Blu-ray Review
OT: Spencer
Ihr Bestes
Klasse gespieltes Biopic über Diana, die Königin der Herzen.
Inhalt
Weihnachten 1991: Diana, Fürstin von Wales, kommt zu spät zum Fest-Ereignis auf Sandringham in der englischen Grafschaft Norfolk, dem Landsitz des Königshauses an. Sie kommt zu spät, weil sie die Orientierung in ihrem Sportwagen-Cabrio verloren hat. Erst der Koch des Hofes bringt sie wieder auf die richtige Route zurück – allerdings nicht, ohne dass Diana auf ein angrenzendes Feld ihrer eigenen Familie stolziert, um die Jacke ihres Vaters von einer Vogelscheuche zu retten. Bei den Royals, das weiß Diana, ist sie nicht willkommen. Die „Königin der Herzen“ ist die berühmteste und bekannteste Person auf der Welt und ein Medienliebling. Die königliche Familie missbilligt diesen Status und will die Presse naturgemäß fern von allem halten. Dumm, dass ihr Prinz Charles schon seit fünf Jahren wieder einer intimen Beziehung zu seiner Jugendliebe Camilla Parker Bowles nachging und, sollte das rauskommen, der Spott über den Königshof befürchtet wurde. Diana, die so oft mit der Presse Kontakt hatte, wurde als Schwachstelle ausgemacht und bekam für diese drei Tage eine Extra-Bewachung. Praktisch eingeschlossen auf Sandringham macht ihr ihre Essstörung genauso zu schaffen wie das Protokoll, das es selbst bei der Kleiderwahl zu den unterschiedlichen Anlässen einzuhalten gilt …
Diana, Königin der Herzen. Die Popularität, die das britische Königshaus in den 80ern und 90ern erfuhr, ist vornehmlich darauf zurückzuführen, dass Diana, die Fürstin von Wales, wusste, wie sie sich medial inszenieren musste. Über Jahre galt sie als berühmteste Persönlichkeit überhaupt – noch vor dem Papst. Doch das vordergründig oft so glamourös wirkende Leben, das nach der Traumhochzeit mit Prinz Charles 1981 begann (750 Mio. Menschen sahen die Festivitäten an den weltweiten TV-Schirmen), begann frühzeitig Risse zu bekommen. Bereits Mitte der 80er war Diana die Affäre, die Charles mit Camilla Parker Bowles führte, bekannt. Aufgrund des Drucks, der von allen Seiten auf ihr lastete, entwickelte sie eine Essstörung und Depressionen – sogar Selbstverletzungen waren Bestandteil ihres Leidenswegs. Regisseur Pablo Larraín ist genau an diesem Seelenleben interessiert. Er rollt nicht das ganze royale Leben Dianas auf und folgt ihrem Weg auch nicht bis zum tödlichen Unfall 1997. Für sein Anliegen, die Prinzessin der Herzen als innerlich zerrissene Person voller Wut und Zweifel darzustellen, reichen ihm diese wenigen Weihnachtstage des Jahres 1991. „Es ist so kalt hier“, beschweren sich Dianas Kinder Harry und William, und spielen auf das kaum geheizte Sandringham an. Für uns Zuschauende ist es eindeutig der Hinweis auf die Beziehung der Prinzessin zu den Royals, der von fröstelnder Kälte bestimmt ist. Von Beginn an lässt der Film keine Zweifel am Gemütszustand Dianas. Man merkt ihr die Unsicherheit, die unterschwellige Aggression und das in ihr Brodelnde jederzeit an. Die unterdrückte Abscheu gegenüber den (mitunter) absurden Traditionen, lässt sie wie einen Vulkan wirken, dessen Inneres stets kurz davor ist, Lava auszuspucken. Um auszudrücken, was Diana am liebsten getan hätte oder tun würde, um ihrer Wut Ausdruck zu verleihen, nutzt Spencer bisweilen plakative Szenen wie jene mit der platzenden Perlenkette beim Abendessen. Solche Sequenzen werden zunehmend bizarrer und surrealer, was den zunächst noch geradlinig inszenierten Spencer immer schwerer und weniger zugänglich werden lässt. Das Treiben der Royals wird derweil nur am Rande gestreift. Nur selten gibt es Dialoge mit Charles oder der Queen Mum. Meist liest man an Dianas Gesicht und ihrem Verhalten ab, was, die königliche Familie gerade tut oder getan hat. Mit jeder Einstellung, die zeigt, wie die Gepflogenheiten bei Hofe sind, wo man sich (als drapiere man sich für ein Foto) im Raum aufzuhalten und sich gegenüber der Queen zu verhalten hat, versteht man Dianas Abneigung gegen diesen Zirkus mehr und mehr. Und nicht zuletzt auch einen Prinz Harry, der aus diesem System einfach Reißaus genommen hat und seit 2021 offiziell als hochrangiges Mitglied der Königsfamilie zurückgetreten ist. Die jazzbetonte Musik ist dazu perfekt gewählt und wühlt den Zuschauer ebenso auf wie Lady Di. Sie lässt ihre innere Unruhe physisch erfahrbar werden – bis hinauf ins Enervierende, wenn man als Zuseher selbst so unruhig und hibbelig wird, dass man unruhig auf dem Sitz hin- und her rutscht. Doch es gibt auch Momente, in denen nicht primär die Seelenqual im Vordergrund steht – menschliche Momente, in denen es einem fast warm ums Herz wird, wenn Diana vom Chefkoch die Rückmeldung bekommt, dass das Personal sich hinter deren Rücken durchaus über die royale Familie lustig macht, jedoch nie über Diana, der man stets wünscht, eine von ihnen zu bleiben.
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Bild- und Tonqualität
Wenn die Macher von Spencer vorhatten, das Bild möglichst so zu gestalten, dass man den Zustand Dianas ideal nachempfinden kann, dann haben sie es geschafft. Das im engeren Format von 1,66:1 gehaltene Bild ist kontrastschwach, stark verrauschtfarblich entsättigt und überstrahlt auf hellen Bereichen. Der Schwarzwert dürfte sich eher Braunwert nennen und Schärfe ist meist Mangelware. Schaut man sich an, dass komplett analog gedreht wurde, versteht man die Körnung. Weiß man dann noch, dass neben dem üblichen 35-mm-Filmmaterial auch 16-mm-Kameras zur Verwendung kamen, versteht man auch, dass die meisten Szenen nochmals körniger aussehen als andere ohnehin schon. 35 mm kam nur dort zum Einsatz, wo man die fragileren Nachtszenen inszenieren musste, um die Körnung etwas im Griff zu haben. Der allergrößte Teil wurde jedoch auf 16 mm gedreht. Und was die Farben und die Bildsprache angeht, hat man sich sehr an damalige Fotos von Lady Di orientiert. Der Look ist also durchweg bewusst gewählt und intendiert, auch wenn es technisch wirklich nicht hübsch aussieht. Der Ton von Spencer wird bestimmt von der Dynamik im klassischen und manchmal klerikalen Soundtrack, währenddessen sich die Subs auch mal einschalten. Räumlich wird’s immer dann, wenn in den riesigen Zimmern mal Stimmen aus allen Richtungen zu hören sind. Beispielsweise, wenn der Küchenchef das „Go“ für die Zubereitung des Essens gibt. Beim Tontaubenschießen gibt’s dann auch mal ein paar Soundeffekte, die dynamisch aus dem Rest herausstechen. Dauerhaft zu leise eingepegelt sind die Stimmen über den Center. Der eine mag das hier dynamisch nennen, wenn man die Lautstärke deutlich über Normalniveau anheben muss, während die laut anschwellende Filmmusik den Zuschauer dann anbrüllt, der andere nennt’s anstrengend. Schöner ist der Ton, wenn feinere Surroundeffekte bemüht werden – bspw. während des Geklimpers nach 89 Minuten.
- Dieser Artikel hat deutschen Untertiteln.
Bonusmaterial
Das Bonusmaterial von Spencer beschränkt sich leider auf den Trailer zum Film. Ansonsten ist hier nichts weiter zu holen.
Fazit
Spencer ist nicht das gewöhnliche Biopic. Weder vom inhaltlichen, noch vom inszenatorischen Moment gesehen. Vielmehr hat Pablo Larraín hier ein Psychogramm realisiert, das die Prinzessin der Herzen als zutiefst verunsicherte und labile Persönlichkeit zeigt; als ein Mensch, der zwischen allen Fronten aufgerieben wurde und für die royale Lebensweise einfach nicht gemacht war. Brillant verkörpert von Kristen Stewart, die einmal mehr zeigt, dass sie sich schon lange von ihrer Bella-Rolle emanzipiert hat. Das Bild der Blu-ray ist stark stilisiert und deshalb gewöhnungsbedürftig.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 60%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 10%
Film: 80%
Anbieter: DCM Film Distribution GmbH
Land/Jahr: D/GB/Chile 2019
Regie: Pablo Larraín
Darsteller: Kristen Stewart, Timothy Spall, Sally Hawkins, Jack Farthing, Sean Harris, Richard Sammel, Stella Gonet
Tonformate: dts HD-Master 7.1: de, en
Bildformat: 1,66:1
Laufzeit: 117
Codec: AVC
FSK: 12
(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter DCM Film Distribution GmbH)
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Trailer zu Spencer
So testet Blu-ray-rezensionen.net
Die Grundlage für die Bild- und Tonbewertung von Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays bildet sich aus der jahrelangen Expertise im Bereich von Rezensionen zu DVDs, Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays sowie Tests im Bereich der Hardware von Unterhaltungselektronik-Komponenten. Gut zehn Jahre lang beschäftigte ich mich professionell mit den technischen Aspekten von Heimkino-Projektoren, Blu-ray-Playern und TVs als Redakteur für die Magazine HEIMKINO, HIFI TEST TV VIDEO, PLAYER oder BLU-RAY-WELT. Während dieser Zeit partizipierte ich an Lehrgängen zum Thema professioneller Bildkalibrierung mit Color Facts und erlangte ein Zertifikat in ISF-Kalibrierung. Wer mehr über meinen Werdegang lesen möchte, kann dies hier tun —> Klick.
Die technische Expertise ist aber lediglich eine Seite der Medaille. Um stets auf der Basis von aktuellem technischen Wiedergabegerät zu bleiben, wird das Testequipment regelmäßig auf dem aktuellen Stand gehalten – sowohl in puncto Hardware (also der Neuanschaffung von TV-Displays, Playern oder ähnlichem, wenn es der technische Fortschritt verlangt) als auch in puncto Firmware-Updates. Dazu werden die Tests stets im komplett verdunkelbaren, dedizierten Heimkino angefertigt. Den Aufbau des Heimkinos könnt ihr hier nachlesen —> Klick.
Dort findet ihr auch das aktuelle Referenz-Gerät für die Bewertung der Tonqualität, das aus folgenden Geräten besteht:
- Mainspeaker: 2 x Canton Reference 5.2 DC
- Center: Canton Vento 858.2
- Surroundspeaker: 2 x Canton Vento 890.2 DC
- Subwoofer: 2 x Canton Sub 12 R
- Heights: 4 x Canton Plus X.3
- AV-Receiver: Denon AVR-X4500H
- AV-Receiver: Pioneer SC-LX59
- Mini-DSP 2x4HD Boxed
Das Referenz-Equipment fürs Bild findet ihr wiederum hier aufgelistet. Dort steht auch, wie die Bildgeräte auf Norm kalibriert wurden. Denn selbstverständlich finden die Bildbewertungen ausschließlich mit möglichst perfekt kalibriertem Gerät statt, um den Eindruck nicht durch falsche Farbtemperaturen, -intensitäten oder irrigerweise aktivierten Bild“verbesserern“ zu verfälschen.
Ich gucke gerade die Disk und muss leider feststellen, dass ab 1 Std 15min die Untertitel nicht mehr funktionieren. Da wurde ja Mal wieder super gearbeitet -_-
Okay, irgendwo ab 1 Std 30min funktionieren sie wieder.
Moin Timo,
Spencer wurde fast ausschließlich in und um das Schloss Nordkirchen gedreht, was bei mir von Münster aus etwas mehr als eine halbe Stunde mit dem Auto entfernt ist.
Immer ein schönes Ausflugsziel das Areal rund um das Schloss vorallem im Herbst.
Hier ein kleiner Bericht aus der Lokalzeit Münsterland zu den Dreharbeiten
https://youtu.be/WFAu_FUFUro
Der Film hat mir auch echt gut gefallen, wobei mich Königshäuser Geschichten sonst eigentlich überhaupt nicht interessieren.
Noch eine Frage zu einem anderen Thema:
Shout Factory hat jetzt endlich bekanntgegeben, dass THE FOG (1980) am 13. September u.a. im 4K UHD + Blu-ray Steelbook erscheint.
Das ist jetzt keine Sensation, ABER das Release kommt erstmals weltweit mit NEUEM Dolby Atmos Mix und NEUEM Original restaurierten Mono Ton (auf beiden Discs).
Ich weiss nicht ob du die Gelegenheit hattest, dir den neuen Dolby Atmos Mix zum Beispiel von Die Fürsten der Dunkelheit und natürlich Halloween aus dem Hause Shout Factory anzuhören.
Einfach nur genial!!! Man erlebt die Filme sowas von intensiver, ich war total von den Socken!
The Fog ist ein ‚all time favorite‘ von mir und das Gerücht mit der Veröffentlichung kursierte bereits im Januar.
Nun ist die Veröffentlichung endlich bestätigt.
Hast du zufällig vor dazu eine Rezension zu machen?
Die Edition ist zum Glück auch über Amazon USA bestellbar.
Viele Grüsse aus Münster,
Basti
Hi Basti,
lieben Dank für deine Zusatzinformationen und den Link zum YT-Video. Sicher interessant für einige.
Das mit dem Kauf und der Rezension von Importen ist immer so ein Zeit-Ding. Und damit meine ich nicht mal „nur“ das Rezensieren selbst, sondern die Tatsache, dass ich auch keine Zeit habe, mich auf dem Laufenden zu halten, was wann/wie/wo als Import neu rauskommt. Wenn ich damit einmal anfangen würde, gäb’s kein Ende mehr, weil da so viel erscheint. Und das am Ende dann doch ein Thema für die Nische in der Nische ist. Abgesehen vom finanziellen Aufwand.
Mir hat der film sehr gut gefallen. Man fühlt richtig mit und ist sehr tief im film. Das die stimmen so leise sind ist wirklich störend. Ich musste +8db den center stellen.