Blu-ray Review
OT: Spider-Man: Homecoming
You gotta larb this!
Schon wieder ein einer Spider-Man. Jetzt reicht’s aber langsam, oder?
Inhalt
Peter Parker ist zurück von den Geschehnissen am Leipziger Flughafen in Deutschland und immer noch total euphorisch, wenn er sich im Internet Bilder von seinen und den Taten der anderen Helden ansieht. Doch Tony Stark möchte den 15-jährigen partout noch nicht ins Avengers-Team aufnehmen. Einzig einen tollen neuen Anzug hat ihm der Milliardär gegeben. Mit dem jagt Peter heimlich kleine Kriminelle, erwischt in seinem Übermut aber auch mal einen echten Besitzer eines Fahrzeugs und keinen potenziellen Dieb. Das Verhindern eines Überfalls auf einen Bankautomaten jedoch scheint echte kriminielle Hintergründe von großer Tragweite zu haben. Denn die Gangster setzten bei diesem, von Peter verhinderten Coup, Waffen mit Alientechnologie ein. Hinter der Sache steckt der Schwarzmarkt-Waffenhändler Adrian Toomes, der als privater Unternehmer sieben Jahre zuvor half, den Schrott zu sammeln, den die Chitauri in New York hinterlassen hatten. Zwar entzog man Toomes seinerzeit die Lizenz, weiter für die Regierung solche Arbeiten zu erledigen, doch mit der bereits gesicherten Technologie bastelte er seine eigenen Waffen. Peter berichtet Stark davon, der erkennt jedoch keine Wichtigkeit in der Sache und hält Parker dazu an, sich nicht einzumischen. Peter wäre aber kaum ein forscher Teenager, wenn er nicht auf eigene Faust handeln würde. Schon alleine, um seinen Schwarm, die Mitschülerin Liz vor Unheil zu beschützen. Die jedoch hat selbst eine Verbindung zu Toomes, auf die Peter noch früh genug kommen soll …
2002, 2004, 2007, 2012, 2014, 2017 – die Zahl der Spider-Man-Verfilmungen während der letzten fünfzehn Jahre ist nicht nur stattlich, sondern praktisch einzigartig. Kein Kinoheld erfuhr innerhalb einer gleichen Zeitspanne gleich sechs Leinwandauftritte. Bis heute bleibt wenig nachvollziehbar, warum man 2012 nach gerade mal fünf Jahren ein Reboot der erfolgreichen ersten Trilogie von Sam Raimi ansetzte. Wenngleich auch diese zwei Teile Spaß machten, stehen sie nun ziemlich isoliert da. Dass man nun, drei Jahre nach dem zweiten Auftritt von Andrew Garfield als Peter Parker, schon wieder einen neuen jungen Herren in das Spandex-Kostüm steckte, ist dagegen schon verständlicher. Immerhin lagen bisher die Rechte der Filme komplett bei Sony Pictures, während für das zweite Reboot nun vornehmlich Marvel verantwortlich zeichnet und Sony den Film „nur noch“ vertreibt. Man kann unter dem Titel Spider-Man: Homecoming (der primär auf das Schulfest anspricht) also durchaus auch verstehen, dass der Spinnenmann nun endlich auch ins MCU, also ins Marvel Cinematic Universum, aufgenommen wird. Dort durfte er ja schon kurz in First Avenger: Civil War mit den anderen Helden spielen, weshalb sein Soloauftritt nun auch eine indirekte Fortsetzung zum letzten Captain-America-Film ist. Tom Holland bewies schon in Civil War, dass er ein gewitzter und erfrischend normaler Typ ist, womit er in der Tradition von Tobey Maguire und Andrew Garfield steht, die ebenfalls perfekt besetzt waren. Homecoming zeigt seine Hauptfigur vielleicht etwas weniger düster und in Gedanken verloren. Weniger melancholisch und mehr alberner Teenager. Kein Wunder: Waren Maguire doch schon 27 und Garfield sogar fast 30, als sie das erste Mal ins Kostüm schlüpften. Holland hingegen, dessen Hintergrund als Turner, Tänzer und Akrobat ihm bei den zahlreichen eigens durchgeführten Stunts hilft, war gerade mal 19, als er in Civil War auftrat. Dieses Alberne in seiner Figur passt vor allem immer dann gut, wenn er auf seinen Mentor Tony Stark aka Iron Man trifft. Der muss ihm immer wieder die Leviten lesen und ihn in seinem jugendlichen Forscherdrang bremsen.
Holland schafft es aber nicht alleine, auch dieses Reboot zum Erfolg werden zu lassen. Gerade die Spider-Man-Filme leben und lebten von ihren Schurken. Willem Dafoe als Grüner Kobold, Rhys Ifans als Lizard oder Jamie Foxx als Electro lieferten seinerzeit auch tolle Vorstellungen ab. Gut, über Sandman und Venom aus Spider-Man 3 legen wir lieber den Mantel des Schweigens. Aber in Spider-Man: Homecoming hat man erneut ein äußerst glückliches Händchen bewiesen. Michael Keaton als Vulture ist nicht nur schauspielerisch ein Schwergewicht, sondern passt einfach perfekt in die Rolle des Schrottsammlers. Mit einer Mischung aus beetlejuice’schem Sarkasmus und echter Boshaftigkeit kommandiert er vor allem seine eigenen Gefolgsleute herum als wäre er ein Diktator des Alien-Recyclings. Ohnehin ist der Ansatz, den Beginn der neuen Spider-Man-Saga mit dem Schrott zu verknüpfen, der von den Avengers bisher schon hinterlassen wurde, wirklich interessant. Haderte nicht jeder schon mal im Hinterkopf mit der Frage, was denn mit dem ganzen „Kram“ so passiert, der aus den Kämpfen zwischen den Avengers und irgendwelchen interstellaren Schurken resultiert? Kommt da immer ein Agent Coulson, der im Anschluss mit einem Räumkommando jedes Bit und Byte, jedes Nano-Rüstungsteilchen und jeden DNA-Strang der Aliens sichert? Toomes, den man etwas unsanft aus diesem Job zieht und der im Anschluss jeden Grund dafür hat, auf Tony Stark sauer zu sein, bekommt wie jeder gute Bösewicht auch etwas Hintergrund. So versteht er sich als Vertreter der Underdogs, als liebender Familienvater und als einer, der mit seinem Waffenhandel letztlich nichts anderes tut als Stark selbst.
Aber natürlich kommt neben dem Bösewicht auch der Humor nicht zu kurz – gerade in einem Spider-Man-Film ist Witz nun mal Pflicht. Schon das Peter-Parker-Diary zu Beginn macht richtig Spaß und versetzt uns noch mal in die Geschehnisse von Civil War zurück, die er mit seinem Handy mitgeschnitten und kommentiert hat, wenn er mal gerade nicht direkt in Kämpfe verwickelt war. Großartig auch der Moment, in dem Peter von Stan Lee als „Punk“ bezeichnet wird, weil eine missratene gute Tat nur in Ruhestörung endet. Und wenn Ned, der von Peters Doppelleben erfährt, seinen Freund mit den absurdesten Fragen löchert, sind das ziemlich witzige Drehbuchgags. Die ständigen Zickereien mit Starks Chauffeur „Happy“ sorgen ebenfalls für viele Lacher und nicht zuletzt ist es Marisa Tomei, die als Aunt May fantastisch besetzt ist. Nichts gegen die Spidey-Filme mit Andrew Garfield, aber Sally Field war eine viel zu weinerliche und verkniffene Tante. Marisa Tomei hingegen füllt die Rolle mit Charme und selbstbewusstem Augenzwinkern. Und wenn sie Peter mit einem Kurs in Krawatte binden und Tanzen auf den Homecoming-Ball vorbereitet, dann ist das einfach supersüß.
Natürlich ist Spider-Man: Homecoming aber nicht nur witzig und gut besetzt, sondern liefert teilweise sensationelle Actionszenen. Jeder einzelne der Netzschwing-Momente macht bereits Spaß und sowohl die Fahrstuhl- als auch die Staten-Island-Ferry-Szene sind rasant, spannend und absolut spektakulär.
On top auf die Unterhaltung, die Action und den Witz gibt es noch zwei faustdicke Überraschungen, eine nette Love-Story und eine gute Botschaft. Die lautet, dass ein Superheld eben nur sein kann, wer nicht denkt, dass er nur etwas ist, wenn er einen allmächtigen Anzug trägt – verstanden?
Bild- und Tonqualität BD
Die Blu-ray von Spider-Man: Homecoming hätte noch ein etwas besseres Bild verdient gehabt. Insgesamt wirkt es in hellen Szenen etwas flau im Kontrast, die Farben könnten intensiver sein und schon die Full-HD-Disk zeigt in dunkleren Bereichen und auf hellen Hintergründen ein deutlich wahrnehmbares Rauschen. Von den bisherigen Marvel-Titeln, die allesamt sehr bildruhig und sauber daherkamen, unterscheidet sich Spidey ordentlich. Auch die Schärfe gerät nicht ganz perfekt, was gerade in Halbtotalen auffällt. Close-ups von Michael Keaton zu Beginn sind allerdings gut. Leider saufen Details in dunklen Bildinhalten ein wenig ab. Insgesamt ist das zwar immer noch besser und griffiger als bei günstigeren Amateurproduktionen, aber für einen Action-Fantasy-Streifen vor realer Kulisse ist das Bild vielleicht ein bisschen zu inhomogen.
Beim Sound von Spider-Man: Homecoming geht Anbieter Sony dieses Mal relativ ungewohnte Wege. Während Blu-ray und UHD (immerhin) einen unkomprimierten dts-HD-Master-Ton fürs Deutsche liefern, kommt die Originalfassung in Auro 3D (ebenfalls mit dts-HD-Master-Kern) daher. Dieser unterscheidet sich nur marginal von der Dolby-Atmos-Fassung, die wiederum der UHD für den Originalton vorbehalten blieb. Wie sich die Atmos-Version schlägt, lest ihr im nächsten Kapitel. Hier geht’s erst Mal „nur“ um die deutsche dts-HD-Master-Version. Und die präsentiert schon die Abschrottungsarbeiten zu Beginn mit lebhafter und offener Bühne. Von überall her hört man Presslufthammer und Sägen, nimmt wahr, wie sich das schwere Gerät durch die Alientechnologie arbeitet. Wenn die Szenerie in Begleitung eines rockigen Songs acht Jahre überspringt und in die geschäftige Fabrik von Toomes wechselt, scheint sich noch eine weitere Ebene hinzu zu schalten, denn hier wird’s richtig räumlich (4’10). Authentisch dumpf klingt es in Starks Limousine, die natürlich massiv bedämpft ist. Richtig dynamisch wird es, wenn Peter die falschen Avengers vom Bankraub abhält und die Energiewaffe Mr. Delmars Laden in Schutt und Asche legt (20’25). Und so geht es den ganzen Film über weiter. Jede Actionszene liefert richtig ab. Die Lautsprecher werden immer wieder mit großartigen direktionalen Effekten und Sounds befeuert und der Subwoofer liefert bisweilen exemplarisch hohen Druck. Besonders deutlich beim Kampf auf und um die Staten-Island-Ferry, sowie natürlich beim Showdown an Starks Flugzeug.
Bild- und Tonqualität UHD
Klasse funktioniert beispielsweise auch Karen, die Stimme in Peters Anzug, nachdem dieser die Updates zufällig freigeschaltet hat. Das Organ der Dame ertönt praktisch von überall und die komplette Fahrstuhl-Sequenz hält gleich zahlreiche Höheneffekte parat. Gleiches gilt für den Showdown an Starks Flugzeug. Praktisch im Dauerfeuer hagelt es hier Effekte aus ALLEN Lautsprechern – richtig stark.
Bonusmaterial
Das Bonusmaterial von Spider-Man: Homecoming liegt (nahezu) komplett auf der enthaltenen Blu-ray vor. Darauf finden sich neben einer witzigen Gag Reel und zehn entfernten/erweiterten Szenen noch acht Hintergrundberichte sowie das (auch auf der UHD abrufbare) Feature „Spidey für Dummies“. Letzteres liefert, einmal aktiviert, Trivia-Infos während des Abspielens des Films. Mitunter sind Infos versteckt, die die Zusammenhänge zwischen Comic und Film entschlüsseln und sogar für eingefleischte Spider-Man-Fans noch ein paar überraschende Facts bereithalten. In „ein verheddertes Netz“ geht es primär darum, dass man froh ist, nun endlich auch den Spinnenmann in das Marvel-Cinematic-Universe integrieren zu können. „Auf der Suche nach Spider-Man“ geht es dann darum primär um die Figur selbst und um den Jungen hinter der Maske. „Spidey-Stunts“ muss man sicher nicht weiter erklären. Außer dass Tom Holland es sich nicht leicht gemacht hat, denn immerhin trägt er in den Actionszenen eine Maske, was jedem Stuntman die Möglichkeit gäbe, ihn zu ersetzen. Holland, der einen Tanz- und Gymnastik-Hintergrund hat, ließ es sich aber nicht nehmen, vieles selbst zu machen. „Der Vulture hebt ab“ klärt über die Änderungen auf, die man an der Comicfigur vornahm, um ihn furchteinflößender zu machen. In „Jon Watts: Klassenleiter“ wird der Fokus auf den Regisseur gelegt, der seine eigene Jugendlichkeit einsetzte, um die Hauptfiguren wirklich noch wie Kids wirken zu lassen. In „Vor- und Nachteile“ diskutieren Tom Holland und Co-Star Jacob Batalon darüber, ob es cool wäre, in Spideys Haut zu stecken oder nicht.
Fazit
Auch das zweite Reboot des Franchise ist ein rundum gelungener Unterhaltungsfilm, der sich einerseits perfekt ins Marvel-Universum einfügt und andererseits dem gesamten Kosmos eine Frischzellenkur verpasst. Der junge Tom Holland passt mit seiner jungenhaften Albernheit perfekt in das Kostüm und die Story überzeugt durchweg. Dazu liefert die UHD von Spider-Man: Homecoming das bessere Bild und einen hervorragend Atmos-Sound für die Originalsprache. Leider muss der deutsche Zuschauer mit einer (sehr guten) dts-HD-Master-Spur auskommen.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität BD: 80%
Bildqualität UHD: 85%
Tonqualität BD/UHD (dt. Fassung): 95%
Tonqualität BD/UHD 2D-Soundebene (Originalversion): 95%
Tonqualität BD/UHD 3D-Soundebene Quantität (Originalversion): 90%
Tonqualität BD/UHD 3D-Soundebene Qualität (Originalversion): 90%
Bonusmaterial: 60%
Film: 85%
Anbieter: Sony Pictures/Marvel Studios
Land/Jahr: USA 2016
Regie: Jon Watts
Darsteller: Tom Holland, Michael Keaton, Laura Harrier, Angourie Rice, Zendaya Coleman, Jon Favreau, Marisa Tomei, Robert Downey Jr., Chris Evans, Martin Starr, Logan Marshall-Green, Donald Glover,
Tonformate BD: Auro 3D (dts-HD-Master-Kern): en // dts-HD-Master 5.1: de
Tonformate UHD: Dolby Atmos (True-HD-Kern): en // dts-HD-Master 5.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 133
Codec BD: AVC
Codec UHD: HEVC
Real 4K: Nein (2K DI)
FSK: 12
(Copyright der Cover, Szenenbilder und vergleichenden Screenshots: © 2017 Columbia Pictures Industries, Inc. and LSC Film Corporation. All Rights Reserved. | MARVEL and all related character names: © & ™ 2017 MARVEL.)