Sein letztes Rennen

Blu-ray Review

OT: –

Universum Film, 28.03.2014

 


Nie stehenbleiben!

Sein letztes Rennen ist Deutsches Kino von höchster Güte.

Inhalt

Weil Pauls Frau Margot zum dritten Mal in kurzer Zeit zu Hause gestürzt ist, kann Tochter Birgit ihre Eltern doch davon überzeugen, ins Heim zu gehen. Das ist zwar gar nicht nach dem Geschmack des rüstigen, über 70 Jahre alten Rentners, der einst ein legendärer Marathonläufer war, doch letztlich siegt die Vernunft. Im Heim erfüllen sich dann allerdings Pauls schlimmste Befürchtungen: zwischen Bastelstunden und Singkreis verkümmern die individuellen Leidenschaften – doch nicht mit dem ehemaligen Supersportler. Paul säubert seine alten Turnschuhe, zieht sich das Sportsdress an und joggt durch den Park des Heims – erklärtes Ziel: der Berlin-Marathon. Während sich die restlichen Bewohner, allen voran Besserwisser Rudolf, über ihn lustig machen und die Heimleitung ihm das Laufen verbieten will, zeigt Paul schon bald, was in ihm steckt. Dann jedoch schlägt das Schicksal zu …

Weit weit entfernt von Nonsens-Klassikern wie „Didi – Der Doppelgänger“ oder „Didi auf vollen Touren“ zeigt Dieter Hallervorden in Sein letztes Rennen vielleicht die beste und bewegendste Leistung seiner an Highlights nicht eben armen Schauspielkarriere. Dabei ist er witziger denn je, wenn er auf lakonische Art die Komik in der Tragik ergründet. Zum Beispiel wenn sich sein Paul beim Kastanienmännchenbauen darüber mokiert, dass man sich auch totbasteln kann. Geradezu sensationell die Szenen, in denen er splitterfasernackt auf dem Balkon Kniebeugen macht oder seine Margot ihn beim Training mit Trillerpfeife diszipliniert.
Das großartige Ensemble älterer Darsteller demontiert genüsslich und auf wunderbar ironische Weise Klischees, trifft aber auch stets den Ton, wenn die tragischen Momente die Szenerie bestimmen. Während die dramatischen Vater-Tochter-Situationen schlüssig ins Gesamtbild passen, hätte man sich allerdings die Nebenhandlung zwischen Birgit und ihrem männlichen Arbeitskollegen sparen können. Das hätte den Film im ausgedehnt melancholischen Mittelteil etwas gestrafft und wäre auch gar nicht nötig gewesen, um zu verstehen, dass Pauls Tochter Schwierigkeiten hat, ein Privatleben aufzubauen.
Die zunehmend ernsten Töne, die nach den ersten 45 Minuten angeschlagen werden, dürfen durchaus auch als Kritik am Pflegesystem gelten und schrecken keinesfalls davor zurück, auch unangenehme Auseinandersetzungen mit dem Älterwerden und dem Tod darzustellen.

Bild- und Tonqualität

Beim an sich in Nahaufnahmen sehr scharfen Bild von Sein letztes Rennen wurde bewusst ein Weichzeichnungsfilter eingesetzt, der die Umrisse der Darsteller heiligenscheinartig umschmeichelt. Farben gelingen sehr natürlich, der Kontrastumfang ist hoch. Da für die Aufnahmen vom Berlin Marathon zum Teil auf Dokumentarszenen zurückgegriffen wurde, sind dort teils Treppenstufen zu entdecken.
Der dts-HD-Master-Ton in 5.1 wird lebendig, sobald die Filmmusik positiv gestimmt ist und auflebt. Die melancholischen Momente bleiben eher auf die Front bezogen. Atmosphärisch wird’s, wenn der Wind durch das Laub der Bäume fegt oder die Blätter auf dem Boden aufwirbelt. Stimmen kommen gut verständlich aus dem Center, wenngleich die älteren Herren und Damen hin und wieder etwas nuscheln. Enthalten ist auch eine Hörfilmfassung für Sehversehrte.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Sein letztes Rennen finden sich zwei Audiokommentare, einer davon mit Regisseur Riedhof, Komponist und Script-Mitentwickler Hinderthür sowie Co-Autor Blöbaum, der andere mit Riedhof und Hallervorden. Dazu gibt es fünf Interviews mit den Darstellern und dem Regisseur. Vom gut gelaunten Hauptdarsteller erfahren wir, dass er für den Film über fünf Monate trainiert hat, bei jedem Wetter täglich joggte, seine Ernährung umstellte, ins Fitnessstudio ging und obendrauf noch zum Schwimmen. Diese Anstrengungen haben ihn während der Zeit um satte 9kg Körpergewicht erleichtert.

Fazit

Sein letztes Rennen liefert großes Schauspiel eines der versiertesten und vielfältigsten Künstlers, den Deutschland zu bieten hat. Und das in einem Film, der treffsicher auf dem Grat zwischen Komik und Tragik wandelt.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 70%
Tonqualität: 70%
Bonusmaterial: 40%
Film: 85%

Anbieter: Universum Film
Land/Jahr: Deutschland 2013
Regie: Kilian Riedhof
Darsteller: Dieter Hallervorden, Heike Makatsch, Tatja Seibt, Katrin Saß, Reinhold Beckmann
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 115
Codec: AVC
FSK: 6

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