Blu-ray Review

OT: Terrifier 3

Wiedervereinigung
Zum dritten Mal lässt Damien Leone seinen Killerclown Art auf die Menschheit los
Inhalt

Sienna hat die Geschehnisse von vor fünf Jahren durch psychologische Betreuung halbwegs verarbeitet. Allerdings leidet sie immer noch unter Schuldgefühlen und hat Halluzinationen. Von ihrem Bruder Jonathan hat sie sich zunehmend entfremdet, was allerdings auch daran liegt, dass dieser am College studiert und wieder ein normales Leben zu leben scheint. Für Sienna soll das nun auch beginnen – und zwar bei Tante Jess und ihrer Cousine Gabbie. Doch irgendwie lässt Sienna die Vergangenheit nicht los. Als sie in einer Shopping-Mall glaubt, Art gesehen zu haben, glaubt ihr Jonathan nicht. Doch kurz darauf geht das fröhliche Morden am College los …

Es gibt derzeit nicht unbedingt viele Filme, die ihr Publikum (oder die öffentliche Meinung) gleichermaßen spalten, wie das beim jüngsten Film aus Leones Terrifier-Reihe der Fall ist. Und ich bin mir bewusst darüber, dass ich mich durch die bloße Veröffentlichung einer Rezension zu Terrifier 3 dieser Kontroverse aussetze, vielleicht sogar mit der Frage leben muss, warum ich dem ein Forum gebe. Also, warum? Zum einen ist es die mir innewohnende grundsätzliche Neugier, die sicherlich auch bei zahlreichen Kinogängern vorhanden war, die sich den Film im Kino anschauten – teils ohne die beiden Vorgänger zu kennen. Gerade bei harten Horrorfilmen findet die Legendenbildung nicht selten schon vorab statt, sodass sich viele selbst davon überzeugen möchten, ob sie es „aushalten“, was andere zum vorzeitigen Übelkeitssymptome gesteuerten Verlassen der Kinos bewog. Eine gewisse Sensationslust ist also durchaus vorhanden. Doch neben dieser Neugier gibt es auch einen weiteren, weitaus wichtigeren Grund, der Terrifier 3 besprechenswert macht: die Frage nach der Berechtigung und Notwendigkeit expliziter Gewalt im modernen Kino. In einer Welt, die täglich mit realen Grausamkeiten konfrontiert wird, stellt sie sich unweigerlich: Muss ein Film derart explizite Gewaltbilder liefern? Und wenn ja, mit welcher Intention?

Damien Leone hat sich mit seinem dritten Langfilm um Art the Clown nicht nur einmal mehr als kompromissloser Genre-Liebhaber erwiesen, sondern auch als Filmemacher, der die Grenzen des Darstellbaren erneut herausfordert. Dabei bleibt er seiner Handschrift treu: handgemachte Effekte, grotesker Humor und eine vollkommen entfesselte Inszenierung von Sadismus und Gewalt. Art the Clown ist dabei längst kein klassischer Slasher-Bösewicht mehr, sondern eine albtraumhafte Manifestation von Chaos und absoluter Bösartigkeit. Unterfüttert mit einem wesentlich höheren Budget, das es ihm ermöglichte, in seiner grafischen Abbildung noch einen Schritt weiterzugehen, langt Leone noch kräftiger zu. Wer das nach der Schlafzimmer-Szene des zweiten Teils nicht für möglich hielt, der wird sich nach der Dusch-Szene aus Terrifier 3 möglicherweise verwundert die Augen reiben. Die Frage, ob das noch als Kunst oder bereits als Schaulust-Befriedigung gewertet werden muss, steht während dieser zwei Szenen stärker im Raum als je zuvor. Zugleich wirft exakt diese Szene im dritten Teil durchaus eine weitere spannende Frage auf. Denn bisher (und das gilt für den ganz großen Teil der harten Horrorfilme) wurden vor allem Frauen Opfer der besonders grafischen Momente und des „Quasi-Highlight-Kills“. So war es im Vorgänger, so war es bei In a Violent Nature und so zieht es sich durch den Horrorfilm als solchen. Leone bricht in Terrifier 3 allerdings ein kleines Tabu und schnappt sich einen Kerl für seine expliziteste Gewaltszene. Einen nackten Kerl. Und das ging dann doch vielen Zuschauern zu weit. Ein wenig fragwürdig ist das schon, dass das Gezeigte nicht mehr okay ist, wenn’s dem Mann an sein bestes Stück geht.

Aber zurück zur Ausgangsfrage des „Kunst vs. Selbstzweck“ und damit zu einem schwierigen Motiv. So bleibt Sienna zwar auch hier die Heldin, die unermüdlich kämpft, um die Überreste ihrer Familie zu retten, doch ihr heroischer Einsatz funktioniert nur im Finale als Ausgleich in der Darstellung der Brutalität. Leone scheint aber zwischendrin eine fast archaische Logik zu entwickeln, die weniger dem Narrativ (bspw. wie beim ersten Teil) verpflichtet ist als dem puren Spektakel des Schocks. Dafür dienen die beiden genannten expliziten Szenen des zweiten und dritten Teils, die jede für sich genommen die Grenzen des kommerziellen Horrorfilms sprengen (wir reden hier nicht vom Underground-Film, der sich ganz bewusst jenseits jeder Grenze bewegt). In beiden Szenen wirkt das Ganze selbstzweckhaft-sadistisch und scheint einzig dazu zu dienen, Tabus zu brechen. Gleichzeitig wäre es zu einfach, Terrifier 3 nur auf seine Brutalität zu reduzieren. Denn Leone zeigt – ebenso wie bereits in den Vorgängern –, dass ihm eine gewisse stilistische Finesse nicht abzusprechen ist. Seine Bildsprache ist mitunter surreal, das minimalistische Sounddesign verstärkt die groteske Atmosphäre, und David Howard Thornton bleibt mit seiner stummen, mimischen Darbietung als Art ein absolut Furcht einflößendes Zentrum des Films. Zudem gelingt es Leone hier (in meinen Augen) zum ersten Mal so etwas wie Spannung zu erzeugen – und zwar in jener Gewölbeszene, in der der Sergeant auf den kopflosen Art trifft. Kombiniert mit der schmuddelig-gelungenen Atmosphäre auf dem staubigen Dachboden hat Terrifier 3 tatsächlich ein paar wirklich gelungene Momente abseits der grafischen Gewalt. Doch reicht das aus, um die explizite Grausamkeit zu rechtfertigen? Ist der Film mehr als nur eine Mutprobe für Horror-Fans? Letztlich bleibt Terrifier 3 ein Werk, das genau diese Fragen aufwirft, aber keine Antworten gibt. Und genau deshalb halte ich es für notwendig, darüber zu schreiben. Denn das Genre des extremen Horrorfilms bewegt sich stets an der Grenze zwischen Kunst und Schockeffekt, zwischen Gesellschaftskritik und reiner Provokation. Es ist nicht die Aufgabe eines Kritikers, ein Werk zu zensieren oder seine bloße Existenz infrage zu stellen – wohl aber, es einzuordnen und zu hinterfragen. Und genau deshalb gibt es diese Rezension. Den Rest besprechen wir unten in den Kommentaren 😉
Bild- und Tonqualität

Wie schon bei den beiden Vorgängern zu sehen, bleibt auch Terrifier 3 bewusst stilisiert, was die Bildqualität angeht. Gefilmt wurde erneut digital, wobei dieses Mal die ARRI Alexa 35 zum Einsatz kam. In der Postproduktion hat man das Bild allerdings krass bearbeitet. Es beginnt mit einem deutlichen Rauschen, das den FIlm atmosphärisch an die 16-mm-Horrorfilme der 70er anlehnt. Das trifft gleichermaßen auf die Farben zu, die eher an einen Texas Chainsaw Massacre erinnern als an einen aktuellen Titel wie Night Swim. Rot tendiert nach wie vor eher ins Orange und helle Bereiche überstrahlen immer wieder. Dazu gibt’s nicht die allerbeste Durchzeichnung im Schwarz und eine mehr als durchschnittliche Schärfe. Selbst Close-ups sind nur selten knackig oder gut aufgelöst. Geht es in Halbtotale, wird es noch schwächer. All das ist von Leone mit Sicherheit so gewollt und von daher zu akzeptieren. Was allerdings überdies nach wie vor hinzukommt, ist das maximal ausreichende Encoding. Dieses war bereits beim zweiten Teil nur durchschnittlich und wurde von der 4K-Disk deutlich übertroffen. Auch dieses Mal weist die Blu-ray (vor allem auf roten Farbflächen) matschige und verklumpte Bereiche auf, die hin und wieder sogar sichtbar einfrieren (28’48 links oben). Die nachträglich hinzugefügte Körnung wird deshalb nicht durchgängig authentisch reproduziert.

Anbieter Tiberius Film hat der Blu-ray von Terrifier 3 dankenswerterweise für beide Sprachfassung eine Dolby-Atmos-Tonspur spendiert. Bevor wir auf deren Räumlichkeit eingehen, zunächst der Hinweis, dass trotz des mittlerweile deutlich gestiegenen Budgets und der weltweiten Kino-Erlöse (die auch vor Deutschland nicht Halt gemacht haben und den Film zu erfolgreichsten Kino-Output der Münchner Tiberius Film hat werden lassen) die deutsche Synchro immer noch ein Schwachpunkt ist. Natürlich wurde diese VOR dem Kinoerfolg angefertigt, aber nach dem bereits sehr erfolgreichen zweiten Teil hätte man hier noch ein wenig mehr Arbeit hineinstecken dürfen. Zum einen sind nicht alle Sprecher wirklich hochklassig (vor allem jene der Kinder- und Jugenddarsteller), zum anderen klingt die deutsche Sprachausgabe relativ dünn. Da Terrifier 3 erneut erstaunlich ausgeprägt auf Umgebungsatmosphäre verzichtet, sticht diese etwas undynamische Stimmabbildung umso stärker ins Auge bzw. Ohr. Wuchtig hingegen werden die Axthiebe in der Eröffnungsszene ins Heimkino transportiert, wenn Art beginnt, sein Unwesen zu treiben. Und in der Katakomben-Szene sowie später in der U-Bahn gibt es eine ganz dezente räumliche Erweiterung auf die Rearspeaker. Das Gewitter nach etwas über 15 Minuten nutzt dann sämtliche Speaker, klingt aber auch ein wenig gewollt, nicht wirklich gelungen. Während der schmatzenden Soundeffekte, die Axt-, Nagel- oder Messer-Kills begleiten, bleibt die Blu-ray tonal etwas frontal und verzichtet auf eine Ausweitung auf die Surroundspeaker. Selbst während der vermeintlich dynamischsten Szene nach 72’25 bleibt’s erstaunlich frontal. Was die Einbindung der Heights angeht, so bleibt dies relativ spärlich besetzt – und das bis zur 61. Minute. Dort hört man dann zunächst sirenenartige Sounds von oben, die dann in einen verzerrten Gesang übergehen. Die höllenartigen Geräusche nach 94 Minuten sind sogar richtig fies geraten. Nach knapp 107 Minuten setzen dann Dämonenwesen von oben ein und im Finale weht und zischt es des Öfteren aus den Heights. Das war’s in Summe.











Bonusmaterial
Im Bonusmaterial findet sich leider kein Featurette über die Dreharbeiten oder die Spezialeffekte. Allerdings gibt’s das 15-minütige! (und ziemlich blutige) Musikvideo zu Ice Nine Kills’ „Work of Art“ (das im Übrigen mehr Surroundeffekte liefert als der Film) und einen (nicht untertitelten) Audiokommentar von Leone nebst einem Bereich mit Storyboards. Den Audiokommentar sollte im Übrigen jeder meiden, der sich Spoiler auf Teil 4 erhofft. Denn solche Zuhörer möchte Leone nicht haben.
Fazit
Terrifier 3 ist einerseits professioneller und hochwertiger, verleugnet andererseits aber nicht seine Independent-Wurzeln. Leones dritter Langfilm über Art ist nach wie vor ungehobelt, bösartig und zynisch. Und nach wie vor ist das Drehbuch derart dünn, dass es auf zwei Seiten passt – was man auch daran merkt, dass selbst 125 Minuten (also 13 Minuten weniger als beim zweiten Teil) immer noch unglaublich lang sein können, wenn man sie einzig mit möglichst grafischen Gewalttaten füllt. Szenen in der Bar mit dem Weihnachtsmann oder das ganze Drumherum auf der Collegeparty ziehen sich wie Kaugummi und werden (teils) mit pseudo-philosophischem Geschwafel angereichert. Was man von den expliziten Gewalttaten hält, wird mehr noch als im zweiten Teil Geschmacksache sein. Die Blu-ray bietet den Film mit einer erneut nicht souveränen Bild- und einem etwas uninspirierten Ton ab.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 65%
Tonqualität BD 2D-Soundebene (dt. Fassung): 65%
Tonqualität BD 3D-Soundebene Quantität (dt. Fassung): 20%
Tonqualität BD 3D-Soundebene Qualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität BD 2D-Soundebene (Originalversion): 70%
Tonqualität BD 3D-Soundebene Quantität (Originalversion): 20%
Tonqualität BD 3D-Soundebene Qualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 40%
Film: 55%
Anbieter: Tiberius Film
Land/Jahr: USA 2024
Regie: Damien Leone
Darsteller: David Howard Thornton, Lauren LaVera, Samantha Scaffidi, Elliott Fullam, Antonella Rose, Margaret Anne Florence
Tonformate BD: Dolby Atmos (True-HD-Kern): en // dts-HD-Master 5.1: de
Untertitel: de, en
Bildformat: 2,39:1
Laufzeit: 126
Codec: AVC
FSK: SPIO KsJ
(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Tiberius Film)
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So testet Blu-ray-rezensionen.net
Die Grundlage für die Bild- und Tonbewertung von Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays bildet sich aus der jahrelangen Expertise im Bereich von Rezensionen zu DVDs, Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays sowie Tests im Bereich der Hardware von Unterhaltungselektronik-Komponenten. Gut zehn Jahre lang beschäftigte ich mich professionell mit den technischen Aspekten von Heimkino-Projektoren, Blu-ray-Playern und TVs als Redakteur für die Magazine HEIMKINO, HIFI TEST TV VIDEO, PLAYER oder BLU-RAY-WELT. Während dieser Zeit partizipierte ich an Lehrgängen zum Thema professioneller Bildkalibrierung mit Color Facts und erlangte ein Zertifikat in ISF-Kalibrierung. Wer mehr über meinen Werdegang lesen möchte, kann dies hier tun —> Klick.
Die technische Expertise ist aber lediglich eine Seite der Medaille. Um stets auf der Basis von aktuellem technischem Wiedergabegerät zu bleiben, wird das Testequipment regelmäßig auf dem aktuellen Stand gehalten – sowohl in puncto Hardware (also der Neuanschaffung von TV-Displays, Playern oder ähnlichem, wenn es der technische Fortschritt verlangt) als auch in puncto Firmware-Updates. Dazu werden die Tests stets im komplett verdunkelbaren, dedizierten Heimkino angefertigt. Den Aufbau des Heimkinos könnt ihr hier nachlesen —> Klick.
Dort findet ihr auch das aktuelle Referenz-Gerät für die Bewertung der Tonqualität, das aus folgenden Geräten besteht:
- Mainspeaker: 2 x Canton Reference 5.2 DC
- Center: Canton Vento 858.2
- Surroundspeaker: 2 x Canton Vento 890.2 DC
- Subwoofer: 2 x Canton Sub 12 R
- Heights: 4 x Canton Plus X.3
- AV-Receiver: Denon AVR-X4500H
- AV-Receiver: Pioneer SC-LX59
- Mini-DSP 2x4HD Boxed
Das Referenz-Equipment fürs Bild findet ihr wiederum hier aufgelistet. Dort steht auch, wie die Bildgeräte auf Norm kalibriert wurden. Denn selbstverständlich finden die Bildbewertungen ausschließlich mit möglichst perfekt kalibriertem Gerät statt, um den Eindruck nicht durch falsche Farbtemperaturen, -intensitäten oder irrigerweise aktivierten Bild„verbesserern“ zu verfälschen.
Nur mal zur Verwirrungsminimierung: Die Hinweise auf “UHD” im Bewertungsblock ist vermutlich ein Copy/Paste-Fehler, oder? 😉
Verwirrungsminimierung soll geklärt werden.
Ja, ist aus der Vorlage für die UHD Blu-ray kopflos rüberkopiert. Vermutlich hatte mich Art zuvor besucht und mir das eine oder andere Gehirnzellchen rausskalpiert.
Ich mag die Filme, und in meinen Augen sollten ANDERE filme wie zb. “A Serbian Film” kritischer gesehen werden und nicht als Hype ( meine meinung )
Wenn wir von Terrifier auf den Serben kommen, sind wir natürlich schnell in der Schiene, die ich im Review angesprochen habe – jener des Untergrund-Horrorfilms. Zwar ist der Serbe hier ein Grenzgänger, da er durchaus mit Budget realisiert wurde, aber aufgrund der Produktionsumstände und der späteren Legendenbildung ist er imo eher im Untergrund-Bereich zu verorten. Und das, was sich dort bisweilen tummelt, nötigt selbst mir (der ich früher immer dafür gewesen bin, Horrorfilmemacher von der “Kranken-Hirn-Diskussion” freizusprechen) mittlerweile ein: “Sorry, aber das kann kein gesunder Mensch sein, der so etwas inszeniert” ab.
Dem Serben versucht man immer gutzuhalten, dass er die politischen Umstände des Landes und der damaligen Zeit reflektiert. Allerdings tut er das in Teilen auf eine grafisch derart perverse Art und Weise, dass die Rechtfertigung praktisch ins Gegenteil umschlägt. Der Hype rund um den Serben oder auch um die Terrifier-Filme entsteht ja IMMER nur aufgrund der gezeigten Gewaltdarstellung und dem “Mutprobe-Faktor”, das Härteste vom Harten gesehen zu haben. Das hat ja nie mit den Inhalten der Filme zu tun, sondern immer mit dem “Krass-, Heftig-, Brech-Faktor”. Wenn ich bisweilen Beiträge in den Horrorfilmgruppen in sozialen Netzwerken sehe, wo man immer wieder die Frage nach dem “härtesten Film, den ihr je gesehen habt” zu lesen bekommt, wird es da auch immer Futter für geben.
hab nur den trailer gesehen, da ich nicht auf trash stehe, aber es scheint mir billiger splatter trash in der tradition von Freitag der 13. zu sein. dafür gabs immer schon ein Publikum, oft auch teenager, die sowas als mutprobe ansehn. die frage , die mich interessiert: wie rechtfertigt der film die gewalt? sagt er zu den opfern “selbst schuld”? wie es die reaktionären und misantrophen saw-filme tun? ist er anti-aufklärerisch und puritanisch verklemmt wie die Jason-Filme, der jugendliche abschlachtet, weil sie ihren ersten sex hatten? oder kommentiert er gesellschaftliche missstände und ungleichheiten, wie romeros Zombi-Filme? Das wären für mich Fragen, ob der Film meine Zeit wert wäre, oder nicht.
Die Terrifier-Filme sind ja im Wesentlichen reduziert auf seinen Protagonisten Art. Zwar hat er im dritten Teil einen Sidekick, aber letztlich dreht es sich um Art. Art ist entweder selbst eine böse Entität oder von einer solchen besessen. Der fantastische Faktor ist spätestens seit dem zweiten Teil deutlich vorhanden, als der Pfad der Realtität verlassen wurde. Jetzt darf man im Kopf haben, dass Leone seinen ersten Terrifier mit 35.000 Dollar gedreht hat und sich gesagt hat: Wenn er schon so wenig Budgeht hat und damit nicht mit den Multimillionen-Dollar-Produktionen mithalten kann, dann zeigt er einfach das, was andere nicht zeigen wollen oder dürfen. Er wollte also schlicht Grenzen verschieben.
Sein Protagonist Art hat keinerlei typische Motivation im klassischen Horrorfilm-Sinne. Er übt keine Rache, er richtet Menschen nicht aufgrund von Verfehlungen. In seinen ersten drei Ausflügen (nimmt man den ursprünglichen Kurzfilm “All Hallow’s Eve” hinzu) ist er allerdings (und damit der Film an sich) sehr stark auf den Spuren der 70er-Jahre-Filme unterwegs, was das Frauenbild angeht. Art ist ein Sadist. Er begeht die Taten aus reinem Spaß an seinem Tun. Und er übt Macht aus, bzw. ist ein Abbild dafür, wie Männer Macht missbrauchen. Gerade in den ersten beiden Teilen wird die Gewalt vornehmlich am weiblichen Körper inszeniert. Und es gibt zahlreiche Kritiker, die Leone Misogynie vorwerfen, was sich imo auch kaum entkräften lässt. Leone verweist als Entschuldigung oder Rechtfertigung auf sein Final Girl, also die Charakterisierung von Sienna und versucht die Vorwürfe dadurch zu entkräften. Im zweiten Teil gab es außerdem bereits einen Ansatz, im dritten nun einen sehr deutlichen Versuch seitens Leone, dieser Kritik zu begegnen, indem er einen Mann auf die gleiche sadistische und sexuell konnotierte Art in seine Einzelteile zerlegt. Es wirkt aber in der Tat wie ein etwas unbeholfener Versuch, die Taten aus den ersten beiden Filmen zu relativieren. Interessant allerdings, dass es nur wenig Aufschrei bei den Taten gegen die Frauen gegeben hat, dafür einen umso vernehmbareren, als er nun einen Mann auf ähnliche Weise behandelt.
Jetzt kann man das Ganze natürlich auch einfach ohne jede Kritik als das sehen, was es ist: Horror-Trash-Unterhaltung, der Grenzen bewusst einreißt. Aber meiner Meinung nach darf man gerade den Horrorfilm kontrovers diskutieren.
ok, besten dank für deine Einschätzung! aber ich glaub, der wandert erstmal nicht auf meine watchlist. die “wir verschieben grenzen, um zu sehen wie weit wir schocken können” phase wurde imho eigentlich in den 70ern ausgereizt – etwa durch die Ilsa-Filme oder die 120 Tage von Sodom. die haben zwar durchaus psychologisch interessante Aspekte, verderben mir aber einfach zu sehr die Laune.
Wobei man Terrifier zumindest einen gewissen, wenngleich bitterbösen Humor nicht absprechen kann. Nach 120 Tage von Sodom fühle ich mich auch, als müsste ich mich dreimal duschen.
Hatte mich lange vor gedrückt, trotz einer kleinen Liebe für Splatter, vor allem, mit Humor gepaart.
Hab dann mal den zweiten geschaut und hatte leider sehr viel Spaß und musste ein paar Mal laut lachen.
Ja, man muss schon sehr zynisch und schwarzhumorig drauf sein und vor allem differenzieren, das das hier Quatsch mit Anlauf, für Erwachsene ist.
Ich freue mich drauf, den dritten bald schauen zu können.
Die Frage, die man sich stellen kann: Was passiert, wenn man eben nicht mit dieser grund-differenzierten Haltung in diesen (oder ähnliche) Filme geht? Was nimmt jemand mit raus, der das ganze für bare Münze nimmt. Natürlich im übertragenen Sinne. Ich meine jetzt gar nicht die Gewalttaten an sich, sondern eher das Mann-Frau-Macht-Bild, das dort transportiert wird.
Verstehe was du meinst aber dann ist man auch ganz schnell bei der Debatte ob Ego Shooter zu Attentaten anstiften
Das wollte ich damit eigentlich nicht sagen. Ich glaube nicht, dass jemand Terrifier 3 anschaut, sich die Kettensäge schnappt und eine Frau in zwei Teile zerlegt, weil er’s so gezeigt bekam.
Es ging mir eher um die Frage, welches Bild von Gesellschaft und von Frauen in manchen Horrorfilmen demonstriert und transportiert wird. Das läuft imo eher auf einer unterschwelligen Ebene ab.
Ja, das ist ein Punkt.
Andererseits, sollte man solche Filme wie Terrifier ernst nehmen? Er tut es ja selbst nicht.
Zum dritten kann ich noch nichts sagen aber der “Money Shot Kill” im zweiten Teil war ja der an einer Frau….hätte mit einem männlichen Opfer m.M. nach auch funktioniert.
Keine Ahnung, das soll keine Rechtfertigung sein. Das hier ist Schund. Mich unterhält es, weil es ein Film ist. Dadurch ist bei mir eh schonmal ne Distanz da. Gibt nur wenige Themen, die mich wirklich in die Realität ziehen können.
Soweit denke ich da bei ansehen erstmal nicht. Finde, der Film gibt das auch gar nicht her, auch wenn man das natürlich drin lesen kann.
Um mal Christian Tramitz in einer seiner Paraderollen der Bullyparade zu zitieren: “Eine verfahrene Situation!”