Taxi Teheran

Blu-ray Review

Taxi Teheran Blu-ray Review Cover
Weltkino/Universum Film, ab 29.01.2015

OT: Taxi

 


Chauffeur der Kunst

Frisch mit dem Goldenen Bären von Berlin ausgezeichnete Semi-Dokumentation von Jafar Panahi.

Inhalt

Jafar Panahi, iranischer Regisseur mit kritischer Einstellung, darf in seinem Land offiziell keine Filme drehen. Also muss er, um seiner Berufung nachzukommen, heimlich drehen. Um sich ein bisschen Geld zu verdienen, fährt er Taxi und filmt seine Fahrgäste. Dabei sammelt er Geschichten, die nur das Leben schreiben kann. Vom Film-Raubkopierer, der Panahi verehrt über ältere Damen, die unbedingt ein paar Goldfische zu einer heiligen Quelle bringen wollen bis hin zu seiner Nichte, die ihm vornehmlich naseweiße Vorwürfe macht. Die kleine Verwandte muss ihrerseits für ein Schulprojekt einen Film drehen, der natürlich systemkonform ausfallen soll. Ergo filmt sie Panahi, wie er sie filmt und durch Teheran kutschiert …

„So einfach ist das doch nicht“ – die Aussage der Frau auf dem Rücksitz in Richtung des Beifahrers, der gerade schwadroniert, dass man Verbrecher am besten sofort hinrichtet, gibt die Marschrichtung von Taxi Teheran vor. Dass dieser Film das Licht der Welt erblickte und dazu in Berlin mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet wurde, ist ohnehin ein Wunder, denn Regisseur Jafar Panahi, der im Iran stets misstrauisch beäugt wird und des Öfteren schon festgesetzt wurde, musste seinen Film heimlich drehen und ihn außer Landes schmuggeln. Panahi übt hier zwar nicht offen Kritik am Regime in Iran, sondern überlässt das seinen Mitfahrenden, dennoch dürfte Staatsoberhaupt Ali Chamene’i das Gezeigte kaum gefallen. Denn die Fahrgäste, die Panahi befördert, plaudern bisweilen offen (natürlich wissentlich) in die Kamera, was sie von ihrer Gesellschaft halten oder zeigen dem Regisseur ihre Zuneigung. Andere wiederum könnten reaktionärer kaum drauf sein. Taxi Teheran ist dabei trotz seiner Inszenierung eine ebenso authentische wie packende Momentaufnahme eines Landes und seiner Bürger. Der Film zeigt, dass ein  intimer Bereich wie die Fahrgastzelle eines Autos zu einem kleinen Freiraum werden kann, in dem alles möglich ist – von Aussagen, die ohne Weiteres die Todesstrafe nach sich ziehen würden bis hin zu entsprechend radikalen Ansichten. Zwar wählt und montiert Panahi vornehmlich dramatische und teils drastische Sequenzen, doch das tut er, ohne auf Mitleid zu plädieren oder seine eigene Situation in den Vordergrund zu drängen. Im Gegenteil: Der teils entwaffnende Humor (bspw. zwischen ihm und seiner Nichte) ist bisweilen sarkastisch bis lakonisch – jedoch nie selbstzweckhaft, sondern immer authentisch. Ohnehin sind die Szenen zwischen den Beiden die bissigsten des Films. Wenn die Schülerin erzählt, welche Regeln von der Lehrerin für den Film auferlegt wurden, dann wird dem Zuschauer gemeinsam mit Panahi ganz flau im Magen. Denn Filme, so erfahren wir, dürfen gemacht werden dürfen, die die Wahrheit zeigen – aber nur, wenn solange diese „schön“ ist.Hier wird besonders deutlich, wie die Kunst im Iran unter der scheinheiligen Geistlichkeit zu leiden hat. Schade, dass die deutsche Synchronisation qualitativ nicht ganz standhält, weshalb die Originalspur mit Untertiteln die weitaus bessere Option ist, Taxi Teheran zu genießen.

Bild- und Tonqualität

Das Bild von Taxi Teheran ist durchweg hell und in Nahaufnahmen von beachtlicher Schärfe. Die HD-Kameras haben allerdings Probleme während leichter Bewegungen, die dauerhaft verwischen und bisweilen auch ruckeln. Die Kontrastierung im Innenraum ist angenehm, Aufnahmen, die nach außen gerichtet sind, überstrahlen ein wenig. Der teils etwas künstlich-digitale Look unterstützt das Thema des Films sehr gut, auch wenn’s unter technischen Aspekten nicht herausragend schön ist. Akustisch liefert Taxi Teheran verständlicherweise keinen großen Anlass für Räumlichkeiten oder Dynamiksprünge

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Taxi Teheran versteckt sich neben einem kurzen Featurette über die Entstehung des Artworks gleich noch ein weiteres Werk von Jafar Panahi – und zwar sein 2011er „Dies ist kein Film“ – einem Dokumentarfilm über seinen Alltag als Regisseur, der auf seinen Prozess wartet.

Fazit

Taxi Teheran zeigt, dass Kino und Kunst ihren Weg findet – ganz unabhängig von Repressalien durch Regierung oder geistliche Oberhäupter.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 60%
Tonqualität (dt. Fassung): %
Tonqualität (Originalversion): %
Bonusmaterial: 60%
Film: 80%

Anbieter: Weltkino/Universum Film
Land/Jahr: Iran 2015
Regie: Jafar Panahi
Darsteller: Jafar Panahi, Hana Saeidi
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 1,78:1
Laufzeit: 82
Codec: AVC
FSK: 12

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