Tea With the Dames – Ein unvergesslicher Nachmittag

Blu-ray Review

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NEW KSM Film, 29.08.2019

OT: Nothing Like a Dame

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cum dubito desisto

Die großen Frauen des britischen Kinos bitten zum Tee.

Inhalt

Was für den Herren in Großbritannien der „Sir“, ist für die Frauen das „Dame“: Eine Ehrung von ganz oben. Während die Queen die Männer zu Rittern und damit zum „Sir“ schlägt, tut sie es ebenso bei Frauen – nur eben zur „Dame“. Während auf der Männerseite unter den Filmschaffenden Herren wie Sir Sean Connery, Sir Michael Caine oder Sir Patrick Stewart als solchermaßen geadelte bekannt sind, gibt’s auf der weiblichen Seite ebenso einige sehr bekannte Darstellerinnen, die den Titel des Knight Bachelor tragen. Unter ihnen Dame Eileen Atkins, Dame Judi Dench, Dame Joan Plowright und Dame Maggie Smith. Was die vier Frauen auszeichnet, ist aber nicht nur der gemeinsame Ritter-Titel, sondern jener zur Gewohnheit gereifter Tag, an dem sie sich zu einem Plausch unter befreundeten Schauspielerinnen treffen. Ein Kaffeklatsch mit vier grauhaarigen Ladys also. Ziemlich öde, so könnte man meinen. Doch das Gegenteil ist der Fall. Denn hier treffen zum Zeitpunkt des Drehs 337 Jahre Lebens- und nicht viel weniger an Theatererfahrung aufeinander. Letzteres sollte man als Zuschauer umarmen und ein gesteigertes Interesse für haben.
Denn wer hofft, dass sich Tea With the Dames um Judi Denchs Auftritte als „M“ in den Bond-Filmen oder um Maggie Smiths Darstellung der Minerva McGonagall in Harry Potter dreht, der wird zweifelsohne enttäuscht werden. Beides wird nur in ein/zwei Sätzen abgehandelt.

Nein, Regisseur Roger Michell (Notting Hill) lässt den vier Frauen (Jahrgang 1929 und dreimal 1934) Raum, um ausgiebig in den früheren Erinnerungen zu schwelgen. Jene Zeit, als das Fernsehen noch Schwarzweiß war und die Menschen eher ins Theater als ins Kino gingen. Dabei geben die Vier unglaublich witzige, manchmal rührende, aber immer interessante Anekdoten preis – wobei eine gewisse Theater-Erfahrung und Kenntnis der frühen Rollen der Darstellerinnen von Vorteil ist. Man unterhält sich über die Anfänge am Theater, über die Ängste, wenn es um die Rolle der Cleopatra ging, über die (teils) berühmten Ehemänner (Joan Plowright war mit Laurence Olivier) verheiratet oder darüber, dass in der heutigen Zeit alle Angebote für ältere Schauspielerinnen im Film ohnehin immer zuerst an Dame Judi Dench herangetragen würden. Ja, ein bisschen Sarkasmus ist schon dabei, wenn sich die Schauspiel-Legenden auch mal gegenseitig necken. Besonders großartig sind Dench und Smith im Zusammenspiel, die auch mal einen echten Klopper raushauen und dem anwesenden Fotografen zu verstehen geben, dass er nun doch beileibe genug Fotos geschossen hätte.
Inszenatorisch fügt Michell immer wieder erstaunlich altes Archivmaterial der Schauspielerinnen aus ihren frühen Theater-Rollen in den Film ein – Respekt hier für die entsprechende Recherche-Abteilung des Films.

Abseits von Selbstironie über die Notwendigkeit von Hörgeräten im Alter, die nicht mehr ganz so lange Aufmerksamkeitsspanne oder die Probleme mit dem Sehen wird allerdings vor allem deutlich, wie viel Gewicht die vier Darstellerinnen auf ihre Theater-Engagements legen. Film oder TV, so meint man herauszulesen, ist nicht mehr als ein Mittel zum Zweck. Als ein Weg, Geld zu verdienen, um der eigentlichen Leidenschaft – dem Theater – nachzugehen. Wenn Maggie Smith unumwunden zugibt, keine Folge der Kultserie Downtown Abbey gesehen zu haben, die ohne sie als eine der Hauptdarstellerin vielleicht gar nicht so erfolgreich geworden wäre, dann ist das entlarvend ehrlich. Und ziemlich witzig. Denn auch die DVD-Box, die man ihr seitens des Produktionsstudios geschenkt hat, hat sie noch nicht angerührt. Selbstironisch geht sie davon aus, dass sie sich ziemlich beeilen und anstrengen muss, um noch alle Folgen gesehen zu haben, bevor sie die Bühne des Lebens verlässt. Was im Übrigen genauso schade wäre wie bei den anderen Drei. Denn was wäre die Filmwelt ohne diese großartigen Rollen dieser großen Ritterinnen des britischen Kinos?

Bild- und Tonqualität

Über Bild- und Tonqualität von Tea With the Dames zu sprechen, ist eigentlich praktisch überflüssig. Denn eigentlich geht’s hier nicht um Technik. Deshalb nur ein paar Anmerkungen: Das Bild während der echten Interview-/Gesprächsmomente ist klar, scharf und kontrastreich. Dazwischen gibt es Einschübe teils sehr alter und entsprechend verwaschen-unscharfer 4:3-Aufnahmen.
Beim Ton liegen zwar beide Spuren in dts-HD-Master 5.1 vor, doch hier wird praktisch nur gesprochen – und das in der deutschen Synchro (glücklicherweise) als Voice-Over und nicht totalsynchronisiert. Während genau das für den authentischen Dokumentarcharakter sorgt und es nicht befremdlich wirken lässt (was der Fall bei einer kompletten Synchro gewesen wäre), gibt es natürlich praktisch keine Räumlichkeit. Und die braucht es hier auch nicht.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Tea With the Dames warten lediglich die Trailer und ein Teaser zum Film.

Fazit

Dokumentarfilm, der vier britische Schauspiel-Legenden in Erinnerungen schwelgen lässt und dabei so kurzweilig ist, dass man sich noch viel mehr Themen gewünscht hätte, über die hätte gesprochen werden können.
Tea With the Dames ist Pflichtprogramm für Fans der vier Schauspielerinnen und gleichzeitig ein kulturhistorisches Panoptikum voller Anekdoten und Weisheiten.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 60%
Tonqualität (Originalversion): 60%
Bonusmaterial: 10%
Film: 80%

Anbieter: NEW KSM Cinema
Land/Jahr: USA 2018
Regie: Roger Michell
Darsteller: Dame Judie Dench, Dame Maggie Smith, Dame Eileen Atkins, Dame Joan Plowright
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 1,78:1
Laufzeit: 80
Codec: AVC
FSK: 0

(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter NEW KSM Film)

Trailer zu Tea With the Dames

Tea with the Dames (2018) Trailer, deutsch

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2 Kommentare
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Christoph

Zunächst mal ein großes Dankeschön für deinen Blog, ich lese ihn sehr gerne. Zu dieser Rezension sei mir eine kleine Anmerkung gestattet. Für mich hätte sich das sehr viel natürlicher gelesen, wenn du beim englischen „Lady“ geblieben wärest. Du hast ja auch „Sir“ geschrieben, und Dame wird im Deutschen doch etwas anders verwendet. Ist aber natürlich ein Detail und vermutlich auch Geschmackssache.