The Boy

Blu-ray Review

The Boy Blu-ray Review Mediabook Cover
Capelight Pictures, seit 23.06.2016

OT: The Boy

 


Sei lieb zu Brahms!

Greta traut ihren Augen nicht, für wen sie da den Babysitter spielen soll …

Inhalt

Klingt nach einem angenehmen Job für die Amerikanerin Greta, die ins Britische Königreich gereist kam: Sie soll auf den achtjährigen Brahms, Sohn des reichen Paares Mr. und Mrs. Heelshire aufpassen und seine Nanny geben. Im schlossartigen Anwesen angekommen, fühlt sich Greta ein wenig wie im Märchen. Doch der Job ist dann doch gar nicht so trivial. Denn ein strikter Regelkatalog soll der jungen Frau einbläuen, dass Brahms ganz spezieller Obhut bedarf. Als sie ihm dann gegenübersteht, traut sie ihren Augen kaum: Brahms ist eine Porzellanpuppe. Mit einer Mischung aus Belustigung, Verärgerung und Schock über den scheinbar schlechten Scherz reagiert Greta. Doch sie macht gute Miene zum bösen Spiel und da die Heelshires das erste Mal seit Jahren in Urlaub fahren, ist Greta nun alleine mit dem Jungen aus Porzellan. Und schon die erste Nacht gestaltet sich äußerst gruselig, meint sie doch tatsächlich, den Jungen weinen zu hören. Als Greta erfährt, dass ihre Arbeitgeber ihren echten Sohn Brahms vor zwanzig Jahren verloren haben und seitdem die Puppe als Ersatz betrachten, könnte es eigentlich entspannt laufen. Doch Gretas Verstoß gegen einige der aufgestellten Regeln ist keine gute Idee, denn so leblos, wie es das Äußere ihres Schützlings vermuten lässt, ist der Junge gar nicht …

Mit einer stimmungsvollen Fahrt in einem englischen Taxi hin zum herrschaftlichen Anwesen der Heelshires beginnt The Boy, dessen atmosphärische Kamerafahrten und -einstellungen von Beginn an fesseln. Lauren Cohen, die Maggie aus Walking Dead, darf nach einigen Ausflügen in Langfilme (Reach Me – Stop at Nothing) auch hier ihre Natürlichkeit in die aagschale werfen, die sie von den ganzen Blondchen und oberflächlichen US-Jungdarstellerinnen absetzt. Cohen überzeugt sowohl in ihren souveränen als auch in jenen Szenen, in denen ihr der Schrecken ins Gesicht geschrieben steht. An ihrer Seite ist Rupert Evans als Essensbote Malcolm ein routinierter Sidekick, der mit seinem Witz die Story etwas auflockert und wohl ein wenig der Grund dafür war, den für Jugendliche durchaus grenzwertig spannenden Film nicht mit einer FSK 16 zu beschränken, sondern tatsächlich schon ab 12 Jahren freizugeben. Die Geschichte an sich, die sich ein wenig zwischen Emmerichs Joey und Chucky, die Mörderpuppe bewegt, baut bisweilen spürbar Spannung auf und Regisseur William Brent Bell (Wer, das Biest in dir) schafft es mitunter tatsächlich, das Antlitz von Brahms so zu inszenieren, dass man ihn für ein lebendiges Wesen hält. Die hervorragende Ausleuchtung tut ihr Übriges dazu, dass die zarte Porzellanoberfläche und die melancholischen Augen der Puppe fast echt wirken – schon seltsam, was die richtige Kameraposition bewirken kann, um Grusel zu erzeugen Wenn The Boy dann nach etwa 65 Minuten sein wahres Antlitz zu offenbaren beginnt, fordert der Film nicht nur sein erstes Opfer, sondern wird zunehmend zum Terrorflick. Die Szenen zwischen den Wänden des alten Hauses sind beispielsweise beeindruckend intensiv und aufregend geraten. Da ist es demgegenüber schon ein wenig schade, dass die Auflösung um Brahms Identität ein wenig profan daherkommt. Sei’s drum: In Sachen Atmosphäre und Thrill nimmt es The Boy mit zahlreichen Genregrößen wie The Conjuring oder Insidious durchaus auf.

Bild- und Tonqualität

Das Bild von The Boy ist zunächst einmal löblich frei von Rauschen oder Korn und bleibt stets stabil. Sein relativ helles Mastering lässt den Kontrastumfang eher im mittleren Bereich ansiedeln, doch dafür ist die Schärfe durchweg sehr ausgewogen und gut. Die Details in den Holzwänden des alten Hauses kommen gerade in Close-ups hervorragend zur Geltung und die plastische Außenansicht des Anwesens lässt es fast wie ein Märchenschloss wirken.
In Sachen Raumakustik fällt zunächst mal auf, dass es die kleinen Anbieter den großen Verleihen mal wieder vormachen. Capelight Pictures hat The Boy für beide Sprachen einen Dolby-Atmos-Track verpasst, der mit Dolby-True-HD-Kern ausgestattet ist. Die beiden Spuren präsentieren sich zunächst sanft und mit sehr fein aufgelöster Filmmusik. Doch schon der erste Soundeffekt nach 2:30 zeigt deutlich an, wo es hier lang geht: Wenn der Knauf des alten Tores betätigt wird, zerreißt er fulminant die vorherige Stille und läutet einen Tonsektor ein, der in Sachen Direktionalität und Dynamik ganz außergewöhnlich gut geworden ist. Schließt Greta die große Eingangstür zum ersten Mal hinter sich, fällt diese hinter ihr (und über dem Zuschauer) ins Schloss – Gänsehauteffekt garantiert. Wer über kein Atmos-System verfügt, lässt sich über den dann als 7.1-Dolby-True-HD-Sound berauschen und erfreut sich immer dann, wenn die Jump-Scares dafür sorgen, dass man aufrecht im Heimkino sitzt. Zwar lassen diese zunächst auf sich warten und es herrscht oft Stille im Haus, doch selbst diese ist gespenstisch gut umgesetzt. Ein leichtes, sonores Brummen kündigt Unheil an und wenn sich draußen ein Gewitter zusammenbraut, prasselt der Regen lebhaft, sorgt der Donner für ein gefühlt feuchtes Heimkino (24’40). Und wenn nach knapp 80 Minuten das Finale seinen Lauf nimmt, bebt, wackelt und erzürnt das Wohnzimmer (ab 78’25).

Bonusmaterial

Das Bonusmaterial von The Boy enthält neben einigen kurzen Teasern und den Trailern noch ein elfminütiges Making-of, in dem vornehmlich die Darsteller erzählen, warum ihr Film die Zuschauer ängstigen wird. Einige Blicke hinter die Kamera gesellen sich dazu und man versucht, die Pychologie der Figuren zu ergründen. Das Mediabook mit DVD und Blu-ray kommt zudem mit einem schicken und exklusiv den deutschen Käufern vorbehaltenen Cover.

Fazit

The Boy lässt eine hervorragend aufgelegte und talentierte Hauptdarstellerin auf eine gruselige Porzellanpuppe treffen, die für einige Schockmomente sorgt. Atmosphärisch dicht und bisweilen extrem spannend sollte Brent Bells Grusler dem Genrefan eine zünftige Gänsehaut verpassen – zumal der Dolby-Atmos-Soundtrack herausragend effektvoll geworden ist.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 90%
Tonqualität (Originalversion): 90%
Bonusmaterial: 40%
Film: 70%

Anbieter: Capelight Pictures
Land/Jahr: USA 2015
Regie: William Brent Bell
Darsteller: Lauren Cohan, Rupert Evans, Jim Norton, Ben Robson, Diana Hardcastle, Jett Klyne
Tonformate: Dolby Atmos (True HD 7.1): de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 95
Codec: AVC
FSK: 12

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