Sie Leben – They Live 4K UHD

Blu-ray Review

sie leben 4k uhd blu-ray review cover
STUDIOCANAL Home Entertainment Sales, 14.02.2019

OT: They Live

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Die weiße Linie

Carpenters Abgesang auf die Reagan-Ära – jetzt in 4K.

Inhalt

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Zuerst fighten sie …

Einen wirklichen Namen hat er nicht, dieser Nada. Er ist Handwerker und Tagelöhner und hat soeben auf einer Großbaustelle mitten in Los Angeles angeheuert. Während der dortigen Arbeit freundet er sich mit Frank an. Frank ist aufgrund der klaffenden Schere zwischen arm und reich ziemlich wütend und würde am liebsten gewaltsam gegen die Kapitalisten vorgehen. Gleichzeitig muss er froh sein, überhaupt einen Job zu haben, mit dem er seine Familie über Wasser halten kann. Frank zeigt Nada, der bisher stets der Überzeugung war, es in Amerika zu etwas bringen zu können, die ärmeren Gegenden und eine nahe Kirche. Stets kommen sie dabei an den Menschen vorbei, die regungslos vor dem Fernseher sitzen und die Werbeblöcke konsumieren. Auffällig ist außerdem, dass das TV-Programm immer wieder von einem Piratensender unterbrochen wird und einen Prediger zeigt, der über eine fremde Macht berichtet, welche die Menschen bereits unterjocht hätte. Als die Polizei dann die Barackensiedlung sowie die Kirche stürmt und dabei äußerst brutal vorgeht, fällt Nada eine Kiste mit Sonnenbrillen in die Hände. Einmal aufgesetzt, sieht er nur noch schwarzweiß. Doch das ist nicht alles: In den Werbungen, die überall in der Stadt platziert sind, liest er nun die Worte „Gehorche!“, „Sieh fern“ oder „Konsumiere!“. Und als er dem einen oder anderen ins Gesicht schaut, traut er seinen Augen kaum. Denn das, was er dort entdeckt, ist eine skelettartige außerirdische Fratze. Von nun an ist ihm klar, dass der TV-Prediger Recht hat und die Erde von Außerirdischen besetzt ist. Die haben offenbar schon ganze Arbeit geleistet, die hiesigen Resourcen zu rauben und die Menschen durch einen Sender in ihren Gedanken kontrollieren. Lediglich die Brillen können das Signal hindern, durchzudringen. Mit etwas Mühe kann er Frank von seinen Nachforschungen überzeugen und zusammen beginnen sie einen Zwei-Mann-Feldzug gegen die Invasoren …

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… dann setzt Nada Frank die Brille auf

Mehr noch als im zynischen Die Klapperschlange zielt John Carpenter in seinem 1988er Polit-Horrorfilm auf die Reagan-Ära und die Zeit des groß angelegten Kapitalismus ab. Unverblümt prangert er in diesem auf der Kurzgeschichte Eight O’Clock in the Morning von Ray Nelson basierenden Film die herrschenden politischen Verhältnisse des Kalten Kriegs und der Kommunisten-Verfolgung an.
Politischer war er vorher und hinterher nicht mehr. Sie leben ist gleichzeitig so etwas wie ein Abschluss der ersten Ära Carpenter. Denn mit dem direkten Nachfolger Jagd auf einen Unsichtbaren verließ der Regisseur nicht nur gewohnte Pfade, sondern biederte sich (erfolglos) am Kommerzkino an. Inszenatorisch ist auch hier schon zu merken, dass Carpenter langsam die Ideen ausgingen, denn über weite Strecken zieht sich der Mix aus Action und SciFi doch ziemlich. Die Integration von visuellen Spezialeffekten konnte darüber nicht ganz hinwegtäuschen. Zumal die Action-Choreografie bisweilen ungelenk ist. Funktionieren Faustkämpfe noch ganz gut (jener drei Wochen geprobte und über vier Minuten lange Fight zwischen Frank und Nada ist gar legendär geworden), wirken Keith David und Roddy Piper mit Knarren in der Hand doch arg unglücklich. Ohnehin war es nicht die beste Wahl, den kanadischen Wrestler Piper in der Hauptrolle zu besetzen – und damit ist nicht mal die schreckliche Vokuhila-Frisur gemeint, die in den 80ern halt nur Kurt Russell stand. Piper hatte zwar eine beeindruckende Physis, aber eben doch nur bedingtes Schauspieltalent. Was schade ist, denn als Ringkämpfer gab er für Carpenter die perfekte Vorlage für einen amerikanischen Jedermann, in dessen Gesicht sich die Strapazen des Lebens bereits abgezeichnet hatten.

Woraufhin beide sehen, wer die Welt zu übernehmen versucht

Den Reiz bezieht Sie leben also vornehmlich aus seiner gesellschaftskritischen Story, die den Zuschauern selbst im Kino noch den Spiegel vorhielt. Immerhin durfte sich jeder die Frage stellen, inwiefern die allgegenwärtigen Werbeanzeigen und Commercials der damaligen Zeit sein eigenes Verhalten steuerten. Wie wir heute wissen, gelang es Carpenter mit seinem Film nicht, den Sendemasten in der Realität zu zerstören. Wir haben nicht erkannt, dass der Konsum eine Erfindung ist, die uns von der Revolution abhalten soll. Im Prinzip hat sich nichts geändert. Nur die Medien sind andere. Und, um den Zynismus perfekt zu machen: Wir haben uns damit abgefunden, dass es so ist. „Ändern lässt es sich ja ohnehin nicht“. Vielleicht ist Sie leben deshalb heute umso aktueller. In einer Zeit, in der die US-Amerikaner sich von einem twitternden Präsidenten an der Nase herumführen lassen und der Rest der Welt schockiert zuschaut, als wäre er gerade an einem schweren Autounfall vorbeigefahren. Foto schießen, nicht helfen, auf Instagram posten, weitermachen. Ja, manchmal wünscht man sich durchaus, dass mal jemand solche Brillen findet, die der Menschheit die Augen öffnen.
Bis dahin bleibt uns der Konsum. Der Konsum von Carpenters Sie leben, der im Übrigen erstaunlich gewalttätig daherkommt, was die FSK18-Freigabe bis heute durchaus rechtfertigt.

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Carpenter legt seine Kapitalismuskritik ziemlich offen an

Bild- und Tonqualität BD

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Nada will sein Land zurück

Wie im nächsten Kapitel ausführlich nach zu lesen ist, wurde Sie leben für diesen Release komplett neu und in 4K remastered. Diese Basis bekam auch die enthaltene Blu-ray spendiert, womit die bisherige BD der Vergangenheit angehört. Und das ist gut so. Denn deren weicher Filter-Look war stets ein Ärgernis. Erstaunlich dennoch, wie detailreich und vor allem blitzsauber das Bild erscheint. Blitzer und Schmutz sucht man praktisch vergeblich. Und wäre das analoge Korn (und Roddy Pipers Vokuhila) nicht vorhanden, könnte man den Film glatt für eine aktuelle Produktion halten. Schon das erste Close-up von Piper offenbart eine tolle Detailvielfalt und offenbart Hautporen, die man bisher noch gar nicht gesehen hatte. Dazu wirkt die Kontrastierung wesentlich angenehmer und das neue Color Grading lässt Hauttöne viel natürlicher erscheinen. Insgesamt ist vielleicht eine leichte Tendenz zum Grün zu erkennen, die von der UHD dann möglicherweise wieder eliminiert wird. Außerdem sind die ganz dunklen Szenen dann doch arg körnig. Allerdings haben wir es hier auch mit einer verhältnismäßig günstigen Produktion zu tun, die nicht das allerhochwertigste Material verwenden konnte.
Akustisch gibt’s das Altbekannte von der bisherigen Blu-ray. Sprich: Fürs Deutsche bekommt man dts-HD-Master in 2.0 und fürs Englische einen 5.1-Upmix – ebenfalls in dts-HD-Master, sowie den unkomprimierten PCM-Stereoton. Während der O-Ton in 5.1 vor allem die Umgebungsgeräusche der Stadt oder auf der Baustelle erstaunlich realistisch auf allen Speakern platziert und Carpenters unterschwellige Filmmusik erstaunlich druckvoll über den Sub schiebt, bleibt der deutsche auf die Front beschränkt. Während beiden Fassungen die krachigen Actionszenen und flachen Schusswechsel gemein sind, werden Dialoge gerade in der Synchro sehr deutlich, klar und verständlich wiedergegeben. Allerdings hört man durchweg leichte Rauschfilter-Maßnahmen.

Bild- und Tonqualität UHD

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Kann Nada Holly trauen?

Sie leben ist von 1988 – zweifelsfrei also analog gefilmt. Zum Einsatz kam hier eine Panavision Panaflex Gold, die mit 35mm-Filmmaterial bestückt wurde. Von diesem Original-Filmnegativ wurde dann ein echter 4K-Scan vorgenommen, der mittels 4K DI dann auch die Basis für diese UHD bot. Ebenso wie die drei anderen Carpenter-Klassiker The Fog, Fürsten der Dunkelheit und Die Klapperschlange (Letzterer ist hierzulande noch nicht in 4K veröffentlicht), die gemeinsam zur Restaurierung geschickt wurden, haben wir es also mit einer Real-4K-Scheibe zu tun. Überwacht wurde der Prozess des Remasterings und neuen Color Gradings vom Kameramann des Films, Gary B. Kibbe.
Zusätzlich zur höheren Auflösung spendierte man auch einen im Rahmen von Rec.2020 erweiterten Farbraum, sowie die höhere Bilddynamik HDR. Diese liegt in HDR10 und Dolby Vision vor.
Vorweg sollte gesagt werden, dass Sie leben mit 4 Mio. Dollar für damalige Verhältnisse zwar kein Low-Budget-, aber eben auch keine Premium-Produktion war. Entsprechend sitzt nicht jede Einstellung zu 100% im Fokus, ist nicht jedes Objektiv frei von deutlichen Randunschärfen. Außerdem ist die Körnung in dunklen Szenen durchaus sichtbar und verhältnismäßig deutlich.
Allerdings ist das hier eher als Glück zu bezeichnen, denn die bisherige Blu-ray war durch den eingesetzten Rauschfilter doch arg weich und wachsig geworden. Rauschfilter gibt es hier (siehe Bildbeschreibung zur Blu-ray, oben) nicht zu beklagen. Gegenüber der bereits sehr guten Blu-ray gefällt die UHD mit noch einmal natürlicherem Eindruck. Hauttöne sind realistischer und weniger gelblich, graue und weiße Oberflächen gelingen wesentlich neutraler. Dazu werden Farben und Kontraste eindrucksvoller wiedergegeben. Selbst wenn Dolby Vision hier bisweilen etwas zu wenig Zeichnung im Dunklen zulässt, ist die Bilddynamik des Dolby-Verfahrens dem von HDR10 überlegen. Obwohl HDR10 in den gut ausgeleuchteten Szenen schon sehr kontrastreich wirkt, nimmt DV noch einmal Grauschleier weg. Aufgrund der generell dunkleren Abstimmung wirkt die Stadt allerdings häufig wie in den Nachmittagsstunden gefilmt – was atmosphärisch allerdings durchaus passend ist. Etwas besser könnte noch der Schwarzwert sein, dem das deutliche Korn ein bisschen in die Suppe spuckt.

Blu-ray (6’37): (Slider ganz nach rechts): Schon die neue BD überzeugt mit klaren Kontrasten und erstaunlich defektfreiem Lauf.

UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Die UHD wirkt über die satteren Hell-Dunkel-Kontraste noch dynamischer und lässt Hauttöne wärmer erscheinen.

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UHD Dolby Vision: Dolby Vision intensiviert die Reflexionen auf Pipers Gesicht noch mal etwas, lässt das Geschehen noch ein bisschen dynamischer wirken.
Blu-ray (22’29): (Slider ganz nach rechts): Auch bei David Keith‘ Gesicht liefert die Blu-ray schon sehr gute Werte. Immer vor Augen halten: Das Original-Negativ lag nun 30 Jahre im Archiv.

UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Über die UHD wird der Kontrast zwischen Himmel und Hautfarbe noch stärker.

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UHD Dolby Vision: Dolby Vision ist hier dennoch am kräftigsten, schrammt aber haarscharf am „zu viel des Guten“ vorbei.
Blu-ray (62’28): (Slider ganz nach rechts): Es gibt auch schwächere Einstellungen wie diese hier. Die Schärfe ist maximal befriedigend und auch die Kontraste sind nicht ganz so gut wie bei den beiden Bildern oben.

UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Die UHD lässt die Farben und Kontraste hier etwas stimmiger wirken, holt aus dieser Szene aber auch nicht viel mehr raus.

(47’14) Blu-ray: (Slider ganz nach rechts): Ganz anders bei dieser Szene, in der die Blu-ray etwas grün auf den neutralen Flächen erscheint, die Hautfarben etwas zu gelblich sind und der Lippenstift ein bisschen blass wirkt.

UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Die UHD macht es hier auf allen Parametern besser.

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UHD Dolby Vision: Dolby Vision intensiviert noch mal die Kontraste im Gesicht, stellt hellere und dunklere Bereiche stärker heraus.

Blu-ray (Slider ganz nach rechts): Nehmen wir das Bild von ganz oben und wählen einen kleineren Ausschnitt, zeigt sich die fürs Alter erstaunlich gute Auflösung der Blu-ray, die ja auch auf dem 4K-Master basiert.

UHD (Slider ganz nach links): Dennoch macht’s die UHD noch besser. Vornehmlich aufgrund von HDR wirken die tiefen Poren auf Pipers Haut dreidimensionaler. Auch die Falten unter den Augen und am Mundwinkeln kommen och etwas deutlicher heraus.

Keine Änderung beim Sound. Die UHD kommt mit den identischen Tonspuren wie die im Set enthaltene Blu-ray.

Bonusmaterial

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Im Frisörsalon würde man mehr Aliens vermuten

Das Bonusmaterial der UHD beschränkt sich auf den schon bekannten Audiokommentar von Carpenter und Piper, der betont launig ausgefallen ist.

Fazit

Rein inhaltlich ist Sie leben heute aktueller denn je – wenngleich man das Thema Konsum vielleicht auf eine andere Ebene runterbrechen muss. Inszenatorisch und schauspielerisch muss man den Film allerdings mit einem anachronistischen Liebhaber-Auge schauen. Dann kann man trotz des der etwas ungelenken Actionszenen (der Faustkampf zwischen Piper und Keith David ausgenommen) und einem unglücklich besetzten Roddy Piper mit der typischen 80er-Jahre-Atmosphäre seine Freude haben.
Die UHD erfreut hingegen umso mehr. Denn was man durch das native 4K-Remastering an Schärfe, Kontrast und Farbkraft herausbekommen hat, dürfte das Maximum dessen sein, was man aus dem Filmmaterial überhaupt holen kann.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität BD: 75%
Bildqualität UHD (HDR10): 75%
Bildqualität UHD (DV): 80%

Tonqualität BD/UHD (dt. Fassung): 60%
Tonqualität BD/UHD (Originalversion): 65%

Bonusmaterial: 30%
Film: 60%

Anbieter: STUDIOCANAL Home Entertainment Sales
Land/Jahr: USA 1988
Regie: John Carpenter
Darsteller: Roddy „Rowdy“ Piper, Keith David, Meg Foster, George „Buck“ Flower, Peter Jason, Susan Barnes, Raymond St. Jacques
Tonformate BD/UHD: dts-HD-Master 5.1: en // LPCM 2.0: en // dts-HD-Master 2.0: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 94
Codec BD: AVC
Codec UHD: HEVC
Disk-Kapazität: BD-66
Real 4K: Ja (4K DI vom 35mm Film)
High Dynamic Range: HDR10, Dolby Vision
FSK: 18

(Copyright der Cover, Szenenbilder und vergleichenden Screenshots liegt bei Anbieter: STUDIOCANAL Home Entertainment Sales)

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