Run Hide Fight

Blu-ray Review

Koch Films, 28.10.2021

OT: Run Hide Fight

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Abgeschnitten

Intensiver Thriller über ein Highschool-Attentat, der über seine eigenen Fallstricke stolpert.

Inhalt

Chris hört Stimmen

Zoe ist stinkig und bockig. Und das seit dem Krebstod ihrer Mutter. Während ihr Dad mit dem Verlust besser zurecht kam, hat sich Zoes Verhältnis zum Vater dadurch nicht gerade gebessert. Was außerdem nervt, ist der bevorstehende Schulball. Nichts, wonach Zoe der Sinn stehen würde. Was ihr durch den Alltag hilft, sind imaginäre Dialoge mit ihrer verstorbenen Mutter und ihr Kumpel Lewis. Ihr Tag an der Schule wird allerdings für noch schlechtere Laune sorgen. Denn während der ersten Pause brechen plötzlich vier bewaffnete Mitschüler in die Cafeteria ein, töten einige Mitschüler und nehmen im Anschluss eine ganze Gruppe als Geiseln. Zoe gelingt es, der Situation zu entfliehen, was sie dazu veranlasst, den Rest der Schüler und Lehrkörper zu warnen. Dabei begibt sie sich natürlich in große Gefahr und muss allen Mut und alle Fähigkeiten zusammen nehmen, die sie von ihrem Vater mitbekommen hat …

Zoe und Lewis hatten sich die letzten Tage an der Schule anders vorgestellt

Waffenprobleme im Alltag hat kaum ein anderes westliches Land so sehr wie die USA. Das weiß man. Immer wieder muss die Große Nation Hinterbliebenen erklären, dass es allen ganz schrecklich leid tut, wenn ein weiterer Amoklauf verübt wurde. Nicht selten geschehen solche Taten an Schulen. Und nicht selten liegt das daran, dass das Thema Waffen an Schulen und Universitäten unfassbar stiefmütterlich und lax behandelt wurde. Sage und schreibe 44! (größere) Ereignisse dieser Art gab es seit Beginn des neuen Jahrtausends an US-Bildungseinrichtungen – und da ist das „prominenteste“ Massaker an der Columbine High Scholl nicht mal dabei. Denn das ereignete sich bereits 1999. Über 170 Tote und noch viel mehr Verletzte sind das Resultat aus gerade einmal 20 Jahren. Und das an Einrichtungen, wo mitunter die wehrlosesten Menschen zu finden sind: Kinder.
Wird das Thema in Filmen behandelt, dann meist aus Tätersicht. Entweder als Horrorthriller oder auch als zynischer Kommentar auf eine verrohende Gesellschaft (Die Klasse von 1984). Nur selten gibt’s Ausnahmen – wie beispielsweise in Gus van Sants Elephant. Während Regisseur Kyle Rankin (Night of the Living Deb) mit Run Hide Fight nicht in der altbekannten Tätersicht schildern wollte, ging es ihm darum, einen Film über Tapferkeit drehen – zentriert um seine weibliche Hauptfigur.

Tristan gibt den Ton an

Dass man mit dieser nicht spaßen sollte, zeigt der Film schon in den ersten paar Minuten, wenn die Notwendigkeit von Zoe ein konsequentes Vorgehen verlangt. Sie erweist sich zudem bald als Außenseiterin; als kleine Aufwieglerin gar. Denn welche 17-jährige will denn wirklich kein Handy nutzen? Das darf dann auch durchaus als Kommentar auf die durchtechnologisierte Welt gesehen werden, die Run Hide Fight schon alleine dadurch zum Thema macht, weil die Täter ihre Gewaltaktionen live ins Netz streamen.
Die Direktheit, mit der dann nach 20 Minuten jene Gewalt in die Schule eindringt, vermittelt von Beginn an etwas Bedrückendes und Beklemmendes. Das ist zum einen dem unterschwelligen Score geschuldet und zum anderen dem glaubwürdigen Auftritt der Täter und -innen. Besonders der tumb wirkende Chris Jelick vermittelt ein äußerst unheimliches Gefühl, während der Hauptakteur, Tristan Voy, sich wie eine Art jugendlicher Joker gebärt. Von ihm geht ein diabolisches Flair aus, das von Darsteller Eli Brown überraschend souverän vorgetragen wird – ein charismatischer Unsympath, den man augenblicklich verabscheut.
Ohnehin sind die Rollen stark besetzt. Von Olly Sholotan, der Zoes besten Freund Lewis verkörpert, bis hin zu Isabel May als Hauptdarstellerin selbst. Die Tatsache, dass die tapfere Heldin in Run Hide Fight weiblich und ihr bester Freund Afroamerikaner ist, ist sicher bewusst gewählt, um ein klares Statement zu setzen. Ein Statement dahingehend, dass der Film das Herz am rechten Fleck hat.

Zoe sucht den Schützen

Doch genau dort ist auch sein Problem. Zweifelsohne ist die dämonische und eiskalte Darstellung sowie die berechnende Art der jugendlichen Killer eine klare Positionierung gegen Waffen an der Schule; gegen Gewalt von Schülern an Schülern und für eine Auseinandersetzung mit diesem Problem. Allerdings tappt Run Hide Fight in die Falle, wenn er zu differenzieren versucht, dass es einen Unterschied mache, wer die Waffe in der Hand hat – jemand mit der Absicht, eiskalt zu morden oder jemand mit der Absicht, in selbstjustiziabler Manier für „Gerechtigkeit“ zu sorgen. In den schwächsten Momenten darf man dem Skript deshalb reaktionäres Gedankengut vorwerfen. In den besseren schafft er es allerdings durchaus, wichtige Fragen aufzuwerfen. Was sich die Macher allerdings mit dem Sideplot rund um Zoes verstorbene Mutter gedacht haben, die in imaginären Dialogen mit ihrer Tochter eine fragwürdige Position einnimmt, bleibt wohl ein Rätsel von Rankin – ebenso wie das aufgesetzte und unglaubwürdige Ende.

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Studio:
Format: Blu-ray
Spieldauer:
Erscheinungstermin: Thu, 28 Oct 2021
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Bild- und Tonqualität

Schwächstes Glied in der Kette?

Ups, das fängt nicht allzu gut an. Kaum sind zwei Minuten von Run Hide Fight vorüber, zeigen sich am Himmel deutliche Bandingartefakte. Rein stilistisch bleibt das Bild zudem ziemlich hell, flau und oft eher trüb. Helle Hintergründe überstrahlen meist und wurden stilistisch zudem mit einer Art Weichzeichner versehen. Hautfarben erscheinen wenig natürlich und die Oberflächen sind generell eher soft und wenig knackig. Farben wirken ausgewaschen, der Schwarzwert sackt bisweilen ins Grünliche ab und die komplette Postproduktion wurde scheinbar darauf ausgelegt, einen etwas kränklichen Look zu erzeugen. Das ist insofern geglückt, sieht aber wirklich nicht sonderlich hübsch aus. Der Ton von Run Hide Fight liegt in unkomprimiertem DTS HD-Master vor, bleibt aber zumeist eher unauffällig. Schon der anfängliche Schuss auf das Reh findet eher im vorderen Bereich statt und die Explosion nach etwas über 13 Minuten weist ebenfalls kaum Räumlichkeit auf. Allerdings durchaus ein bisschen Druck, der über die Subwoofer ansprechend vermittelt wird. Stimmen stehen klar im Raum und sind hervorragend verständlich. Später, wenn die Schule von außen praktisch abgeriegelt ist und Hubschrauber herum schwirren, nimmt die Räumlichkeit ein wenig zu und man hört Polizeisirenen und rotierendes Helikopter-Flappen.

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Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Run Hide Fight gibt’s neben dem Trailer und einigen Programmtipps noch runde 15 Minuten an Interviews mit Cast & Crew. Anhand dieser wird man noch mal durch die Story geleitet und bekommt ein paar Erklärungen zu den Hintergründen der Geschichte und der Figuren. Tatsächlich gibt’s hier ein paar mehr Infos als man üblicherweise in solchen Hintergrundberichten an die Hand bekommt.

Fazit

Spannend, erstaunlich drastisch, gut gespielt, aber inhaltlich und moralisch fragwürdig – Run Hide Fight versucht sich an einem Statement gegen Waffengewalt und löst es mit Waffengewalt. Klingt wie ein Pro-Argument für den mittlerweile in Teilen umgesetzten trump’schen Vorschlag, US-amerikanische Lehrer zu bewaffnen, um der Waffengewalt an Schulen etwas entgegen zu setzen – und das ist mindestens diskussionswürdig. Natürlich kann man den Film hier auch als Anlass nehmen, eine fruchtbare Diskussion über die enthaltenen Thematiken zu führen. Das wäre dann, neben der wirklich spannenden Inszenierung, etwas Positives, das man mitnehmen kann. Selbst dann sollte man aber Kritik am Schluss üben, der ein wenig fassungslos zurück lässt.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 60%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 30%
Film: 50%

Anbieter: Koch Films
Land/Jahr: USA 2020
Regie: Kyle Rankin
Darsteller: Isabel May, Eli Brown, Thomas Jane, Radha Mitchell, Olly Sholotan, Treat Williams, Barbara Crampton
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,39:1
Laufzeit: 109
Codec: AVC
FSK: 16

(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Koch Films)
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Trailer zu Run Hide Fight

Run Hide Fight (Deutscher Trailer) - Isabel May, Radha Mitchell, Thomas Jane


So testet Blu-ray-rezensionen.net

Die Grundlage für die Bild- und Tonbewertung von Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays bildet sich aus der jahrelangen Expertise im Bereich von Rezensionen zu DVDs, Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays sowie Tests im Bereich der Hardware von Unterhaltungselektronik-Komponenten. Gut zehn Jahre lang beschäftigte ich mich professionell mit den technischen Aspekten von Heimkino-Projektoren, Blu-ray-Playern und TVs als Redakteur für die Magazine HEIMKINO, HIFI TEST TV VIDEO, PLAYER oder BLU-RAY-WELT. Während dieser Zeit partizipierte ich an Lehrgängen zum Thema professioneller Bildkalibrierung mit Color Facts und erlangte ein Zertifikat in ISF-Kalibrierung. Wer mehr über meinen Werdegang lesen möchte, kann dies hier tun —> Klick.
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2 Kommentare
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dirk

Das Schlimmste ist mal wieder der deutsche Titelzusatz…

Stefan

Hi Timo,

Danke Dir für die reflektierte Review. Ich werde den Film sicher meiden und statt dessen wohl nochmal „We need to talk about Kevin“ anschauen.