Scherzo Diabolico – Blutig und böse

Blu-ray Review

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Donau/AL!VE, ab 30.09.2016

OT: Scherzo Diabolico

 


Bumerang

Manchmal kommt es dicke und dazu noch überraschend.

Inhalt

Aram ist einer der fleißigsten Anwälte im Stall seiner Kanzlei und schiebt Überstunde um Überstünde. Dies vor allem, um es seiner ständig nörgelnden Ehefrau Recht zu machen. Und dann ist da noch der Herr Papa, der seinem Sohn ständig vorhält, kein berühmter Klavierkünstler geworden zu sein. Irgendwann ist ihm das Ganze zu bunt und er beschließt, sich bei seinem Chef zu rächen. Das tut er, indem er dessen junge Tochter immer wieder beobachtet und ihr Kidnapping minutiös plant. Die Entführung gelingt und mit einer Karnevalsmaske auf dem Gesicht verschleppt er sie auf ein altes Fabrikgelände. Dort treibt er zynische Spielchen mit ihr, filmt das Geschehen und sendet die Videos seinem Chef. Aram hätte wohl kaum zu träumen gewagt, dass sein Plan aufgeht, doch tatsächlich muss der Vater der Entführten psychisch bedingt den Job quittieren und übergibt seinen Posten an den Entführer. Sogar Arams Frau findet wieder gefallen an ihrem Mann – Ende gut, alles gut? Nein, nicht für Aram. Denn die, die er zuvor für sein Streben nach Macht benutzt hat, sinnen ihrerseits auf Vergeltung …

Halbzeit eins: Der mexikanische Horror- und Rachethriller Scherzo Diabolico erschafft Sympathie für seinen von allen guten Hoffnungen verlassenen Protagonisten. Wir sehen zu, wie ihn seine Frau, der Papa und der Chef niedermachen und verstehen, warum er sich eines Tages zumindest an einem von ihnen rächen will. Dass wir hier nicht mit der üblichen US- (oder anderer Länder) Genrekost zu tun haben, merkt man spätestens bei Arams Schäferstündchen mit einer Prostituierten. Wirr, verschwommen und wackelig verfolgt und verfremdet die Kamera das Geschehen – ohnehin gibt’s bisweilen Überraschungen, mit denen man so kaum rechnet. Beispielsweise dürfte man durchaus verwundert sein, wenn Aram seinen Vater höchst unorthodox zum Schweigen bringt. Dazu der ständige Klavierscore, der die Verbindung zur Leidenschaft seiner Hauptfigur herstellt und im Zusammenhang mit den teils überbunten Bildern verstörend wirkt. Abgesehen davon, dass die Umgebung mitunter sehr farbkräftig ist, gibt es kaum Helles oder Optimistisches in Scherzo Diabolico, dessen Grundstimmung von Hoffnungslosigkeit geprägt ist. Dass die Hauptfigur nicht der übliche Sadist ist, der scheinbar grundlos quält, sieht man ihm an, sobald er von seinen „Spielchen“ mit dem Opfer wieder nach Hause fährt und den Ekel vor sich selbst rauslässt. Bis hierhin hält sich der dem Filmtitel innewohnende „Scherz“ noch zurück, der schwarze Humor bleibt (noch) im Hintergrund.

Halbzeit zwei: Die Sympathien wechseln, die Rache gebührt nun jemand anderem und die Mitleidsgefühle für Aram und sein verkorkstes Pechvogel-Leben verwandeln sich in Ablehnung. Der nun machtsüchtige Neu-Chef nutzt die Frauen in seinem Leben aus und bekommt es am Ende vollkommen zu Recht heimgezahlt. Während die erste Stunde kaum physische Gewalt beinhaltet (dafür aber eine Menge nackter Haut) geht es ab der 68 Minute und im Finale dermaßen heftig zu, dass es Normal-Zuschauern den Atem verschlägt. Gorefans dürften sich umso mehr freuen, wenn Schädel zu den Klängen von Mozarts Rondo Alla Turca aufgespaltet, Arme hübsch entzwei gebrochen werden und Gedärme aus offenen Bäuchen quillen. Man könnte Scherzo Diabolico vorwerfen, dass er etwas zu abrupt die Stimmung wechselt, dass er auch nicht genug Futter liefert, um den ursprünglichen Rachefeldzug Arams sowie den seines Opfers zu erklären. Doch manchmal dürfen gängige Erwartungshaltungen auch einfach konterkariert werden. Und genau das tut Adrián García Bogliano, der zuvor schon Genrewerke wie Here Comes the Devil inszeniert hatte.

Bild- und Tonqualität

Puh … zunächst fragt man sich beim Betrachten des Vorspanns, ob der Abend schon so weit fortgeschritten ist, dass man leicht betrunken vor dem Bildschirm sitzt. Eine Erklärung für das wackelige und ruckelige Verhalten der Kamera hat man erst einmal nicht. In der Folge ist das Bild dann stabil. Scherzo Diabolico nutzt dabei ausgiebig Überkonstrastierungen und Farbfilterungen. Oft ist es gelblich, machmal etwas grüngefärbt – gerade auf schwarzen Hintergründen. Der Kontrastumfang ist auch deshalb bisweilen schwach (16’35/21’45). die Schärfe bleibt ebenfalls eher mittelprächtig, kann aber in Innenraumszenen bisweilen beeindrucken (40’50). In den dunklen Szenen ist überdies dauerhaft Korn und Rauschen wahrnehmbar (47’40).
Erstaunlich, wie raumfüllend Scherzo Diabolico beginnt. Die hektischen Klavierklänge bilden eine äußerst lebhafte Konzertbühne, auf der man mittig zu sitzen scheint. Für eine mexikanische Genreproduktion ist das aller Ehren wert. Da der Film Sounds ohnehin recht aggressiv nutzt, um zu vermitteln, wie außen vor seine Hauptfigur zu sein scheint, bleibt es entsprechend räumlich. Allerdings sind die nachträglich eingefügten Geräusche (Schritte etc.) nicht wirklich natürlich. Die Stimmen kommen derweil gut verstädnlich aus dem Center und sind bis auf wenige Ausnahmen von der deutschen Synchro gut getroffen. Dynamiksprünge oder Bassattacken bleiben die Ausnahme.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Scherzo Diabolico findet sich ein Audiokommentar, den die spanischen Filmemacher für den internationalen Markt auf Englisch einsprachen – leider ohne Untertitel. Dazu gesellt sich ein Musikvideo sowie drei Featurettes. In „A Diabolical Joke“, dem 25-minütigen Beitrag über die Technik des Films, erzählt der Kameramann ziemlich erschöpfend von den Details seiner Arbeit. „Behind Every Weak Man“ stellt die weiblichen Darstellerinnen vor und „The Mephisto Waltz“ kümmert sich um die Filmmusik.

Fazit

Scherzo Diabolico wirkt vielleicht etwas konfus und nicht immer komplett durchdacht. Auch ist er inszenatorisch etwas holprig. Aber die gut aufgelegten Darsteller und der ungewöhnlich heftige Twist lassen über viele Kleinigkeiten hinwegsehen. Splatterfans wird freuen, dass der Film ungehindert die FSK passierte.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 55%
Tonqualität (dt. Fassung): 65%
Tonqualität (Originalversion): 65%
Bonusmaterial: 60%
Film: 60%

Anbieter: Donau Film/AL!VE AG
Land/Jahr: Mexiko/USA 2015
Regie: Adrián García Bogliano
Darsteller: Francisco Barreiro, Daniela Soto Vell, Jorge Molina, Milena Pezzi, Vita Vargas
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 91
Codec: AVC
FSK: 18

Trailer zu Scherzo Diabolico