Blu-ray Review
OT: Sherlock Holmes
Meisterdetektiv-Abenteuer-Actionfilm
Guy Ritchie hat den weltbekannten Romanhelden für seine Verfilmung einmal auf links gezogen und kräftig umgekrempelt.
Inhalt
Soeben gelang es Sherlock Holmes und seinem Partner John Watson, Lord Blackwood am Ritualmord an einer Frau zu verhindern und ihn Scotland Yard auf dem Silbertablett zu präsentieren. Doch kaum ist diese Großtat vollbracht, langweilt sich der Meisterdetektiv. Es ist aber auch ein Kreuz, wenn man mit so viel Intelligenz und Auffassungsgabe ausgestattet ist. Kurz vor der Hinrichtung bittet der inhaftierte Blackwood Holmes aber zu sich ins Gefängnis. Er offenbart dem Meisterdetektiv, dass er auch nach seiner Exekution noch weiter morden wird. In etwa zur gleichen Zeit bittet Irene Adler, eine einstige Konkurrentin Holmes, die Suche nach einem rothaarigen Kleinwüchsigen namens Reordan aufzunehmen. Diesen finden Holmes und Watson früher als ihnen lieb ist – nämlich anstelle des für tot erklärten Blackwood in dessen Sarg. Der dunkle Lord scheint seine Prophezeiung wahr zu machen und sein Werk auch nach der Hinrichtung weiter zu betreiben. Was Holmes und Watson noch nicht ahnen: Die Kontakte Blackwood reichen bis in hohe politische Etagen …
Ja, Sherlock Holmes ist starker Tobak. Zumindest für die traditionalistischen Fans der Meisterdetektiv-Geschichten von Sir Arthur Conan Doyle. Ein Sherlock als prügelnder Actionheld? Unfassbar, wie jemandem so etwas einfallen konnte. Derjenige, dem dies einfiel, war kein Geringerer als Guy Ritchie. Der britische Regisseur, der mit Bube, Dame, König GrAs und Snatch zwei Kultfilme produziert, danach aber unbedingt mit Madonna anbandeln und sie in dem unsäglichen Stürmische Liebe inszenieren musste, befand sich nach Revolver und Rock N Rolla langsam wieder auf dem Weg der Besserung. Und dann klopfte Produzent Lionel Wingram an die Tür, der seinerzeit für Warner die Rechte an den Harry-Potter-Büchern organisiert hatte. Wingram wollte Holmes in einer moderneren Fassung präsentieren. Nicht im Tweed-Anzug, sondern eher wie ein freier Künstler solle er aussehen. Privat eher etwas zersaust als durchweg distinguiert. Und als Ritchie, der die Sherlock-Holmes-Geschichten als kleiner Junge aufgesogen hatte, gefragt wurde (zuerst war übrigens Neil Marshall als Regisseur im Gespräch), entwickelte sich die Idee bald zu dem, was der Film (und sein Sequel) heute sind. Ritchie empfand die Geschichten Doyles immer actionlastiger als die bisherigen, sehr steifen Verfilmungen es gezeigt hatten. Und weil Ritchie ein gewisses Talent für die Inszenierung von Action hat, entwickelte man die „Holmes-Vision“. Mittels einer Phantom-HD-High-Speed-Kamera, die bei Bedarf bis 1000 Bilder pro Sekunde aufnehmen kann, entstanden die Superzeitlupen-Szenen, in denen Sherlock visualisiert, wie er seine Gegner bezwingen kann. Beeindruckende Sequenzen, die perfekt zum analytischen Meisterdetektiv passen.
Doch was wäre die Neuverfilmung von Sherlock Holmes ohne seine beiden Hauptdarsteller. Robert Downey jr. der zur Zeit der Produktion durch seine Rolle als Iron Man in kürzester Zeit zum Megastar aufstieg, nachdem Mitte der 90er immer wieder Drogen- und Alkoholprobleme seine Karriere überschattet hatten, war dabei nicht mal die erste Wahl Ritchies. Der Regisseur hatte eigentlich vor, die Rolle jünger zu besetzen und den Meisterdetektiv zu Beginn seiner Laufbahn zu porträtieren. Doch Downey jr. und Ritchie trafen sich und alles wurde anders. Und alles wurde gut. Denn in der Form, in der Sherlock Holmes von ihm gespielt wird, passt es perfekt zum etwas über der Gesellschaft stehenden, künstlerischen Aspekt, den der Film seiner Hauptfigur andichtete. Ein Bohémien ist dieser Sherlock Holmes, was durch Downey jr. lässiges, bisweilen fast rotziges Spiel sensationell unterstützt wird. Downey jr. muss kein muskelbepackter Actionheld sein, um die Vermischung aus Intellekt und Fäusten glaubwürdig rüber zu bringen. Zu jeder Zeit nimmt man ihm ab, wenn er anderen gedanklich meilenweit voraus ist – ebenso wie seine Überlegenheit im Kampf, die nicht aus Wucht, sondern aus der perfekten Analyse herrührt.
Dass Jude Law dann für den Watson gecastet wurde, ist ebenfalls ein Produkt des Zufalls (und der guten Chemie zwischen ihm und Downey jr.). Ursprünglich war mal Russell Crowe für die Rolle im Gespräch. Doch Laws Watson ist als sexy Frauenheld mit Kriegserfahrung, guter Erziehung und Spielsucht ein klasse Gegenpol zum exzentrischen Holmes.
Und so ist Sherlock Holmes vor allem ein grandios inszeniertes Buddy-Movie voller witziger Dialoge und toller Action-Choreografie. Die Story rund um einen geheimen Bund, der gemeinsame Sache mit einem Schurken macht, ist zuweilen vielleicht etwas kompliziert erzählt, enthält aber immer wieder nette Querverweise auf die entsprechenden Romanvorlagen von Arthur Conan Doyle. So findet bspw. Maycroft Holmes ebenso Erwähnung wie Professor Moriarty. Auch Irene Adler und ihre anfängliche Gegenposition zu Holmes entstammt den Originalgeschichten. Da die Nebenfiguren mit Rachel McAdams (Adler), Mark Strong (Blackwood) und vor allem Eddie Marsan als etwas trotteligem Inspector Lestrade ebenfalls vorzüglich besetzt sind und die Hatz von Schauplatz zu Schauplatz viel authentisches Flair aufkommen lässt, muss man eigentlich nur noch die geniale Kameraarbeit von Philippe Rousselot (Interview mit einem Vampir) sowie den perfekten Mix aus zeitgenössischer und moderner Musik des Scores erwähnen, um sein Fazit zu schließen: Dieser Sherlock Holmes durfte gerne in Serie gehen.
Bild- und Tonqualität BD
Der von Ritchie fast komplett analog gefilmte und über die BD in VC-1 kodierte Sherlock Holmes hatte vor zehn Jahren nicht das allerbeste Bild – jedenfalls nicht, was die Konsistenz der Einstellungen angeht. Einige Szenen (gerade die dunklen) sind doch arg körnig geraten, während andere erstaunlich glatt erscheinen. Wesentlich schwerer aber wiegt das mitunter immens versumpfende Bild. Viele Einstellungen in dunkler Umgebung saufen immer wieder drastisch ab. Man merkt fast jeder Einstellung an, dass Ritchie und sein Kameramann Philippe Rousselot den Film visuell massiv bearbeitet und auf den viktorianischen Look getrimmt haben, der das Geschehen mit größtmöglicher Authentizität füllt. Das heißt auch, dass Farben oft sehr reduziert erscheinen. Viele Sepiatöne finden sich hier, wenig lebhafte Farben.
Die Blu-ray von Sherlock Holmes ist mittlerweile auch schon gut zehn Jahre alt. Und es ist die gleiche Disk, die der UHD hier beiliegt. Das bedeutet, sie hat ebenso „nur“ eine Dolby-Digital-Kodierung – und das mit lediglich 448 Kbps. Also alles andere als wirklich gute Voraussetzungen für einen möglichst dynamischen Sound.
Selbst wenn sich die Synchro alle Mühe gibt, Holmes‘ in Zeitlupe visualisierten Precognitions mit sattem Bass zu begleiten. Auch seine Schläge landen recht wuchtig im Leib der Gegner und die Filmmusik schafft immerhin eine ansprechende Bühne. Viel Differenzierung und sonderlich große Dynamik darf und sollte man allerdings nicht erwarten. Am schönsten funktionieren noch die Pistolenschüsse, die Holmes nach knapp acht Minuten, die die Stille dann doch ganz wuchtig unterbrechen.
Bis … ja, bis man auf die englische Tonspur in dts-HD-Master wechselt, die das Geschehen dermaßen voluminös aufleben lässt, dass es eine wahre Freude ist. Was HIER während der Vorahnungs-Schläge von Holmes an Pfund auf die Speaker und den Sub gelegt wird, weist die deutsche Synchro dermaßen in ihre Schranken, dass sie sich vergrämt in die Schäm-Ecke verziehen sollte. Selbst wenn die deutsche Fassung für sich genommen ganz okay klingt, dann ist der Unterschied zur englischen Tonspur leider sehr deutlich. Übrigens nicht nur in puncto Dynamik, sondern auch in Feinzeichnung. Wenn Holmes die Schüsse im Haus abgibt, bröckelt der Putz deutlich feiner aufgelöst von den Rearspeakern. Einziges Manko des Originaltons: Stimmen sind bisweilen etwas etwas angezerrt und nicht immer perfekt sauber.
Bild- und Tonqualität UHD
Bis auf die High-Speed-Aufnahmen, die Holmes Vorahnungen visualisieren, wurde Sherlock Holmes mit zwei unterschiedlichen Kameras analog gefilmt. Zum Einsatz kam eine Arriflex 435 und eine Panavision Panaflex Millennium XL. Die Highspeed-Aufnahmen wurden mit einer Phantom HD-Kamera gefilmt. Da für die UHD das gleiche 2K-DI zum Einsatz kam wie für die Blu-ray von 2011, gibt’s hier „nur“ ein Upscale, das mit HDR10 und im Rahmen von Rec.2020 erweiterten Farbraum ergänzt wurde.
Mehr Auflösung gibt’s dann auch faktisch nicht. Eher wirkt die UHD etwas softer, weil man – abseits davon, dass es sich nur um ein 2K-DI-Upscale handelt – offenbar eine leichte Rauschfilterung vornahm. Die Körnung fällt gegenüber der Blu-ray etwas geringer aus. Weil aber beide Disks keine Ausgeburten an Detailtiefe sind, kann man dies hier sogar ganz gut verschmerzen – selbst wenn es prinzipiell nicht gut zu heißen ist, wenn Körnung elektronisch gefiltert wird. Denn am Ende ist Korn eben auch Filminhalt.
Zwar kann man also nicht mehr Auflösung bewundern, wohl aber das bessere Encoding und die durch die höhere Datenrate bessere Freiheit von leichten Artefakten. Vor allem jene typischen Unruhen um feine und Feinstobjekte herum sind der UHD fremd. Ob das bspw. rund um die Buchstaben in der Zeitung in Kapitel zwei sind oder die wuseligen Eigenschaften, die die Kette aufweist, an der unser Bösewicht nach dem Finale baumelt. All diese Details werden von der UHD ruhiger und artefaktfreier wiedergegeben. Das Color Grading ist insgesamt erdiger, weniger gelblich. Etwas reduzierter wirkt das dadurch, aber hier und da durch weißeres/helleres Weiß auch dynamischer. Spitzlichter hätte allerdings durchaus noch etwas mehr Punch vertragen. Insgesamt ein moderates Upgrade zur bisherigen Blu-ray, das vor allem durch HDR profitiert, nicht aber durch eine höhere Auflösung.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Die UHD ist noch etwas erdiger und ein wenig kontrastreicher.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): … wirkt die UHD mit der etwas dominanteren Brauntönung mehr Natürlichkeit.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Die UHD intensiviert die Kontrastdynamik und wirkt plastischer.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Die UHD bietet weißeres Weiß und mehr Dynamik.
Bonusmaterial
Das Bonusmaterial von Sherlock Holmes ist identisch mit jenem der bisherigen Blu-ray. Als da wären, ein viertelstündiges Making-of, das die neue Herangehensweise von Ritchie an den klassischen Stoff in den Fokus rückt. Darüber hinaus gibt’s den seinerzeit bei Warner beliebten Maximum-Movie-Mode, der insgesamt acht (auch einzeln abspielbare) Featurettes in den laufenden Film einblendet. Insgesamt gut 31 Minuten an Hintergrund-Featurettes gibt’s hier zu sehen, die einzelne Aspekte der Produktion beleuchten und ebenso wie das Making-of deutsch untertitelt sind. Unterhaltsam wird das vor allem dadurch, dass Guy Ritchie höchstpersönlich durch dieses Feature führt.
Fazit
Selbst wenn die UHD nicht in der Lage ist, alle Unzulänglichkeiten der nicht gerade hübschen Blu-ray zu revidieren, bietet sie das insgesamt stimmigere Bild. Leider bleibt der deutsche Ton beim gleichen, schwachbrüstigen Dolby Digital. Hier wäre eine neue Abmischung/Kodierung wirklich wünschenswert gewesen.
Für O-Ton-Fans ist aber alles in Butter. Und der Film an sich hat auch heute noch äußerst hohen Unterhaltungswert.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität BD: 70%
Bildqualität UHD: 70%
Tonqualität BD/UHD (dt. Fassung): 70%
Tonqualität BD/UHD (Originalversion): 90%
Bonusmaterial: 70%
Film: 90%
Anbieter: Warner Home Entertainment Germany
Land/Jahr: USA 2011
Regie: Guy Ritchie
Darsteller: Robert Downey Jr., Jude Law, Rachel McAdams, Mark Strong (Lord Blackwood), Eddie Marsan, Robert Maillet, Geraldine James
Tonformate BD/UHD: dts-HD-Master 5.1: en // Dolby Digital 5.1: de
Bildformat: 1,78:1
Laufzeit: 129
Codec BD: AVC
Codec UHD: HEVC
Disk-Kapazität: BD-66
Real 4K: Nein (2K DI)
High Dynamic Range: HDR10
Maximale Lichtstärke: 343
FSK: 12
(Copyright der Cover, Szenenbilder und vergleichenden Screenshots liegt bei Anbieter: Warner Home Entertainment Germany)
Ich mir die uhd BluRay heute auf meinem perfekt in Bild und Ton kalibrierten Heimkino gegönnt. Ich kann eigentlich alles von Timo mehr oder weniger bestätigen. Die Nachtaufnahmen sumpfen in der Regel extrem ab bis auf eine Ausnahme! Die Szene in der Nacht auf dem Boot. Mit adaptiven hdr sieht man jedes Detail und die Silhouette des Hafens. Dies ist die einzige beeindruckende nachtszene der uhd. Insgesamt ist der steile Kontrast und die inkonsistente Bildqualität eher eine Qual beim Betrachten als ein Genuss. Ich hab viele UHDs und muss sagen….visuell die schlechteste uhd die ich je gesehen habe. Beim Ton ist es eher Durchschnitt. Mit soundaupolierer gibt es paar Szenen die selbst in der deutschen synchron nicht ganz schlecht klingen wo man Stimmen auch mal sehr greifbar um sich her wandern hört. Man hört dem Mix an das dieser ca 10 Jahre alt ist. Szenweise klingen Stimmen dünn und dann wieder Szenen die guten Raumklang bieten. Gelegentlich meldet sich der subwoofer aber alles insgesamt nichts herausragendes. Mehr wie 15 Euro würde ich für die uhd nicht zahlen. Die BluRay ist noch weniger Beamer tauglich. Visuell haben da der Kameramann und Richie versagt, meiner Meinung nach. Hoffe der zweite Teil ist besser in allen Belangen. Der Film an sich ist Kult und eine bessere Umsetzung wäre wünschenswert gewesen. Schade…
Das ist mir zuwenig für ein knapp 20 Euro teures Upgrade.
Englischer 3D Sound, und ich wäre vielleicht schwach geworden.
Jo, sehe ich genauso.
Bild oder Ton – mindestens eins von beiden muss DEUTLICH besser sein, sonst gebe ich da nicht so viel Geld aus (außer vielleicht bei ganz wenigen extremen Fanboyfilmen 😉 ).
Vielleicht nehme ich die dann mal für nen 10er (am Besten im Rahmen einer 3für30-Aktion) mit…