Stephen King’s Big Driver

Blu-ray Review

Big Driver - Willkommen im Nirgendwo Blu-ray Review Cover
Concorde Home, 28.07.2017

OT: Big Driver

 


Der Strick-Club schlägt zurück

Eine neue Stephen-King-Verfilmung nimmt sich des Themas Rache an.

Inhalt

Tess Thorne ist erfolgreiche Thriller-Buch-Autorin und hat gerade eine lange Autofahrt zu einer Lesung hinter sich, auf der sie nur von ihrem charmanten Navigationsgerät begleitet wurde. Das wiederum wird von der Veranstalterin der Lesung für den Rückweg auf eine alternative Route eingestellt, die den Weg um eine Stunde abkürzt. Doch was Tess für eine gute Idee hält, gerät zum Horrortrip. Nicht nur, dass ihr der Reifen auf der unaufgeräumten Landstraße platzt, dauert es auch noch eine kleine Ewigkeit, bis ein Retter in der Not eintrifft. Doch der große bullige Typ, der anbietet, den Reifen zu wechseln, will etwas ganz anderes. Das erfährt Tess am eigenen Leib, als er sich mehrfach an ihr vergeht. Geschunden, gedemütigt und halbtot lässt er sie in einem Abwasserkanal liegen – neben all den anderen Frauen, die er schon missbraucht und getötet hat. Doch Tess lebt noch … und sinnt auf Rache …

Big Driver ist die zweite Geschichte der Novellensammlung Zwischen Nacht und Dunkel, die Stephen King im November 2010 herausbrachte. Die Verfilmung, die über den TV-Sender „Lifetime“ veröffentlicht wurde, lief dann knapp vier Jahre später und hält mit Maria Bello immerhin ein sehr bekanntes Gesicht in der Hauptrolle parat. King selbst ließ sich nach eigenen Angaben von Bronsons Ein Mann sieht rot zu seiner 114-seitigen Story inspirieren. Ihm ging es um die Frage, ob „man die Pistole, die man einmal in die Hand genommen hat, wieder weglegen könne?“, wenn einem etwas derart schreckliches passiert ist und man die Möglichkeit der Rache in Erwägung zieht. Mit Maria Bello hat Regisseur Salomon eine charakter- und ausdrucksstarke Protagonistin gefunden, der man die Desorientierung und Verwirrtheit nach den erlittenen Taten in jeder Sekunde abnimmt. Als Krimiautorin kann sie zwar blendend reflektieren, an welche Einzelheiten sie sich erinnern muss, doch ihre ersten Schritte erscheinen vollkommen chaotisch und wirr. Doch dann ergibt es seinen Sinn, wenn Tess um alles in der Welt verhindern möchte, dass die Öffentlichkeit von allem erfährt und sie in der Luft zerreißt. An solchen Stellen ist Big Driver neben einem spannenden Thriller auch ein Kommentar auf die Gesellschaft, die nur allzu gerne hinterfrag, ob eine Frau an einer Vergewaltigung nicht auch immer eine Teilschuld trägt – immerhin war sie nett zu dem Mann, hat vielleicht sogar ein bisschen geflirtet …

Leider tappt Big Driver aber auch immer wieder in kleinere Klischeefallen. Wenn die intelligente Autorin bei ihren Recherchen Tat und Täter betreffend in ihrer Fantasie nicht auf einfallsreichere Dinge kommt wie „Missbrauch in der Familie“. Auch das Verhalten gegenüber Tess‘ erster Verdächtiger ist nicht ganz schlüssig. Aber immerhin geht es ja auch noch um Rache – und die wird bekanntlich am besten kalt serviert. Die Idee, dass die Autorin immer wieder mit sich selbst (oder ihrem Navi) Dialoge führt, ist ein netter Kniff, der beschreibt, wie die Vorstellungskraft von Romanschreibern allgegenwärtig zu neuen Geschichten im Kopf führt. Hier hat King sicherlich auch autobiografische Züge mit einfließen lassen. Nach der ersten kleinen Überraschung des Films stellt sich dann erstmals die Frage, wozu Rache (auch) führen kann – eben jene Frage, die King sich beim Schreiben der Geschichte selbst gestellt hat. Am Ende hätte man dieser kontroversen Auseinandersetzung noch mehr Zeit gönnen dürfen, um den Film etwas unbequemer zu gestalten. Außerdem fehlt es dann doch etwas an Hintergründen und Erklärungen. Dennoch gab es schon weitaus schwächere Verfilmungen von King-Geschichten.

Bild- und Tonqualität

Stephen King’s Big Driver hat ein zuallererst sehr helles Bild, das ein wenig unter mangelndem Kontrastumfang leidet. So erkennt man zwar alles, was während der vielen Tageslichtszenen passiert, die hellen Hintergründe reißen aber etwas aus als befände man sich in einer Jane-Austen-Verfilmung. Farben reduzieren sich auf eine Grün-Braun-Palette und sind aufgrund des geringen Kontrastumfangs ein wenig reduziert. Die Schärfe ist durchgängig auf einem angenehmen, aber nicht außergewöhnlich gutem Niveau, ein deutlich sichtbares Korn lässt den Film analog wirken. Die nächtlichen Szenen nutzen als Stilelement ebenfalls den leichten Helligkeitsüberschuss an Objekträndern, was zu einem leichten Weichzeichner-Look führt. Dafür passt der Schwarzwert ganz gut.
Beim Sound bleibt es zunächst recht frontbezogen. Auch die Musik spielt fast komplett auf den Hauptlautsprechern. Wenn Tess dann über den Holzbalken mit den Nägeln fährt, gibt es mal so etwas wie eine akustische Auflockerung, die allerdings nur kurz mal die Effektlautsprecher mit einbezieht. Ganz selten werden mal echte, direktionale Geräusche platziert. Die Stimmen gelangen indes äußerst gut verständlich zum Zuhörer und sind in Sachen Lautstärke homogen eingebettet. Der klassische Score klinkt allerdings ein wenig dumpf.

Bonusmaterial

Das Bonusmaterial von Stephen King’s Big Driver enthält lediglich den Originaltrailer sowie ein paar Programmtipps.

Fazit

Stephen King’s Big Driver ist zwar ein Rachefilm, setzt aber nicht auf die vordergründigen Schauwerte eines I Spit on Your Grave. Vielmehr ist es der innere Kampf der verletzten Frau, der im Vordergrund steht und für Spannung sorgt. Maria Bello als Hauptdarstellerin ist dabei die ideale Besetzung und geht sichtlich durch die Hölle.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 60%
Tonqualität (dt. Fassung): 60%
Tonqualität (Originalversion): 60%
Bonusmaterial: 10%
Film: 60%

Anbieter: Concorde Home
Land/Jahr: USA 2014
Regie: Mikael Salomon
Darsteller: Maria Bello, Ann Dowd, Will Harris, Joan Jett, Olympia Dukakis, Jennifer Kydd, Andre Myette, Juanita Peters
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 1,78:1
Laufzeit: 88
Codec: AVC
FSK: 16

Trailer zu Big Driver

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