Selfmade-Dad – Not macht erfinderisch

Blu-ray Review

Selfmade Dad - Not macht erfinderisch Blu-ray Review Cover
Concorde Home, seit 25.08.2016

OT: Father of Invention

 


Gesicht oder Eier

Charmante und satirische Komödie, die sechs Jahre auf ihre Veröffentlichung wartete.

Inhalt

Robert Axle war mal der König des Infomercials – sozusagen ein männlicher Judith Williams. Allerdings konnte er nicht nur gut präsentieren, er war auch verantwortlich für die Erfindungen der Geräte und Dinge, die er im Fernsehen anbot. Seine Genialität kombinierte stets zwei Gegenstände zu einem innovativen neuen Artikel,wie bspw. das Pfefferspray mit integrierter Digitalkamera. Leider hatte sein AB Clicker, mit dem man gleichzeitig Sit-ups machen und durchs Fernsehprogramm zappen konnte, ein Loch, in das man seine Gliedmaßen besser nicht reinsteckte. Nachdem dies gleich 3000 Kunden taten, sich dabei ebenso viele Finger abtrennten und daraufhin Axle verklagten, landete der für zehn Jahre im Knast. Zwei Jahre früher entlassen hat Robert nun acht Jahre Brainstorming hinter sich, wird als schäbiger Ex-Knasti aber überall geachtet. Außerdem ist seine Frau, sein Haus, sein Vermögen UND sein Auto weg. Das einzige, das ihn jetzt wieder in die Spur bringen kann, wäre eine neue geniale Erfindung – eine narrensichere versteht sich. Dafür hat er allerdings nur 30 Tage Zeit, denn länger lässt ihn seine wenig begeisterte Tochter Claire nicht bei sich und ihren zwei chaotischen Mitbewohnerinnen wohnen. Doch schon der erste Job dauert gerade mal zwei Tage und Robert würde sich auch gerne mit seiner Tochter aussöhnen. Dazu kommt, dass seine spontan gewonnenen Ideen offenbaren, dass er acht Jahre Technik verschlafen hat und vollkommen out of date ist …

Manche Filme schaffen es trotz prominenter Besetzung und interessanter Story weder in den USA noch hierzulande in die Kinos. Dass es dann sogar sechs Jahre dauert, bis man sie als Video-Erstveröffentlichung herausbringt, ist allerdings umso seltener. Selfmade-Dad hätte dieses Schicksal wirklich nicht verdient, denn lange schon hat Kevin Spacey nicht mehr so lustvoll den Verlierertypen gespielt. Mit zotteligem Bart und langen grauen Haaren muss er mitansehen, wie sein Leben nach dem Knast trotz guter Vorsätze nicht mehr in die Spur kommt. Dabei ist Trent Coopers Film keine bittere Gesellschaftssatire wie seinerzeit American Beauty, sondern eine durchgängig witzige Satire, die es sogar hinbekommt, Familienzusammenführungsdramatik zu integrieren, ohne peinlich zu wirken. Spacey sieht man gerne dabei zu, wie er von einem kleinen Jungen auf dem Spielplatz zum Handball-Squash animiert und belehrt wird, wie man es korrekt spielt. Auch seine unbeholfenen Selbstversuche, sich die Haare zu schneiden oder sein Look im neuen Outfit für sieben Mäuse sind wirklich witzig. Und wenn Mitbewohnerin Phoebe ihn vor die Wahl zwischen „Gesicht oder Eier“ stellt (inklusive schmerzhafter Konsequenz), dann ist das ein echter Brüller. Ohnehin ist Heather Graham als zickige Lesbe (oder so) großartig gegen ihren Strich besetzt und darf lustvoll über die Stränge schlagen. Apropos gegen den Strich: Johnny Knoxville als Supermarktleiter mit Stock im Arsch ist sensationell. Dass sogar die Vater-Tochter-Beziehung in Selfmade-Dad funktioniert, ist Spacey und Camilla Belle zu verdanken, die auch die sanften Parts der Story treffen. Ab der Mitte der Laufzeit ändert sich der Ton dann auch deutlich in die Richtung Bewältigung alter Differenzen zwischen Robert und Claire, was den Humor etwas ausbremst, dafür aber charmant ausgearbeitet ist. Klar, insgesamt hätte man die Geschichte noch etwas bissiger und mit etwas mehr Tempo ausstatten können, doch die Botschaft, sich die Zeit für die Liebsten zu nehmen, kommt an. Und warum der Film seine Kinopremiere nur in Russland feiern durfte, wo er zuvor noch (im Nebenprogramm) der Berlinale lief, ist eigentlich unverständlich.

Bild- und Tonqualität

Selfmade-Dad hat lebhafte und kräftige Farben sowie einen sehr guten Kontrastumfang. Die leicht erdige Tönung passt zum Look des Films und die Schärfe ist generell gut. Ein leichtes, filmisches Korn stört den Genuss nicht, die gelegentlich ausgefranst wirkenden Umrisse dafür schon ein wenig. Schön ist, dass auch dunkle Szenen nicht unruhiger werden, allerdings saufen Details im Schwarz dann schon mal ein wenig ab.
Akustisch ist Selfmade-Dad grundsätzlich frontlastig und wenig dynamisch. Die Stimmen sind etwas gedämpfter als sonst schon mal und die Rearspeaker bleiben fast durchgängig still. Die Filmmusik kommt ebenfalls hauptsächlich aus den Frontlautsprechern und der Subwoofer zeigt nur selten grünes (weil aktives) Licht.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Selfmade-Dad findet sich ein Making-of sowie Outtakes, eine Bildergalerie und Clips. Das Making-of läuft knapp 15 Minuten und lässt Drehbuchautor, Schauspieler und Regisseur zu Wort kommen. Das geht nicht komplett ohne Werbetrailer-Atmosphäre, hält aber auch ein paar interessante Infos bereit. Die 90-sekündigen Outtakes zeigen ein paar Improvisationen und ungefähr zehn Versuche, wie Knoxville im Supermarkt in die Ausstellware rutscht.

Fazit

Selfmade-Dad ist ein zwar in bekannten Bahnen verlaufender aber vergnüglicher und manchmal sogar zu Herzen gehender Mix aus Satire, Komödie und Drama, das mit gut aufgelegten Darstellern punktet und völlig zu Unrecht erst jetzt veröffentlicht wird.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 60%
Tonqualität (Originalversion): 60%
Bonusmaterial: 40%
Film: 65%

Anbieter: Concorde Home
Land/Jahr: USA 2010
Regie: Trent Cooper
Darsteller: Camilla Belle, Kevin Spacey, Heather Graham, Virginia Madsen, John Stamos, Michael Rosenbaum, Johnny Knoxville, Craig Robinson
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 94
Codec: AVC
FSK: 6

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