Blu-ray Review
OT: The Host
Gefangen im eigenen Körper
„Twilight“-Autorin Stephenie Meyer hat noch einen anderen Roman geschrieben, der nun verfilmt wurde: „Seelen“ variiert das Vampir-Mensch-Werwolf-Thema und fügt noch ein bisschen „Die Körperfresser kommen“ hinzu.
Inhalt
Nach der Übernahme der menschlichen Körper durch Außerirdische ist die Erde ein vermeintlich friedlicher Platz ohne Kriege, Hungersnöte oder Umweltprobleme. Doch nicht alle Menschen wurden von einer fremden Seele besetzt. Es gibt noch solche, die „überlebt“ haben. Diese halten sich im Untergrund versteckt und sind auf der ständigen Flucht vor den „Suchern“, deren Ziel es ist, auch noch den Rest der Menschheit zu vereinnahmen. Auch Melanie Stryder gehört zu den Widerständlern. Eines Tages wird sie bei einer Verfolgung schwer verletzt und mit einer Seele namens „Wanderin“ verbunden. Doch entgegen der üblichen Reaktion ist Melanie eine starke Persönlichkeit, die sich nicht so einfach dominieren lässt. Während Wanderin langsam das Innere ihres Wirts zu erforschen beginnt und Bericht an die Sucherin erstattet, versucht Melanie bei ihrer Seele Mitgefühl für die Menschen zu provozieren und ihre Besetzerin für sich zu gewinnen. Sie will um jeden Preis verhindern, dass ihr jüngerer Bruder und ihr Freund Jared gefunden werden. Als die Sucherin misstrauisch wird und ihrerseits Melanies Körper übernehmen will, entscheidet sich Wanderin mit Melanie zu kooperieren und flieht zu den Überlebenden. Doch wie soll sie diesen, ihr gegenüber misstrauisch bis feindlich gesinnten Menschen, klarmachen, dass noch ein Mensch, ein Freund in ihr steckt…?
Nach der ultraerfolgreichen Twilight-Reihe, die die ohnehin schon aufgrund ihrer Buchverkäufe nicht ganz arme Stephenie Meyer noch reicher und deren Darsteller extrem bekannt gemacht hat, folgt nun eine weitere Verfilmung eines Romans der überzeugten Mormonin. Während die Grundprämisse von Seelen (im Original: The Host) zwar nicht neu (Die Körperfresser kommen lassen grüßen) aber eben auch nicht uninteressant ist, krankt die Verfilmung an einer entscheidenden Stelle: Der im inneren der Figur der Melanie/Wanderin stattfindende Dialog zwischen beiden Seelen wird im Film offen ausgesprochen und überschreitet nicht nur einmal die Grenze zur Lächerlichkeit. Das führt beispielsweise in der Situation, als Wanda mit den Zuneigungsgefühlen Ians konfrontiert wird (was Melanie, die Jared liebt, natürlich irgendwie doof findet), zu folgendem Zweitklässler-Dialog:
W.: „Ich habe aber auch eigene Gefühle!“
M.: „Nein, hast du nicht!“
Als Ian Wanda schließlich küssen will:
M.: „Wanda nicht, lass das! Das wirst du nicht tun! … ich tue gleich etwas… ich werde ihm weh tun!“
Immer wieder werden dazu Ereignisse von Melanie kommentiert, die ohnehin schon aus der Interaktion erkennbar wurden. Diese Redundanz gleicht jener in Hörspielen, nur dass man in diesen eben auch keine optische Eklär-Ebene zur Verfügung hat. Wer das Schlimmste dieser Dialoge verhindern möchte, sollte zwingend auf den englischen Originalton wechseln, der deutlich besser in der Lage ist, das zwiegespaltene Verhältnis zwischen Melanie und ihrer Besetzerin zu emotionalisieren. Die deutsche Synchronstimme, die überdies viel zu mädchenhaft ist, schafft es zu keiner Zeit, so etwas wie Mitgefühl zu erzeugen.
Überhaupt ist der Mitfühl-Faktor, die Identifikation mit einer Figur des Films, extrem schwer. Diane Krüger, die als außerirdische Sucherin ohnehin wie ein Roboter agieren muss, gelingt es nur bedingt, so etwas wie Wut auf sie zu erzeugen. Von den blassen Gefolgsleuten mal ganz abgesehen. Das könnte aber auch daran liegen, dass Seelen mit keinem Wort erklärt, mit welcher Motivation die Außerirdischen sämtliche Menschen besetzen. Saoirse Ronan als Melanie ist sicher die hauptsächliche Identifikationsfigur und schafft mit all ihrem Talent zumindest so etwas wie eine Charakterentwicklung darzustellen. Doch das Drehbuch und die Inszenierung sind dermaßen limitiert, dass emotionale Wechsel mitunter viel zu abrupt erfolgen. Den Film begleitet selbst bei Ankunft in der Höhle und dem Zusammentreffen mit den letzten Menschen eine spürbare Kälte, die noch dadurch gesteigert wird, dass Menschlichkeit auch dort fast ausgemerzt zu sein scheint. Und zu all dem muss Meyer dann irgendwie auch noch eine 3er-Beziehungskiste integrieren, die fast eins zu eins aus der Twilight-Reihe abgeschaut, bzw. -geschrieben ist. Für all jene, die während des Films übrigens nicht wissen, wer auf der richtigen und wer auf der falschen Seite steht – leuchtende Blitzeaugen, weiße Klamotten und chromfarbene Fahrzeuge sind eindeutig BÖSE. Was bleibt ist die vermittelte Botschaft, dass Individualität trotz ihrer Gefährlichkeit beschützenswert und der grauen (hier weißen), praktisch faschistoiden und seelenlosen Masse vorzuziehen ist. Das ist nett gemeint und auch für ein jüngeres Publikum gut nachvollziehbar. Dazu gesellt sich die Frage, wie viel Menschlichkeit man sich bewahren kann, wenn man in einer akuten Bedrohungssituation ist. Hier winkt das Walking Dead-Thema um die Ecke, kanalisiert in der Figur des Onkel Jeb. Was ebenso bleibt sind tolle Schauwerte: Egal, ob es die Architektur und das Design der Zukunft oder die weiten Getreidefelder in den Höhlen sind – hübsch anzuschauen ist Seelen allemal.
Bild- und Tonqualität
Das in hellen Innenräumen der außerirdischen „Menschen“ optisch klinisch rein eingefangene Szenario von Seelen wird ebenso klinisch wiedergegeben. Kein Staubkörnchen stört den extrem stabilen Bildstand. Schärfe und Detailtiefe sind auf extrem hohem Niveau. Chromglänzende Flächen, wie jene der Fahrzeuge leuchten kraftvoll und brillant. Die deutlich stilisierten Rückblenden der Geschichte werden mit starkem und zentralem Fokus, sowie beabsichtigten Randunschärfen wiedergegeben. Die Bildqualität in den dunklen Höhlen bleibt auf dem hohem Niveau der Außenaufnahmen. Die Ruhe ist konstant hervorragend und die Feinzeichnung bleibt erhalten.
Akustisch nutzt Seelen schon zu Beginn die hinteren Lautsprecher für häufige Effekte und direktional eingesetzte Geräusche. In der weiteren Folge wird vor allem die innere Stimme Melanies dazu genutzt, die rückwärtigen Kanäle mit einzubeziehen, denn um eine Differenzierung zwischen den beiden Seelen herzustellen, belegte man Melanies Äußerungen mit einem starken Hall. In punkto Action gibt es ein paar kürzere räumlich klingende Autoverfolgungsjagden und den abgefeuerten Schuss von Onkel Jeb, der knallend und hallend durch die Höhlen raunt (37’40).
Bonusmaterial
Neben den Originaltrailern und vier entfernten Szenen wartet noch ein kurzweiliges siebenminütiges Featurette „Seelen: Vom Buch zum Film“. In diesem erzählt die Autorin, wie sie zur Idee des Romans kam und dass sie glücklich mit dem Casting war. Saoirse Ronan darf zum Besten geben, dass sie ihre Stunts möglichst selbst gemacht hat und ein paar Einblicke in das Produktionsdesign, sowie die Drehorte später sind die sieben Minuten auch schon rum. Der Audiokommentar vom Regisseur, dem Produzenten und Romanautorin Meyer bleibt recht nüchtern und
Fazit
Seelen ist ein Teenie-kompatibles Science-Fiction-Drama, dessen interessante Grundprämisse leider oft ins Lächerliche abdriftet. Für Fans der Twilight-Serie sicher einen Blick wert.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 90%
Tonqualität (dt. Fassung): 80%
Tonqualität (Originalversion): 80%
Bonusmaterial: 40%
Film: 30%
Anbieter: Concorde Home Entertainment
Land/Jahr: USA 2013
Regie: Andrew Niccol
Darsteller: Saoirse Ronan, Diane Krüger, William Hurt, Max Irons
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 125
Codec: AVC
FSK: 12