Sleep Tight

Blu-ray Review

Sleep Tight Blu-ray Review Cover
Senator, seit 30.11.2012

OT: Mientras duermes

 


Anleitung zum Unglücklichsein

Aus Spanien kommt einer der unangenehmsten und spannendsten Psychothriller der letzten Jahre.

Inhalt

César ist seit einigen Wochen der neue Portier in einem großen Apartmenthaus in Barcelona. Nach außen hin ist er so diskret und freundlich wie es eben notwendig ist, damit man immer hilfsbereit zu Diensten steht aber dabei so unauffällig wie möglich bleibt. In seinem Inneren ist er jedoch zutiefst zerfressen von der Abscheu auf alles und jeden, der zufrieden oder gar glücklich ist. Immerhin hat er diese Art von Gefühl noch nie erlebt. Einzig einen kurzen Moment der Genugtuung verspürt er, wenn er anderen Schaden zufügen kann. Während die meisten es ihm dabei leicht machen und oft nur ein paar suggestive Worte notwendig sind, stellt sich die junge und lebenslustige Clara als besondere Herausforderung heraus. Dies, so schwört César seiner kranken Mutter, wird sich jedoch bald ändern. Und da der Hausmeister die Schlüsselgewalt hat, schleicht er sich Nachts in die Wohnung der hübschen Frau, legt sich unter ihr Bett, wartet bis sie schläft und betäubt sie dann. Während Clara weggetreten ist, versetzt er ihre Drogerieartikel mit allergieauslösenden Mitteln und platziert Ungezieferlarven. Um jeden Preis will er, dass das Lächeln auf Claras Gesicht erlischt …

Nach [Rec] und [Rec²] nimmt sich deren Regisseur Jaume Balagueró nun zwar erneut einen Wohnblock vor, lässt sein Grauen aber höchst irdisch auf Zuschauer und Filmopfer los. In Sleep Tight zeigt er, wie perfide sich der Horror in den Alltag einer jungen Frau einschleicht – und zwar ohne deren Wissen. Mit weitaus mehr Spannung und überraschenden Hakenschlägen konzentriert sich das Geschehen trotz einiger Nebenfiguren vor allem auf die beiden Protagonisen und wird mitunter zum Kammerstück. Wenn die Kamera erstmals zeigt, wie (und vor allem wo) César auf Clara gewartet hat, dann wird das bei vielen Zuschauern zu höchst unwohlen Gefühlen sorgen. Dabei ist das Hinterhältige von Sleep Tight gerade die Tatsache, dass er eben DER jungen Frau auflauert, die ihm (als eine der wenigen Menschen überhaupt) freundlich begegnet. Noch viel gemeiner ist aber, dass Balagueró es schafft, die Figur des César einerseits verabscheuungswürdig zu charakterisieren, andererseits aber bisweilen eine nervenzerrende Spannung erzeugt, in der man unweigerlich auf dessen Seite steht und hofft, er möge unentdeckt bleiben. Zu verdanken ist das vor allem Luis Tosar (Shrew’s Nest), dessen Hausmeister vordergründig keiner Fliege etwas zu Leide tun kann, der aber, einmal alleine gelassen, allen Hass und Wut auf die glücklichen Menschen der Welt aus sich herausschreit. Tosar, dessen Charaktergesicht gleichzeitig vertrauenserweckend und finster wirken kann, ist sowohl in der Graukittel-Rolle als auch in den Momenten, in denen er unbeirrt sein zerstörerisches Ziel verfolgt, idealbesetzt. Ihm gegenüber ist Marta Etura die quirlige junge Frau, der das Lachen selbst dann nicht zu vergehen scheint, wenn sie in ihrer Wohnung von tausenden Kakerlaken empfangen wird. Zwar ändert sich die Stimmung von Sleep Tight von dem Moment an etwas, in dem Claras Freund auftaucht, doch die dann einsetzende Tempo-Verschärfung passt ebenfalls gut ins Konzept. Die herausragenden Momente sind jedoch diejenigen, in denen César der jungen Frau auflauert und sich auf seine nächtlichen Taten vorbereitet. Der Zuschauer ertappt sich dabei mit einer Mischung aus angewiderten und angespannten Gefühlen – sensationell eingefangen von der Kamera Pablo Rossos (ebenfalls [Rec]).

Bild- und Tonqualität

Während des Bild von Sleep Tight in den helleren Momenten verhältnismäßig scharf und gut aufgelöst daherkommt, sind uniforme Hintergründe schon mal etwas körniger/verrauschter. Auch Close-ups können schon mal aus dem Fokus geraten. Bildfehler, Verschmutzungen oder ähnliches gibt es indes nicht. Die teilweise deutliche Grünfilterung ist gewollt und unterstützt die Atmosphäre in den Kellerbereichen des Wohngebäudes.
In Sachen Raumakustik ist Sleep Tight nur selten mal etwas auffälliger. Wenn Clara Abends nach Hause kommt und ein paar rockige Songs auflegt, dürfen die Lautsprecher rundherum schon mal ran. Ansonsten bleibt der Fokus auf auf den gut verständlichen Dialogen der hervorragenden Synchronisation. Effekte gibt es kaum, was aber auch kein Beinbruch ist, denn meist entwickeln sich die spannenden Situationen eben aus den leisen Szenen.

Bonusmaterial

Die knapp 13 Minuten an entfernten Szenen im Bonusmaterial von Sleep Tight zeigen zum Teil, wie César des Nachts noch in Claras privaten Sachen schnüffelt. Außerdem wird man Zeuge, wie er einer der Bewohnerinnen offenbar bereits übel mitgespielt hat und auch einer bis dato noch nicht gesehenen Hausangestellten Gemeinheiten zufügt. Die Tatsache, dass er eine kleine Sammlung mit privaten Dingen seiner „Opfer“ hat, kann man für schlüssig empfinden, sie stört allerdings den Ton ein wenig. In „Césars Welt“, dem wahren Hintergrundfeaturette (das Making-of läuft lediglich 13’24 und fasst Teile von „Césars Welt“ zusammen) von Sleep Tight bekommen wir auf einer Länge von 108 Minuten nahezu jeden Aspekt des Films erklärt.

Fazit

Sleep Tight hat alles, was ein guter Psychothriller braucht: Eine originelle Idee, hervorragende, zum Typ perfekt passende Darsteller und höllisch spannende Szenen. Dazu gesellt sich ein selten perfider Bösewicht, der einem aufgrund des ausgefeilten Drehbuchs dennoch irgendwie sympathisch ist. Selten hat ein Film zuletzt derart an den Sitz gefesselt.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 65%
Tonqualität (Originalversion): 65%
Bonusmaterial: 80%
Film: 90%

Anbieter: Senator
Land/Jahr: Spanien 2011
Regie: Jaume Balagueró
Darsteller: Luis Tosar (César), Marta Etura (Clara), Alberto San Juan (Marcos), Pep Tosar (Ursulas Vater), Iris Almeida (Ursula), Petra Martínez (
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 100
Codec: AVC
FSK: 16

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