Run All Night

Blu-ray Review

Run All Night Blu-ray review cover
Warner Home, seit 03.09.2015

OT: Run All Night

 


Der Totengräber

Liam Neeson und Jaume Collet-Serra gehen zum dritten Mal eine rasnate Liaison ein.

Inhalt

Jimmy Conlon war mal ein verdienter Killer im Auftrag der irischen Mafia in New York. Mittlerweile ist er jedoch am Ende und meist volltrunken. Am Weihnachtsabend blamiert er sich zunächst als Santa Claus, nur um später den Sohn seines Ex-Bosses Shawn Maguire zu töten. Dies freilich aus Notwehr, weil er seinen Sohn Mike vor dem Gangsterfilius schützen wollte. Nun kleben Jimmy und Mike die Häscher Shawns an den Fersen, was alleine schon schlimm genug wäre, wenn sich Vater und Sohn wenigstens mögen würden. Doch die sind sich seit Jahren schon fremd und entsprechend uneinig, was das Vorgehen angeht. Da Mike schon bald merkt, wer alles im Dienst von Shawn steht, muss er notgedrungen seinem Dad vertrauen. Und tatsächlich: Man dreht es so, dass Mike an allem schuld ist, womit er von nun an die meistgesuchte Person New Yorks ist. Eine Chance, da wieder rauszukommen hat er nur, wenn er diese eine Nacht tut, was Papa Jimmy sagt. Und der wiederum sieht nur eine Möglichkeit, aus dem Schlamassel rauszukommen: Er muss mit dem Cop zusammenarbeiten, der ihn schon seit drei Jahrzehnten hinter Gittern sehen will …

Die nach Unknown Identity und Non-Stop dritte Zusammenarbeit von Jaume Collet-Serra und Liam Neeson ist vielleicht ein wenig zu düster fürs Mainstreampublikum geworden, um den finanziellen Erfolg der Vorgänger zu wiederholen. Das macht Run All Night aber keinen Deut schwächer als die beiden Erstgenannten – im Gegenteil: Der ausschließlich in einer Nacht spielende Actionthriller ist nicht nur vortrefflich gecastet und ästhetisch gefilmt, sondern auch höchst rasant und dauerhauft spannend. Die Story vom Ex-Killer, der sich gezwungenermaßen gegen seinen Ex-Boss wenden muss, ist zwar nicht neu, bekommt mit der Vater-Sohn-Geschichte aber noch eine dynamische Variante. Auch das Verhältnis zwischen Shawn und Jimmy bewegt sich weg vom üblichen Klischee und bekommt eine bittere Note, was vor allem den beiden Charaktermimen Ed Harris und Liam Neeson zuzuschreiben ist, die nicht einfach so von einer Sekunde zur nächsten Hass aufeinander entwickeln. Apropos Mimen: Die Schauspieler sind trotzt stereotyper Rollen durch die Bank passend besetzt. So ist Joel Kinnaman (RoboCop) als Neesons Filmsohn durchaus in der Lage, seiner vom Vater abhängigen Rolle eigene Nuancen und einen eigenen Kopf zu verpassen. Vincent D’Onofrio gibt den aufrechten Cop Harding mit der richtigen Portion Muffeligkeit und Rapper Common ist ein schön-wortkarger Profikiller. Dazu hat Nick Nolte einen nuschelig-launischen Gastauftritt, womit er neben Return to Sender in diesem Monat schon zum zweiten Mal ins Heimkino Einzug hält. Leider hier nicht mit seiner angestammten Synchronstimme, weshalb man auf die ohnehin authentischere, gröbere Originalfassung setzen sollte, in der man den Charakterkopf Nolte mit einer wahrlich gurgelnden Kehlkopfstimme bewundern darf. Dass Collet-Serra aber nicht nur auf gute Darsteller vertrauen, sondern auch virtuos auf der Action-Klaviatur spielen kann, zeigt er nicht nur in der atemlosen Autoverfolgung nach einer guten Viertelstunde, sondern vor allem in der atemberaubend Wohnblocksequenz. Wenn Jimmy und Mike vor einer Hundertschaft Polizisten und dem angeheuerten Profikiller Price fliehen müssen, während sie den einzigen Entlastungszeugen finden wollen, dann bebt die Leinwand für gut 20 Minuten vor Tempo und Spannung – eine Szene, die noch lange im Gedächtnis bleiben wird. Ebenso übrigens, wie der finale und allerletzte Schuss des Films, der grandios in Szene gesetzt wurde. Da sich Run All Night aufgrund der nächtlichen Szenerie auch atmosphärisch vom Genre-Einerlei abhebt, kann man nach kurzweiligen 115 Minuten nur attestieren, dass dem Film im Kino schon mehr Erfolg vergönnt gewesen wäre. Dies holt er jetzt aber hoffentlich auf Video nach – verdient hätte er’s.

Bild- und Tonqualität

Beim Bild von Run All Night kommt der für New-York-Gangsterfilme typische Braunlook mit deutlichem Korn zum Einsatz.Das ist nicht nur authentisch, sondern intensiviert auch die Atmosphäre. Beim Kontrast hat man’s jedoch übertrieben, denn helle Kleckse auf Gesichtern überstrahlen massiv, verhindern dann jede Zeichnung. Die Schärfe ist in Nahaufnahmen sehr gut, bringt Harris‘ und Neesons Faltengesichter prägnant zum Vorschein. Nur ab und an gerät der Fokus mal etwas aus dem Tritt und man meint, sich die Augen für einen Moment wischen zu müssen.
Zunächst mal gibt’s ein dickes Lob für Anbieter Warner – muss bei aller Schelte zu vergangenen Outputs, bzw. deren Tonproblematiken ja auch mal sein. Der Grund: Sowohl die englische als auch die deutsche Tonspur von Run All Night liegen in hochauflösendem dts-HD-Master sowie mit insgesamt acht Kanälen vor. Noch besser: Beide klingen ähnlich gut und unterscheiden sich nur marginal. Von vornherein machen sie ordentlich Druck, legen bei den Zeitlupensequenzen mit wuchtigen Einschüssen los und bringen auch die Faustschläge im Box-Gym knallig ins Heimkino. Voluminös ist auch der Soundtrack, dessen Bass-Eskapaden immer wieder für wackelnde Hosenbeine sorgen. Während des Zweikampfs zwischen Shawn und Jimmy auf einem verlassenen Güterbahnhof hallen die Schüsse vehement durchs Wohnzimmer, was von den Lautsprechern extrem effektvoll wiedergegebeen wird.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Run All Night warten zwei Featurettes. In „Shoot All Night“ blicken wir Hinter die Kulissen und erfahren, wie gefährlich es für Schauspieler sein kann, über Zäune zu hüpfen. „Liam Neeson: Action Pur“ beschreibt noch mal, wie wunderbar die Kollegen es fanden, mit dem Star zusammenzuarbeiten und stellt heraus, dass Regisseur und Hauptdarsteller nach drei gemeinsamen Filme eine sehr enge Verbindung haben. Dazu gibt’s noch knapp 16 Minuten an entfernten Szenen.

Fazit

Geradlinig, spannend, vortrefflich besetzt – Run All Night ist bedeutend besser als sein Kinoeinspiel und vor allem für Fans von düsteren Milieuthrillern eine klare Empfehlung.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 80%
Tonqualität (Originalversion): 80%
Bonusmaterial: 40%
Film: 80%

Anbieter: Warner Home
Land/Jahr: USA 2014
Regie: Jaume Collet-Serra
Darsteller: Liam Neeson, Ed Harris, Joel Kinnaman, Boyd Holbrook, Bruce McGill, Genesis Rodriguez, Vincent D’Onofrio, Lois Smith, Common
Tonformate: dts HD-Master 7.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 114
Codec: AVC
FSK: 16