Suburbicon – Willkommen in der Nachbarschaft

Blu-ray Review

Suburbicon Blu-ray Review Cover
Concorde Home Entertainment, 22.03.2018

OT: Suburbicon

 

 


Auf gute Nachbarschaft

Bitterböse Satire und kluger Kommentar auf die USA der Ära Trump.

Inhalt

Die Kleinstadt Suburbicon ist ein Schmelztiegel der Vielfalt. Die Bewohner kommen aus New York, Ohio oder sogar Mississippi. Man lebt ein gemütliches und friedliches – ein geradezu beschauliches Leben inmitten einer Idylle. Da passt es natürlich schlecht, dass direkt neben die zuckersüße Familie Lodge eine schwarze Familie einzieht. Die ganze Nachbarschaft ist in heller – oder eher dunkler – Aufruhr.
Das wiederum passt Gardner Lodge ganz gut in den Kram, möchte er doch schon länger mit Schwägerin Margaret zusammen leben und sich von seiner Frau Rose lösen. Nun, inmitten des ganzen Tohuwabohu scheint der Zeitpunkt günstig, seine Frau auf wenig natürliche Weise ums Leben kommen zu lassen. Dafür engagiert er zwei Gangster, die einen Einbruch vortäuschen und die seit einem Unfall an den Rollstuhl gefesselte Rose töten sollen. Doch es läuft nicht alles wie geplant. Im Nachgang taucht ein windiger Versicherungsagent auf, der die Geschichte offenbar durchschaut hat. Genau wie die beiden gierigen Gangster, so fordert auch er von Gardner Geld. Der sieht sich in die Ecke gedrängt, schlägt zurück und irgendwie endet alles im blutigen Chaos …

George Clooney und die Coens kennen sich schon lange und arbeiten auch nicht das erste Mal zusammen (O Brother, Where Art thou, Hail, Caesar etc.). Nun hat sich der Regisseur Clooney mit Suburbicon – Willkommen in der Nachbarschaft ein schon lange auf Halde liegendes Skript der Brüder geschnappt, es gemeinsam mit Grant Heslov noch etwas ausgefeilt und liefert eine bitterböse Satire auf das „Make America Great Again“ des Donald Trump ab. Clooney will diese Verbindung und man merkt sie dem Film an. Wenn Trump die 50er/60er Jahre als „Idealbild“ seines gewünschten Amerikas skizziert, dann finden sich Analogien der beiden Zeiten nicht nur im (erwünschten) wirtschaftlichen Aufschwung, sondern in sehr unrühmlichen Bildern eines gespaltenen Landes, dessen Rassenhass wieder offener und dessen Ablehnung von Minderheiten neuen Aufschwung bekommt. Brannten damals die Ku-Klux-Klan-Kreuze in den Gärten der schwarzen Bevölkerung, sind es heute die sozialen Netzwerke, die voller Fremdenhass sind. So wie beispielsweise das zum damaligen Zeitpunkt mit Hakenkreuz-Symbolen „gestaltete“ Facebook-Profil des James Alex Fields jr.
Dessen Bluttat von Charlottesville (er fuhr mit einem Auto in eine Gruppe von Demonstranten, die sich gegen einen rechten Aufmarsch formiert hatten) tötete eine 32-jährige, verletzte 19 weitere Menschen und gab Anlass dazu, dass Donald Trump über sein Verhältnis zur amerikanischen Ultrarechten Auskunft geben musste. Clooney nahm diesen Hintergrund, um der Geschichte der Coens den Nebenstrang der Mayers hinzu zu fügen. Eben jener afroamerikanischer Familie, die es „wagt“, in die von Weißen bewohnte Kleinstadt-Siedlung zu ziehen.

Mit dieser Story-Erweiterung verpackt Suburbicon die heutigen Probleme der US-Gesellschaft in ein 60er-Jahre-Szenario und will durchaus als „wütender“ Film verstanden werden. Denn wütend ist der Demokrat im Regisseur mit Sicherheit, wenn er sich anschaut, was ein gutes Jahr Trump-Administration aus dem „Land der Freien“ hat werden lassen. Weil Clooney aber eben auch ein Fan von groteskem Witz ist, hat er seinen Film mit derart schwarzem Humor garniert, dass einem das Lachen bisweilen im Hals stecken bleibt. Kein Blatt nimmt Suburbicon vor den Mund und verpasst All-American-Darling Matt Damon zwischendurch einfach mal einen Faustschlag mitten ins Gesicht. Auch sonst darf man sich gerne mal verwundert die Augen reiben, wenn das Blut spritzt; wenn Julianne Moore einen Besucher mit Lauge füttert und wenn Matt Damon blutverschmiert ein Sandwich vor den Augen des eigenen Sohnes verspeist. Dass das in den USA zu einem R-Rating geführt hat, ist nicht verwunderlich und insgesamt geht es durchaus etwas derber zu als in den Filmen der Coens. An deren Fargo erinnert Suburbicon des Öfteren mal – immerhin gab’s auch dort eine fingierte Entführung, die im Desaster endete. Allerdings fehlen Steve Buscemi und Peter Stormare. Dafür gibt’s (wie schon geschrieben) Matt Damon, Julianne Moore und Oscar Isaac. Damon, der für die Rolle einiges an Pfunden zugelegt hat, ist perfekt besetzt in der Figur des Kleinbürgers, dessen Träume sich in Blut auflösen. Sein Gardner wirkt wie aus einem Coen-Film herausoperiert und Damon macht es unglaublich Spaß, sein Image als Durchschnitts-Amerikaner mit rotem Lebenssaft zu besudeln.

Doch der Film konzentriert sich nicht nur auf ihn, sondern parallel auch sehr stark auf den jungen Noah Jupe. Oft schildert Suburbicon das Geschehen aus dessen Sicht, was entsprechende Gewalttaten noch heftiger wirken lässt. Gleichzeitig ist seine Rolle aber auch der unschuldige Gegenpol zum aufgebrachten Mob, der mit Mistgabel und brennender Fackel den Mayers zu Leibe rückt. Denn während die Erwachsenen ihre Angst vor dem „unbekannten Wesen“ des schwarzen Mannes in Gewalt ausdrücken, geht Jupes Nicky mit Andy Mayers zum Baseball und findet auch sonst eine Menge Gemeinsamkeiten. Befremdet und etwas verängstigt schaut man gemeinsam zu, wie sich die Nachbarn mit Plakaten und Hassrufen dem Grundstück nähern. An Nicky entzündet sich auch vielfach der schwarze Humor des Films. Wenn er ungeplant in den Raum der Gegenüberstellung mit den Einbrechern und Mördern seiner Mutter kommt und mit großen Augen ansehen muss, dass sein Vater und Tante Maggie die Täter NICHT identifizieren, die klar anwesend sind, ist das schon bitter. Wenn dann ein dämlicher Beamter das Licht im Raum anschaltet, sodass die Verbrecher die „anonymen“ Opfer auf der anderen Seite erkennen können – unbezahlbar. Auch der Blick in Nickys Augen, wenn er seinen Vater und die Tante beim „Tischtennis“ im Keller erwischt, ist sensationell. Noah Jupe empfiehlt sich hiermit für weitere Großtaten und ist eine echte Entdeckung. Es gibt nur wenige Jungdarsteller, die gleichzeitig so sympathisch und gewitzt rüberkommen wie er.
Was die Integration der beiden Parallel-Storys und das Tempo angeht, hätte Clooney allerdings etwas mehr auf die Tube drücken dürfen. Bisweilen ist es dann doch etwas zäh und konzentriert sich etwas zu sehr auf kleine optische Gags. Da es zum Ende hin aber mehr und mehr das Gewicht Richtung Thriller mit Hitchock’schen Ausmaßen entwickelt, wird man von diesen kleinen Mankos effektiv abgelenkt.

 

Bild- und Tonqualität

Suburbicon wurde mit Arri-Alexa-65- und Arri-Alexa-XT-Plus-Kameras vollständig digital aufgenommen. Das führte für die Blu-ray zu einem durchweg ruhigen und sehr stabilen Bild. Rauschen oder Korn sind fast überhaupt kein Thema und die Schärfe ist in ruhigen Einstellungen bisweilen hervorragend (9’26). Farben kommen lebhaft rüber, wenngleich die Außenaufnahmen bewusst etwas heller und damit nicht ganz so kontraststark ausfallen. Dafür gefällt die Bilddynamik in Innenraum-Sequenzen sehr gut, denn die Durchzeichnung bleibt auch in dunklen Bereichen hervorragend erhalten.
Beim Ton konzentriert sich Suburbicon vornehmlich auf die Dialoge, die sehr gut verständlich aus dem Center kommen. Der jazzige bis klassische Filmscore öffnet dann den Raum und streicht dort sehr sanft über die Rearspeaker (18’30). Umgebungsgeräusche werden relativ authentisch wiedergegeben, wenngleich hier nie ein Übermaß an Räumlichkeit erzielt wird. Etwas lauter und dynamischer wird’s wenn die Myers von den Nachbarn belagert werden (44’28). Das wiederum steigert sich später zu einem durchaus heftigen Maß, lässt Fensterscheiben klirren und Gegenstände zerbersten. Dazu gesellt sich das Geschrei der Masse und der sich dynamisch steigernde Score (ab 72’00). Krass wird’s, wenn der LKW den VW Käfer auf die Schippe nimmt und der Beetle in Flammen aufgeht (84’30).

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial, bzw. über die Audio-Auswahl von Suburbicon findet man zunächst mal den Audiokommentar von Clooney und Co-Autor Grant Heslov. Dazu gesellen sich drei Featurettes. Das Erste beschäftigt sich mit der Filmmusik von Alexandre Desplat, die er sehr jazzig angehaucht hat. Das Zweite kümmert sich um das Casting. Es mixt Interviews mit den Darstellern zu entsprechenden Filmszenen und hält nette Anekdoten bereit. Außerdem ist es schon richtig witzig, wenn Glenn Fleshler den Fausthieb seiner Figur in Matt Damons Gesicht kommentiert, dass er es nur jedem empfehlen könne, mal einem Nationalheiligtum mit der Faust ins Gesicht zu schlagen. Das Dritte zeigt in knapp 30 Minuten Hintergrundinfos zur Entstehung des Films. So erzählt Clooney recht ausgiebig, wie die Coens ihm 1982 das Skript vorstellten und wie er es dann mit Heslov umschrieb.

Fazit

Wie es hinter der weißen Fassade aus Arroganz, Angst und latenter Aggression aussieht, zeigt George Clooneys Suburbicon mit teils bitterbösem Humor. Allerdings hätte dem Film noch etwas mehr Tempo gut getan. Dennoch: Wer die Filme der Coens mag und liberale Gesellschaftsansichten hat, wird hier viel Spaß haben.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 85%
Tonqualität (dt. Fassung): 75%
Tonqualität (Originalversion): 75%
Bonusmaterial: 50%
Film: 75%

Anbieter: Concorde Home Entertainment
Land/Jahr: USA 2016
Regie: George Clooney
Darsteller: Matt Damon, Julianne Moore, Oscar Isaac, Noah Jupe, Glenn Fleshler, Michael D. Cohen, Gary Basaraba, Jack Conley, Ellen Crawford
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 105
Codec: AVC
FSK: 16

Trailer zu Suburbicon

SUBURBICON | Trailer | Deutsch | Offiziell |


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