Racer and the Jailbird

Blu-ray Review

racer and the jailbird blu-ray review cover
Koch Films, 27.09.2018

OT: Le Fidèle

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Keine Blumen

In diesem Mix aus Crime-Thriller und Drama wird eine Liebe auf Sand gebaut.

Inhalt

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Gino ist ein Gangster

Gino war schon als Kind ein aufmüpfiges und vorlautes Kerlchen. Als Erwachsener gibt er den Gigolo, ist aber ein Gangster mit Knast-Vergangenheit und Schein-Identität. Die wahrt er auch vor Rennfahrerin Bénédicte (Bibi), die er auf dem Racetrack kennen lernt. Die beiden verlieben sich und werden ein Paar. Natürlich bringt das Schwierigkeiten mit sich, wenn gegenseitige Aufrichtigkeit nicht die Basis der jungen Liebe ist. Als für Bibi klar wird, dass Gino ein Krimineller ist, muss die Konsequenz eigentlich Trennung heißen. Doch Bibi liebt diesen Kerl immer noch …

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Bibi fährt Rennen

Aus Frankreich kommen immer mal wieder Filme, die sich nur schwer beschreiben lassen. Manchmal, weil deren Inhalt so tragisch-dramatisch ist, dass einem die Worte fehlen. Manchmal aber auch, weil so wenig passiert. Racer and the Jailbird gehört zunächst zu Letzteren. Da ist ein Gangster, der sich irgendwie wirklich zu verlieben scheint und sein Leben vielleicht ändern möchte. Und da ist einen sexy Rennfahrerin, die nicht so recht weiß, was sie von ihrem neuen Kerl halten soll. Man sieht ein paar Rennszenen und einen (beinahe) missglückten Banküberfall – dazwischen gibt’s Sex.
Bei offenbar bewusst körnig-milchigen Bildern muss man sich also vollkommen auf seine beiden Hauptdarsteller konzentrieren, um bei der Stange zu bleiben. Allerdings ohne als Zuschauer zu wissen, ob es Gigi wirklich ehrlich meint und man ihm die Sympathien schenken soll. Das kann natürlich einerseits reizvoll sein. Andererseits schwankt Racier and the Jailbird etwas unentschlossen zwischen Liebes-Drama und Action-Thriller. Erstaunlich dann die Überraschung, die er nach 50 Minuten liefert, wenn „mal eben“ eine zweispurige Straße zum Schauplatz einer wilden Schießerei wird. Dann kommt in der Tat so langsam ein wenig Schwung auf. Und ein bisschen Bonnie-&-Clyde-Atmosphäre. Wobei es doch mehr Clyde als Bonnie ist.

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Ein Paar mit Geheimnissen

Nach 75 Minuten, wenn andere Filme schon langsam ihrem Finale entgegen gehen, wird’s ein bisschen dramatischer und auch etwas fesselnder. Wenn Bibi ein paar Entscheidungen von Tragweite trifft und sich Racer and the Jailbird auf sie konzentriert, wird der Film stärker und bindet mehr an die Figur. Denn während Matthias Schoenaerts mehr oder weniger Dienst nach Vorschrift macht, ist es Adèle Exarchopoulos als Bénédicte, die den Film auf ihren Schultern trägt. Mit zunehmender Dramatik im letzten Viertel schafft sie es durch authentisches und leidenschaftlich-mutiges Spiel, den Film doch noch um die Kurve zu bekommen und zu einem packenden Abschluss zu bringen. Das Gleiche gilt für die letzten zehn Minuten, in denen auch Schoenaerts noch mal auftrumpfen kann. Die Sequenzen in der Halle mit den Kampfhunden sind das Intensivste und Heftigste, was der Film zu bieten hat – auch wenn man das Ganze durchaus eine halbe Stunde kürzer hätte machen können.

Bild- und Tonqualität

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Warum will Gino nicht, dass Bibi zu ihm nach Hause kommt?

Racer and the Jailbird beginnt mit einer Rückblende – und die hat ein graues, kontrastloses und maximal körniges Bild. Wechselt das Geschehen in die Gegenwart, wird der Kontrast (etwas) besser und die Bildruhe nimmt zu. Wirklich sattes Schwarz oder prächtige Farben bekommt man aber auch dann noch nicht präsentiert. Und auch später wird es noch mal ziemlich milchig-trüb. Die Körnung nimmt manchmal ab und verringert sich auf ein filmisch-authentisches Niveau. In anderen (meist dunkleren) Szenen bleibt’s aber immer noch nahezu unanguckbar wuselig. Während abendlicher Innenraumszenen werden die Farben brauner und forcieren eine warme Atmosphäre. Die Schärfe ist durchweg nicht auf hohem Level und komplettiert ein arg stilisiertes Bild, das zwar bewusst so verfremdet wurde, aber eben alles andere als schön aussieht.
Akustisch fallen die schwachbrüstigen Dialoge von Racer and the Jailbird auf. Sie sind nicht nur auf der Rennstrecke im Trubel der tosenden Motoren ziemlich leise und dünn, sondern auch im weiteren Verlauf. Dafür heizen die Rennwagen recht effektvoll über die Strecke – gerade aus der Onboard-Perspektive. Und erst Recht, wenn Bibi lautstark verunglückt (70’48). Auch das Alarmläuten der Bank nach etwas über 20 Minuten (22’00) gelangt sehr räumlich ins Heimkino. Genial authentisch hat man dazu den lufgekühlten Boxer des 911er eingefangen (29’00).

Bonusmaterial

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Gino hat’s mal wieder verbockt

Im Bonusmaterial von Racer and the Jailbird gibt es jeweils ein Interview mit den beiden Hauptdarstellern und dem Regisseur. Dazu integrierte man die Trailer und weitere Programmtipps.

Fazit

Racer and the Jailbird fordert Sitzfleisch – und davon viel. Wer sich aber durch die zähe erste Stunde wühlt, wird nach und nach mit einer immer tragischer werdenden Geschichte belohnt, die in einer wirklich packenden letzten halben Stunde mündet.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 55%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 30%
Film: 65%

Anbieter: Koch Films
Land/Jahr: Belgien/Niederlande/Frankreich 2017
Regie: Michaël R. Roskam
Darsteller: Matthias Schoenaerts, Adèle Exarchopoulos, Eric De Staercke, Jean-Benoît Ugeux, Nabil Missoumi
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, fr
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 130
Codec: AVC
FSK: 16

(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Koch Films)

Trailer zu Racer and the Jailbird

RACER AND THE JAILBIRD Official Trailer (2018) Adèle Exarchopoulos, Matthias Schoenaerts

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3 Kommentare
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dc_coder_84

Hab den Film gestern gesehen und fand ihn super. Würde ihn auch höher bewerten als Sie. Vielleicht so 80 – 90 %. Ich fand die erste Stunde auch spannend, denn man weiß ja nie wie sich die Liebe nun weiterentwickelt. Was mir auffiel ist, dass die Geschicht teilweise sehr schnell erzählt wird. Die beiden schauen sich beispielsweise auf der Straße an und zwei Sekunden später sieht man sie schon ins Bett hüpfen. Aber das ist vielleicht auch so gewollt. Abzüge bekommt der Film deswegen von mir keine.

dc_coder_84

Sehr gelungen ist auch das Ende der Story mit einem Touch von Mystik wie ich finde. Sie erinnern sich jetzt vielleicht nicht mehr so genau daran… Hab auch mal einige Reviews online verglichen und die meisten sind schon etwas weniger euphorisch als ich.