibt.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität BD: Wertung entfällt
Bildqualität UHD: 80%
Tonqualität BD/UHD (dt. Fassung): 70%
Tonqualität BD/UHD (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 40%
Film: 40%
Anbieter: Falcom Investment
Land/Jahr: USA 2021
Regie: Sion Sono
Darsteller: Nicolas Cage, Sofia Boutella, Bill Moseley, Tak Sakaguchi, Young Dais, Charles Glover, Cici Zhou, Tetsu Watanabe
Tonformate BD/UHD: dts-HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,39:1
Laufzeit: 103
Codec BD: AVC
Codec UHD: HEVC
Disk-Kapazität: BD-66
Real 4K: Nein (2K DI)
High Dynamic Range: HDR10
Maximale Lichtstärke: 1000 Nit
FSK: 16
(Copyright der Cover, Szenenbilder und vergleichenden Screenshots liegt bei Anbieter: Falcom Investment)
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Trailer zu Prisoners of Ghostland
So testet Blu-ray-rezensionen.net
Die Grundlage für die Bild- und Tonbewertung von Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays bildet sich aus der jahrelangen Expertise im Bereich von Rezensionen zu DVDs, Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays sowie Tests im Bereich der Hardware von Unterhaltungselektronik-Komponenten. Gut zehn Jahre lang beschäftigte ich mich professionell mit den technischen Aspekten von Heimkino-Projektoren, Blu-ray-Playern und TVs als Redakteur für die Magazine HEIMKINO, HIFI TEST TV VIDEO, PLAYER oder BLU-RAY-WELT. Während dieser Zeit partizipierte ich an Lehrgängen zum Thema professioneller Bildkalibrierung mit Color Facts und erlangte ein Zertifikat in ISF-Kalibrierung. Wer mehr über meinen Werdegang lesen möchte, kann dies hier tun —> Klick.
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Dort findet ihr auch das aktuelle Referenz-Gerät für die Bewertung der Tonqualität, das aus folgenden Geräten besteht:
- Mainspeaker: 2 x Canton Reference 5.2 DC
- Center: Canton Vento 858.2
- Surroundspeaker: 2 x Canton Vento 890.2 DC
- Subwoofer: 2 x Canton Sub 12 R
- Heights: 4 x Canton Plus X.3
- AV-Receiver: Denon AVR-X4500H
- AV-Receiver: Pioneer SC-LX59
- Mini-DSP 2x4HD Boxed
Das Referenz-Equipment fürs Bild findet ihr wiederum hier aufgelistet. Dort steht auch, wie die Bildgeräte auf Norm kalibriert wurden. Denn selbstverständlich finden die Bildbewertungen ausschließlich mit möglichst perfekt kalibriertem Gerät statt, um den Eindruck nicht durch falsche Farbtemperaturen, -intensitäten oder irrigerweise aktivierten Bild“verbesserern“ zu verfälschen.
Ich fand diesen Film brutal SCHLECHT! Langweilig, unverständlich… Crazy ideas, ja, gute Umsetzung, NEIN! Deshalb umso unverständlicher, dass dieser Film eine 4k erhält und z.B. Malignant nicht!! Malignant hätte ich mir sofort auf 4k gekauft… Das hier NICHT!