Silent Night – Und morgen sind wir tot 4K UHD

Blu-ray Review

Capelight Pictures, 10.12.2021

OT: Silent Night

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Wahrheit und Liebe

Kein Weihnachtsfilm, wirklich nicht.

Inhalt

Trautes Fest mit vertrauten Gästen

Nell und Simon stehen auf Traditionen. Und wann kann man Traditionen besser (aus)leben als zu Weihnachten? Jedes Jahr veranstaltet das Ehepaar deshalb auf ihrem Landsitz ein Festessen für ehemalige Schulfreunde und deren Partner. Doch in diesem Jahr ist’s anders. Dieses Jahr ist nicht nur die Bekleidung auffällig. In diesem Jahr hängt das Damoklesschwert des Todes über der Party. Und das nicht nur über der Festtagsgemeinde, sondern über der gesamten Gesellschaft. Eine durch eine Umweltkatastrophe ausgelöste Gaswolke zieht über das Land und wird jeden Menschen töten. Und weil das Ende unausweichlich ist, fand die Regierung es klug, Pillen zu verteilen. Tödliche Pillen. Es steht also jedem (illegale Einwanderer und Obdachlose ausgeschlossen) frei, sich selbst zu töten oder von der Wolke erwischt zu werden. Das Weihnachtsessen darf also enthemmter als sonst zugehen. Die Kids dürfen fluchen, die Erwachsenen (endlich) mal die Wahrheit sprechen. Endlich darf jeder mal den Vorhang fallen lassen und sich benehmen als wär’s der letzte Abend. Was es ja auch ist. Und dabei kommen Dinge zum Vorschein, die nicht jeder und jedem der Anwesenden gefallen werden …

Pille oder nicht?

Bevor hier ein Wort geschrieben und verloren wird, sei gesagt: Die Dreharbeiten zu Silent Night begannen am 17. Februar 2020. Zu dem Zeitpunkt war das Drehbuch selbstverständlich schon geschrieben – also sechs Tage, nachdem die WHO überhaupt den Namen Covid-19 ins Spiel brachte und auch noch bevor im März in England die erste relevante Infektionswelle begann. Das sei an dieser Stelle erwähnt, da Silent Night innerhalb seiner Diskussionen zwischen den Figuren eine Thematik aufwirft, die Verschwörungstheorien befeuern könnte. Mit dem heutigen Bewusstsein und dem aktuellen Kenntnisstand der Dinge können dem Zuschauer diese Szenen durchaus übel im Magen liegen, was Regisseurin Griffin zu entsprechenden Statements veranlasste, um entsprechender Kritik zu begegnen. Zu lesen unter anderem auf ihrer eigenen Webpräsenz (Quelle). Dort sagt sie, dass „Art (der Sohn von Nell) das Vertrauen in eine unmoralische Regierung in Frage stelle, dass Art beschreibt, dass Erwachsene Fehler machen (siehe Boris Johnson und Ex-Präsident Donald Trump als Referenz) und dass Art fragt, wie zuverlässig die Verbreitung wissenschaftlicher Informationen während eines Ausnahmezustands ist? Art (und damit meint sie ihren Film natürlich auch) zweifelt NICHT an den wissenschaftlichen Informationen selbst.“ Sie schließt mit einer persönlichen Botschaft, in der sie sagt: Ich unterstütze keine Anti-Impf-Argumente in irgendeiner Form, das habe ich nie getan und werde es auch nie tun. Deshalb bitte ich diejenigen, die den Film missverstehen, damit aufzuhören, den Film falsch darzustellen.“

Nell hätt’s gerne noch mal kuschelig

Bevor’s aber später auf diese Thematik zurück kommt, beginnen wir erst einmal von vorne. Griffin beginnt ihr Langfilmdebüt zunächst wie eine vergnügliche Weihnachtskomödie, die sich gerne mal über das eine oder andere Feiertagsklischee lustig macht (oder wahlweise drüber aufregt). Schwungvolle X-Mas-Songs ertönen und im Hause von Nell und Simon herrscht die übliche Weihnachtshektik. Allerdings wähnt man sich trotz der Besetzung mit Keira Knightley atmosphärisch zu keiner Zeit in einem zweiten Tatsächlich … Liebe. Dass Gevatter Tod vor der Tür steht, wird erst einmal nicht erwähnt. Auch wenn der für ein Abendkleid von Sandra geplünderte Universitätsfond der Tochter ein erstes Indiz ist. Und während sich die unterschiedlichen Charaktere nach und nach einfinden, die ersten Konfliktpotenziale offenbart werden und alles irgendwie drunter und drüber geht, fühlt man sich schon mal an thematisch nicht ganz unähnliche Filme wie Perfetti Sconosciuti erinnert, der hierzulande von Bora Dagtekin unter dem Titel Das perfekte Geheimnis verfilmt wurde. Ging es dort um die Abmachung, sämtliche Handy-Nachrichten und -Telefonate für einen Abend offenzulegen, werden hier im Angesicht des drohenden Todes sämtliche Hemmschwellen eingerissen. Wenn man ohnehin bald drauf geht, kann man doch auch endlich mal die Hüllen fallen lassen und alle Wahrheiten rauslassen, oder? Das ist sicherlich der spannendste Aspekt von Silent Night – Und morgen sind wir tot. Schon alleine, weil man selbst über ihn ins Grübeln kommt. Wie würde man selbst reagieren? Was würde man tun? Trifft man sich noch mal mit den Liebsten, um zu kuscheln oder trifft man sich, um reinen Tisch zu machen? Lieber im kleinsten Kreise ruhig Abschied nehmen oder noch mal die Sau rauslassen?

Art stellt die unbequemen Fragen des Abends

Silent Night zieht seine Komik dabei aus eben dieser Ehrlichkeit. Und zunächst vor allem aus dem Sprichwort: Kindermund tut Wahrheit kund. Denn es sind die Kids (allen voran die drei Jungs von Nell und Simon), die hier kein Blatt vor den Mund nehmen und dabei fluchen wie die Kesselflicker. Aber auch die Erwachsenen liefern später ab. Dem Zuschauer werden Seitenhiebe auf verlogenes Verhalten sowie die Doppelmoral der Regierung in kleinen Häppchen serviert. Happen, die auch mal schlecht verdaulich sind oder im Hals stecken bleiben. Und weil das alles von einem glänzend aufgelegten Darstellerensemble (herausragend auch in seiner zweiten Rolle nach Jojo Rabbit: Roman Griffin Davis als Art – im Übrigen Sohn der Regisseurin) präsentiert wird, funktioniert der Mix aus Drama und Komödie (wer zum Henker erwartete hier eigentlich einen Horrorfilm, liebe Rezensenten eines großen Online-Versandhandels?) über weite Strecken sehr gut. Vielleicht hätt’s sogar noch ein bisschen bissiger und unbequemer ausfallen dürfen. Vielleicht hätten ein paar mehr „Jerks-Momente“ dem Film noch ganz gut getan. Tja, und dann kommt sie, diese 52. Minute, in der Silent Night die (ungewollte) Blaupause für einige der aktuell gängigen Verschwörungstheorien liefert. Das ist ärgerlich und hinterlässt einen faden Beigeschmack. Was schade ist, denn die wirklich wichtigen Fragen, die der Film aufwirft, handeln eher davon, wie verantwortungslos die Generation der Eltern und Großeltern mit dem umgangen ist, was man nun den nachkommenden Generationen hinterlässt. Kein Wunder, dass es die Kinder sind, die hier die unbequemen Fragen fernab von „wer-hätte-gerne-mal-mit-wem-Sex-gehabt“ stellen. Und das zieht der Film mitsamt seiner Regisseurin bis zum (wirklich) bitteren Ende durch.

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Format: Blu-ray
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Erscheinungstermin: Fri, 10 Dec 2021
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Bild- und Tonqualität UHD

Ein letztes Mal feiern

Da Silent Night in der 4K UHD Blu-ray keine Full-HD-BD enthält, entfällt an dieser Stelle die Bildbewertung für die Full-HD-Scheibe und wir gehen direkt auf die UHD-BD ein. Kameramann Sam Renton drehte den Film auf Kameras von ARRI – und zwar mit der Alexa LF und der Mini LF. Beide zeichnen mit 4.5K auf. Ob von dem Ausgangsmaterial ein 4K-DI oder lediglich ein 2K-DI erstellt wurde, war leider nicht in Erfahrung zu bringen. Was allerdings absolut klar ist, sind die HDR-Eigenschaften, die mit HDR10 und einem im Rahmen von Rec.2020 erweiterten Farbraum zu Buche schlagen. Die HDR-Dynamik bleibt allerdings relativ dezent. Die Grundstimmung ist sehr neutral. Weiße Oberflächen bleiben stets ohne Tendenz ins Grüne oder Braune. Hautfarben wirken ebenfalls sehr neutral, fast ein wenig gräulich. Sonderlich kräftig sind die Farben jedenfalls nicht. Thematisch passt das natürlich ganz gut – ebenso wie man es von einem britischen Film gewohnt ist. Die Bildruhe ist beständig gut und lässt auch in dunkleren Szenen oder auf dunkleren Bereichen kaum nach. Die Kontrastierung gerät sehr gut, gleichzeitig auch harmonisch. Das bedeutet zwar einerseits, dass eine krasse Dynamik ausbleibt, andererseits aber auch, dass es nie arg harsche Kontrastflanken gibt, die eventuell zu Detailverlust auf Schattenbereichen führen könnte. Stand zu Beginn die Frage, ob’s ein 2K- oder 4K-DI ist, das hier zum Einsatz kam, dürfte man anhand der Close-ups tatsächlich von einer nativen 4K-Scheibe ausgehen. Denn die Deutlichkeit, mit der hier Hautunebenheiten und Make-up offenbart werden, lässt durchaus auf ein 4K-Master deuten. Größtes Manko der UHD-BD sind die arg dunklen Szenen bei Arts Flucht in die Nacht. Außerdem hätten Spitzlichter durchaus mehr Punch haben dürfen.
Akustisch bekommen wir es mit zwei DTS-HD-Master-Spuren fürs Deutsche und Englische zu tun, die zu Beginn nicht sonderlich harmonisch klingen. Dialoge könnten etwas lauter eingebettet sein und klingen auch etwas topfig. Die englischen Stimmen sind homogener eingebettet und haben mehr Volumen. Räumlich wird’s nur selten – beispielsweise beim Feuerwerk nach etwas über 30 Minuten. Hier gibt es auch mal so etwas wie Dynamik, wenn der eine oder andere Feuerwerkskörper explodiert. Wirklich pfundig ist das nicht, aber Silent Night möchte ja auch kein Actionfilm sein. Der Chor nach gut 35 Minuten bietet dann in der Tat die erste sehr räumliche Situation. Wenn dann bei Minute 48 das Rumpeln und Grummeln von der nahenden Todeswolke künden, drückt’s tatsächlich mal im Tiefbass.

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Bonusmaterial

Bonusmaterial gibt’s in Silent Night leider keins – abgesehen von Filmtipps des Anbieters. Gerade bei einem Film mit einem derart brisanten und missverstandenen Thema hätte man sich hier ein paar Statements der Macher gewünscht. Wer geht schon auf die Internetseite der Regisseurin, um sich dort eine Stellungnahme durchzulesen? Es wäre sicherlich spannend gewesen, wie Produzenten, Regisseurin und auch die Darsteller sich im Nachhinein zu den entsprechenden Fragen, die der Film aufwirft, positionieren oder aber wie sie selbst darauf reagiert haben, als praktisch noch während der Dreharbeiten der „Ernstfall“ eintrat.

Fazit

Silent Night ist ein (meist) vergnügliches Spiel mit dem „was wäre wenn“ und „was täte man selbst“. Man sollte und muss ihn nur losgelöst von der Covid-19-Pandemie betrachten – was möglicherweise schwer fällt. Tut man das nicht, bleibt ein G’schmäckle, das von der Regisseurin zwar nicht gewollt ist, aber ohne differenzierte Herangehensweise ein wenig bitter im Mund zurück bleibt. Nimmt man die Differenzierung vor, wirft der Film tatsächlich viel entscheidendere Fragen auf, denen sich gerade die Generation der heutigen Erwachsenen einmal stellen sollte.
Visuell gibt’s nicht viel zu kritisieren. Sieht man von den etwas sehr dunklen Einstellungen nach knapp einer Stunde ab, ist die UHD-BD sauber, scharf und angenehm kontrastiert. Spitzlichter hätten aber mehr Punch haben dürfen und ein echter HDR-Effekt mag sich auch nicht einstellen.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität BD: Bewertung entfällt
Bildqualität UHD: 75%

Tonqualität BD/UHD (dt. Fassung): 70%
Tonqualität BD/UHD (Originalversion): 70%

Bonusmaterial: 5%
Film: 75%

Anbieter: Capelight Pictures
Land/Jahr: GB 2021
Regie: Camille Griffin
Darsteller: Keira Knightley, Matthew Goode, Roman Griffin Davis, Lily-Rose Depp, Annabelle Wallis, Kirby Howell-Baptiste
Tonformate BD/UHD: dts-HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,39:1
Laufzeit: 90
Codec BD: AVC
Codec UHD: HEVC
Disk-Kapazität: BD-66
Real 4K: Ja/Nein (?? DI)
High Dynamic Range: HDR10
Maximale Lichtstärke: 318 Nit
FSK: 16

(Copyright der Cover, Szenenbilder und vergleichenden Screenshots: © capelight pictures / Robert Viglasky)
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Trailer zu Silent Night

SILENT NIGHT – UND MORGEN SIND WIR TOT Trailer (Deutsch)


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Die Grundlage für die Bild- und Tonbewertung von Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays bildet sich aus der jahrelangen Expertise im Bereich von Rezensionen zu DVDs, Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays sowie Tests im Bereich der Hardware von Unterhaltungselektronik-Komponenten. Gut zehn Jahre lang beschäftigte ich mich professionell mit den technischen Aspekten von Heimkino-Projektoren, Blu-ray-Playern und TVs als Redakteur für die Magazine HEIMKINO, HIFI TEST TV VIDEO, PLAYER oder BLU-RAY-WELT. Während dieser Zeit partizipierte ich an Lehrgängen zum Thema professioneller Bildkalibrierung mit Color Facts und erlangte ein Zertifikat in ISF-Kalibrierung. Wer mehr über meinen Werdegang lesen möchte, kann dies hier tun —> Klick.
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5 Kommentare
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Uli

Den Film habe ich angeschaut, ohne zu wissen was mich erwartet.
Das „G’schmäckle“ ist mir ebenso aufgestossen, hab aber erst durch diesde Rezi erfahren, dass der Film quasi vor Corona entstanden ist. Das bügelt es wieder aus.
Insgesamt ein überraschend guter Film, meiner Meinung nach.
4K brauchts in dem Fall aber wohl nicht zu werden.

Jirschi

Einfach nur deprimierend und krank und die Idee mit der „bösen Wolke“ ist so unglaublich platt, da kann man reininterpretieren was man will, es bleibt einfach schwach…
Ist mir ein Rätsel was man an diesem Film gut finden kann, die zwei oder drei Anflüge von „schwarzen Humor“ bekomme woanders verdaulicher präsentiert.

Dennis

Hat mich sehr erschrocken der Film, echt sehr böse das Teil. Und eine sehr düstere Aussicht auf unsere (mögliche) Zukunft.

Absolut empfehlenswert

Kisi

Moin von dem Film hatte ich bisher noch nichts gehört. Der Trailer sieht mehr nach Komödie aus als Drama? Werde ihn mir erst mal anschauen und dann überlegen ob ich ihn mir kaufe.