Southpaw

Blu-ray Review

Southpaw Blu-ray Review Cover
Tobis/WVG, seit 08.01.2015

OT: Southpaw

 


Neue Hoffnung

Ist das wirklich Jake Gyllenhaal da in Antoine Fuquas neuem Film?

Inhalt

Von einem Waisenhaus in Hell’s Kitchen bis zum Box-Champion – Billy Hope hat Sportgeschichte geschrieben und soeben zum vierten Mal seinen Titel im Halbschwergewicht verteidigt. Billy ist also auf dem Höhepunkt seiner Karriere, wenngleich sein auf K.O. ausgelegter Kampfstil ihn immer wieder an den Rand der Selbstzerstörung bringt. Doch mit der Unterstützung seiner ihn über alles liebenden Ehefrau Maureen (und Töchterchen Leila) schafft es Hope immer wieder, seine Kämpfe zu gewinnen, obwohl er bisweilen hart einsteckt. Genau deshalb äußert Maureen aber auch Bedenken und fürchtet, dass Billy dauerhaft Schaden nehmen könnte, wenn er sich weiter so zurichten lässt. Also beschließt man gemeinsam, den nächsten Kampf auszulassen. Doch bevor es auch nur annähernd so weit ist, bricht eine familiäre Katastrophe über Hope herein. Ein Ereignis, das aus seiner eigenen Wut genährt wurde und ihn in ein tiefes Loch fallen lässt. Selbst im Ring kann er anschließend nicht mehr punkten und finanziell geht es massiv den Bach runter – woran sein Manager nicht ganz unschuldig ist. Als Billy auch noch die Zuneigung seiner Tochter verliert, ist sein letzter Ausweg Coach Tick Wills. Denn immerhin ist der der Trainer, dessen Schützling ihm seine einzige Niederlage beibrachte. Wills ist zwar nicht begeistert, übernimmt aber dann doch die Betreuung Hopes. Er ist es dann, der Billy lehrt, ein reiferer Mann und Sportler zu werden …

Antoine Fuqua weiß, wie man Action inszeniert. Das hat er mit zahlreichen Genrewerken bewiesen. Allerdings interessiert ihn auch immer wieder der Mensch hinter seinen Protagonisten (siehe Training Day oder Equalizer) und mit Southpaw hat er sich einen Herzenswunsch erfühlt. Selbst aktiver Hobby-Boxer taucht er tief ein in die Gefühlswelt seiner Hauptfigur, deren Leben bis zu einem bestimmten Punkt privat und sportlich nur nach oben zu gehen schien. Als dann der tiefe Fall kommt, muss sie sich völlig neu ausrichten und das lernen, was bisher nicht nötig war und von anderen übernommen wurde: Verantwortung übernehmen. So ist Southpaw eben nicht nur ein zuweilen grandios in Szene gesetzter Boxsportfilm, sondern vor allem auch ein Charakterdrama. Allerdings beginnt Fuqua mit äußerst stimmungsvollen und akkurat geschilderten Szenen, die die Momente kurz vor dem Kampf zeigen. In der Konzentrationsphase hat Billy Kopfhörer auf und so hört auch der Zuschauer nur gedämpft die Geräusche um ihn herum, während sein Trainer ihm unter Aufsicht der Sportrichter die Handschuhe schnürt. Auch der Morgen nach dem Kampf wurde so authentisch bisher vermutlich noch nicht gezeigt, wenn man Hope jede einzelne Blessur, jede Prellung physisch anmerkt. Doch dann, nach gut 25 Minuten lässt der Regisseur das Drama los, fängt in schmerzhaft intensiven Szenen die Katastrophe der Hope-Familie ein und bewirkt, dass der Zuschauer minutenlang innehält. Southpaw schlägt gerade in diesem Moment mit der Faust in die Magengrube, obwohl die Protagonisten gar nicht im Ring stehen. Die Herangehensweise des Films, mal nicht den Werdegang eines jungen aussichtsreichen Boxers zu zeigen, der langsam beginnenden Erfolg hat, sondern den Sportler am Höhepunkt der Karriere zu zeigen, um ihn dann abstürzen zu lassen, ist ein genialer Kniff.

Denn auf diese Weise konzentriert sich das Drehbuch darauf zu schildern, wie ein bisher sich selbst und seiner Familie gegenüber mehr oder weniger verantwortungsloser Sportler eben diese Verantwortung zu lernen beginnt. Deshalb sind die dramatischen Zwischentöne auch fesselnder als die (ohne Zweifel toll inszenierten) Kämpfe. Vielleicht löst sich am Ende alles ein wenig zu süßlich in Wohlgefallen auf, doch über dieses Manko tröstet ein gnadenlos guter Jake Gyllenhaal hinweg. Der hat nicht nur in äußerst hartem Training seinen Körper mustergültig für den Ring vorbereitet, sondern zeigt erneut, dass er ein hervorragender Charakterdarsteller ist. An seiner Seite gibt es aber weitere kraftvolle Rollen: Rachel McAdams liefert als Maureen eine absolut starke Frauenfigur ab und Oona Laurence als Tochter Leila ist eine echte Entdeckung. Sogar Forest Whitaker, der zuletzt in arg klischeehaften Standardrollen zu sehen war, überzeugt als Boxlehrer mit strenger Disziplin. Seine konsequente Vorgehensweise nimmt man ihm von Beginn an ab – selbst wenn auch hier das eine oder andere Genre-Stereotyp vom Boxlehrer, dem das Schicksal übel mitgespielt hat, nicht außen vor bleibt. Erfreulicherweise unterlässt Fuqua im Gegensatz zu vielen Kollegen in Southpaw allzu effektheischende Hinzudichtungen während der Kämpfe. Zwar bedient er sich der Möglichkeiten, integriert hübsche Superzeitlupen und lässt die Kontrahenten auch schon mal mitten auf die Kamera schlagen, doch alles in allem könnte der Kampf ohne die Komprimierung und dramaturgische Zuspitzung durchaus so auch real ausgefochten worden sein.

Bild- und Tonqualität

Antoine Fuqua mag es bisweilen, nahe mit der Kamera am Geschehen zu sein und sie ein wenig wackelig zu führen. Das kennt man schon aus seinen bisherigen Filmen und macht auch Southpaw immer wieder dynamisch. Fürs Auge ist es aber auch schon mal ein wenig anstrengend. Ansonsten stimmen die Bildparameter: Die Schwarzwerte sind mitunter brutal knackig und Bestandteil eines außerordentlich hohen Kontrastumfangs. Die Hell-Dunkel-Spreizung sorgt für wirklich beeindruckende Bilder. Auch die Schärfe und Auflösung passen. Während Billys Sprache auf dem Wohltätigkeitsball funkeln leichte Glitzeranteile auf dessen Anzug und man kann förmlich spüren, wie sein zugequollenes und rot unterlaufenes Auge schmerzt, weil es dreidimensional aus der Leinwand heraustritt.
Akustisch muss man bei Southpaw zunächst Abstriche machen: Die Dialoge bleiben in Sachen Lautstärke hinter den Umgebungsgeräuschen zurück, weshalb man entweder genauer hinhören muss, sobald die Szenerie in die Kampfarena wechselt oder damit leben muss, dass das Spektakel der gröhlenden Zuschauer extrem laut ist, weil man das Volumen derart angepasst hat, dass die Stimmen gut verständlich bleiben. Da der Film allerdings nur mit zwei großen Massenszenen bestückt ist, relativiert sich dieses „Problem“ im Verlauf, denn die Konzentration auf die Dialoge lässt dann gar nicht mehr zu, dass Effekte oder Surround-Atmosphäre hier alles übertönen würden. Recht druckvoll gelangt zwischendurch der Soundtrack von Eminem ans Gehört, dessen Bässe auch mal ordentlich wummern dürfen.

Bonusmaterial

Das Bonusmaterial von Southpaw verfügt zunächst über acht entfernte und/oder erweiterte Szenen. Sieben (oft sehr kurze) Featurettes über das Training Gyllenhaals, die Rolle von Rachel McAdams oder Bilder von der Premiere ergänzen das Angebot. Was nicht ganz so schön ist, ist die Tatsache, dass das Feature „“ komplett synchronisiert wurden – und zwar mit den Originalsprechern. Das ist zwar ziemlich aufwendig, aber irgendwie auch unpassend. Umso schöner allerdings, dass man Gyllenhaals Synchronsprecher Marius Clarén (im Übrigen auch die Stimme von Tobey Maguire) selbst zu Wort kommen lässt. Das Making-of, das leider nur Szenen aus den diversen kürzeren Featurettes zusammenträgt, läuft knapp zehn Minuten und wurde mit einem deutschen Kommentator übersprochen. Das Hauptfeaturette ist deshalb „Inside the Ring“, das knapp 20 Minuten Spielzeit hat und sich vor allem auf die Authentizität der Bilder sowie das Training der Darsteller konzentriert. In der erweiterten Trainingsmontage des Original-Bonusmaterials darf man zu Eminems Titelsong dem schweißtreibenden Training Fuquas und Gyllenhaals zuschauen. Eine knapp 20-minütige B’Roll rundet das Angebot ab.

Fazit

Southpaw ist das beste Boxderdrama seit Stallone 1976 mit Rocky für Furore sorgte. Fuquas Film ist äußerst stark gespielt, mit viel Sinn für Charaktertiefe geschrieben und wird durch extrem atmosphärische Kampfszenen abgerundet. Man merkt Southpaw jederzeit an, dass seinem Regisseur der Boxsport im Blut liegt und er all seine Leidenschaft in die Produktion für dieses besondere Genre-Werk gelegt hat.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 85%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 50%
Film: 80%

Anbieter: Tobis/WVG
Land/Jahr: USA 2015
Regie: Antoine Fuqua
Darsteller: Jake Gyllenhaal, Rachel McAdams, Forest Whitaker, Naomie Harris, 50 Cent, Oona Laurence, Miguel Gómez, Skylan Brooks, Victor Ortiz, Rita Ora
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 124
Codec: AVC
FSK: 16

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