The Birth Of A Nation – Aufstand zur Freiheit

Blu-ray Review

The Birth Of A Nation - Aufstand zur Freiheit Blu-ray Review Cover
20th Century Fox, 24.08.2017

OT: The Birth Of A Nation

 


Swing Low, Sweet Chariot

In Birth of a Nation schildert Regisseur/Hauptdarsteller Nate Parker das einflussreiche Wirken des Sklaven Nat Turner.

Inhalt

Nat Turner wächst auf der Baumwollfarm von Benjamin Turner auf. Entgegen vieler anderer Sklavenbesitzer ist Turner ein moderater, ja fast schon progressiver Weißer. Er lässt sogar seinen Sohn Samuel mit ihm spielen und seien Frau Elizabeth sorgt dafür, dass das Lese-Talent des jungen Nat unterstützt wird. Da Nats Mutter das allerdings nicht ganz geheuer ist, lässt sie ihn ausschließlich aus der Bibel lesen. Nach und nach wird der Junge größer und erwachsener. Er beginnt daran zu glauben, dass er als Prediger eine Bestimmung hat und liest den anderen Sklaven des Nachts aus der Bibel vor. Doch auch er muss auf den Baumwollfeldern arbeiten. Als die Dürre die Ernte herabsetzt, ist Samuel, der die Farm mittlerweile führt, dazu gezwungen, Nat als Prediger für Geld auf anderen Farmen einzusetzen. Er soll die Sklaven, deren Essensrationen herabgesetzt wurden dazu anhalten, gehörig zu bleiben, damit die weißen Besitzer keine Angst vor Aufständen zu haben brauchen. Nachdem sie allerdings bei einem besonders brutalen Sklaventreiber anhalten und dann auch noch Nats Frau Cherry vergewaltigt und misshandelt wird, nutzt Nat seine Bibelansprachen, um den Aufstand zu predigen. Ein Aufstand, der blutig enden wird …

Nat Turner wurde 1800 in Southampton/Virginia als Kind einer Sklavin geboren, die man aus Afrika nach Amerika verschleppt hatte. Da ihm der Sohn seines “Besitzers” einen tiefen christlichen Glauben beibrachte, empfand sich Turner immer mehr als Priester, der seine Mitsklaven aus der Tyrannei befreien wollte. Dies tat er dann 1931 auf durchaus brutale Weise, bis man den Aufstand ebenso blutig niederschlug und als Konsequenz noch härtere Bestrafungen für den Ungehorsam von Sklaven einführte. Dennoch gilt Turner heute als Symbolfigur der Black-Power-Bewegung. Nate Parker wusste als junger Heranwachsender zunächst nichts über diesen Mann. In der Schule lehrte man dessen Geschichte nicht und in der öffentlichen Diskussion war er auch nicht präsent. Doch als er von ihm erfuhr, wurde er für ihn zu einer Symbolfigur, den eigenen Weg konsequent zu verfolgen. Nun setzt er ihm mit Birth of a Nation ein filmisches Denkmal, das er in einem gewaltigen Kraftakt fast komplett alleine auf den Weg brachte. Drehbuch, Regie und Hauptrolle in einem – dazu die ersten 100.000 Dollar als Startkapital, weil zunächst kein Produzent mit einsteigen wollte. Mit dem Filmtitel spielt er dabei ganz bewusst auf auf den 1915er Geburt einer Nation an, der (ebenfalls für 100.000 Dollar realisiert) einen streng rassistischen Unterton hat und als finanziell erfolgreichster Stummfilm wohl die Neugründung des Ku-Klux-Klan zur Folge hatte. Parker sah es an der Zeit, den (durchaus kitschigen Titel) inhaltlich vollkommen anders zu besetzen.

Inhaltlich erzählt der Regisseur seinen Film ganz traditionell, baut die Grundsteine für die Charakterisierung seiner Hauptfigur zusammen und entwickelt schnell einen Bezug zu ihm und seinem weißen Boss Samuel. Dessen respektvoller Umgang mit den eigenen Sklaven sorgt für einen wohltuenden Gegenpol zu den unfassbar unfairen und von Hass geprägten Aktionen der “Jäger” oder anderer weißer Rassisten, die schon eine nette Geste eines Schwarzen als Angriff werten. Dabei zögert Parker nicht einen Moment, schonungslose Bilder zu zeigen. Ob das Stockhiebe sind, die ein Passant aus dem Nichts heraus an Turner verübt, ob es das brutale Herausschlagen von Zähnen an einem Essensverweigerer ider oder ein ermordeter Sklave am Wegesrand, dessen Gehirnmasse sich auf dem Boden vor ihm verteilt – für visuelle Feingeister ist Birth of a Nation rein gar nichts. Wenn er im Finale den Aufstand inszeniert, fühlt man sich unversehens an die grafischen Bilder eines Soldat James Ryan erinnert (selbst wenn dem Zuschauer verschont bleibt, was man mit Nat Turner nach seinem Tod machte, um sein Vermächtnis zu verhindern). Doch diese Bilder sind nötig, um die schiere Ungerechtigkeit, die unmenschliche Behandlung und das Leid der Sklaven zu verdeutlichen und zu zeigen, welche Opfer die Afroamerikaner aufbringen mussten, bevor Dinge sich überhaupt auch nur im Ansatz veränderten. Dass der Aufstand Turners dafür noch zu früh war und die Reaktion darauf umso unbarmherziger ausfiel, mag zum damaligen Zeitpunkt niederschmetternd gewesen sein. Doch ohne diese mutigen Menschen hätte sich womöglich nie etwas geändert. Natürlich handeln die Sklaven kaum weniger brutal ihren weißen Kontrahenten gegenüber, allerdings hätten diplomatische Worte wohl niemals für eine Besserung der Verhältnisse gesorgt. Gewalt erzeugt Gegengewalt – und manchmal ist diese Reaktion unvermeidbar.

Getragen wird die ebenso dramatische wie bewegende Geschichte von einer Riege außergewöhnlich gut agierender Darsteller. Nate Parker selbst hätte für eine Hauptrolle bei den Oscars nominiert werden müssen (siehe Kontroverse im nächsten Kapitel), so gut ist sein Spiel. Er beginnt überraschend ausgeglichen und sanfmütig. Trotz des Leids, das er sieht, bleibt er vernünftig und besonnen. Doch je mehr Unrecht er bemerkt und je stärker er involviert wird, desto intensiver wird sein Agieren und erreicht seinen ersten Höhepunkt bei einer Predigt nach etwa der Hälfte der Spielzeit, als er bei einem besonders sadistischen Farmbesitzer für Gehorsam sorgen soll. Wenn er seine Stimme immer mehr steigert, sie zitternd in Rage bringt und ihm dabei die Tränen aus den Augen laufen, weiß man, dass Parker hier nicht nur darstellt, sondern mit dem Herzen dabei ist. Erstaunlich gut ist auch Armie Hammer (Nocturnal Animals, Lone Ranger), der bisher eher für die seichteren Unterhaltungsfilme abgestellt schien und hier dem liberalen Samuel Turner ein ambivalentes Gesicht verpasst. Weil auch er eine Wandlung durchmachen muss, gibt es ihm die Möglichkeit, beide Seiten glaubwürdig darzustellen. Keinerlei Sympathien für seine Figur, dafür aber für sein Spiel sammelt zudem Jackie Earle Haley (Rorschach aus Watchmen), dessen “Niggerjäger” Raymond Cobb dermaßen widerlich zu Werke geht, dass die Zuschauer ihre Wut an ihm abarbeiten können.

Dass Birth of a Nation, ein von vielen als sicherer Oscar-Kandidat gehandelter Film, bei den Academy-Award-Verleihungen leer ausging, hat nicht nur Kritiker wütend gemacht, sondern führte auch zu einer Diskussion, dass afroamerikanische Filme (und Darsteller) immer noch stiefmütterlich behandelt werden, wenn es um die Oscars geht. Auf der anderen Seite sah sich Parker zum Zeitpunkt der Vermarktung des Films mit Fakten aus dem Jahr 1999 konfrontiert, als er (und ein College-Freund) von einer (weißen) Mitstudentin der Vergewaltigung bezichtigt wurde. Zwar wurde Parker damals freigesprochen, doch die Umstände sind noch heute zumindest fragwürdig und er selbst gibt zu, dass er aus der Perspektive eines heute 36-jährigen etwas “moralisch Falsches” getan hatte. Da die damalige Klägerin 2012 Selbstmord begangen hatte, meldete sich deren Schwester zum Filmstart und gab ihre Gefühle preis. Diese hingen sich vor allem daran auf, dass in Parkers Film in einer Schlüsselszene die letzten Tropfen für die Rachegelüste der Hauptfigur ausgerechnet durch eine Vergewaltigung/Misshandlung auf den Weg gebracht werden. Ob man nun Beschuldigtem oder Klägerin Recht gibt – dem Film schadete dieses erneute Hochkochen der damaligen Ereignisse sowohl künstlerisch in Bezug auf seine Würdigung bei Festivals (Sundance ausgenommen) als auch finanziell. Denn die hohen Einkaufskosten die Fox tätigte, um Birth of a Nation ins Kino zu bringen, wurden nicht wieder eingespielt.

Bild- und Tonqualität

Mit einem bestechend klaren und sehr kontrastintensiven Bild kommt Birth of a Nation auf der Blu-ray. Zwar sind die Kontrastflanken sehr steil (gerade die Schwarz/Weiß-Differenzierung), doch das funktioniert hier wirklich gut. Extrem hoch ist die Bildruhe, die weder in hellen, noch in den vielen dunklen Szenen auch nur ansatzweise Korn oder gar Rauschen offenbart. Die Schärfe ist über den kompletten Bildschirm homogen verteilt und erlaubt sich keine Fehler.
Beim Sound bleibt Birth of a Nation ebenfalls sauber: Während die Dialoge von Beginn an sehr gut verständlich und harmonisch rüberkommen, lassen sich die Effektkanäle vor allem dann hören, wenn die Naturumgebung mit zirpenden Zikaden dargestellt wird und das Feuer im Kamin knistert. Auch vorbeischwirrende Insekten oder Vögel entwickeln eine äußerst authentische Atmosphäre. Druckvoll wird’s, wenn in einer entscheidenden Szene Nat seine Nanny in einem Leichentuch aus der Hütte trägt (76’10) und natürlich auch, wenn nach 90 Minuten der Aufstand seinen Lauf nimmt und die Schüsse dafür sorgen, dass das Holz hinter den Köpfen splittert. Wird die Kanone abgefeuert, geht’s sogar ausgewachsenen Subwoofern an den Kragen (99’00).

Bonusmaterial

Das Bonusmaterial von Birth of a Nation enthält zunächst mal den (untertitelten) Audiokommentar von Nate Parker sowie zwei (wahlweise) ebenfalls kommentierte entfernte Szenen. Im dreiteiligen Featurette “Das Vermächtnis von Nat Turner” vollzieht man die Produktion des Films nach – von der Intention, die Parker hatte über die kraftanstrengenden Dreharbeiten bis hin zu den vielen kleinen Details, die den Film ausmachen. Vielleicht ist das Ganze etwas ich-zentriert, denn im Prinzip kommt ausschließlich Parker selbst zu Wort. Das spiegelt natürlich auch wider, dass er den Film fast vollständig selbst verantwortet hat. Ebenfalls enthalten die Extras noch Parkers bewegenden Kurzfilm #AmeriCAN von 2012, der die Rassentrennung auf erschütternde Art und Weise thematisiert. Die “Würdigung unabhängiger Stimmen (Nate Paker)” lässt den Regisseur erneut zu Wort kommen, um die historische Figur zu ehren. Er nutzt noch einmal die Möglichkeit, zu erzählen, dass Rassismus auch heute noch in Amerika tagtäglich ist – wenngleich weniger offen, sondern eher unterschwellig. Wer Lust hat, Einblicke ins Drehbuch zu bekommen, der tut das unter gleichnamigem Bonus, welches das Skript in Kopie enthält.

Fazit

Ob man nun ein Urteil fällt, was die Vergangenheit des Regisseurs angeht oder nicht – Birth of a Nation ist ein aufwühlender, ein wichtiger und ein richtig guter Film geworden.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 90%
Tonqualität (dt. Fassung): 80%
Tonqualität (Originalversion): 80%
Bonusmaterial: 60%
Film: 80%

Anbieter: 20th Century Fox
Land/Jahr: USA 2016
Regie: Nate Parker
Darsteller: Nate Parker, Armie Hammer, Aunjanue Ellis, Penelope Ann Miller, Aja Naomi King, Jackie Earle Haley, Gabrielle Union, Dwight Henry, Mark Boone Junior,
Tonformate: dts HD-Master 5.1: en // dts 5.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 120
Codec: AVC
FSK: 16

Trailer zu The Birth of a Nation

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